Deutschlands Arbeitnehmern und Firmen stehen harte Zeiten bevor. Mit einer Entlassungswelle ist nach der Bundestagswahl am Sonntag, 27. September 2009 zu rechnen. „Industrie wartet mit Jobabbau bis nach der Wahl – Stillhaltepakt zwischen Wirtschaft und Regierung“ ist ein Artikel auf der Titelseite der „Financial Times Deutschland“ (FTD) vom 24. August 2009 überschrieben. In der englischsprachigen Ausgabe „Financial Times Europe“ schaffte es der Artikel „German `pact´on job cuts“ am gleichen Tag sogar zur Titelgeschichte. Allem Anschein nach ist der prognostizierte konjunkturelle Aufschwung nichts anderes als Wahlkampfgerede der Regierungsparteien. Die Politiker der Regierungsparteien wollen mit positiven Zahlen bei den Wählerinnen und Wählern punkten und diese für dumm verkaufen.
Kommentar von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
„Nach der Wahl wird sich die Botschaft ändern“
Die Financial Times Deutschland beruft sich in ihrem Artikel auf „mehrere Spitzenmanager“. Sie zitiert Hakan Samuelsson, Vorstandschef des Münchner Dax-Konzerns MAN: „Deutschland ist momentan vor Veränderungen sicher. Aber nach der Wahl wird sich die Botschaft ändern. Das ist ganz normal.“
Entlassungen werden aus politischen Gründen hinausgeschoben
Bereits in einem Gastkommentar in der Frankfurter Rundschau vom 21. Juli 2009 hatte Helga Schwitzer, Mitglied des IG-Metall-Vorstands, vor einer bevorstehenden Entlassungswelle nach der Wahl gewarnt. Die Gewerkschafterin machte sich in ihrem Kommentar für die Arbeitsmarktinstrumente Kurzarbeit und Weiterbildung stark. Sie stellte dabei aber ernüchtert fest: „Dafür ist allerdings Planungssicherheit Voraussetzung. Ob sie gegeben ist, ist mittlerweile mancherorts zweifelhaft. Kleinere und mittlere Unternehmen greifen schon jetzt vermehrt zu Entlassungen statt zu weiterer Kurzarbeit, weil sie Liquiditätsengpässe befürchten oder schon haben. Daran ist vor allem die restriktive und überteuerte Kreditvergabe der Banken Schuld. Andere Unternehmen schieben ganz offenbar mit Blick auf die Bundestagswahl am 27. September Entlassungen aus politischen Gründen hinaus. Das Muster ist aus 2005 noch in Erinnerung. Kurz nach dem Wahltag haben Unternehmen den Abbau von mehreren 10.000 Arbeitsplätzen verkündet.“
Crailsheimer Richter rechnet mit mehr Arbeitsgerichtsprozessen
Mit zunehmenden Entlassungen nach der Bundestagswahl und einer steigenden Zahl an Arbeitsgerichtsprozessen nach dem 27. September 2009 rechnet auch Ralf Büschler, Richter am Arbeitsgericht Heilbronn, Außenstelle Crailsheim. Büschler berief sich bei seiner Einschätzung auf Informationen von Arbeitgebervertretern.
Bundestagskandidaten hart befragen
Die Wählerinnen und Wähler sollen sich in den kommenden Wochen vor der Bundestagswahl nicht von rosarot geschönten Zahlen der Parteien und Wirtschaftsverbände einlullen lassen. Bei Wahlkampfveranstaltungen müssen sie die Kandidatinnen und Kandidaten der Parteien unerschrocken, nüchtern, hart, aber fair nach deren konkreten Maßnahmen für den Arbeitsmarkt nach der Wahl befragen – auch wie diese konkret finanziert werden sollen.