„Die Entführung“ – Ella Fuchs rettet in Schwäbisch Hall einen verfolgten Schriftsteller

Zum Abschluss der Tagung des deutschen PEN-Clubs in Schwäbisch Hall 2014 lasen Antonia Michaelis, Andreas Steinhöfel und Paul Maar im Kino im Schafstall. Mit freundlicher Genehmigung der Autorin veröffentlicht Hohenlohe-ungefiltert die dort von Antonia Michaelis vorgetragene Kurzgeschichte. Sie handelt von einem „verfolgten Schriftsteller“ und einer abenteuerlichen Rettung in Schwäbisch Hall.

Kurzgeschichte von Antonia Michaelis

Bei Wasser und Brot

Es war gleich klar, dass der Schriftsteller gerettet werden musste. Na ja, fast. Zuerst saßen sie nur in der vierten Reihe herum, und Jonas fragte, wieso sie in einem SCHAFSTALL saßen.
„Das ist nur historisch ein Schafstall, jetzt ist es ein Theater, und das weißt du ganz genau“, flüsterte Ella. „Außerdem ist das hier eine Tagung des PEN-Clubs.“
„Ach“, sagte Jonas, „und warum treffen die sich in einem Schafstall, wenn sie pennen wollen?“
„Pssst!“, sagt Ellas Mutter.
Ella verdrehte die Augen. „Die pennen nicht, die setzen sich für arme gefangene Schriftsteller ein! Schriftsteller, die nicht ihre Meinung sagen dürfen. Schriftsteller, die bei Wasser und Brot in fiesen Diktaturen in dusteren Gefängniszellen vor sich hin … vor sich hin … na…“
„Vor sich hin schreiben?“, schlug Jonas vor.
„Richtig“, flüsterte Ella. „Und jetzt lesen hier andere Schriftsteller was vor, damit man von den Einnahmen den gefangenen Schriftstellern mehr … Wasser und Brot besorgen kann. Glaube ich. Das wird total spannend.“

Abenteuer lieber selbst erleben

Tiger gähnte. Er war kein Tiger, sondern Jonas’ schwarzer Hund. Beide besuchten Ella gerade, und beide kannten sich nicht besonders mit Büchern und Schriftstellern aus.
Als die Schriftsteller begannen, zu lesen, gähnte auch Jonas. Ella versuchte, zuzuhören. Aber irgendwie lösten sich die Worte in der Luft völlig auf, und Ella träumte davon, wie sie letztes Jahr mit Jonas und Tiger in einem Zirkuswagen über die Insel Usedom gefahren war.
Es war einfach so, dass sie alle die Abenteuer lieber erlebten, als von ihnen zu hören. Ella wollte gerade theatralisch seufzen – da trat ein schüchterner junger Mann vors Mikro. Er räusperte sich und sagte seinen Namen hinein, der überdurchschnittlich viele Konsonanten enthielt, dafür aber keine Vokale.
„Von dem Typen habe ich noch nie gehört“, flüsterte Ellas Vater. „Der ist sicher aus der Ukraine und sie haben ihn bloß aus politischen Gründen eingela … mmpf, mmpf, mmpf.“
Letzeres sagte er, weil Ellas Mutter ihm den Riemen ihrer Handtasche in den Mund gestopft hatte. „Ist doch eine schöne Chance für den Ärmsten“, sagte sie.

Streunender Tagtraum eines Vagabunden

Der nervöse junge Schriftsteller warf einen Blick in die erste Reihe, zu ein paar Männern in Anzügen, die sehr ernst aussahen.
„Meine Geschichte heißt: Die Entführung“, hauchte er und rückte seine Brille zurecht. „Die Nacht war sternenhell, und der klare Schatten der Mondbäume lag über dem Dorf wie der streunende Tagtraum eines Vagabunden. Die Kühe schliefen auf ihren Stangen … äh … und die Kinder schliefen tief vergraben in ihre Federbetten wie unter geheimen Maulwurfshügeln. Da pirschte sich eine dünne Gestalt durch das Dunkeldorf heran, in der Tasche einen alten Kanten Brot …“ Er sah wieder unsicher zu den Männern in den Anzügen – und auf einmal begriff Ella. Sie begriff, warum der junge Mann so schüchtern war und warum er dauernd zu den Männern blickte. Und warum er so einen Unsinn vorlas.
Er war einer von den armen, rechtlosen Schriftstellern, die im Gefängnis von „Brotkanten“ lebten. Der PEN-Club hatte sich für ihn eingesetzt, so dass er heute hier lesen durfte, er hatte einen Tag lang Freigang. Aber am Abend würden die Männer in den Anzügen ihn zurück in seine dusteres Gefängnisloch … werfen.

„Wir müssen ihn retten“

„Jonas“, flüsterte Ella. „Das ist einer von den gefangenen Autoren! Die Männer da bewachen ihn! Und er redet von Kühen und Federbetten, weil er das, was er wirklich sagen will, nicht sagen darf! Wir müssen ihn …“
„Sag jetzt nicht retten“, sagte Jonas.
„Retten“, sagte Ella.
Ella Fuchs war nicht ganz unbekannt dafür, dass sie gerne Leute rettete. Sie hatte dazu bereits einen Zirkus gegründet und auf einem Kreuzfahrtschiff Hamlet gespielt, und es war GROSSARTIG gewesen. Jedenfalls hinterher.
„Wir ENTFÜHREN ihn“, flüsterte sie. „Dann können sie ihn nicht zurück ins Gefängnis stecken. Meine Eltern haben eine Ferienwohnung an einem See, da kann er hin. Er …“
„Psst“, machte Ellas Mutter.

Durchs Fenster

Der Schriftsteller sprach weiter vom Mond. Er schien der Meinung zu sein, der Mond wäre blau, und die Kinder aus seiner Geschichte planten, den Mann im Mond zu entführen. Das Ganze, dachte Ella, war ein Hilferuf. Der Schriftsteller WOLLTE entführt werden.
Ella tippte vorsichtig ihre Mutter an. „Ich muss mal raus, mir ist so … komisch“, wisperte sie und machte ein Gesicht, als müsste sie sich übergeben. Jonas und Tiger folgten ihr.
Draußen vor der hübschen Fachwerkwand des Schafstalls, der kein Schafstall war, erklärte Ella den Anderen ihren Plan. Jonas erklärte Ella seinen Plan, und Tiger rannte davon, so dass sie ihm nachrennen mussten und TIGERS Plan nahmen.
Er rannte hinunter, um das Gebäude herum, und bellte, und sie sahen nach oben. „Das ist das Fenster des Lesungsraumes“, sagte Ella. „Wir müssen …“
„Durchs Fenster kommen und sie überraschen“, meinte Jonas. „Da drüben ist eine Malerleiter.“
Vorne hatte der Schafstall eine Art niedrigeren Vorbau mit einem kleinen Dach. Dort hingen Kinoplakate, denn der Schafstall war auch ein Kino.
Aber garantiert, dachte Ella, machten die Kinder in den Filmen nicht halb so gefährliche Sachen wie Jonas und sie.
„Man bräuchte jetzt nur noch … Masken“, meinte Ella, schon auf dem Weg die Leiter hinauf. „Bankräuber haben Strumpfmasken …“
„Kein Problem“, sagte Jonas grinsend. „“Ich habe Maskenstrümpfe.“ Er kickte seine Turnschuhe von den Füßen, zog die Kniestrümpfe aus und hielt sie Ella vor die Nase. Sie waren schwarz. Und relativ geruchsintensiv.
„Die gehen niemals über unsere Köpfe“, sagte Ella. Aber die Strümpfe gingen um ihre Köpfe herum, wenn man sie hinten verknotete. Sie bohrten Löcher für die Augen hinein und kletterten weiter – und Ella dachte kurz darüber nach, dass sie eher wie Turtles Krieger aussahen als wie Bankräuber.

Die bösen Anzugmänner

Das Fenster, bei dem sie gleich darauf ankamen, stand halb offen, was schade war, weil es viel beeindruckender gewesen wäre, es einzuschlagen.
Auf den Gesichtern des Publikums drinnen lag eine wattige Müdigkeit. Ellas Vater spielte mit seinem Handy. Ellas Mutter blickte den schüchternen Schriftsteller verzückt, aber schläfrig an. „Der Arme!“, dachte Ella. Sicher würde er gerne feurige Texte über Krieg und Tod und Weltfrieden schreiben, aber die bösen Anzugmänner kontrollierten jede seiner Silben. Und die nächste Nacht würde er wieder im modrigen Kerzenschein einer einsamen Petroleumlampe verbringen, aus der Ratten und Kakerlaken tropften …

„Es lebe die Meinungsfreiheit“

„Ella“, wisperte Jonas. „Träumst du?“
„Nein, nein“, sagte Ella. „Eins, zwei – drei!“
Bei „drei“ sprangen durch das Fenster des Lesungsraums zwei schwarz maskierte Gestalten – oder, na ja, zwei Gestalten mit schwarzen Socken im Gesicht. Das Publikum schrie. Der Schriftsteller schrie ebenfalls. Er machte einen Schritt rückwärts, stieß an das Wasserglas auf dem Tisch, das an die Wasserkaraffe stieß und sie mit sich in die Tiefe riss, und der Inhalt beider ergoss sich über den Schriftsteller. Er sah jetzt so aus, als hätte er in die Hosen gemacht. Ella jedoch ließ sich nicht ablenken, sie stürmte mit wildem Kriegsgebrüll vorwärts und packte den Schriftsteller. Dabei brachten sie leider das Mikrostativ zu Fall, Mikrophon, Stativ und Schriftsteller segelten in Richtung Boden, verhedderten sich kurzfristig ineinander, und Jonas schaffte es gerade so, sie wieder zu ent-heddern.
„Es lebe die Meinungsfreiheit!“, rief Ella, riss Jonas und den nassen Schriftsteller mit sich und schob beide durchs Fenster hinaus.

Auf dem Dach eines Kinoschafstalls

Draußen wartete die Malerleiter, von Tiger getreulich bewacht. Aber Tiger war sehr weit unten, er konnte die Leiter schlecht festhalten. Und außerdem war er gerade woandershin weggegangen. Der durchs Fenster geschobene Schriftsteller platzierte reflexartig einen Fuß auf der Leiter. Die Leiter fiel um. Für Sekunden standen Ella, Jonas und der Schriftsteller sehr gedrängt auf dem Außenfensterbrett.
Drinnen waren die Leute aufgesprungen, aber sie versteinert stehen geblieben, offenbar unschlüssig, ob sie das Ganze nur träumten.
„Was …“, keuchte der Schriftsteller, „macht ihr hier?“
„Wir retten Sie“, keuchte Ella.
Der Schriftsteller wankte, bekam die Dachrinne zu fassen, an der sich Leute in Romanen immer auf Dächer ziehen – und zog sich auf das Dach.
Dort gab es eine weitere, fest angebrachte Leiter, die wohl für Schornsteinfeger gedacht war. Der Schriftsteller hielt sich daran fest und half Jonas und Ella hinauf.
Sekunden später waren sie gemeinsam unterwegs in Richtung Schornstein, und dort saßen sie schließlich schwer atmend. Auf dem Dach eines Kinoschafstalls, in Schwäbisch Hall, mit einem wunderbaren Ausblick.

Freiheit

„Das“, sagte Ella mit großer Geste zu dem Schriftsteller, „ist sie.“
„Wer?“, fragte er verwirrt.
„Die Freiheit“, antwortete Ella. „Wir schenken sie Ihnen.“
„Ach was“, sagte der Schriftsteller. (Er hatte vielleicht etwas zu viel Loriot gelesen.)
Unten reckten sich jetzt zaghaftte Köpfe aus dem Fenster. Ella zog den Schriftsteller zurück in den Schutz des Schornsteins.
„Warum schenkt Ihr mir die Freiheit?“, fragte er – der Schriftsteller, nicht der Schornstein. „Ich verstehe gar nichts.“
„Wir haben Sie entführt“, erklärte Ella. „Sie müssen nie wieder zurück ins Gefängnis zu Wasser und Brot, wo Sie dahin vegetabilisieren. Wir werden Sie in eine Ferienwohnung bringen, die liegt neben einer netten kleinen Bäckerei an einem See …“
„Na, dann gibt es da ja wenigstens Wasser und Brot“, sagte der Schriftsteller.
„Ella? Wie kommen wir von hier aus weiter?“, fragte Jonas. „Rufst du den privaten Hubschrauber-Schriftsteller-Rettungsdienst, oder was?“
„Wir warten, bis die Nacht hereinbricht“, erklärte Ella. „Ich habe Tiger einen Zettel ans Halsband gemacht, damit er Hilfe holt. Das ist in den Büchern auch immer so.“
„Stimmt“, sagte der Schriftsteller. „Aber in den Büchern haben eigentlich immer Hunde die Botschaften am Halsband, keine Tiger …“
„Tiger IST doch ein Tiger“, sagte Ella. „Äh, ich meine, Tiger ist doch ein Hund. Er holt die Feuerwehr. Aber die werden glauben, hier säße eine verirrte Katze. Das steht nämlich auf dem Zettel. Na ja, bis Tiger die Feuerwehr von Schwäbisch Hall gefunden hat, ist sowieso Nacht, und dann sehen sie nicht richtig, wen sie retten …“
„Miau“, sagte der Schriftsteller.
„… und unten nehmen wir am Morgen einen Bus zu dem Ort mit der Ferienwohnung …“

Alle riefen und winkten

In diesem Moment ergoss sich die gesamte Menschenmenge aus der Lesung unten auf den Hof. Alle riefen und winkten.
„Da, seht sie euch an, die bösen Anzugsmänner!“, wisperte Ella. „Wie nett sie tun beim Winken! Ihre Gefängnisbewacher.“
„Aber …“ Der Schriftsteller beugte sich vorsichtig nach vorn. „Das sind … die Leute, die hier die Lesungen organisieren.“
In diesem Augenblick begann es, zu regnen. Es blitzte und donnerte auch ein bisschen. Ella hatte das schlechte Wetter nicht kommen sehen. Es schien ihr ungünstig, bei Blitz und Donner auf einem Dach zu sitzen.
„Wo sind denn DANN die Gefängniswärter?“, fragte sie bibbernd. „Sie … Sie wohnen doch im Gefängnis?“
„Ich wohne in einer Zweiraumwohnung in einem Münchner Vorort“, sagte der Schriftsteller. „Mit meiner Frau. Bisweilen haben wir unsre Probleme, aber DAS als Gefängnis zu bezeichnen …“
„Sie sind nicht aus der Ukraine?“
„Ukraine?“, fragte der Schriftsteller.
„Das ist ein Land“, sagte Ella hilfreich.
„Es war ein Land“, sagte Jonas.

„Die Ukraine war ein Land“

Ella hörte nicht zu. „Aber Sie … warum haben Sie dann so unsicher zu den Männern geguckt? Warum haben Sie von Kühen und blauen Monden erzählt, statt von richtigen Sachen?“
„Ich … bin wohl etwas schüchtern“, sagte der Schriftsteller. „Die anderen, die hier lesen, sind alle so bekannt … und ich gar nicht …. irgendwie kaufen nicht so viele Leute meine Bücher. Und die Kühe … na ja, ich mag Kühe …“
„Oje“, sagte Ella. „Sie leben also … mittellos und verarmt in einer winzigen Wohnung, mit Ihrer kranken Ehefrau …“
„Dass sie krank ist, ist mir neu“, sagte der Schriftsteller.
Ella ließ sich nicht beirren. „Und jemand muss dringend Ihre Buchverkäufe steigern!“, rief sie. „Um sie zu retten!“
„Aber …“
„Außerdem werden Sie furchtbar krank!, rief Ella. „Arme Leute kriegen immer gleich Lungenentzündung, wenn es regnet! Wir müssen Sie unbedingt auch vor der Lungenentzündung retten.“
Da traf ein Blitz die drei.
Er schlug genau in sie ein, und Ella erwartete gelassen den Tod. Mehr oder weniger gelassen. Kann sein, sie kniff die Augen zusammen und schrie.

„Was zum Teufel ist hier los?“

Als sie die Augen wieder öffnete, war sie jedoch noch immer lebendig. Obwohl es weiterblitzte. Die Blitze kamen von unten. Dort photographierten die Leute jetzt den nassen Schriftsteller auf dem Dach. Mit Blitzlicht. Soeben bog auch ein Feuerwehrauto um die Ecke und fuhr seine Leiter aus. Der Feuerwehrmann, der gleich darauf zu ihnen geklettert kam, sah ungehalten aus.
„Was zum Teufel ist hier los?“, fragte er. „Wir haben einen Hund erhalten mit der Nachricht, hier säße eine Katze. Und wir sollten uns trotz der tiefen Nacht nicht wundern, dass die Katze aussähe wie drei Personen. Ich meine, es ist Tag und …“
„Das gehörte alles zu der Lesung“, erklärte Jonas rasch.“ Da ging es um eine Entführung. Das hier ist die Theatereinlage. Wussten Sie nicht, dass der Schafstall ein Theater ist?“
„Kunst und so, Sie verstehen“, sagte Ella. „Den Schaden zahlt der PEN-Club. Die setzen sich sehr für Kunst und Kultur ein.“
„Schön“, seufzte der Feuerwehrmann und sah den Schriftsteller an. „Aber jetzt kommen Sie runter da. Unten stehen drei Reporter. Und zweihundert Leute, die ein Buch von Ihnen kaufen wollen, weil Sie so ein komischer Typ sind, der auf Dächer klettert. Vielleicht können Sie mir auch gleich eines signieren …?“

Tiger leckt

Ein paar Minuten später fiel Ella unten ihren Eltern in die Arme, während Tiger dem Schriftsteller vor der Kamera eines Fernsehreporters das Gesicht ableckte.
„Ella hat nur eben einen Schriftsteller gerettet“, erklärte Jonas.
„Wovor?“, fragte Ellas Vater.
„Ach, das habe ich jetzt vergessen“, sagte Ella. „Es hat sich so oft geändert, seit wir auf dem Dach saßen.“

Weitere Informationen im Internet über die Schriftstellerin Antonia Michaelis:

https://de.wikipedia.org/wiki/Antonia_Michaelis

http://www.antonia-michaelis.de/startseite/#

http://www.antonia-michaelis.de/buch/ella-fuchs-und-der-hochgeheime-mondscheinzirkus/buchseite/1/

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„Diese Unterstützung haben die Schüler redlich verdient“ – Leserbrief zum HT-Artikel „ASG setzt aktives Zeichen gegen Rassismus“

Leserbrief zum Artikel im Hohenloher Tagblatt „ASG setzt aktives Zeichen gegen Rassismus“ vom 1. August 2014. Die selbst gewählte Überschrift des Autors lautet „Diese Unterstützung haben die Schüler redlich verdient.“

Leserbrief von Werner Schüpf, Kirchberg/Jagst

„Schule gegen Rassismus – Schule für Courage“

Lieber Hermann Bachmaier, auch wir beide haben gemeinsam das ASG durchlaufen. Deswegen freue ich mich ganz besonders, dass Du jetzt als Pate und Rechtsanwalt die Aktion „Schule gegen Rassismus – Schule für Courage“ mit Deiner bekannten Hartnäckigkeit unterstützt.

Zivilcourage

Diese Unterstützung haben die Schüler als auch die Verbindungslehrerin Tanya Simon redlich verdient. Ihnen gebührt meine allergrößte Hochachtung, denn Deine Mahnung trifft absolut zu: „Es gibt keinen Kampf gegen Rassismus ohne Zivilcourage – da muss man manchmal einfach hinstehen, und das ist immer mit Risiko verbunden.“

Entwurzelte Menschen

Auch wir in Kirchberg erwarten etwa 90 Asylbewerber. Eine große Herausforderung für uns, die wir aber sicher mit Hilfe des Freundeskreises Asyl meistern werden zum Wohle dieser entwurzelten Menschen.

14 Kirchberger NPD-Wähler

Was mich aber beunruhigt, sind die 14 Kirchberger NPD-Wähler bei der letzten Europawahl. Wenn Emigranten, „Rucksackdeutsche“ (Heimatvertriebene) oder auch „Ossis“ diskriminiert werden, was kann ich da als Angesprochener tun?

Konkreten Fall in punkto Diskriminierung durchspielen

Liebe ASGler, versucht einmal einen konkreten Fall in punkto Diskriminierung mit der Stadtverwaltung, mit Stadträten, der Polizei oder vielleicht sogar mit einem Richter durchzuspielen. Ich habe es versucht. Euere Ergebnisse würden mich brennend interessieren. Auch ich ziehe den Hut vor Euerer Zivilcourage und gratuliere ganz herzlich zu Euerem Zertifikat.

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„Irgendwo in Hohenlohe“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden vierzehnter Teil

„Irgendwo in Hohenlohe“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden vierzehnter Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig, und sind weder gewollt noch beabsichtigt.

Von Birgit Häbich

XIV Steine

… Carl hoffte sehnlichst auf eine Brücke, die Paula und ihm über die tiefen Gräben der Streitereien hinweghelfen könnte. Wenn sie sich zufällig in der Kreisstadt über den Weg liefen, würdigte Paula ihn immer noch keines Blickes.

Erinnerungen

Die peinliche Sache, in der Carl Eugen sich heute verantworten musste, rief in ihm viele Erinnerungen hervor. Die Gefühle, die in ihm dabei aufstiegen, konnte Carl nicht richtig einordnen, und wenn er weiter so trödelte, würde er zu allem Überfluss auch noch unpünktlich sein. Er nahm seinen Mantel, verließ das Haus, faltete den Mantel sorgfältig zusammen und legte ihn in den Fond seines Wagens. Sein Kollege Schweikhart aus der Kreisstadt, bei dem er vor vielen Jahren ein Praktikum absolvierte, würde ihn heute vertreten.

Wortverdreherin

Carl Eugen Friedner war von einer Zeitungsredakteurin wegen Beleidigung angezeigt worden. Aufgrund eines Berichtes, den sie zu einem Prozess über ein betrügerisches Insolvenzverfahren eines seiner Mandanten schrieb, hatte er sich furchtbar aufgeregt und sie sodann schriftlich als dumme Kuh bezeichnet. Damit nicht genug, er betitelte die Verfasserin der Heilbronner Lokalnachrichten in diesem Schreiben weiterhin als die dämlichste Wortverdreherin, die jemals im ganzen Oberamt berichtet hat. Das war nun etwa anderthalb Jahre her.

Rechtsverdreher

Die attraktive Redakteurin, welche er derart beleidigte, hatte ihn unter anderem, in ihrem Pressebericht als intelligenten Rechtsverdreher bezeichnet. Ihre pechschwarze Haartracht war Carl bei jedem Prozess, gegen seinen Mandanten im Gerichtssaal in Heilbronn aufgefallen, sie glänzte so sehr, dass er sich fast geblendet fühlte und hinter ihren dicken Brillengläsern blinkten ein Paar stechend blaue Augen hervor. Sobald die Redakteurin die Augendeckel auf und zu klappte, meinte er fast ein schepperndes Geräusch zu hören.

Wüste Briefe

Als er dann, nach dem Prozessende, ein paar Tage später, den Artikel über den Ausgang des Verfahrens las, war es augenblicklich aus und vorbei mit seiner Beherrschung. Er schrieb sofort wüste Briefe an die Redaktion der Heilbronner Lokalnachrichten und an das Gericht. Seine Beschimpfungen waren nun nicht mehr zurückzunehmen und würden ihn heute sicherlich eine Menge Geld kosten. Und wenn es schlecht für ihn lief, wäre zu alledem auch noch ein beachtliches Stück seines guten Rufes verloren.

Kläglich gescheitert

Die Heilbronner Gerichtsräume zu betreten, war für Carl ohnehin schon traumatisch genug. Carl Eugen Friedner war seinerzeit bedauerlicher Weise auch mit Paula bei einer Gerichtsverhandlung, und ausgerechnet gegen Vorderschein, kläglich gescheitert. Diese jämmerliche Verhandlung fand auch vor sehr vielen Jahren im
Heilbronner Landgericht statt.

Entgleist

In dem Prozess, über welche die Redakteurin nun vor einem Jahr berichtete, musste er ebenfalls eine totale Niederlage hinnehmen. Sich dann in aller Öffentlichkeit in der Zeitung beschimpft zu sehen, gab Carl Eugen vollends den Rest. Carl entgleiste gegen die Redakteurin auf eine Art, die er von sich nicht kannte.

Häufige Auseinandersetzungen

Und wieder gingen seine Gedanken zu Paula und Carl erinnerte sich viele Jahre zurück. Damals, als sich die Auseinandersetzungen zwischen ihnen häuften, kam Paula eines Tages in sein neues Büro und forderte ihre Unterlagen zurück. Zur Verstärkung brachte Paula ihre beste Freundin Melinda mit. Die schreibende Weibsperson, welche er beleidigt hatte, sah dieser Melinda zum Verwechseln ähnlich. Die Geschehnisse mit den dunkelhaarigen Frauen verschwammen in Carls Erinnerungen bis zur Unkenntlichkeit ineinander.

Dringend Hilfe

Carl fühlte sich, als würde er zwischen den riesigen Steinen, welche man ihm in den Weg gelegt hatte, langsam aber sicher erdrückt werden. Er brauchte dringend Hilfe, so konnte es nicht weitergehen. Carl würde den heutigen Tag und die beschämende Verhandlung zwar irgendwie überstehen, aber nur um sich dann bermorgen endlich mit Anton zu treffen.

Unbeschwerte Fröhlichkeit

Wo war nur die Unbeschwertheit zwischen ihnen hingegangen? Würde er wieder einen Weg zu ihrem Herz finden. Carl sehnte sich nach Paulas unbeschwerter Fröhlichkeit.… Fortsetzung folgt.

Kontaktaufnahme zur Autorin:

E-Mail: b.haebich@web.de

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„Livemusik mit dem Jazztrio Triton“ – Italienische Nacht der SPD Dinkelsbühl und Umgebung

Ihr Sommerfest unter dem Motto „Italienische Nacht“ feiert die SPD Dinkelsbühl am Samstag, 9. August, ab 19 Uhr, im Spitalhof an der Dr.-Martin-Luther-Straße. Dazu lädt der Ortsverein ein. Wie immer gibt es die „Rote Pizza“ mit italienischen Weinen und anderen Getränken.

Von Bernd Lober, Vorsitzender der SPD Dinkelsbühl und Umgebung

Hari Dösel am Saxofon

Als besondere Attraktion gibt es Livemusik mit dem Jazztrio „Triton“, angeführt von unserem Genossen Hari Dösel, Vorsitzender des Kreisverbands Weißenburg-Gunzenhausen, am Saxofon. Wer 2013 dabei war, wird sicher bestätigen: Allein dafür lohnt es sich zu kommen. Das Fest findet wieder im unteren Spitalhofbereich vor den Räumen der AWO statt. Bei schlechtem Wetter wäre dort auch eine Ausweichmöglichkeit vorhanden.

Weitere Informationen und Kontakt:

http://www.spd-dinkelsbuehl.de/

Weitere Informationen über das Jazz-Trio „Triton“:

Ein Saxofon trifft auf einen Kontrabass und eine Gitarre. Heraus kommt zeitloser Jazz, entspannt und ohne Hektik. Die Jazz-Formation, die aus dem Erlanger Gitarristen Nico Knoll sowie den beiden Weißenburger Musikern Winnie Neumann (Kontrabass) und Hari Dösel (Alt- und Tenorsaxofon) besteht, geht mit Swing an die Arbeit und verbreitet mit der ungewöhnlichen Besetzung ein beinahe kammermusikalisches Flair. Neben altbekannten Standards sind auch Eigenkompositionen zu hören. Während der mehrjährigen Zusammenarbeit hat das Trio TRITON einen runden, warmen und zugleich intimen Jazzsound entwickelt, in dessen Mittelpunkt der
musikalische Dialog steht.

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„Offener Brief zur derzeitigen Hetze gegen Juden“ – Mitunterzeichnet von Walter Leyh aus Schrozberg

Der Arbeitskreis „Christinnen/Christen und SPD Baden-Württemberg“ haben einen Offenen Brief zur derzeitigen Hetze gegen Juden geschrieben. Einer der Mitunterzeichner ist Walter Leyh aus Schrozberg.

Vom Arbeitskreis „Christinnen/Christen und SPD Baden-Württemberg“

Hass schwelte

Wir sind entsetzt, dass in den letzten Tagen in ganz Deutschland in wüsten Parolen und Ausschreitungen gegenüber Juden ein Hass zum Ausbruch kam, den wir überwunden glaubten, der jedoch offensichtlich latent schwelte und für den der Krieg im Gazastreifen nur als Vorwand dient. Dieser Antisemitismus, der sich in volksverhetzenden Parolen äußert und eine Stimmung erzeugt, dass sich Mitglieder jüdischer Gemeinden in Deutschland nicht mehr sicher fühlen, ist nicht hinnehmbar.

Gegen Hass zur Wehr setzen

Weil wir wissen, dass der christliche Antijudaismus historisch eine der Wurzeln des nationalistischen und rassistischen Antisemitismus bildete, fühlen wir uns heute besonders gefordert und auch verpflichtet, dem derzeit in Deutschland und Europa sprühenden Hass gegen Juden entgegen zu treten. Wir sind beschämt, dass sich bisher wenige Politiker und Intellektuelle öffentlich gegen diesen Hass, der Pogromstimmung anheizt, zur Wehr gesetzt haben und fordern deshalb unsere Volksvertreter auf, sich massiv und unmissverständlich dagegen auszusprechen und deutlich zu machen, dass zwischen der Kritik am israelischen Vorgehen und antisemitischen Parolen eine scharfe Grenze besteht, deren Übertretung geahndet wird.

Öffentlich der antisemitischen Hetze entgegen gestellt

Ausdrücklich danken wir in dem Zusammenhang Herrn Aiman Mazyek, dem Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime, und Herrn Gökay Sofuoglu, den Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland, die sich öffentlich der antisemitischen Hetze entgegen gestellt haben.

Für den Arbeitskreis:

Angela Madaus (Walddorfhäslach)

Rainer Lang (Stuttgart)

Weitere Informationen und Kontakt:

http://www.christen.bawue.spd.de/

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„Die Stellung der Frau im Judentum“ – Ausstellung im Rabbinatsmuseum Braunsbach

Der diesjährige Europäische Tag der jüdischen Kultur am 14. September 2014 steht unter dem Thema „Die Frau im Judentum“.  Das Rabbinatsmuseum Braunsbach beteiligt sich mit einer Sonderausstellung zu diesem Thema. Die Ausstellung wird am Sonntag, 10. August 2014, um 14 Uhr eröffnet.

Von Elisabeth M. Quirbach, Rabbinatsmuseum Braunsbach, KiRa-Kultur im Rabbinat

Es drohen Verhaftung und empfindliche Strafen

Die Ausstellung befasst sich mit der Frage nach der Stellung der Frau in Familie, Religion und Gesellschaft. Dabei werden die unterschiedlichen Deutungen der Heiligen Schriften des Judentums veranschaulicht. Juristisch gleichgestellt sorgen viele orthodoxe Jüdinnen immer noch allein für eine vielköpfige Familie, während der Mann sich ausschließlich dem Studium der Thora widmet. Jüdinnen ist es verboten, an der Westmauer in Jerusalem in der gleichen Weise zu beten wie die Männer. Verstoßen sie gegen die Vorschriften, drohen ihnen Verhaftung und empfindliche Strafen. Mutige Frauen kämpfen dagegen an.

Film „Mein neues Leben in Jerusalem“

Die Ausstellung öffnet am Sonntag, 10. August 2014, um 14 Uhr. Um 15 Uhr und um 16.30 Uhr wird der Film „Mein neues Leben in Jerusalem“ gezeigt. Er zeigt das Leben von Elishewa, die sich bewusst für ein Leben nach den Regeln des orthodoxen Judentums entschieden hat.

Nähere Informationen und Kontakt:

Telefon: 07906-8512

Internet:

www.rabbinatsmuseum-braunsbach.de.

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„Drei furchtbare Bluttage gegen die Anführer“ – AnStifter ehren Aufständische des „Armen Konrad“

Sechs Aufständische des „Armen Konrad“  werden am Samstag, 9. August 2014, um 11 Uhr am antifaschistischen Mahnmal am Stuttgarter Karlsplatz geehrt.

Zugesandt von Adele Sperandio, Stuttgart

Bluttag in Stuttgart

Nach Niederschlagung des Bauernaufstandes 1514 hielt Herzog Ulrich drei furchtbare Bluttage gegen die Anführer ab. Beim dritten Bluttag in Stuttgart wurden Hans Schmeck aus Waldenbuch, Peter Wolf und dessen Sohn Bernhard, Kaspar Schmid und Peter Koch, alle aus Glashütte, und Lägelen-Jörg aus Stuttgart hingerichtet. Veranstalter sind Die Anstifter, Stuttgart und der Wilhelm-Zimmermann-Geschichtsverein Dettingen/Erms. Es reden Günter Randecker und Ebbe Kögel. Im Anschluss besuchen wir noch das Geburtshaus von Wilhelm Zimmermann in der Jakobstraße bei Heinrich Huth.

Bilder von Tasso im Clara-Zetkin-Haus

Um 17 Uhr findet eine Vernissage zur Ausstellung der Bilder von Tasso im Clara-Zetkin-Haus in Stuttgart statt.

Weitere Informationen und Kontakt:

http://www.die-anstifter.de/

http://www.waldheim-stuttgart.de/index.html

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„Irgendwo in Hohenlohe“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden dreizehnter Teil

„Irgendwo in Hohenlohe“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden dreizehnter Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig, und sind weder gewollt noch beabsichtigt.

Von Birgit Häbich

XIII Steg

…draußen sangen die Vögel, es wurde Frühling, Carl war gestern wieder viel zu spät ins Bett gekommen, und so hatte er vorhin den piepsenden Wecker komplett ausgeschaltet, anstatt sich die mit dem daneben liegenden Knopf mögliche Verlängerung von fünf Minuten zu genehmigen.  Er war spät dran und musste sich nun beeilen. Heute hatte Carl Eugen Friedner einen Gerichtstermin in eigener Sache. Sein Magen meldete sich und er zwang sich zur Ruhe, noch drei Tage, dann würde er endlich seinen Ausflug ins Remstal machen können. Und wieder waren seine Gedanken bei ihr, Carl vermisste Paula. Sie erzählte ihm damals in seinem Büro auch von ihrer Großtante und deren Geschichte.

Malerbetrieb übernehmen

Hilda Wagner wuchs zusammen mit ihrem Bruder Roman zwischen den beiden großen Weltkriegen auf. Ihr Vater war nicht nur ein solider Handwerksmeister, sondern auch ein vorausblickender Geschäftsmann, der das Haus in der Innenstadt während der Inflation abbezahlen konnte. Damit meinte er die Voraussetzung geschaffen zu haben, dass sein Sohn Roman den gut gehenden Malerbetrieb übernehmen könnte.

Entzückend

Roman war ein äußerst geschickter junger Mann mit vielen Begabungen. Er erlernte den Beruf des Vaters gerne, zeichnete und malte überdies häufig zusammen mit seiner Schwester Hilda, auch auf Papier und Leinwänden. Wenn Kunden einen besonderen Wunsch hatten, entwarf er ihnen die schönsten Verzierungen für die Fassade ihrer Häuser oder entzückend dekorative Schmuckbänder für die Innenräume. Sein farbliches Erinnerungsvermögen war so stark, dass er bei Reparaturen niemals ein Muster anfertigen musste. Er mischte den Ton und traf die Nuance auf das Genaueste.

Geliebter Bruder

Hilda und Roman verband eine innige Zuneigung und Hilda stellte sich vor, dass der Mann, den sie einmal erhören würde, mindestens einen so edlen Charakter haben musste wie ihr geliebter Bruder. Die Beiden verbrachten viel Zeit miteinander und fanden auch an anderen kreativen Tätigkeiten gemeinsam Spaß. Sie erfanden kurze Geschichten, reimten kleine Gedichte und in der großen Küche kochten sie neu erfundene aber fein schmeckende Gerichte und buken herrlich duftende Kuchen. Wäre der grausame Krieg nicht gewesen, wäre aus ihm sicherlich ein angesehener Bürger und gefragter Malermeister geworden.

Vermisster Sohn

Aber das Schicksal wollte es damals anders, Roman musste in den Krieg nach Russland ziehen. Sein Vater stand noch jahrelang nach dem Krieg täglich am Fenster, blickte hinaus und wartete, ob sein vermisster Sohn nicht vielleicht heute mit dem Zug angekommen wäre und demnächst über den Steg auf das Haus zukommen würde. Aber er wartete vergebens, Roman kam, wie viele andere junge Männer, in die eine hoffnungsvolle Zukunft gesetzte worden war, nie mehr zurück. Türen und Fensterläden des Zimmers, welches Roman vor dem Krieg bewohnt hatte, blieben von nun an verschlossen. Niemand wagte es je, darin eine andere Ordnung herzustellen, das Bett zu berühren, die Möbel auszutauschen oder gar seine Kleider aus dem Schrank zu nehmen.

Gelegenheit verstrich

Hilda trauerte lange um ihren geliebten Bruder, und die Jahre vergingen, ohne dass es je eine Nachricht über seinen Tod oder sein Überleben gab. Irgendwann machte ein gewisser Gottfried Haußler Hilda den Hof, er verehrte sie sehr und spendete ihr in ihrer Trauer um den verlorenen Bruder viel Trost. Hilda fand Gefallen an dem hübschen und rechtschaffenen Mann, aber Gottfried wollte nach Amerika auswandern. Der Krieg hatte ihm alle Familienmitglieder und den gesamten Besitz genommen, die Manufakturweberei war zerstört.  Ein guter Freund von ihm war nach Amerika ausgewandert und schrieb, dass er ihn zur Unterstützung beim Aufbau einer Hosenfabrikation brauchen würde. Die Chance, sich in Übersee eine neue Existenz aufbauen zu können, wollte Gottfried sich nicht entgehen lassen. Hilda jedoch brachte es nicht über sich, ihn sofort zu begleiten und wollte auch mit dem Heiraten noch warten. Gottfried ging nach Amerika und schickte ihr bald die Schiffspassage, damit sie ihm folgen könnte. Doch Hilda ließ die Gelegenheit, ihrem Herzen und dem Mann, den sie liebte, zu folgen, ungenützt verstreichen.

Eine Chance

Carl fragte sich, ob Paula Engel wohl genauso wie ihre Großtante wäre und dieses Haus auch einfach nicht verlassen konnte? Carl erschrak, denn dann hätte auch er niemals eine Chance Paulas Herz ganz für sich zu gewinnen.… Fortsetzung folgt.

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„Irgendwo in Hohenlohe“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden zwölfter Teil

„Irgendwo in Hohenlohe“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden zwölfter Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig, und sind weder gewollt noch beabsichtigt. (Fremdwörter im Text mit * werden am Ende der Episode erklärt.)

Von Birgit Häbich

XII Lugenbeutel

… am Beginn seiner selbständigen Tätigkeit dachte Carl Eugen Friedner niemals auch nur im
Entferntesten daran, dass er in tiefe Loyalitätskonflikte stürzen könnte. In den Verwaltungen
und Ämtern, in denen er vorher tätig war, war immer alles klar geregelt, und wer diese
Regeln übertat, musste entweder ein Vetterle im Himmel* oder gute Nerven haben.

Nerven beruhigen

Aber jetzt, als Selbstständiger, konnte er sich nicht mehr hinter Vorschriften und Gesetzen
verschanzen, das kleinstädtische Milieu zeigte ihm undurchsichtige Tiefen, in deren Dunkelheit man sich nicht immer sofort zurechtfand. Carl sinnierte noch immer, mittlerweile saß er daheim in seinem stillen Arbeitszimmer unter dem Dach, bei einer Tasse Tee. Der Arzt hatte ihm empfohlen, ab und zu einen Melissentee zu trinken, das würde seine Nerven beruhigen und auch den angegriffenen Magen nicht unnötig belasten.

Die Erbschaft

Paula wollte damals, sobald genug monetäre Mittel flüssig wären, zuerst mit der Dachsanierung beginnen. Die Erbschaft, welche ihre Großtante Hilda noch im hohen Alter
gemacht hatte, würde unter Umständen dafür ausreichen. Es war aufwändig herauszufinden,
ob es noch andere Erben gab und damit die Höhe der in Aussicht stehenden Summe geschmälert werden könnte. Zur gleichen Zeit bereits, ließ sich Paula Engel von den in Frage
kommenden Handwerkern beraten und absolvierte alle nötigen Termine in Absprache mit
Herrn Vorderschein.

Der Bauhistoriker

Balduin Vorderschein hatte sich den Titel Bauhistoriker zugelegt und war beim Bauamt der Kreisstadt und bei dem Kreditinstitut, mit welchem man vor hatte, die finanziellen Dinge zu
regeln, zu dieser Zeit hoch angesehen. Es gab nur eine geringe Auswahl an Architekten, die
meinten dieser Aufgabe gewachsen zu sein. Und da es Vorschriften des Denkmalschutzes gab und Mittel aus der Denkmalförderung zu beantragen waren, wurde Vorderschein, eben auch in Ermangelung weiterer Fachkundiger in der Gegend, mit der Begleitung des anstehenden Sanierungsprojektes beauftragt. Und der selbst ernannte Bauhistoriker verstand es perfekt, sich alsbald unentbehrlich zu machen.

Eloquenter Redner

Carl Eugen Friedner hatte Vorderschein im Ladengeschäft seiner Frau Heike Vorderschein schon kurz gesehen und kannte ihn ansonsten lediglich vom Hörensagen. Man hielt in der Stadt einiges auf den eloquenten Redner, Carl hatte bisher jedoch noch nie mit ihm direkt zu
tun gehabt.

Niemals berücksichtigt

In dieser Zeit schien Vorderschein überall mitzumischen, der Rührige war sogar im Freilandmuseum anzutreffen und wurde ein gefragter Berater bei vielen Altbausanierungen der Kreisstadt. Die für Sanierungen in Frage kommenden Handwerker waren auf seine Empfehlungen angewiesen. Empfahl Vorderschein sie nicht beim Bauherrn, so konnte zwar auf „Gut Glück“ ein Angebot abgegeben werden, aber bei der Vergabe von Aufträgen wurden sie niemals berücksichtigt.

Angesehener Berater

Auch ihm selbst wurde in dieser Zeit Balduin Vorderschein von seinen alten Bekannten wärmstens empfohlen. Und so kam auch Carl, obwohl er den hoch gewachsenen Mann lediglich für einen selbstgefälligen Schwätzer hielt, nicht an demselben vorbei. Zudem war Carl Eugen Friedner es gewohnt, seine Einschätzungen über Personen nicht vor sich herzutragen und bei Menschen, die sich regelmäßig mit politisch und wirtschaftlich einflussreichen Leuten sehen ließen, war er sogar ganz besonders vorsichtig. Carl gedachte sich seinen guten Ruf als allseitig angesehener Berater an Leuten wie Vorderschein vorbei aufrecht zu erhalten.

Unstimmigkeiten

Es war Carl schon so manches Gerücht über Unstimmigkeiten bei Abrechnungen zu Ohren gekommen. Und er würde besonders Acht darauf geben, dass Paula nicht über den Tisch gezogen würde. So wie es damals aussah, konnte sie sich recht gut mit Vorderschein arrangieren, und nötigenfalls würde er eben eingreifen.

Sich selbst überschätzt

Aus heutiger Sicht musste er zugeben, dass er sich überschätzt hatte, er hatte große Fehler gemacht. Aber Carl wusste damals noch nicht, was sich da hinter seinem Rücken zusammenbraute. Er hätte seinerzeit niemals dulden dürfen, dass Paula einem Lugenbeutel*
vertraute. Carl wollte, dass Paula mit der Sanierung des Anwesens ihrer Großtante bald beginnen und zügig fortfahren sollte. Schließlich sollte Paula dieses Schmuckstück, zu dem es ohne Zweifel werden würde, einmal erben.

Stolz

Er lächelte bei dem Gedanken an die Freude und den Stolz, den er damals für sie empfand. Paula Engel würde einem der schönsten Häuser der Stadt zu neuem Glanz verhelfen und er durfte sie dabei unterstützen. In seiner Verliebtheit übersah Carl allerdings, was sich an Ungutem anbahnte…. Fortsetzung folgt.

Erläuterungen:

Lugenbeutel*: Lügensack, Lügner, Betrüger, Aufschneider,

Vetterle: Vetter, Cousin,

Vetterle im Himmel*: Vitamin B, einflussreiche Beziehungen, Gefälligkeitsverwandtschaften

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