Spätestens kurz vor den Wahlen ist es an der Zeit, sich die Entwicklungen der letzten Jahre in der Arbeitswelt vor Augen zu halten: von der Diskussion um einen Mindestlohn, dem Niedriglohn, über Kurzarbeit, bis hin zur Leiharbeit.
Ein Überblick von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert
Seit Jahren wächst der Niedriglohnsektor in Deutschland. Noch im Aufschwung 2007 erhöhte sich die Zahl der Geringverdiener deutlich. Mehr als jeder fünfte abhängig Beschäftigte in Deutschland arbeitete vor der Wirtschaftskrise zu einem Niedriglohn – das heißt: im Westen für weniger als 9,62 Euro je Stunde, im Osten für unter 7,18 Euro. Insgesamt 6,5 Millionen Menschen waren 2007 somit Geringverdiener. Die bundesweite Niedriglohnquote ist zwischen 1998 und 2007 enorm gestiegen – von 14,2 auf 21,5 Prozent aller Beschäftigten. In Deutschland arbeiten 1,2 Millionen Menschen für weniger als 5 Euro die Stunde, 2,2 Millionen für keine 6 Euro – und das im Hauptberuf.
http://www.boeckler.de/pdf/impuls_2009_12_3.pdf
http://www.iaq.uni-due.de/iaq-report/2009/report2009-05.pdf
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pk/2009/Erwerbstaetigkeit/begleitheft__Erwerbstaetigkeit,property=file.pdf
Die IG Metall warnt vor einem drastischen Anstieg der Leiharbeit – und stellt die bisherige Tarifpolitik der Gewerkschaften in Frage. Mittelfristig drohe die Zahl der Leiharbeiter auf 2,5 Millionen zu steigen, sagte IG-Metall-Vizechef Detlef Wetzel am Mittwoch in Frankfurt.
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/1889841_IG-Metall-Gewerkschaft-warnt-vor-Explosion-der-Leiharbeit.html
Auch in der Wirtschaftskrise sind Europas Mindestlöhne leicht gestiegen. Sie leisten einen wichtigen Beitrag, die Wirtschaft zu stabilisieren. 20 von 27 EU-Ländern haben einen gesetzlichen Mindestlohn. In Westeuropa liegt die für alle Arbeitnehmer verbindliche Lohnuntergrenze meist über 8,40 Euro.
http://www.boeckler.de/pdf/impuls_2009_12_6.pdf
Was sozial ist, schafft Arbeit! Eine globale Krise hat unseren Wohlstand auf eine Weise dezimiert, wie es das Land seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht gesehen hat. Das gesamtwirtschaftliche Einkommen ist im ersten Quartal dieses Jahres genau auf den Wert zurückgefallen, den es im dritten Quartal 2005 schon erreicht hatte. Hat der Kapitalismus eine Chance? Ja, aber nur, wenn wir beginnen, ihn zu begreifen. Wenn demnächst zusammen mit den von Entlassung bedrohten Arbeitern auch die richtigen Unternehmer und Investoren auf die Straße gehen und gegen die Zocker aufbegehren, gibt es eine Chance.
http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E883F36486D784F5AB4A053AF120B0577~ATpl~Ecommon~Sspezial.html
Ein kleines Plus von drei Promille beim Bruttoinlandsprodukt lässt Politiker kurz vor der Wahl vom Aufschwung träumen. Statistisch nicht signifikant heißt eine so kleine Änderung in der Fachsprache. Die Wirtschaftsleistung liegt trotzdem sechs Prozent niedriger als vor einem Jahr.
Um eine lang anhaltende Phase von Stagnation oder schwachem Wachstum mit hoher Massenarbeitslosigkeit abzuwenden, muss in Deutschland eine grundlegend andere Wirtschafts- und Finanzpolitik eingeschlagen werden. Künftiges Wachstum und neue gute Arbeitsplätze erfordern die Stärkung der Binnennachfrage und deutlich mehr Beschäftigung in sozialen Dienstleistungen, sowie höhere Investitionen in Klimaschutz und ökologischen Umbau. Die konkreten Alternativen und Forderungen von ver.di liegen auf dem Tisch.
Ein öffentliches Zukunftsinvestitionsprogramm würde zwei Millionen sinnvolle Arbeitsplätze schaffen und sichern: in Kinderbetreuung, Bildung, Gesundheits- und Sozialwesen, Verkehr und ökologischem Umbau. Für die gerechte Finanzierung brauchen wir mehr Einnahmen durch höhere Besteuerung von Reichen, hohen Einkommen und finanzstarken Unternehmen. Die sozialen Leistungen dürfen keinesfalls gekürzt, sondern müssen verbessert werden, besonders für Erwerbslose. ver.di fordert außerdem die Verlängerung der Altersteilzeit. Die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 muss zurückgenommen und die Altersteilzeit verlängert werden, um Auszubildende einzustellen.
https://wipo.verdi.de/wirtschaftspolitische_informationen/data/09-03-Wie-weiter-in-der-Krise.pdf
Dumpinglöhne, keine Tarifverträge, kein Kündigungsschutz: Gewerkschaften prangern den Missbrauch von Leiharbeit an. Der Arbeitssoziologe Klaus Dörre erklärt die Folgen prekärer Beschäftigung.
Deutsche Unternehmen nutzen Leiharbeit nicht mehr zum kurzfristigen Ausgleich personeller Engpässe, sondern, so die IG Metall, “als Instrument einer kurzfristigen Absicherung der Kapitalrendite oder der Profitabilität”. Die Gewerkschaft gründet diese Einschätzung auf die von ihr in Auftrag gegebene Studie “Funktionswandel von Leiharbeit”. Klaus Dörre, Professor für Arbeitssoziologie an der Universität Jena, hat die Untersuchung wissenschaftlich begleitet. Im Interview erläutert er die zentralen Ergebnisse.
http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/297/484730/text/
http://www.igmetall.de/cps/rde/xbcr/internet/docs_ig_metall_xcms_149477__2.pdf
Deutschland, Land der Billigarbeiter. In der Rezession sank die Zahl der Leiharbeiter in Deutschland – demnächst dürfte sie wieder deutlich steigen, heißt es in einer Studie. Auch das Statistische Bundesamt fand heraus: Es gibt immer weniger “klassische” Jobs hierzulande.
http://www.ftd.de/politik/deutschland/:Kritik-an-Leih-und-Teilzeitjobs-Deutschland-Land-der-Billigarbeiter/555574.html