„Seit Wochen hatte man von Crailsheims Oberbürgermeister Andreas Raab nichts gehört. Jetzt hat er sein Schweigen gebrochen und in einem HT-Gespräch angekündigt `ordentlich Ade´ sagen zu wollen“, schreibt das Hohenloher Tagblatt in seiner heutigen Ausgabe (3. September 2009). Was Hohenlohe-ungefiltert schon vor einigen Wochen geschrieben hat, bestätigt der Artikel des HT-Redakteurs Andreas Harthan. Letzter offizieller Arbeitstag des Crailsheimer OB, der seit seiner Rücktrittserklärung am 25. Juni 2009 krank geschrieben ist, wird Freitag, 11. September 2009, sein.
Kommentar von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Stadt hat wegen vier OB-Pensionen hohe Kosten
An seinem Arbeitsplatz wird CDU-Mann Raab aber wohl nicht mehr anzutreffen sein. Bis zu seinem Ausscheiden nimmt er seinen restlichen Urlaub. Ab 12. September 2009 ist der 53-jährige Raab dann offiziell Rentner. Für die Kosten seiner Pension kommen die Steuerzahler auf. Mit Hellmut Zundel, Karl Reu, Georg Schlenvoigt und Andreas Raab muss die Stadt Crailsheim dann gleich für vier ehemalige Oberbürgermeister eine Pension finanzieren. Da kommt pro Jahr eine stattliche Summe für die 33.000-Einwohner-Kommune zusammen.
Raab macht seinen Kritikern pauschale Vorwürfe
Zehn Jahre lang war Andreas Raab Oberbürgermeister der Stadt Crailsheim. Erst vor zwei Jahren wurde er wiedergewählt. Noch rund sechs Jahre würde seine reguläre Amtszeit dauern. Mitten in der Waffenklau-Affäre hat er am 25. Juni 2009 frühzeitig das Handtuch geworfen. Was ihn letztlich zum Aufgeben bewogen hat, war laut HT-Bericht „diese oft feindselige Atmosphäre im Gemeinderat, diese ständige Nörgelei, dieses dauernde Gemotze, diese destruktive Kritik“. Mit Gemeinderat meine er aber nicht das ganze Gremium, sondern „eine Handvoll Stadträte“. Viel zu oft hätten diese wenigen Stadträte „den Ratssaal zum Gerichtssaal umfunktioniert“ und sich zu „Staatsanwälten aufgeschwungen“, urteilt Raab im Gespräch mit den HT-Redakteuren Andreas Harthan und Wolfgang Rupp.
Der OB täte gut daran, konkrete Aussagen zu machen
Diese Vorwürfe an die Ehrenamtlichen des Gemeinderats sind starker Tobak. Noch-OB Raab täte gut daran, wenn er seine pauschalen Vorwürfe konkretisieren würde. Er sollte die aus seiner Sicht „feindseligen, nörgelnden, motzenden und destruktiven“ Stadträte namentlich benennen. Auch müsste er konkret und im Einzelfall begründen, was diese Stadträte getan haben, dass solche schweren Vorwürfe gerechtfertigt sind. Was Andreas Raab nun wieder macht, ist nichts anderes, als das, was er seinen Kritikern im Gemeinderat in seiner Rücktrittsrede vorgeworfen hat – er spricht pauschale Vorwürfe und Verdächtigungen aus. Raab muss Ross und Reiter nennen, sonst macht er sich unglaubwürdig. In der Waffenklau-Affäre geht es schließlich um keine peanuts. Immerhin hat sie in der Folge ein Todesopfer gefordert – Crailsheims Ordnungsamtsleiter Gerhard Bauer hat sich erschossen. Da ist gründliche Aufklärungsarbeit der Vorfälle durch alle Beteiligten erforderlich.
Rückenschmerzen und Bluthochdruck
Viel plausibler erscheint Raabs Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen und wegen der öffentlichen Kritik an seinen verharmlosenden Aussagen nach dem Waffendiebstahl im Crailsheimer Rathaus. Nach eigener Darstellung leidet der Crailsheimer Oberbürgermeister seit 2007 an Rückenbeschwerden mit dauernden Schmerzen. Außerdem macht ihm zu hoher Blutdruck zu schaffen. Auch Klinikaufenthalte brachten keine deutliche Verbesserung seines Gesundheitszustands. Nach dem Waffendiebstahl fühlte sich Raab nach eigener Darstellung „stehend k.o.“. Im HT-Gespräch setzt er sogar noch einen drauf: Ihm sei bewusst geworden: „Entweder ich gehe, oder ich falle tot um“.
Auch Schlenvoigt hatte im Gemeinderat keinen leichten Stand
Unter diesen Umständen falle es ihm nicht schwer von der kommunalpolitischen Bühne abzutreten. 16 Jahre lang war er Bürgermeister von Laichingen (1980 bis 1996) gewesen. Nach drei Jahren in der freien Wirtschaft wählten die Menschen in Crailsheim den gebürtigen Stuttgarter, der in Schrozberg einen Teil seiner Jugend verbrachte, als Nachfolger von Oberbürgermeister Georg Schlenvoigt (SPD). Dass Crailsheim kommunalpolitisch ein heißes Pflaster sein kann, konnte Raab auch schon bei seinem SPD-Vorgänger Schlenvoigt sehen. Auch dieser hatte im Gemeinderat keinen leichten Stand. Dafür sorgte damals schon der CDU-Fraktionsvorsitzende Werner Gulden.
Erst ein OB-Bewerber hat sich gemeldet
Bisher hat sich für die Oberbürgermeisterwahl in Crailsheim am 8. November 2009 erst ein Bewerber gemeldet. Dies ist der 64-jährige Volker Rainer Kilian aus dem Landkreis Ansbach. Bewerbungen für die OB-Wahl in Crailsheim sind noch bis zum 12. Oktober 2009 möglich.
Nachbemerkung zum HT-Artikel:
Raab ist nicht der dienstälteste Oberbürgermeister des Landes
Wieder einmal veröffentlicht das Hohenloher Tagblatt in einem Artikel, dass Andreas Raab „Baden-Württembergs dienstältester Oberbürgermeister“ ist. Das wird auch durch ständiges Wiederholen nicht richtiger. Andreas Raab kommt in Crailsheim nur auf zehn Dienstjahre als Oberbürgermeister. In Laichingen war Raab kein Oberbürgermeister, sondern nur Bürgermeister. Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster ist schon seit 1997 OB der Landeshauptstadt (voraussichtlich noch bis 2013). Außerdem war Schuster von 1986 bis 1993 auch schon Oberbürgermeister der Stadt Schwäbisch Gmünd gewesen. Er kommt also schon zum heutigen Zeitpunkt auf 19 Dienstjahre als Oberbürgermeister – fast doppelt so viele wie Andreas Raab. Möglich ist, dass es noch weitere Oberbürgermeister im Land gibt, die mehr OB-Dienstjahre auf dem Buckel haben wie Raab. Denn zehn Dienstjahre (nur eine Wiederwahl) sind für einen Oberbürgermeister nicht gerade viel.