„Umpolung“ – Die Ermittlungen im Polizistenmord von Heilbronn werden seit November 2011 in eine bestimmte Richtung gelenkt – Kommentar des Journalisten Thomas Moser

„Umpolung“ – Die Ermittlungen im Polizistenmord von Heilbronn werden seit dem 4. November 2011 in eine bestimmte Richtung gelenkt. Staatsanwalt Meyer-Manoras und LKA-Beamtin Rieger standen vor dem NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg.

Von Thomas Moser, Freier Journalist

Im Stuttgarter NSU-Ausschuss

„Umpolung“  bezeichnet einen Vorgang, bei dem alle Einzelteile eines Systems komplett und einheitlich neu ausgerichtet werden. Eine Erscheinung in der Natur, die aber auch in sozialen Systemen vorkommen kann. Bei den Ermittlungen zum Polizistenmord von Heilbronn fand nach dem 4. November 2011 eine Umpolung statt, die bei Behörden, Politikern, aber auch Medien bis heute anhält. Wie sie funktioniert, zeigte die Vernehmung des Staatsanwaltes Christoph Meyer-Manoras und der Kriminalbeamtin Sabine Rieger vor dem NSU-Ausschuss in Stuttgart am 24. Juli 2015.

Staatsanwalt untersagte Veröffentlichung von Phantombildern

Die Ermittler kamen – vor 2011 – zu der Einschätzung, die Tat auf der heilbronner Theresienwiese wurde von vier bis sechs Personen begangen. Mehrere Zeugen hatten drei verschiedene blutverschmierte Männer gesehen. Das LKA sah mehrere Phantombilder als wertvoll an, wollte aber, um die Öffentlichkeit nicht zu verwirren, nur drei zur Fahndung herausgeben. Der Staatsanwalt allerdings untersagte jegliche Veröffentlichung von Phantombildern. Am 4. November 2011 änderte sich dann zudem die Ermittlungsrichtung komplett. Der NSU mit den Mitgliedern Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe wurde bekannt. Seither schreibt die Bundesanwaltschaft (BAW) die Tat, allen begründeten Zweifeln zum Trotz, Böhnhardt und Mundlos und nur ihnen allein zu. Und diesem Dogma folgen nun alle – vom Landesinnenminister bis zum Staatsanwalt von Heilbronn. Dass keines (!) der Phantombilder auch nur annähernd Böhnhardt und Mundlos ähnelt, stellt nicht etwa ihre Anwesenheit in Frage, sondern wird umgekehrt als Beleg genommen, dass die Zeugen nicht die Täter gesehen haben. Die blutverschmierten Männer sollen also nichts mit der Tat zu tun gehabt haben, sondern alle rein zufällig um dieselbe Zeit in der selben Gegend herumgelaufen sein. So werden Regeln der formalen Logik auf den Kopf gestellt.

Videoaufzeichnungen jahrelang nicht ausgewertet

Anderes Beispiel: Videoaufzeichnungen aus Geschäften und Tankstellen rund um den Tatort. Sie wurden jahrelang nicht ausgewertet. Wonach hätte man suchen sollen?, fragte der Zeuge Staatsanwalt den Untersuchungsausschuss rhetorisch. Wonach wohl? Zum Beispiel nach Personen, die den Phantombildern ähneln. Erst nach 2011 wurden die Videos ausgewertet. Weil man nun darauf nicht Böhnhardt oder Mundlos sieht, betrachtet der Staatsanwalt das als nachträgliche Rechtfertigung für die Nichtauswertung der Videos. Anstatt, dass sich auch dadurch Zweifel an ihrer Anwesenheit ergäben. Der Staatsanwalt benutzt das Böhnhardt-Mundlos-zwei-Täter-Dogma als Rechtfertigung für die Unterlassung und Verschleppung der Ermittlungen nach 2007, die er mit zu verantworten hat.

Puzzleteile werden passend gemacht

Die Ermittler kamen – vor 2011 – zu dem Ergebnis, die Angreifer mussten zwei Rechtshänder gewesen sein. Mundlos habe links des Streifenwagens der Fahrerin Kiesewetter in den Kopf geschossen, Böhnhardt rechts dem Beifahrer Arnold. Doch Böhnhardt war Linkshänder. Damit stimmt die Schussbahn nicht überein. Ein Linkshänder hätte weiter vorne stehen müssen, wäre vom Opfer gesehen worden und in die Schussbahn des anderen Täters geraten. Staatsanwalt Meyer-Manoras räumte vor dem Ausschuss ein, dass er darüber erst seit der Ausstrahlung einer TV-Dokumentation („Kampf um die Wahrheit“, 3sat, 6.7.2015) nachgedacht und ihn das ins Grübeln gebracht habe. Ziemlich freihändig meinte er dann aber, vielleicht habe ja Böhnhardt links auf Kiesewetter geschossen und Mundlos rechts auf Arnold. Motto: Wenn ein Puzzleteil nicht passt, macht man es eben passend. Von derartigen Mängeln war der Auftritt des Zeugen geprägt.

Viele Ungereimtheiten

Hinzu kamen Polemiken, die einem Funktionsträger nicht zustehen. Wie schon vor dem NSU-Bundestagsausschuss qualifizierte er Zeugen, die blutverschmierte Männer sahen, ab. Zum Beispiel die damals 71-jährige Frau W., die gegen 14 Uhr am Tattag am südlichen Eingang zur Theresienwiese einen heraneilenden blutverschmierten Mann sah, der in ein wartendes Auto einstieg. Die Zeugin glaubte auch, einige Zeit vorher Schüsse gehört zu haben. Wie schon in Berlin stellte Staatsanwalt Mayer-Manoras auch in Stuttgart den Sachverhalt unvollständig und manipulativ dar. Seine Version geht so: Die Zeugin W. habe von der Stelle, wo sie Schüsse vernommen habe, bis zu der Stelle, wo sie den blutverschmierten Mann gesehen haben will, mit ihrem Auto 40 Sekunden gebraucht. Doch die 400 Meter vom Tatort zu besagter Ampel könne man nicht in 40 Sekunden laufen. Süffisant fügte er den Weltrekord und den Weltrekordhalter über 400 Meter hinzu. Die Aussage der Frau sei deshalb unglaubwürdig. Nicht wenige Medien übernehmen diese Erzählung ungeprüft. Jedoch: An der Darstellung des Staatsanwaltes stimmt so gut wie nichts. Erstens beträgt die Entfernung vom Tatort zu der Ampel nicht 400 Meter, sondern maximal 300 Meter. Zweitens braucht man für die Strecke, die Frau W. im Auto bis zu jener Ampel zurücklegte, nicht 40 Sekunden, sondern mindestens 60 Sekunden. (Die Ampelphase nicht mitgerechnet.) Und drittens hat die Zeugin vielleicht gar keine Schüsse gehört, sondern zerplatzende Luftballons. Zu dieser Überlegung kam jedenfalls die SoKo Parkplatz, die die Tat und die Zeugenaussagen während eines Frühlingsfestes nachstellte. Dabei fiel den Ermittlern im südlichen Bereich des Festplatzes Theresienwiese ein Luftballonstand auf. Das alles wiederum ist Staatsanwalt Meyer-Manoras bestens bekannt. Er hat es zum zweiten Mal einem Ausschuss verschwiegen.

Berufliches und privates Umfeld des Opfers nicht durchleuchtet

Ein letztes Beispiel für die Haltung des „Ersten Staatsanwaltes“ von Heilbronn sei nicht vorenthalten: Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler (SPD) konfrontiert ihn mit der Aussage von Rechtsanwalt Walter Martinek, der Martin A. vertritt, jenen Polizeibeamten, der den Anschlag mit viel Glück schwerverletzt überlebt hat. Der Anwalt, so Drexler, habe gegenüber dem SWR die Ermittlungen kritisiert, das berufliche und private Umfeld des Opfers sei nicht durchleuchtet worden. Antwort Meyer-Manoras: „Was Nebenkläger vor laufenden Kameras sagen, interessiert mich nicht.“ Die Liste ließe sich fortsetzen. Der Staatsanwalt mag mit seinem Verhalten zwar politisch folgsam sein, für die Ermittlungen aber ist er ein Problem.

Hinweis des Beamten wurde „keine weitere Bedeutung zugemessen“

Seit dem 4. November 2011 ist das gesamte Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg durch die Vorgaben der BAW „umgepolt“. Die Ermittlungen sollten nur noch die Täterschaft von Böhnhardt und Mundlos „nachweisen“ und nicht mehr rückhaltlos und in alle Richtungen erfolgen. Zu welchen Konsequenzen das führte, dokumentierte die Vernehmung der LKA-Beamtin Sabine Rieger auf drastische Weise. Ein Paradebeispiel: Michèle Kiesewetter verbrachte den Abend vor ihrem Tod mit dem Kollegen Marcello P. (Er wurde am 24. Juli 2015 vom Ausschuss in einem Nebenraum gehört.) P. hatte in seiner Vernehmung durch das LKA im Dezember 2010 angegeben, ihm und Kiesewetter sei an jenem Abend in Böblingen ein Mann aufgefallen, der sie auffällig beobachtet habe. Als ihm die Ermittler (u.a. Sabine Rieger) die Phantombilder von Heilbronn vorlegten, deutete er auf das Bild, das nach den Angaben des schwerverletzten Beamten Martin A. gezeichnet worden war. (Im Ermittlungsbericht das 14. Phantombild, offiziell aber Bild Nr. 7) Sie seien elektrisiert gewesen, so die LKA-Vertreterin gegenüber dem Ausschuss. Doch dann kam der 4. November 2011 mit dem Auffliegen des NSU und der Festlegung auf Böhnhardt und Mundlos als die alleinigen Attentäter von Heilbronn. Am 16. November 2011 wurden P. erneut Lichtbilder vorgelegt, die nach einem Zufallsprinzip ausgewählt wurden – vor allem zusätzlich aber auch ein Bild von Uwe Böhnhardt. „Wenn er jetzt nicht auf Böhnhardt zeigt, hat seine Aussage keine Bedeutung“, habe sie damals gedacht, so die LKA-Beamtin Rieger vor dem Ausschuss. Tatsächlich zeigte P. nicht auf Böhnhardt, sondern auf eine andere Person. Doch die galt als „verfahrensunbeteiligte Person“, weil sie keine Ähnlichkeit mit Böhnhardt oder Mundlos aufwies. Die Folge: dem Hinweis des Beamten wurde „keine weitere Bedeutung zugemessen“. Die Festlegung auf die „zwei Uwes“ als Täter erwies sich damit als Falle. Eine verordnete Ermittlungsrichtung mit verheerendem kriminalistischen Ergebnis. Als die Kriminalhauptkommissarin von der Abgeordneten Petra Häffner (Grüne) gefragt wird, wieviele Spuren verworfen worden seien, weil sie nicht zu „NSU“ gepasst haben, versteht sie zunächst die Frage gar nicht. Die Umpolung ist perfekt.

Ermittlungen mit Schlagseite

„Die Ermittlungen waren nach dem 4. November 2011 darauf ausgerichtet, die Täterschaft von Mundlos und Böhnhardt nachzuweisen.“ Zitat Innenminister Reinhold Gall, Juli 2013. Auch die grün-rote Landesregierung unterstützt bis heute dieses Dogma. Das nennt man tendenziös – ist aber gescheitert: Denn auch diese Ermittlungen mit Schlagseite konnten „keinen eindeutigen Nachweis erbringen, dass Böhnhardt und Mundlos am Tattag in unmittelbarer Tatortnähe Theresienwiese waren“. (Zitat BKA-Ermittlungsbericht, Oktober 2012) Das wiederum kann bedeuten: Die wahren Täter oder Mittäter laufen noch frei herum. Und die Verantwortung dafür haben die Bundesanwaltschaft, der Landesinnenminister, das LKA und auch der Erste Staatsanwalt von Heilbronn.

Politische Ebene des Falles: ganz nah an Ex-Justizminister Goll

Warum aber soll der Staatsanwalt 2007 die Ermittlungen hintertrieben und die Phantombilder unterdrückt haben? Gute Frage. Sie gilt aber auch für die übergeordnetere, warum die Bundesanwaltschaft nicht weitere und andere Täter sucht, als die zwei Uwes. Viele Hinweise legen inzwischen nahe, dass die Phantombilder reale Personen zeigen. Möglicherweise Personen, die besser nicht mit der Tat in Verbindung gebracht werden sollten. Meyer-Manoras muss das nicht selber gewusst haben, es reicht, dass er möglicherweise bestimmten „Ratschlägen“ von irgendeiner Seite gefolgt ist. Warum soll das abwegig sein? Dass unter der Regie der SoKo Parkplatz Nummer 1 Aktenmanipulationen vorgenommen wurden, ist jedenfalls belegt. Sie wurden im Untersuchungsausschuss bisher nur angesprochen, sind aber nicht aufgeklärt. Die Nichtveröffentlichung der Phantombilder war mit dem Generalstaatsanwalt von Stuttgart, Klaus Pflieger, abgesprochen. Vielleicht kam die Anweisung sogar von dort. Jedenfalls sind wir damit endgültig auf der politischen Ebene des Falles angekommen – und ganz nah am Justizminister, der damals Ulrich Goll hieß und der heute für die FDP-Fraktion im Untersuchungsausschuss sitzt. Wie soll er sein eigenes Regierungshandeln untersuchen? Er müsste sich selber als Zeuge befragen. Eine „Umpolung“ ist das eine. Sie als solche zu erkennen, das andere. Wer aber nicht unabhängig ist, sondern selber Teil des Systems, dem wird das nicht gelingen. Und das wiederum ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Umpolung.

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„Hohenloher Piraten segeln mit frischem Wind in die Landtagswahl“ – Matthias Jahn als Direktkandidat gewählt

Die Mitglieder der Piratenpartei des Wahlkreises Hohenlohe wählten in Künzelsau die Kandidaten für die Landtagswahl 2016. Direktkandidat wurde Matthias Jahn (23). Als Ersatzkandidat wurde Ali Karakilic (44, Techniker) gewählt.

Von der Piratenpartei im Wahlkreis Hohenlohe

Digitalisierung in den Fokus nehmen

Jahn in seiner Vorstellungsrede: „Der Dialog mit den Menschen ist mir persönlich wichtig – ich möchte offen, authentisch und bürgernah landesrelevante Themen wie Bildung, Kultur und Zuwanderung behandeln und für uns Hohenloher als Sprachrohr im Landtag fungieren. Außerdem müssen wir die Digitalisierung in den Fokus nehmen, den Blick mit neuen Ideen auf die Zukunft richten, dürfen dabei aber Altbewährtes nicht vergessen.“

Bürgerbeteiligung stärken

Der angehende Fachinformatiker Matthias Jahn ist gebürtiger Künzelsauer und engagierte sich ehrenamtlich drei Jahre im Jugendrat Künzelsau. Als politische Ziele formuliert er unter anderem die Stärkung der Bürgerbeteiligung, die zeitgemäße kulturelle und sexuelle Aufklärung in den Schulen sowie die Förderung sozialer und ökologischer Projekte.

Treffen alle vier Wochen

Es besteht die Möglichkeit die Kandidaten bei den Treffen, die alle vier Wochen im Wechsel in Öhringen und Künzelsau stattfinden, persönlich kennenzulernen und sich von der Piratenpartei ein Bild zu machen. Die Piraten freuen sich auf einen spannenden Wahlkampf. Vorher steht jedoch noch die Sammlung der 150 Unterstützungsunterschriften an, damit die Piratenpartei im Wahlkreis Hohenlohe bei der Landtagswahl 2016 antreten kann.

Weitere Informationen und Kontakt:

www.piraten-hohenlohe.de

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„Landratsamt: Empörung unbegründet“ – Leserbrief von Roland Hampp aus Gaildorf zum Fischsterben in der Jagst

Sogar die Radio-Nachrichten vermelden, Bürger seien empört über die Informationspolitik des Landratsamts (LRA) Schwäbisch Hall zum Fischsterben in der Jagst bei Kirchberg nach einem Großbrand.  Diese Reaktion ist laut Landratsamt „unbegründet“.

Leserbrief von Roland Hampp, Gaildorf

Größte Flusswasservergiftung seit Jahrzehnten

Das LRA ist zuständig für die aktive Mit-Hilfe bei Umweltverbrechen wie der massiven Auswilderung von Windrad-Monstern im gesamten Kreisgebiet; ist aber weit weniger gefordert bei der Ab-Hilfe in Sachen Umweltkatastrophen – „der größten Flusswasservergiftung seit Jahrzehnten in BW“ (BUND). Und dies macht uns auf dem entsprechenden Flussabschnitt in den nächsten fünf Jahren aus einem artenreichen Fließgewässer die dahindümpelnde Totkloake.

Staatskanzlei in Stuttgart steht davor

Das Amt betreibt auch keine „falsche“ Informationspolitik – da es als klassische „Durchführungsverordnungs-Ausführungsbehörde“ weder in dem einen noch im anderen Fall über nennenswerte „Informationen“ verfügen dürfte. Da sei die „Grüne“ Staatskanzlei in Stuttgart vor!

Waldbrandgefahr steigt

Hitzeperioden mit erhöhter Waldbrandgefahr werden in Zukunft zur Regel. Daran ändern die Windradmonster im Wald auch rein gar nichts. Im Gegenteil. Sie vergrößern nur das Gefahrenpotenzial.  Wie wird unserer Feuerwehr das geplante kontrollierte Abbrennenlassen gelingen bei einer jederzeit möglichen Havarie an einer industriellen Großanlage – trotz installiertem Wasserreservoir und geplantem Großeinsatz einer Traktorflotte mit Gülle(wasser)fässern?

Regelmäßig Todesfälle

Was geschieht bei Funkenflug und Übergreifen des Feuers (in unserer ach so windreichen Region!) auf (recht nah!) benachbarte WKA, von denen es, dem grünen Feuereifer folgend, bald 40 Stück geben soll?  Vielleicht besorgt uns die Behörde schon mal Löschflugzeuge und schickt seine Mannen auf Fortbildung zu den (weltbesten) Firefightern nach Kalifornien – ohne zu verschweigen, dass es dort trotz bester Ausrüstung und Ausbildung regelmäßig auch zu Todesfällen kommt (Dennoch bitte alle Wehren im gesamten Kreisgebiet berücksichtigen!).  Kostenübernahme: Sicher gern durch die zukunfts-gewissenhaften Investoren.

Brand-Schneisen ordentlich zuschütten

Das LRA hat Probleme mit der adäquaten Verfüllung von Schlag(!)-Löchern auf Landstraßen? Okay – aber bei Waldgroßbränden über WKA-Rodungs-Freiflächen hinaus wird´s Ländle (wiederum) zuverlässig zuschlagen und nicht nur Brand-Schneisen ordentlich zuschütten! Vertrauen wir einfach mal drauf. Wie immer.

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„Entrüstung“ – Leserbrief von Roland Hampp aus Gaildorf über den Besuch von Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) in Schwäbisch Hall

Vom „Gehörtwerden“ des Bürgers hat der Ministerpräsident mal getönt. Heute will er davon nichts mehr hören. Es scheint ihn geradezu seine kommunistische Kaderpartei-Schulung einzuholen, wenn er auf Bürger (mit Dogmen; schwachen Argumenten) einbrüllt, die nicht seiner Meinung sind. Aber da hört auch bei mir der Spaß auf.

Leserbrief von Roland Hampp, Gaildorf

Notfall: Windkraftgegner beim Ministerpräsidenten!

Grauhaar gegen Graubart. Wie zwei alte Waschweiber auf dem historischen Marktplatz zu Schwäbisch Hall bellen wir uns an. So peinlich, dass es aus der lokalen grünen Entourage tönt: Notfall! Windkraftgegner beim Ministerpräsidenten! Immerhin bleiben Grüne, am Tag des Neustarts japanischer Atommeiler, politisch korrekt: Notfall – nicht Störfall in Hall.

Ego-Shooter genug?

Wer sich für das Andere einsetzt, macht sich suspekt. Das eigene Macho-Ego durchzudrücken, ist akzeptiert. Hab ich mir mal sagen lassen. Also schwöre ich ab: Der Rotmilan ist mir so wurscht wie den Roten die kaltgestellte Rote im Feschtles-Zelt. Der Schwarzstorch interessiert mich so wenig wie die Schwarzen nächtens Fledermäuse wahrnehmen. Und die Grüne Hoffnung hab ich längst hinter mich geschmissen. Ich will weiterhin in unseren  Wäldern rumrennen können ohne den Scheusals-Anblick der welthöchsten Windrad-Monster und ich hab keine Lust, mit dem Bike auf Forstweg-Autobahnen gekillt zu werden. Ego-Shooter genug?

Der Ökologie hat er längst abgeschworen

Als der Hotelier an der bayerischen Grenze (zum gelobten Land der Monster-Freiheit) klagt, die geplanten Windräder vor der Pforte gefährden die Existenz seines Wellness-Hotels, verspricht Kretschmann, sich darum zu kümmern! Legte der Milan goldene Straußeneier, die Aufmerksamkeit der Öko(nomie)-Grünen wäre ihm sicher. Ich suche Wellness nicht im Hotel, sondern im Wald. Trotzdem ist das Anliegen des Betreibers verständlich – und lieber ein biederes Hotel in der Botanik als ein Rudel wildgewordener Monster. Wie wird wohl Kretschmann votieren, wenn´s wieder um die ökonomische Entscheidung geht. Denn der Ökologie hat er längst abgeschworen.

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„Kretschmann – selbstlos und ohne Hintergedanken“ – Leserbrief von Ulrike Hölzel, Michelbach/Bilz

Wir können uns glücklich schätzen! Welches Bundesland hat einen Ministerpräsidenten, der mit seinen Bürgern in deren Heimat wandern geht und das Gespräch mit denselben sucht? Einfach so, selbstlos und überhaupt nicht mit dem Hintergedanken an die kommende Landtagswahl.

Leserbrief von Ulrike Hölzel, Michelbach/Bilz

Suggestive Botschaft der Artikel

Wir können uns glücklich schätzen! Über die mehr als ausführliche  und durchweg lobende Berichterstattung und die vielen Bilder und Umfragen zu des Herren Besuch. Wir können uns glücklich schätzen! Wir werden gehört, unsere Sorgen und Nöte ernst genommen und wir haben einen Ministerpräsidenten, der mit uns auf Augenhöhe kommuniziert. So lautet für mich die suggestive Botschaft der vielen Artikel in der Lokalzeitung zu Kretschmanns Besuch in Schwäbisch Hall.

Ich habe das ganz anders wahrgenommen:

Gegen 17 Uhr, als Kretschmann auf dem Haller Marktplatz eintraf, in Gefolgschaft der ortsbekannten Grünen, war außer der Presse und einer Handvoll weiterer Menschen der Platz leer. Es war erstaunlich einfach, sich kurz an den „Landesvater“ zu wenden und sein Anliegen vorzubringen. Die Bodyguards, die einem dabei dicht auf die Pelle rückten, konnte man getrost ignorieren. Ich bekam eine Minute Redezeit und Herr Kretschmann war genau so lange zugewandt bis er den Grund meines Anliegens verstand. Dann wurde aus dem behäbig wirkenden Übervater ein aggressiver Politiker, der genau weiß, wie man Menschen einschüchtert und zum Schweigen bringt. Während seiner sehr emotional hervorgebrachten, lautstarken Antwort, habe ich mich abgewandt – und  verstanden, was ich schon wusste: dass wir mit Kretschmann alles andere als einen souveränen und verständnisvollen Ministerpräsidenten haben.  Im Gegenteil: Wer nicht blinden Gehorsam leistet, leise Kritik äußert oder einfach nur seine Sorge ausdrückt, fliegt raus; aus dem Gespräch mit MP Kretschmann.

Anlehnung an Verhältnisse in Nordkorea?

Irritierend war auch die Szenerie um Harald Ebner (MdB), der von Frauen umgeben war, auf deren grünen T-Shirts „Hohenlohe Ebner“ stand. Unterwerfen sich damit die Grünen Frauen ihrem Meister und ist das die Anlehnung an Verhältnisse in Nordkorea? Insgesamt eine erbärmliche Show – zugunsten einer Politik, die alles andere als den Menschen, die Umwelt und die Demokratie im Blick hat. Die Zeiten, in denen die Grünen mit Umwelt- und Friedenspolitik sowie einem respektvollen Umgang mit Bürgerrechten punkten konnten sind schon lange vorbei. Macht hinterlässt auch bei den damaligen Hoffnungsträgern tiefe Spuren.

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„Einknicken von Syriza vor dem Brüsseler Diktat“ – Artikel in der Zeitung „Junge Welt“ über „Tsipras rasante Karriere von links unten nach rechts oben“

Seit dem Einknicken von Syriza vor dem Brüsseler Diktat ist die gesamte
Linke gefordert, die Möglichkeiten und Grenzen linker Parteien zur
Entwicklung antikapitalistischer Bewegungen gründlich zu überdenken. Manfred Sohn war von 2008 und 2013 für „Die Linke“ im Niedersächsischen
Landtag. Er schrieb vor einigen Tagen einen Artikel für die Tageszeitung „Junge Welt“.

Von Manfred Sohn, Partei Die Linke

Anfang vom Ende der Periode Bismarck

Euphorisch feierte der damals fast 70-jährige Friedrich Engels die deutschen Wahlen vom 20. Februar 1890, in denen die Sozialistische Arbeiterpartei, also die spätere SPD, einen »überwältigenden Erfolg« errungen hatte¹. Recht hatte er mit der für eine englische Zeitung niedergeschriebenen Einschätzung, sie markierten »den Anfang vom Ende der Periode Bismarck«. Aber seine Hoffnung auf die Kraft der durch diesen Urnengang ermutigten SPD ging weiter. Kaiser Wilhelm II. werde schon einsehen, »dass die deutsche Arbeiterklasse alles, was man ihr anbietet, als Abschlagszahlung akzeptiert, aber nicht ein Jota von ihren Prinzipien und Forderungen nachlässt«. Konkreter formuliert er seine Hoffnungen in einem sechs Tage nach dem Wahltriumph geschriebenen Brief an Laura Lafargue: »Der 20. Februar ist der Tag des Beginns der deutschen Revolution. Es mag noch ein paar Jahre dauern, bis wir eine entscheidende Krise erleben (…) Aber die alte Stabilität ist für immer dahin.«²

Beginn einer Reihe von Enttäuschungen

Der alte, erfahrene Engels irrte. Und niemandem ist ein Vorwurf zu machen, der wie er seine Erwartungen in die bürgerliche Parlamentswahlen setzt, um dem kapitalistischen Zwangssystem zu entkommen. 125 Jahre später aber ist es an der Zeit, nüchtern zu konstatieren, dass der von Engels gefeierte Ausgang der Reichstagswahlen nur am Beginn einer Reihe von Enttäuschungen stand. Von den zerstobenen Hoffnungen dieses Februars 1890 über den Irrglauben, mit der Wahl zum deutschen Reichstag nach 1919 oder in Chile 1973 auf parlamentarischem Weg zum Sozialismus zu gelangen, reicht diese Serie nunmehr bis zu den jüngsten griechischen Ereignissen, die in zweierlei Hinsicht einen Höhepunkt markieren. (…)

Den ganzen Artikel der Tageszeitung „Junge Welt“ finden Sie auf folgender Internetseite:

http://www.jungewelt.de/2015/08-24/004.php

Anmerkungen:
1 Friedrich Engels, Die deutschen Wahlen 1890, in MEW 22, S. 3ff; folgende Zitate aus diesem Artikel
2 Ders., MEW 37, S. 359
3 Friedrich Engels, Vorwort zum dritten Band des »Kapital«, 4. Oktober 1894, MEW 25, S. 7
4 Karl Marx, Das Kapital, Band 3, MEW 25, S. 260
5 Dazu ausführlicher der Autor dieses Artikels in dem Buch »Am Epochenbruch«, PapyRossa 2014
6 Herbert Marcuse, Der eindimensionale Mensch, Darmstadt und Neuwied 1967, S. 236
Manfred Sohn war von 2008 und 2013 für Die Linke im Niedersächsischen Landtag.

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„Nach Feuerwehr-Einsatz: Tote Fische und kein Ende“ – Umweltkatastrophe in der Jagst bei Kirchberg durch kunstdüngerverseuchtes Löschwasser

„Nach Feuerwehr-Einsatz: Tote Fische und kein Ende“ lautet der Titel eines Fernsehbeitrags des Südwestrundfunks (SWR) vom 24. August 2015. „Auf etwa zehn Kilometern sind alle Fische in der Jagst verendet. Der Grund dafür: vergiftetes Löschwasser. Es wird etwa zehn Jahre dauern, bis der Schaden wieder behoben ist.

Informationen des Südwestrundfunks (SWR)

Link zum SWR-Films „Nach Feuerwehr-Einsatz: Tote Fische und kein Ende“

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/nach-feuerwehr-einsatz-tote-fische-und-kein-ende/-/id=13831004/did=16045546/nid=13831004/1nicrfv/index.html

Weitere Informationen von der Internetseite des SWR:

Umweltkatastrophe nach Brand bei Kirchberg Gefahr für Fisch und Mensch

Nach dem Großbrand bei Kirchberg (Kreis Schwäbisch Hall) treibt verunreinigtes Löschwasser durch die Jagst. Fische sterben zu Hunderten – und auch für Menschen besteht Gefahr.

In der Jagst nicht baden und kein Wasser entnehmen

Beim Brand einer Mühle in der Nacht zum Sonntag war mit Ammoniak kontaminiertes Löschwasser in die Jagst gelangt. Aus gesundheitlichen Gründen rät das Landratsamt Heilbronn deshalb dringend davon ab, in der Jagst zu baden, dort Wasser zu entnehmen, zu fischen oder Kanu zu fahren. Diese Empfehlungen gelten zunächst bis Montag, 31. August.

Zehn Kilometer Flusslauf schon betroffen

Ein Sprecher des Umweltzentrums Schwäbisch Hall erklärte, momentan seien bereits zehn Kilometer Flusslauf unterhalb von Kirchberg betroffen. Die Behörden haben jetzt veranlasst, die Wasserqualität des Flusses ständig zu messen. Mit Auswirkungen auf den Abschnitt der Jagst im Landkreis Heilbronn zwischen Jagsthausen und der Einmündung in den Neckar ist ab Dienstag zu rechnen. (…)

Link zum ganzen Text auf der SWR-Internetseite:

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/umweltkatastrophe-nach-brand-bei-kirchberg-gefahr-fuer-fisch-und-mensch/-/id=1622/did=16042286/nid=1622/6r2w1y/index.html

SWR-Text und SWR-Film zum Großbrand in der Lobenhäuser Mühle:

Feuerwehr-Großeinsatz in Kirchberg Einsatzkräfte retten Mühle vor den Flammen

Am späten Samstagabend wütete ein Großbrand in Kirchberg an der Jagst (Kreis Schwäbisch Hall) bei der Lobenhäuser Mühle. Vorsichtshalber war auch ein Chemie-Fachberater im Einsatz. (…)

Link zum ganzen Text und zum SWR-Kurzfilm:

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/heilbronn/feuerwehr-grosseinsatz-in-kirchberg-einsatzkraefte-retten-muehle-vor-den-flammen/-/id=1562/did=16039338/nid=1562/1wki24/index.html

Link zum SWR-Radiobeitrag:

An die 150 Rettungskräfte aus Kirchberg, Crailsheim und Schrozberg waren angerückt, um das Feuer rund um die ehemalige Lobenhäuser Mühle – heute ein Landhandel –  unter Kontrolle zu bringen. SWR-Mitarbeiterin Nicole Heidrich war vor Ort.

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/grossbrand-bei-lobenhaeuser-muehle-in-kirchberg/-/id=13831004/did=16042718/nid=13831004/123r2rs/index.html

Artikel auf der Internetseite der Heilbronner Stimme:

Nach dem Großbrand im hohenlohischen Kirchberg (Landkreis Schwäbisch Hall) ist giftiges Löschwasser in die Jagst gelangt. Das teilte das Landratsamt Schwäbisch Hall in einer Pressemitteilung mit. Demnach vermischte sich das Wasser mit Düngemitteln, die in einem der abgebrannten Gebäude gelagert wurden. Das Gemisch gelangte dann in die Jagst. Mittlerweile sind größere Mengen an Fischen verendet. (…)

Link zum Artikel der Heilbronner Stimme:

http://www.stimme.de/polizei/hohenlohe/Nach-Muehlen-Grossbrand-Fischsterben-in-der-Jagst;art1494,3448350

Link zum Artikel der Ipf- und Jagstzeitung in Ellwangen:

Nach dem Feuer sterben die Fische – http://www.schwaebische.de/region_artikel,-Nach-dem-Feuer-sterben-die-Fische-_arid,10292815_toid,290.html

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„Umfangreiche Dokumentensammlung zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP“ – Link zu den Dokumenten

Eine umfangreiche Dokumentensammlung zum geplanten „Freihandelsabkommen“ TTIP hat die Rechercheplattform Correctiv zusammengestellt. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht den Link zu dieser Dokumentensammlung.

Informationen der Rechercheplattform Correctiv 

Dokumentensammlung zu TTIP:

https://correctiv.org/recherchen/ttip/dokumente/

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„Der Kaputtsparkurs geht weiter“ – Leserbrief von Paul Michel zum „Dritten Hilfspaket für Griechenland“

Die Machthaber der EU versuchen den Eindruck zu erwecken, als sei mit dem so genannten „Dritten Hilfspaket“ nach Monaten von Turbulenzen, endlich eine Lösung gefunden, die die Lage beruhigt und die Voraussetzung für eine Stabilisierung und eine wirtschaftliche Erholung Griechenlands schafft.

Leserbrief von Paul Michel, Schwäbisch Hall

Troika übernimmt die politische Kontrolle über Griechenland

Eine solche Sicht der Dinge hat mit der Wirklichkeit nur insofern zu tun, als es den europäischen Institutionen durch eine brutale Erpressungspolitik gelungen ist, die bis dahin widerspenstige Syriza-Regierung sozusagen per Holzhammernarkose ruhig zu stellen. Um diese Unterwürfigkeit dauerhaft sicherzustellen übernimmt die Troika faktisch die politische Kontrolle über Griechenland. Mit dem neuen Memorandum wird das griechische Parlament praktisch ausgeschaltet. In diesem Memorandum heißt es: „Die Regierung muss die Institutionen zu sämtlichen Gesetzesentwürfen in relevanten Bereichen mit angemessenem Vorlauf konsultieren und sich mit ihnen abstimmen, ehe eine öffentliche Konsultation durchgeführt oder das Parlament befasst wird.“

Status eines Protektorats

Griechenland bekommt damit faktisch den Status eines Protektorats. Mit typisch deutscher Gründlichkeit gehen die europäischen Machthaber auf Nummer Sicher. Die griechische Regierung wird zusätzlich „engmaschigen Kontrollen“ unterworfen. Die Hilfsgelder werden in Tranchen gesplittet und in halbjährlichen Abständen überprüft, ob Athen gefügig war. Ansonsten wird der Geldhahn zugedreht.

Den Irrsinn auf die Spitze getrieben

Selbst  ZEIT-Online kommt um die Feststellung nicht umhin: „Wie schon bei den ersten Rettungspaketen gilt: Die Bevölkerung erhält davon fast nichts.“ Der Großteil der neuen Kredite fließt in die Schuldenbedienung, die Zinsen für laufende Kredite und die Tilgung alter Kredite. Dazu kommen 25 Milliarden für die Rekapitalisierung der griechischen Banken. Kaum etwas, zirka 4,5 Milliarden Euro sind dafür vorgesehen, die griechischen Staatsreserven wieder aufzufüllen. Schaut mensch sich an, wer beim dritten Hilfspaket Geber und wer Empfänger sind, so reibt mensch sich verwundert die Augen: Griechenland bekommt Geld von EZB, IWF, ESM/ESSF, um damit Schulden bei IWF, EZB und ESM/ESSF zu begleichen. Das ist so schräg, dass man es für den Gag eines Kabarettisten halten möchte.

Schuldenlast wird noch unerträglicher

Obwohl selbst der IWF und neuerdings auch die EU-Kommission einen deutlichen Schuldenschnitt in Griechenland für unabdingbar halten, wird dieser von der Bundesregierung und ihrer unsäglichen Koalition der Willigen aus Niederlande, Finnland und den baltischen Ländern verweigert. Nach Schätzungen aus dem Gläubigerlager (!) wird die griechische Schuldenlast durch das neue Kreditpaket nicht tragfähiger, sondern noch unerträglicher. Sie wird nächstes Jahr wohl die Rekordschwelle von 200 Prozent des BIP überschreiten. Die Staatsverschuldung bleibt damit eine permanente Bremse für das griechische Wirtschaftswachstum. Sie wirkt wie ein Mühlstein am Hals Griechenlands und verhindert eine weitere wirtschaftliche Erholung des Landes.

„Totsparpaket“

Vermutlich wissen die verantwortlichen Spitzenpolitiker und Topbürokraten in Brüssel und Berlin, dass all ihr Gerede, wonach das neueste Totsparpaket eine wirtschaftliche Erholung oder auch nur eine Stabilisierung der Lage in Griechenland bewirken wird, wenig mit der Wirklichkeit zu tun hat. Denn selbst innerhalb der EU-Kommission geht man davon aus, dass die griechische Wirtschaft 2015 um 2,3 Prozent und im Folgejahr um weitere 1,6 Prozent schrumpfen wird. Nach Außen aber stellt man Zweckoptimismus zur Schau, um so bei der Bevölkerung Akzeptanz für das eigene Wirken zu schaffen.

Mit heißer Nadel gestrickt

Jetzt schon ist klar, dass das Hilfspaket mit heißer Nadel gestrickt ist. Viele der ihm zugrunde liegenden Kalkulationen, sind offenkundig völlig unrealistisch. Bezeichnenderweise meldete die Süddeutsche Zeitung noch vor der Verabschiedung des 86 Milliarden-Pakets im Bundestag, dass die veranschlagte Summe von 86 Milliarden nicht ausreichend sei. Berechnungen des Bundesfinanzministeriums hätten ergeben, dass der Finanzbedarf um weitere 6,2 Milliarden gewachsen sei. Angeblich soll die Lücke durch höhere Einnahmen aus Privatisierungen gedeckt werden. Dabei ist jetzt schon abzusehen, dass der Privatisierungsfond deutlich weniger als die von seinen Erfindern vorgesehenen 50 Milliarden Euro einbringen wird. Bei der Festlegung der Einnahmen aus der Privatisierung von öffentlichem Besitz war wohl eher der Wunsch der Vater des Gedankens. Die Zielvorgabe 50 Milliarden Einnahmen ist völlig unrealistisch, sagen praktisch alle – außer der Bundesregierung. Der IWF geht in den kommenden drei Jahren nur von einem Erlös von 1,5 Milliarden Euro, die EU-Kommission bis 2018 lediglich von einem Erlös von 2,5 Milliarden aus. Auch schon beim ersten Anlauf des Privatisierungsfond in Griechenland im Jahr 2011 waren die Erwartungen völlig realitätsfern. Mit 50 Milliarden Einnahmen war von der Troika gerechnet worden. Bislang belaufen sich die Einnahmen auf weniger als drei Milliarden Euro.

Wir machen den Weg frei – für Schnäppchenjäger

Nutznießer des Hilfspakets werden finanziell potente griechische und internationale Anleger, Konzerne und superreiche Individuen sein. Schon vor einigen Wochen war zu lesen, dass das Privatisierungsprogramm Superreichen aus aller Welt die Möglichkeit eröffnet, sich, selbstverständlich zu Schnäppchenpreisen eine griechische Insel als Urlaubsdomizil unter den Nagel zu reißen. Für internationale Hotelkonzerne steigt die Möglichkeit, vom Staat Grundstücke in landschaftlich reizvoller Umgebung wie Naturschutzgebieten zu erwerben, um dann renditeträchtige Betonburgen in reizvollem Ambiente zu errichten.

Schäuble bedient Fraport-Interessen

Schäuble hat im „Memorandum of Understanding“ (MoU), dem Vertragstext für das Dritte Hilfspaket, die Interessen von FRAPORT, der Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens, bedient. Sie bekommt auf 40 Jahre die Konzession für 16 lukrative Regionalflughäfen übereignet – für günstige 1,23 Milliarden Euro. Die anderen 30 Flughäfen, die für die griechische Infrastruktur wichtig sind und keine Gewinne abwerfen, bleiben beim griechischen Staat.

Wasserversorgung soll privatisiert werden

Mit dem Abschluss des MoUs ist der Startschuss zur großen Schnäppchenjagd für internationale Investoren gefallen. Auf der Angebotsliste stehen die diversen Betriebe der Energieversorgung, die noch öffentlich betriebene Hälfte des Hafens von Piräus, der Hafen von Thessaloniki, Helleniko, das riesige Gelände des früheren Flughafens von Athen (wo sinnigerweise ein riesiger Vergnügungspark entstehen soll!). Dazu kommen wohl weitere öffentliche Betriebe (wie die Wasserversorgung der großen Städte Athen und Thessaloniki) und zahllose Inseln als potentielle Feriendomizile für Vermögende.

Neuer Katalog der Grausamkeiten

Zacharias Zacharakis stellt in der ZEIT fest: „Die Griechen dürften angesichts dessen vom dritten Hilfsprogramm vor allem eins spüren: die vereinbarten Sparmaßnahmen.“ Tatsächlich besteht für die griechischen Normalbürger die Hilfe der Regierungen der Gläubigerstaaten darin, dass sie ihnen mit Mehrwertsteuer und weiteren Einschnitten bei der Rente noch tiefer in die Taschen greift, dass wegen des Primats der „Konsolidierung der Haushalte“ die durch die vorangegangen Sparpakete verursachten Verwüstungen im Gesundheitswesen, im Bildungsbereich und der sozialen Infrastruktur weiterbestehen und sich tendenziell weiter zuzuspitzen. Es spricht Bände, dass es den politischen Statthaltern der europäischen Eliten ein besonderes Anliegen war, in das neue MoU einen Passus aufzunehmen, wonach eine Arbeitsmarktreform durchzuführen sei, die in einem Land der Massenarbeitslosigkeit weitere Massenentlassungen erleichtern soll.

„Griechenlandrettung“ zum Unwort des Jahres küren

Vor diesem Hintergrund sollten wir uns darum bemühen, dass das Wort „Griechenlandrettung“ zum Unwort des Jahres gekürt wird.

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