„System Error“ – Film im Haller Kino im Schafstall über Systemversagen mit dem sich die Menschheit an den Abgrund manövriert

Die attac-Gruppe Schwäbisch Hall-Hohenlohe weist auf einen spannenden Dokumentarfilm des Filmemachers Florian Opitz hin. Der Film „System Error“ läuft am Sonntag, 24. Juni 2018, um 18 Uhr und am Montag, , 25. Juni 2018, um 20 Uhr im Kino im Schafstall Schwäbisch Hall.

Von der attac-Gruppe Schwäbisch Hall-Hohenlohe

„Die Grenzen des Wachstums“

Zum Inhalt des Films: Systemversagen auf verschiedenen Ebenen: Die Menschheit hat sich an den Abgrund manövriert. Spätestens seit Dennis Meadows und eine Gruppe anderer Zukunftsforscher 1972 in der vom Club Of Rome in Auftrag gegebenen Studie „Die Grenzen des Wachstums“ zeigten, was uns bevorsteht, ist klar, dass es so nicht weitergehen darf. Zumindest nicht, wenn wir überleben wollen. Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, die Umweltverschmutzung, die Nahrungsmittelproduktion und die Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen so weiter gehen, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht.

Besessen vom Wirtschaftswachstum

Doch statt gegenzusteuern, geht alles weiter wie bisher. Statt den Ursachen auf den Grund zu gehen, werden Symptome bekämpft. Wir sehen die schwindenden Regenwälder und Gletscher, wissen um die Endlichkeit der Natur und dennoch wie besessen vom Wirtschaftswachstum. Warum treiben wir das Wachstum immer weiter, obwohl wir wissen, dass man auf unserem endlichen Planeten nicht unendlich wachsen kann? SYSTEM ERROR sucht Antworten auf diesen großen Widerspruch unserer Zeit und macht begreifbar, warum trotzdem alles so weiter geht wie gehabt. Der Film zeigt die Welt aus der Perspektive von Menschen, die von den Möglichkeiten des Kapitalismus fasziniert sind. Ob europäische Finanzstrategen, amerikanische Hedgefondsmanager oder brasilianische Fleischproduzenten: Eine Welt ohne eine expandierende Wirtschaft können, dürfen oder wollen sie sich gar nicht erst vorstellen.

Infotisch im Foyer des Kinos

SYSTEM ERROR beleuchtet bisher häufig verborgen gebliebene Zusammenhänge und legt die selbstzerstörerischen Zwänge des Systems offen – einem System, an dem wir alle teilhaben, als Beschäftigte, Anleger oder Konsumenten. Denn der Kapitalismus durchdringt unaufhörlich immer mehr Lebensbereiche, verschlingt die Natur und gräbt sich am Ende selbst das Wasser ab – so wie es Karl Marx schon vor 150 Jahren prophezeit hat. Die Frage ist: Sind wir tatsächlich bereit für den Kapitalismus alles zu opfern? Attac Schwäbisch Hall-Hohenlohe wird am Montag mit Flyern einen kleinen Infotisch im Foyer des Kinos aufbauen. Neben Infomaterialien zur Wachstumskritik wollen wir auch auf kommende Veranstaltungen hinweisen.

Weitere Informationen im Internet und Kontakt:

http://www.kinoimschafstall.de/

http://www.attac-netzwerk.de/schwaebisch-hall/startseite/

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„Breitbeinig, verlogen, bösartig – Seehofers Kreuzzug für mehr Abschottung und mehr Abschiebungen“ – Kommentar von Paul Michel aus Schwäbisch Hall

Seit einigen Wochen erleben wir eine CSU Kampagne für noch perfektere Abschottung, für noch weitergehende Entrechtung und die Freiheit zu ungehemmter Willkür gegen Flüchtlinge. Vor einigen Monaten wurden wir Zeugen einer Kampagne für eine von der CSU willkürlich definierte „Obergrenze“ für die Aufnahme von Flüchtlingen. Jetzt ist es ein vermeintlicher Masterplan des Innen- und Heimatministers Seehofer.

Kommentar von Paul Michel, Schwäbisch Hall

Mysteriöser Masterplan

Während weite Teile dieses „Masterplans“ offiziell noch gar nicht öffentlich bekannt sind, konzentriert sich die von der CSU entfachte Hysterie auf einen Punkt, die Frage, ob abgelehnte und „papierlose“ Flüchtlinge an deutschen Grenzen abgewiesen werden sollen.

Phantomdebatte

Wie schon bei der CSU Kampagne für eine „Obergrenze“ haben wir auch jetzt wieder eine von der CSU inszenierte Phantomdebatte, in der die CSU mit allen Finessen medialer Kunst den Eindruck erweckt als gehe es um Sein oder Nichtsein der Nation und redet einen nationalen Notstand herbei. Die Wirklichkeit und die nüchternen Fakten spielen in der systematisch geschürten Hysterie keine Rolle. Die Zahl der Flüchtlinge, um die es dabei geht, nennt die CSU bezeichnenderweise nicht. Die Wucht der Hetzkampagne suggeriert, als gehe es um Hunderttausende von Flüchtlingen. „Die aktuelle erhitzte Debatte passt nicht zu den Zahlen, die uns vorliegen“, sagt Dominik Bartsch, der Repräsentant des UNHCR-Hochkommissars in Berlin. Die Zahl der Personen, die vom Vorschlag von Innenminister Horst Seehofer betroffen wäre, so Bartsch sei nämlich „verschwindend klein“. Die Flüchtlingszahlen in der BRD sind absolut rückläufig. Ganze 186.644 Menschen ersuchten 2017 um Asyl in der BRD nach. Und die Personengruppe, die Seehofer und Söder zur Bedrohung der Nation hochstilisieren, umfasst gerade maximal zirka 60.000 Menschen. Es handelt sich um eine reine Phantomdebatte.

„Gefühlte Bedrohung“ – Wahn und Wirklichkeit

Dass die CSU mit dieser Methode durchkommt, ist ein Ausdruck dessen, wie stark Pegida und AfD mittlerweile die politische Debatte prägen. Erinnern wir uns. Als die sich als „besorgte Bürger“ kostümierenden Pegida-Wüteriche von Dresden jeden Montag ihre von Verschwörungstheorien und fremdenfeindlicher Hysterie strotzenden Dummheiten herumschrien, hieß es von Seiten von CDU und SPD man müsse „ihre Ängste ernst nehmen“. In der Zwischenzeit hat es sich auch in bürgerlichen Kreisen eingebürgert, die häufig erfundenen, stets bombastisch aufgeblasenen Bedrohungsphantasien wildgewordener Spießbürger als „gefühlte Bedrohung“, die es angeblich ernst zu nehmen gelte, zu verniedlichen. Ein Beispiel dafür ist das Thema Kriminalität. Die Kriminalitätsstatistik sagt, dass es 2017 im Vergleich zum Vorjahr rund zehn Prozent weniger Verbrechen erfasst worden, was den stärksten Rückgang seit mehr als 20 Jahren entsprach. Gleiches trifft offenbar für die Diskussionen über Flüchtlinge zu. Anstatt die nüchternen Fakten zur Kenntnis zu nehmen und auf dieser Grundlage eine rationale Diskussion um die realen Probleme zu führen, wird das pathologische Bedrohungsempfinden des verunsicherten Spießbürgers als „gefühlte Bedrohung“ zur Grundlage der Diskussion und Messlatte für Handeln. Diese Gemengelage kommt der AfD sehr entgegen. Sie braucht nur plakativ und lautstark provokativ jene rechten Dummheiten in die Welt setzen, die eh und je schon an deutschen Stammtischen die Lufthoheit hatten – und sie hat ein Thema gesetzt, an dem sich dann die anderen „konstruktiv“ abarbeiten.

CSU in den Fußstapfen von FJ Strauß

Der CSU ist jene Art von Demagogie, die die AfD auszeichnet, beileibe nicht fremd. Die CSU kann an eine Kultur der Dummdreistigkeit anknüpfen, die in Bayern, der Hochburg der Bierzelte, wohl ausgeprägter ist als im Rest der Republik: Großkotziges Auftreten, Lautstärke und penetrantes Wiederholen banaler Stammtischweisheiten waren schon das Erfolgsgeheimnis von Franz-Josef Strauß. Die aktuelle Führungsriege der CSU versucht sich offenbar in einem Remake von Strauß. Wiederholt haben in jüngster Zeit CSU-Führer eine alte Maxime von FJ Strauß bemüht: Rechts von der CSU darf es nur die Wand geben. Mit ihrer aktuellen Kampagne nähern sich die bayrischen Christsozialen „den Rechtspopulisten, die sie eigentlich bekämpfen“ wollten, „immer weiter an,“ bemerkte etwa „Die Zeit“. Etliche der von der CSU bemühten Leerformeln ähneln sehr der AfD-Rhetorik. Der vom bayrischen Regionalfürst Söder verwendete Begriff „Asyltourismus“ ist ein Ausdruck dafür, wie weit die Verrohung bei CSU-Spitzenpolitikern bereits fortgeschritten ist. Söder ist sicher bekannt, dass das eine sprachliche Anleihe bei der NPD und anderen Hardcore-Nazis ist. Dennoch hat er keine Skrupel, damit hausieren zu gehen.

Seehofer gegen CDU-Modernisierer

Das gegenwärtige Schüren von Ressentiments hat wohl auch die Landtagswahlen vom Oktober 2018 in Bayern im Blick. Vieles deutet aber darauf hin, dass es Seehofer und Söder um mehr geht. Sie scheinen sich trotz sonstiger Hahnenkämpfe dahingehend einig zu sein, dass jetzt der Moment gekommen ist, eine nachhaltige Schwächung der Modernisier in der CDU, die Angela Merkel verkörpert, zu erreichen. Schon seit vielen Jahren ist die von Angela Merkel betriebene Modernisierung der CSU ein Dorn im Auge. Aber über lange Zeit hinweg war die Dominanz von Merkel so stark, dass die CSU zwar immer wieder meckerte, sich letztendlich aber, wenn auch widerwillig, fügte. Der seit 2015 maßgeblich von Pegida und AfD forcierte Rechtskurs in der Gesellschaft ist für die CSU einerseits eine Herausforderung, weil sich die AfD nun in politischen Gefilden breit zu machen sucht, die die CSU als ihren Vorhof sieht. Andrerseits sehen die gegenwärtigen CSU-„Größen“ jetzt für sich die Chance, das Kräfteverhältnis in der CDU/CSU entscheidend nach rechts zu verschieben. Die Wiedergewinnung eines explizit rechten, „konservativen“ Profils für CSU und CDU ist schon seit Jahren auch ein Anliegen der „Stahlhelmer“ in der CDU. De facto will die CSU die Unionsparteien in eine C-Partei mit AfD-Programmatik umbauen. In der Kampagne für „Obergrenzen“ hat die CSU dabei bereits einen Erfolg erzielt. Meinungsumfragen sehen in der Gesellschaft eine breite Zustimmung für Seehofer und Söder. Politische Beobachter in Berlin berichten, dass auch viele CDU-Abgeordnete Sympathien für Seehofer haben. Offenkundig ist Merkels Autorität in der CDU angeschlagen. Momentan wirkt der polternd rabaukige Stil der CSUler noch abstoßend auf einige CDUler und verschafft Merkel noch eine gewisse Unterstützung in ihrer eigenen Partei.

Wasser auf die Mühlen der AfD

Es ist durchaus vorstellbar, dass es Söder und Seehofer gelingt, einen Sturz von Merkel herbeizuführen. Im Endergebnis wird auf alle Fälle die Verrohung des öffentlichen Diskurses, die Barbarisierung der spätkapitalistischen Gesellschaft weiter vorangetrieben. Wenig spricht dafür, dass es Söder und Seehofer gelingt, damit die AfD zu marginalisieren. Nach einer Forsa-Umfrage vom 16. Juni 2018 verlor die Union seit Ausbruch des Streits um Seehofers „Masterplan“ bundesweit vier Prozentpunkte und kommt nur noch auf 30 Prozent. Nach einer anderen Umfrage des Instituts Civey vom 8. Juni 2018 erreicht die CSU bei den bayrischen Landtagswahlen 41 Prozent – ein Rückgang von 3,5 Prozentpunkten in den letzten zwei Monaten. Die AfD konnte im gleichen Zeitraum um 1,5 Prozent zulegen und ist mit 13,5 Prozent in Bayern noch vor der SPD zweitstärkste Kraft.

Solidarität mit Merkel ?

Bedeutet das für uns Linke, dass wir uns im unionsinternen Streit vor Merkel stellen sollten? Gewiss nicht. Die Kanzlerin steht für alles andere als einen humanen Umgang mit Flüchtlingen. Sie hat in der Vergangenheit eine Politik der systematischen Asylrechtsverschärfung betrieben und sie tritt auch gegenwärtig für eine Verschärfung der Abschottungspolitik ein. Sie will die Grenzschutzorganisation FRONTEX weiter verstärken. Und sie will wie Seehofer und Söder Internierungslager für Flüchtlinge in Libyen, obwohl das Auswärtige Amt den libyschen Flüchtlingslagern noch vor wenigen Monaten in einem durchgesickerten geheimen Bericht „KZ-ähnliche Zustände“ attestierte.

 

Merkel hat betont, sie könne 62 von 63 Punkten von Seehofers „Masterplan“ für Abschottung und Abschiebung unterstützen. Sie ist für „Ankerzentren“, wo Flüchtlinge bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens in großen Lagern, isoliert von der Bevölkerung festgehalten werden sollen. Sie unterstützt die von Seehofer vorgeschlagenen Kürzungen bei den Asylleistungen, ihren Ausschluss aus dem Arbeitsmarkt und das Errichten höherer Hürden für staatliche Integrationsmaßnahmen. Sie hat nicht einmal grundsätzlich etwas gegen die Zurückweisung von Flüchtlingen, deren Daten schon in anderen „sichern EU-Staaten erfasst wurden. Sie will lediglich vorher dafür mit den anderen Staaten gemeinsam entsprechende bilaterale oder multilaterale Verträge schaffen, während die CSU-„Größen“ in Anlehnung an Donald Trump eine Politik des „Deutschland zuerst“ propagieren und einfach Fakten schaffen wollen, ohne das mit anderen Regierungen abzusprechen.

Solidarität statt Hetze

Es ist ein Skandal, dass im Jahr 2018 in der BRD in weiten Teilen der veröffentlichten Meinung und bei den bürgerlichen Parteien die Schicksale und die konkrete Lebenssituation von Flüchtlingen kaum ein Thema sind, während die „gefühlte Bedrohung“, die vermeintlichen Nöte von AfD-Wählern ständig rauf und runter dekliniert werden. Es geht darum, praktische Hilfe zu leisten und gleichzeitig politisch der Hetze von AfD und CSU entgegenzutreten und den Protest gegen eine Regierungspolitik zu organisieren, die gezielt auf Entrechtung und Schikanierung und Abschottung abzielt. Grenzen werden immer undurchdringlicher gemacht, Flüchtlinge in Lager weggesperrt, dort ihre Bürgerrechte systematisch beschnitten und dort wo sie noch existieren kaltschnäuzig umgangen. Mit der Einsetzung von Hans-Eckhard Sommer, einem notorischen Hardliner aus dem bayrischen Innenministerium, zum neuen Chef des BAMF ist zu befürchten, dass von der BAMF-Spitze der Druck auf die Entscheider über Asylanträge wächst, Ablehnungsbescheide zu produzieren.

Erschreckender Entwicklung entgegenstellen

Leider zeigt sich die Linke (in all ihren Schattierungen) der Situation nicht gewachsen. Schon anlässlich der CSU-Kampagne zu den „Obergrenzen“ gab es keine erkennbaren linken Gegenreaktionen zur Demagogie der CSU. In der aktuellen Hetze sieht es ähnlich aus. Wir sollten die Köpfe zusammenstecken und überlegen, wie wir uns dieser erschreckenden Entwicklung entgegenstellen können, wie wir es schaffen, die Zersplitterung zu überwinden und zu mehr Austausch und mehr gemeinsamem Handeln kommen. Vom besorgten Beobachten allein ändert sich nichts.

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„Im Betrieb: Gegen Rechts“ – Vortrag in Schwäbisch Hall von André Kaufmann, Gewerkschaftssekretär der IG Metall

Einen Vortrag mit dem Titel „Im Betrieb: Gegen Rechts!“ hält André Kaufmann, Gewerkschaftssekretär der IG Metall am Mittwoch, 4. Juli 2018, um 18 Uhr im Haus der Gewerkschaften (Tagungsraum), Schlichtweg 4, 74523 Schwäbisch Hall. Veranstalter sind der IG Metall-Kreisverband Schwäbisch Hall und der IG Metall-Ortsverein Schwäbisch.

Von der IG Metall Schwäbisch Hall

Rechte wollen Arbeitnehmer spalten

Seit geraumer Zeit versuchen Rechte aller Couleur, darunter auch Faschisten, in den Betrieben Fuß zu fassen und sich den Beschäftigten als vermeintliche „Alternative“ anzubieten. Beispiele dafür wären die Versuche der AfD in Ostdeutschland, über den Scharfmacher Björn Höcke und seinem „Alternativen Arbeitnehmerverband Mitteldeutschland“ (kurz: ALARM!) die Belegschaften zu spalten, so geschehen bei der Demo gegen die Schließung des Siemens Werks in Erfurt oder bei einer Protestkundgebung der IG Metall bei Opel in Eisenach.

Zentrum Automobil konnte sich weiter ausdehnen

Desweiteren existiert seit 2009 im Untertürkheimer Daimler-Werk ein rechtsgerichteter  betrieblicher Zusammenschluss namens „Zentrum Automobil“. Dieser wurde von FaschistInnen gegründet, wie z.B. dem Rechtsrocker Oliver Hilburger, der auch Kontakte zum NSU pflegte. Dieser ist aber nur die Spitze des Eisbergs: in der gesamten Organisation geben sich verschiedenste Rechte die Klinke in die Hand, sodass auch „Zentrum Automobil“ von verschiedenen rechten Initiativen wie „Ein Prozent“ oder dem braunen Hetzblatt „Compact“ und Teilen der AfD massiv unterstützt wird. Anlass dazu waren die Betriebsratswahlen Anfang des Jahres. Leider ist es Zentrum gelungen, sich weiter auszudehnen. Ableger bestehen mittlerweile bei den Daimler-Werken in Rastatt und Sindelfingen, aber auch bei Stihl in Waiblingen. Darüber hinaus wohnen viele Zentrum-Funktionäre im Rems-Murr-Kreis.

Rechte Scheingewerkschaften

Das Ziel der Gegenseite ist klar: über Lügen und Hetze einen Keil in die Belegschaften zu treiben, um dort Rassismus und Chauvinismus zu verankern. Dementsprechend müssen wir uns damit beschäftigen, wie wir die Rechten zurück drängen und die eigene Gewerkschaftsarbeit verbessern können. Wir laden daher zu einem Vortrag mit anschließender Diskussionsrunde über das „Zentrum Automobil“ ein, bei der ein langjähriger Gewerkschaftssekretär Einblicke in die aktuellen Entwicklungen gibt und über die Aktivitäten rechter Betriebsräte und Betriebsstrukturen informiert. Im Fokus stehen auch die Verlogenheit rechter Scheingewerkschaften und die Tatsache, dass rechte Phrasen sogar bei manchen Gewerkschaftsmitgliedern Anklang finden. Neben dem informativen Teil wollen wir auf der Veranstaltung auch diskutieren, wo wir stehen und was wir gegen Faschisten im Betrieb konkret machen können.

Weitere Informationen und Kontakt:

Silvia Wagner, DGB-Kreisvorstand Schwäbisch Hall, Schlichtweg 4, 74523 Schwäbisch Hall, Gewerkschaftssekretärin, DGB-Bezirk Baden-Württemberg, Büro Schwäbisch Hall, Schlichtweg 4, 74523 Schwäbisch Hall

Telefon: 0791 950290

Mobil: 0170 8514009

Telefax: 0791 9502932

E-Mail: silvia.wagner@dgb.de

Internet:

http://nordwuerttemberg.dgb.de/ueber-uns/kreisverbaende/kv-schwaebisch-hall

www.nordwuerttemberg.dgb.de

www.bw.dgb.de

www.facebook.com/bw.dgb

www.twitter.com/dgb.bw

Mitglied in einer DGB Gewerkschaft werden:

https://www.dgb.de/service/mitglied-werden/index.html

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„Drohende Rechtsverletzung und unzumutbare Verhältnisse“ – Asyl-Freundeskreise aus dem Landkreis Schwäbisch Hall warnen vor den geplanten AnKER-Zentren

Wegen „drohender Rechtsverletzung und unzumutbaren Verhältnissen“ warnen Asyl-Freundeskreise aus dem Landkreis Schwäbisch Hall  vor den geplanten AnKER-Zentren für Flüchtlinge. Sie haben einen „Offenen Brief“ an die regionalen Bundestags- und Landtagsabgeordneten geschrieben. Außerdem verweisen sie auf Schreiben der Diakonie, des Caritasverbands und der Gewerkschaft der Polizei.

Vom Freundeskreis Asyl Kirchberg sowie den Asylfreundeskreisen Schwäbisch Hall, Bühlerzell, Ilshofen, Wallhausen und Langenburg

Sehr geehrte Wahlkreisabgeodnete im Bundestag Herr von Stetten und Herr Ebner, sehr geehrte Wahlkreisabgeordnete im Landtag von Baden-Württemberg, Frau Niemann, Herr Dr. Bullinger, Herr Stein, Herr von Eyb,

wie Sie vielleicht wissen, haben sich die Diakonie Deutschland und der Deutsche Caritasverband mit dem unten angehängten Schreiben an die Innenministerkonferenz gewandt, um vor drohender Rechtsverletzung und unzumutbaren Verhältnissen bei der Einführung der geplanten AnKER-Zentren zu warnen. Im Schreiben sind auch Korrekturen am Konzept der AnKER-Zentren genannt, die wir begrüßen und unterstützen. Es geht hauptsächlich darum, dass die Unterbringungsdauer in den AnKER-Zentren möglichst kurz und die Zahl der Untergebrachten möglichst klein sein
muss. Es darf nicht sein, dass über 1000 Schutzsuchende in Lagern kaserniert werden, was zu sozialen Konflikten und – hauptsächlich bei Kindern – zusätzlichen Traumatisierungen führen kann. Geflüchtete brauchen den Kontakt zu den Gemeinden die ihnen zugewiesen wurden, sie brauchen die Solidarität der Bevölkerung und Hilfe der Ehrenamtlichen. Asylverfahren sollen nicht nur schnell sondern auch rechtssicher bearbeitet werden. Dazu braucht es eine unabhängige und ausführliche Rechtsberatung, wie es sie aber kaum gibt.

Der Freundeskreis Asyl Kirchberg sowie die Asylfreundeskreise von Schwäbisch Hall, Bühlerzell, Ilshofen, Wallhausen und Langenburg wenden sich an Sie mit der dringenden Bitte, sich dafür einzusetzen, dass die genannten Gefahren und Mängel der aktuell geplanten Einführung der AnKER-Zentren diskutiert werden und dass die Einführung verschoben wird bis Korrekturen – wie von Diakonie und Caritas vorgeschlagen – vorgenommen worden sind.

Mit freundlichem Gruß

Bernard Cantré (Mitglied im Freundeskreis Asyl Kirchberg)

Die Diakonie Deutschland und der Deutsche Caritasverband wenden sich in einem Schreiben an den Vorsitzenden der Innenministerkonferenz Holger Stahlknecht und die Innenminister und -senatoren des Bundes und der Länder:

An den
Vorsitzenden der Innenministerkonferenz Holger Stahlknecht und die Innenminister und -senatoren des Bundes und der Länder Geschäftsstelle der Innenministerkonferenz c/o Bundesrat, 11055 Berlin

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Innenminister und -senatoren der Länder,
sehr geehrter Herr Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat,

der Deutsche Caritasverband und die Diakonie Deutschland können auf einen breiten Erfahrungsschatz im Bereich der Flüchtlingsarbeit zurückgreifen. Seit vielen Jahren haben sie bundesweit mit mehreren hundert Migrationsfachdiensten und weiteren spezialisierten Einrichtungen täglich umfassende Einblicke in die Praxis von Aufnahmeeinrichtungen und Flüchtlingsunterkünften. Wir nehmen die Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder zum Anlass, Ihnen unsere Bedenken über die derzeitige Entwicklung der Aufnahme und Unterbringung von Schutzsuchenden in zentralen Einrichtungen, insbesondere die Planung so genannter AnKER-Zentren zu übermitteln. Wir bitten Sie, die folgenden Hinweise im Rahmen Ihrer Beratungen und Beschlussfassungen zu berücksichtigen.

Im Koalitionsvertrag vom 12. März 2018 haben sich CDU, CSU und SPD verständigt, so genannte AnKER-Einrichtungen zu schaffen. Dort sollen sowohl Asylverfahren durchgeführt, als auch Abschiebungen eingeleitet werden. Eine Verteilung von Personen ohne schon bestehendes Aufenthaltsrecht auf die Kommunen soll vermieden werden. Die Aufenthaltsdauer soll daher grundsätzlich bis zu sechs bzw. 18 Monate betragen, für einige Personengruppen ist jedoch eine unbefristete Unterbringung vorgesehen. Auch unbegleitete Minderjährige sollen zwecks Altersfestsetzung zunächst AnKER-Zentren zugewiesen werden. Der Koalitionsvertrag sieht auch eine Gewährleistung einer flächendeckenden Asylverfahrensberatung in AnKER-Zentren vor.

Längerfristige Unterbringung in großen Aufnahmeeinrichtungen wie in möglichen „AnKER-Zentren“ birgt die Gefahr von Rechtsverletzungen, führt zu Konflikten und sozialer Spaltung 

Das Konzept der AnKER-Zentren dient in erheblichem Maß der Sicherstellung der Ausreise bzw. Rückkehr abgelehnter Schutzsuchender, worunter auch diejenigen leiden werden, die nach deutschem, europäischem und internationalem Recht einen Anspruch auf Schutz in Deutschland haben oder – obwohl ihr Asylantrag abgelehnt wurde – aus anderen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen weder freiwillig ausreisen noch abgeschoben werden können. Dabei handelt es sich um die weit überwiegende Mehrzahl der Schutzsuchenden. Die gemeinsame Unterbringung von Menschen, die teilweise psychisch hoch belastet sind, schreckliche Erlebnisse zu verarbeiten haben und sich auf ihr Asylverfahren konzentrieren wollen, und Personen, die in Angst vor ihrer Abschiebung leben, führt zu erheblichen Problemen.

Allein aufgrund der Zahl der untergebrachten, ausreisepflichtigen Personen werden Abschiebungen zum Alltag gehören. Das Erleben von Abschiebungen mit polizeilichen Maßnahmen kann insbesondere für traumatisierte Menschen, vor allem Kinder, irreversible Folgen haben. Daher ist die in den AnKER-Zentren geplante Zusammenführung von Flüchtlingsaufnahme und Abschiebung abzulehnen.
Die Aufnahme von Asylsuchenden muss schutzorientiert ausgerichtet sein. Dafür ist die konkrete Ausgestaltung der Unterbringung entscheidend. Die in der Praxis der Bundesländer und die mit dem Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht zum Teil bereits eingeleitete sowie durch das AnKER-Konzept intendierte Neuausrichtung bei der Unterbringung von (abgelehnten) Asylbewerbern begegnet daher erheblichen Bedenken.

Dabei sind aus unserer Sicht insbesondere folgende Aspekte zu bedenken:

– Die Dauer der Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen sollte möglichst kurz sein

Aufnahmeeinrichtungen – darunter die momentan diskutierten Standorte für AnKER- Einrichtungen – sind nicht auf einen längeren Aufenthalt ausgerichtet, was sich etwa an der dichten Belegung von Zimmern, fehlender Privatsphäre und oft auch fehlender Achtung der Intimsphäre zeigt. Auch gibt es bislang keine verbindlichen Schutzkonzepte. Während der Dauer der Unterbringung ist soziale Teilhabe rechtlich und praktisch unmöglich. Insbesondere die Rechte und Belange von Kindern und anderen Personen mit besonderem Schutzbedarf können nicht adäquat berücksichtigt werden. Es ist absehbar, dass der längerfristige Aufenthalt in AnKER-ähnlichen Einrichtungen zu erheblichem Konfliktpotenzial führen wird. Für Asylsuchende sollte die Wohnpflicht in Aufnahmeeinrichtungen daher wieder auf maximal drei Monate begrenzt werden. Auch die Aufenthaltsdauer in Einrichtungen für ausreisepflichtige Menschen, deren Abschiebung ausgesetzt ist, ist eng zu begrenzen.

– Die Anzahl der untergebrachten Personen sollte möglichst klein sein

Unterkünfte für viele hundert Personen auf vergleichsweise engem Raum sind problematisch: Der Stress aufgrund der unklaren Lebensperspektive und psychischen Belastungen heizt Konflikte an. Dies deckt sich mit Erfahrungen der Sicherheitsbehörden. Unter Gewaltvorfällen leiden in erster Linie die Bewohner/-innen von Flüchtlingsunterkünften, aber auch Mitarbeitende, Anwohner/-innen und Polizist/-innen. Die Bewohnerzahl ist daher aus Sicht von Caritas und Diakonie zu begrenzen. Die diskutierten Zahlen von 1.000 1.500 Bewohner/-innen sind deutlich zu hoch und beinhalten erheblichen sozialen Sprengstoff.

– Die besonderen Bedarfe von Flüchtlingen sind zu berücksichtigen

Entsprechend der Aufnahmerichtlinie der Europäischen Union ist festzustellen, welche besonderen Bedarfe von Schutzsuchenden vorliegen. Eine entsprechende Versorgung ist sicherzustellen. Schon in bisherigen Aufnahmeeinrichtungen, insbesondere auch in den Einrichtungen, die Vorbild für die AnKER-Zentren sein sollen, ist dies regelmäßig nicht der Fall und führt zu Rechtsverletzungen. Insbesondere können in diesen Einrichtungen die besonderen Bedarfe von unbegleiteten Minderjährigen nicht berücksichtigt werden. Für sie wurde erst im Jahr 2015 ein Verfahren für die Altersfestsetzung und bundesweite Verteilung etabliert. Aus Sicht von Diakonie und Caritas ist die Zuweisung von unbegleiteten Minderjährigen in AnKER-Zentren, um dort die Altersfestsetzung durchzuführen, nicht akzeptabel. Das Primat der Kinder- und Jugendhilfe muss gelten, das Kindeswohl muss gesichert sein.

– Einrichtungen zur Unterbringung müssen sich in Gemeinwesen einfügen

Große, abgelegene Gemeinschaftsunterkünfte stehen gesellschaftlicher Teilhabe entgegen, da keine entsprechende Aufnahmestruktur vorhanden ist. Je stärker sich Einrichtungen in das Gemeinwesen einfügen, desto höher ist die Akzeptanz und Unterstützungsbereitschaft der ansässigen Wohnbevölkerung. Aus integrationspolitischer Perspektive ist eine schnelle dezentrale Unterbringung sinnvoll. Zugangsbeschränkungen für Besucher/-innen und freiwillig Engagierte und Mitarbeitende von Migrationsfachdiensten in den Einrichtungen blockieren konkrete Hilfen.

Für Schutzsuchende wie auch hier lebende Menschen sind frühzeitige Kontakte elementar

Der Kontakt zur Wohnbevölkerung und der frühzeitige Zugang zu Kita, Schule, Ausbildung, Arbeit und zum Erwerb der deutschen Sprache schaffen integrationsfördernde Umstände, wirken aber vor allem auch gegenseitigen Vorbehalten entgegen. Versäumnisse aufgrund der Unterbringung müssen später bei der Integration mühsam aufgeholt werden. Günstige Integrationsvoraussetzungen sollten gefördert werden – auch unabhängig von einer pauschalen Bleibeperspektive (aufgrund der Nationalität), die oft der individuellen nicht entspricht. Qualifikationen, zum Beispiel der Erwerb der deutschen Sprache, können auch bei einer Rückkehr gewinnbringend eingesetzt werden.

– Asylverfahren sollten durch unabhängige Rechtsberatung und -vertretung unterstützt werden

Asylsuchende verfügen zumeist nicht über die notwendigen Informationen, um ihr Recht auf Schutz im Asylverfahren geltend machen zu können. Unabhängige Beratungsstrukturen bestehen nicht bzw. bei weitem nicht in ausreichendem Maße.
Asylverfahren müssen schnell, umfassend und rechtssicher bearbeitet werden. Hierzu kann eine behördenunabhängige und flächendeckende Asylverfahrensberatung nach Maßgabe des Rechtsdienstleistungsgesetzes, wie sie auch im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, einen wesentlichen Beitrag leisten. Dies bestätigte auch das im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführte und evaluierte Pilotprojekt. Dieses Angebot führt nicht zu einer Verfahrensverzögerung, sondern durch die frühzeitige Klärung verfahrensrelevanter Fragen vielmehr zu Effizienzsteigerungen. Ihre positiven Wirkungen entfaltet die Verfahrensberatung auch durch den Aufbau von Vertrauen dadurch, dass die Beratung entlang den Bedarfen der Ratsuchenden erfolgt. Dieses Vertrauen erhöht auch die Akzeptanz der Beratung, wenn ein Asylantrag aussichtslos erscheint. Dies setzt Unabhängigkeit voraus, die eine personelle, institutionelle und räumliche Trennung von behördlichen Stellen erfordert. Weiterhin müssen ausreichende Zeitfenster für die Beratung zur Verfügung stehen. Die unabhängige Asylverfahrensberatung muss unabhängig von der Einrichtungsart jetzt zügig umgesetzt werden.
Erfahrungen zeigen leider, dass Rechtsanwält/-innen teilweise der Zugang zu Aufnahmeeinrichtungen verwehrt wird. Ihr Zugang muss ungehindert möglich sein, um rechtliche Beratung sicherzustellen.

Die bisher bekannten Planungen für AnKER-Zentren widersprechen nach Ansicht der Diakonie Deutschland und des Deutschen Caritasverbandes diesen Grundsätzen einer menschenrechtskonformen Flüchtlingspolitik. Wir bitten Sie, unsere Erfahrungen sowie die daraus resultierenden Grundsätze und Bedenken in Ihren Diskussionen zu berücksichtigen, und wünschen Ihnen gute Beratungen.

Berlin / Freiburg, den 28.05.2018
Maria Loheide
Vorstand Sozialpolitik Diakonie Deutschland
Eva Welskop-Deffaa
Vorstand Sozial- und Fachpolitik Deutscher Caritasverband e.V.

GEWERKSCHAFT DER POLIZEI lehnt Einsatz der Bundespolizei in so genannten AnKER-Zentren ab

An die Mitglieder der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP, B90/Die Grünen
und Die Linke im Innenausschuss des Deutschen Bundestages
– per E-Mail –
Ablehnung des Einsatzes der Bundespolizei in sogenannten „AnKER“-Zentren
12.04.2018

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
nach Presseveröffentlichungen soll beabsichtigt sein, die Bundespolizei mit der Betreibung soge- nannter „AnKER“-Zentren zu betrauen. Die Gewerkschaft der Polizei, Bezirk Bundespolizei, mit rund 25.000 Mitgliedern die größte Berufsorganisation in der Bundespolizei, wendet sich aus grundsätzlichen, verfassungsrechtlichen und sachlichen Erwägungen entschieden gegen die Um- setzung solcher Vorhaben.
Im Zuge der Bundestagswahl wurde den WählerInnen, insbesondere von den jetzigen Regie- rungsparteien, eine Stärkung der Bundespolizei zugunsten der Wahrnehmung ihrer bestehenden Aufgaben versprochen. Das Personal war explizit zur Entlastung der BundespolizistInnen sowie für eine Verbesserung des Sicherheitsempfindens der Bürgerinnen und Bürger (insbesondere an Bahnhöfen und in den Grenzräumen)vorgesehen und nicht zur Übernahme neuer Aufgaben. Wir ziehen zudem in Zweifel, inwiefern überhaupt ein Zusammenhang zwischen der Bewachung von
Menschen während der Freiheitsentziehung für die Dauer eines Verwaltungsverfahrens und bun- despolizeilichen Aufgaben besteht. Die Bundespolizei muss vielmehr ihre Kernaufgabe der Grenz- polizei wieder wahrnehmen dürfen, das bedeutet eine Aufhebung des Ministerentscheids vom September 2015.
Vorschlägen, die fundamentale verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen, wie es der Ruf nach La- gern/“AnKER-Zentren“ tut, erteilen wir eine klare Absage. In gleicher Sache wende ich mich auch
an den Bundesinnenminister und die Innenminister der Länder.
Im Folgenden möchte ich Ihnen die Gründe für unsere Ablehnung im Detail verdeutlichen. Für ein persönliches Gespräch in dieser Sache wäre ich Ihnen dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Radek

1.) Fortgeltende „Ministerentscheidung“ nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 AsylG

Monatlich werden in Deutschland durchschnittlich ca. 15.000 Asylanträge gestellt, bis Ende März 2018 waren es allein für das erste (winterliche, reiseungünstige) Quartal 2018 fast 39.000 Schutzersuchen. Die Bundespolizei müsste grundsätzlich in allen Fällen der Einreise von Schutzsuchenden über den Landweg eine Zurückweisung in den Nachbarstaat vornehmen oder eine Einreiseverweigerung aussprechen, weil die Einreise aus einem sicheren Drittstaat erfolgt oder ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 18 Abs. 2 und 3 AsylG).
Aber: Die Bundespolizei darf von der verfassungsrechtlich und gesetzlich vorgesehenen Einreiseverweigerung oder Zurückschiebung im Falle der Einreise aus einem sicheren Drittstaat keinen Gebrauch machen, da der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière am 13. September 2015 „aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ (§ 18 Abs. 4 Nr. 2 AsylG) mündlich die Anordnung gegeben hat, dass die Bundespolizei von dieser generellen gesetzlichen Zurückweisungs- und Einreiseverweigerungspflicht abzusehen hat (vgl. auch ZAR 11-12/2017, S. 429 ff). Nach unserem Kenntnisstand wurde diese sogenannte „Ministeranordnung“ bisher nicht aufgehoben.
Im Ergebnis darf die Bundespolizei ihre Arbeit als Grenzpolizei weiterhin nicht im gesetzlich gebotenen vollen Umfang, sondern nur eingeschränkt ausüben; sie hat nur die Identität aufgrund der zumeist nur mündlichen Angaben des Schutzersuchenden festzustellen und die asylantragstellenden Einreisenden an die Aufnahmeeinrichtungen weiterzuleiten.
Die Folgen dieses andauernden Zustandes muten grotesk an: Während die Wahrnehmung des verfassungsrechtlichen Kernauftrages der Bundespolizei in einem wesentlichen Bereich – nämlich Grenzpolizei zu sein – durch eine seit September 2015 fortgeltende „Ministerentscheidung“ weiter unterbunden wird und deshalb überwiegend weder die gesetzlich vorgesehenen Zurückweisungen noch Einreiseverweigerungen stattfinden, soll die Bundespolizei nun zu einer Art Haftpolizei umfunktioniert werden und in als „AnKER-Zentren“ titulierten Lagern wirken.
Das ist für die Bundespolizistinnen und -polizisten absurd und ein „politischer Ball paradox“ – die Bundespolizei darf einerseits nicht volle Grenzpolizei sein und soll andererseits die Folgen einer seit dem 13. September 2015 fortwährenden, rechtsaussetzenden Entscheidung verwalten. Wir als Bundespolizei wollen jedoch (wieder) volle Grenzpolizei sein und bleiben dürfen und nicht zu einer „Lagerpolizei“ werden, die statt das Recht zu vollziehen nun Lager betreiben soll.

2.) Besorgnis des Bruchs des Koalitionsvertrages, des Verfassungsrechts und des Vertrauens in die Politik

Der beabsichtigte Einsatz der Bundespolizei in sogenannten „AnKER-Zentren“ wäre aus unserer Sicht ein Bruch des Koalitionsvertrages. Dieser legt grundsätzlich fest, „dass die Bundespolizei bundesweit im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten und Aufgaben eingesetzt wird“ (S. 126), also keine Ausweitung von Aufgaben und Zuständigkeiten der Bundespolizei erfolgt. Mit dem Betrieb von „AnKER-Zentren“ sind nach dem Willen der Koalitionäre ausdrücklich vorgesehen „BAMF, BA, Jugendämter, Justiz, Ausländerbehörden“, weil deren Zuständigkeiten berührt sind, nicht jedoch die der Bundespolizei. Nach dem Koalitionsvertrag soll sich die Bundespolizei vielmehr verstärkt um die „Bekämpfung von Straftaten an Kriminalitätsschwerpunkten wie z.B. Bahnhöfen, insbesondere von Alltagskriminalit“ kümmern und nicht zusätzlich Verwaltungsaufgaben der Länder zur Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden oder des BAMF zur Abarbeitung von Asylanträgen übernehmen. Der Koalitionsvertrag sieht weder eine Novellierung des Bundespolizeigesetzes (BPolG) vor noch eine Verfassungsänderung zur Änderung der Zuständigkeiten der Bundespolizei.
Die personell dramatisch unterbesetzte Bundespolizei hat keinerlei Personalressourcen, um zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. Ein Zulauf aus Neueinstellungen in die völlig unterbesetzten Dienststellen erfolgt erst in kleinen Schritten ab 2019 – bei gleichzeitig steigenden Zahlen von Alterspensionierungen. Und selbst wenn Personal vorhanden wäre, fehlt es an der erforderlichen rechtlichen Legitimation und fachlichen Qualifikation zur Betreibung von haftähnlichen Lagern im Bundesgebiet. Der Justizvollzug und das Betreiben von haftähnlichen Anstalten ist ausschließlich Sache der Länder.
Für die Unterbringung, Versorgung und ggf. Bewachung von Schutzsuchenden sind nach der verfassungsrechtlichen Ordnung immer die Länder zuständig, das gilt erst recht nach einer vollzogenen Einreise in das Bundesgebiet. Die Bundespolizei kann und darf in diesem Zusammenhang keine Verwaltungsaufgaben der Länder übernehmen.
Sie darf auch Verwaltungsaufgaben des Bundes nur in einem sehr eingeschränkten Rahmen übernehmen, der hier nicht vorliegt: Nach dem geltenden Verfassungsrecht darf der Bundespolizei nur dann eine weitere Verwaltungsaufgabe des Bundes zugewiesen werden, wenn „die Zuweisung der neuen Aufgabe das Gepräge [der Bundespolizei] als einer Sonderpolizei zur Sicherung der Grenzen des Bundes und zur Abwehr bestimmter, das Gebiet oder die Kräfte eines Landes überschreitender Gefahrenlagen wahrt“ (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Januar 1998, Az.: 2 BvF 3/92). Die Verfassung lässt danach nur unter sehr engen Voraussetzungen zu, der Bundespolizei Bundesverwaltungsaufgaben zu übertragen, die das Grundgesetz ihr nicht ausdrücklich zuweist.
Es ist nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts stets erforderlich, das Gepräge der Bundespolizei als einer Sonderpolizei zur Sicherung der Grenzen des Bundes (Art. 87 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 73 Nr. 5 GG) und zur Abwehr bestimmter, das Gebiet oder die Kräfte eines Landes überschreitender Gefahrenlagen (Art. 35 Abs. 2 und 3, 91, 115f Abs. 1 Nr. 1 GG) zu wahren. Die Bundespolizei darf nicht ihr Gepräge als Polizei mit begrenzten Aufgaben verlieren. Sie darf keine bundesweiten Aufgaben außerhalb ihres gesetzten Zuständigkeitsbereiches ausüben.

Der Bund hat die staatlichen Aufgaben im Bereich Asyl in bundeseigene Verwaltung übernommen (Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG) und dem BAMF übertragen. Eine Übertragung von Aufgaben des BAMF (und der Länder) zur „schnellen, umfassenden und rechtssicheren Bearbeitung von Asylanträgen“ und zur dazu ggf. gewollten Freiheitsentziehung bis zu einer Antragsbescheidung oder Durchsetzung der Ausreise überschreitet mit Blick auf die Bundespolizei die Verfassungsgrenzen eindeutig; die Instrumentalisierung der Bundespolizei zu einer faktischen Lagerpolizei, die „AnKER-Zentren“ betreiben soll, hätte mit dem verfassungsrechtlichen Gepräge der Sicherung der Grenzen des Bundes nichts mehr zu tun: Die Unterbringung, Verpflegung und ggf. „Obhutnahme“/Freiheitsentziehung von Schutzsuchenden ist unter keinem Gesichtspunkt Verwaltungsaufgabe des Bundes, auch nicht als Annex-Kompetenz.
Die Bundespolizei ist von Verfassung wegen nicht dazu berufen, Lager für die die Unterbringung und Verpflegung von Asylbewerbern zu betreiben, auch nicht für die Dauer eines Asylverfahrens oder einer gerichtlichen Überprüfung der Entscheidung des BAMF und auch nicht für die Dauer bis zu einer Ausreise oder Weiterverteilung an Kommunen. Das ist ausschließlich Angelegenheit der Länder und ergibt sich bereits daraus, dass der Bund per se nicht für die Unterbringung von Asylbewerbern zuständig ist. Das hat der Bundesgerichtshof bereits im Urteil vom 25. Februar 1999 (Az.: III ZR 155/97, in: JURION) eindeutig klargestellt:
Nach Art. 30 GG ist die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Nach Art. 83 GG führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt. Ist danach die Verwaltungskompetenz der Länder gegeben, so haben sie auch, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt, die sich aus der Wahrnehmung der Aufgabe ergebenden Ausgaben zu tragen. Abweichend vom Grundsatz des Art. 83 GG zählt die Wahrnehmung des Grenzschutzes, insbesondere die polizeiliche Überwachung der Grenzen und die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs, durch die Bundespolizei (Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG, §§ 1 und 2 BPolG) sowie die Entscheidung des BAMF über Asylanträge (Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG, § 5 Abs. 1 AsylG) zum Bereich der bundeseigenen Verwaltung. Allerdings ist eine Kompetenz der jeweils zuständigen Bundesbehörde zur Unterbringung von Asylbewerbern nirgends festgelegt.
Eine Verwaltungskompetenz des Bundes für diese Aufgabe könnte sich nur aufgrund einer „ungeschriebenen“ Verwaltungskompetenz ergeben. Indes lässt sich eine solche Zuständigkeit nicht begründen. Eine Verwaltungskompetenz des Bundes aus der „Natur der Sache“ scheidet von vornherein aus. Diese käme nur in Betracht, wenn der Gesetzesvollzug durch Bundesbehörden begriffsnotwendig bzw. zur Erzielung sachgerechter Lösungen unter Ausschluss anderer Möglichkeiten zwingend erforderlich wäre (vgl. BVerfGE11,6,17f; 11, 89, 99; 22, 180, 217). Davon kann hier keine Rede sein.
Weder die Errichtung von Bundespolizeibehörden noch die Errichtung des BAMF werden vom Grundgesetz vorgeschrieben. Sie gehören zum Bereich der fakultativen

Bundesverwaltung; ihre Aufgaben könnten daher nach der Kompetenzordnung des Grundgesetz genauso gut durch Landesbehörden wahrgenommen werden (vgl. auch § 2 Abs. 1 BPolG, wonach ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnehmen kann). Besteht aber bereits für den eigentlichen Tätigkeitsbereich der Bundespolizei und des BAMF keine, der Art nach stets ausschließliche, Verwaltungskompetenz des Bundes aus der Natur der Sache, so kann dies erst recht nicht für die mit diesem Tätigkeitsbereich zusammenhängende Aufgabe „Unterbringung von Asylbewerbern“ gelten.
Auch eine Verwaltungskompetenz des Bundes kraft Sachzusammenhangs bzw. Annexes ist zu verneinen. Eine Verwaltungs-Annexkompetenz des Bundes wäre nur anzunehmen, wenn die Unterbringung von Asylbewerbern untrennbar mit der der Bundespolizei zugewiesenen Aufgabe „Grenzschutz, insbesondere Personenkontrolle bzw. Entscheidung über die Einreise“ oder der dem BAMF übertragenen Aufgabe „Durchführung des Asyl-Verfahrens“ verbunden wäre, also die Wahrnehmung auch der ersteren Verwaltungsaufgabe (der Unterbringung) unerläßliche Voraussetzung für die sachgerechte Erledigung der letzteren wäre. Diese engen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt.
Die Bundespolizei kann nach erfolgter Einreise auch nicht für den Gewahrsam der Personen in Anspruch genommen werden und diese auch nicht „in Obhut“ nehmen. Dem steht schon entgegen, dass die besondere polizeiliche Grenzschutzaufgabe noch nicht einmal die allgemeine polizeiliche Gefahrenabwehraufgabe mit umfasst. Vielmehr ist es nach § 1 Abs. 7 BPolG Sache der Polizei des jeweiligen Bundeslandes, die zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung notwendigen Maßnahmen zu treffen. Die Grenzbehörde darf wegen der grundgesetzlichen Verteilung der Verwaltungskompetenzen (vgl. BT-Drucks. 12/8047 S. 5, 6 und 12) auch nicht im Bedarfsfalle die beim Grenzübertritt zu überprüfenden und ein Schutzgesuchen stellenden Personen unterbringen und versorgen, auch dann nicht, wenn die Bundespolizei als Grenzbehörde durch Erstbefragung und Identitätsfeststellung des Schutzsuchenden bei der Einreise als „Asylbehörde“ tätig wird, weil sie unter bestimmten Voraussetzungen einem asylbegehrenden Ausländer auch ohne Einschaltung des BAMF die Einreise zu verweigern und im Interesse der Sicherung des Asylgrundrechts die allgemeinen asylverfahrensrechtlichen Vorschriften zu beachten hat; diese Tätigkeiten gehen über die eigentliche Grenzschutzaufgabe der Bundespolizei hinaus.
Die Unterbringung, Verpflegung und jede Form von „Obhutnahme“ der Asylsuchenden unterfällt damit von Verfassung wegen der Verwaltungskompetenz der Länder. Die GdP sieht deshalb in den Plänen, die Bundespolizei mit dem Betreiben von Lagern zu betrauen, einen Verfassungsbruch.
Hinzu kommt: Die Bundespolizei hat keinerlei Personal für die Betreibung von Lagern. Im Gegenteil fehlen tausende Beamte für den Streifendienst im Grenzschutz und der Bahnpolizei, zudem mussten viele Dienststellen noch weiter ausgedünnt werden, um die Polizeiausbildung zu bewerkstelligen. Die Stellenzuwächse der letzten Jahre sind für die enormen Lücken im Streifendienst vorgesehen. Wegen der langen Ausbildungsdauer kommen die Neueinstellungen nur Schritt für Schritt an und müssen zusätzlich enorme Altersabgänge kompensieren. Die Bundespolizei hat auf die politischen Zusicherungen, endlich vor allem in der Grenzpolizei und der Bahnpolizei konsolidiert zu werden und keine weiteren Aufgaben außerhalb des Verfassungsrahmens aufgebürdet zu bekommen, vertraut. Wer die Bundespolizei zum Betreiben von Lagern einsetzen will, kann nur weitere Beamte von der Grenze und den Bahnhöfen dafür abziehen – mit der Folge, dass die ohnehin überlastete Bundespolizei mit 2,5 Millionen Überstunden vollends kollabiert.
Es ist für uns eine völlig absurde politische Vorstellung: die Bundespolizei zieht noch mehr Personal von den Grenzen ab, um die sich dadurch noch schneller füllenden Lager zu bewachen und Abschiebehaftanstalten zu betreiben. Und das, obwohl mit der gesetzlich vorgesehenen Zurückweisung das Verfahren wesentlich einfacher und der Rechtslage entsprechend gestaltet werden könnte.

3.) Präventionsbedenken gegen „AnKER-Zentren“

Nach bisherigen presseöffentlichen Verlautbarungen sollen „AnKER-Zentren“ womöglich nach dem Vorbild einiger bereits bestehender „Transitzentren“ betrieben werden. Es ist nicht erkennbar, welches Vorbild dies für die Bundespolizei sein soll.
In diesen „Transitzentren“ werden bereits heute ausländische Menschen bestimmter Ethnie oder Nationalität sofort nach der Einreise nach Deutschland interniert, denen allein pauschal eine „schlechte Bleibeperspektive“ unterstellt wird. Örtlich handelt es sich oft um alte, abseits gelegene Kasernengelände. In den Lagern werden alle asylrechtlichen Verfahrensschritte im Eiltempo vollzogen bis zur Rechtsantragsstelle des zuständigen Verwaltungsgerichts. Es besteht Residenzpflicht für die Insassen. Allerdings können die Zivilpersonen bisher die Lager/Transitzentren individuell noch verlassen.
Methodisch ausdrücklich gewollt ist, dass die Menschen in diesen Lagern keinerlei Anknüpfungspunkte zum gesellschaftlichen Leben in Deutschland finden und sich ausdrücklich auch nicht wohl fühlen sollen. Dem dienen Maßnahmen wie die Verweisung auf eine Gemeinschaftsverpflegung und weitgehender Naturalunterhalt. Es ist in heutigen „Transitzentren“ den Insassen nicht erlaubt, selbst zu Kochen. Es besteht Naturalversorgung mit minimalem Taschengeldbezug, selbst Hygieneartikel wie Shampoo werden zugeteilt.
Auch Sprachkurse oder andere Integrationsschritte sind im Sinne nicht erlaubt. Selbst nach langer entbehrungsreicher, psychisch anstrengender Flucht soll sich nach dem methodischen Ansatz kein Gefühl des Ankommens und der Strapazenerholung einstellen dürfen. In den Lagern/Transitzentren sollen ausdrücklich keinerlei Maßnahmen für eine Integration stattfinden, egal wie lange die Menschen in Deutschland bleiben.
Die darüber vermittelte Botschaft, unter keinen Umständen willkommen zu sein, würde zukünftig alle Insassen in allen Konstellationen und über lange Zeiträume treffen. Trotz bestehender Schulpflicht durften bisher Kinder in diesen Lagern nicht am Schulunterricht teilnehmen; für einzelne Lager/Zentren musste der Schulbesuch gerichtlich angeordnet werden. Die Kinder sollen nun zur Schule gelassen werden, wenn sie ausreichend Deutsch können.
Die Lagerinsassen erhalten keine Behandlungskarte einer Krankenkasse und haben keine Arztwahl. Die Zeit wird mit gelegentlichen Freizeitangeboten auf dem Kasernengelände wie z.B. Strick- und Gartenbaukursen totgeschlagen.
Die GdP sieht in diesen Lagern, in denen zukünftig Neuankömmlinge mit Abzuschiebenden zusammengesperrt werden, ein erhebliches Aggressions- und Gefährdungspotential heranwachsen. Aus präventiven Gründen kann der Bildung solcher Lager mit den beschriebenen Bedingungen aus polizeilicher Sicht nicht beigepflichtet werden.

4.) Bedenken gegen Freiheitsentziehung für die Dauer eines Verwaltungsverfahrens in Lagern

Nach dem Koalitionsvertrag (S. 107) sollen in den Lagern die „Asylverfahren…schnell, umfassend und rechtssicher bearbeitet werden“. Deshalb sollen in diesen Lagern „BAMF, BA, Jugendämter, Justiz, Ausländerbehörden und andere Hand in Hand arbeiten.“ Die Koalitionäre haben sich dabei ausdrücklich nicht auf die Bundespolizei verständigt.
Es geht mithin um eine Festhaltung im Zuge des reinen Verwaltungsverfahrens nach dem Asylgesetz, nicht um Gefahrenabwehr- oder Strafverfolgungsmaßnahmen. Ein Bezug zu strafverfolgenden oder gefahrenabwehrenden Polizeiaufgaben ist nicht gegeben.
Nach der Grundkonzeption des Aufenthaltsgesetzes und des Asylgesetzes ist einem um Schutz und/oder Asyl nachsuchenden Ausländer zur Durchführung des Asylverfahrens grundsätzlich der Aufenthalt im Bundesgebiet gestattet, sofern nicht die Zurückweisung an der Grenze vorgesehen ist. Da über den Asylantrag in vielen Fällen nicht kurzfristig entschieden werden kann und der Asylbewerber regelmäßig außerstande ist, für seinen Unterhalt selbst aufzukommen, ist es Aufgabe des Staates, ihn in menschenwürdiger Weise unterzubringen, zu verpflegen und sonst zu versorgen. Obwohl sich diese besondere Verwaltungsaufgabe allein deshalb stellt, weil der (bedürftige) Ausländer einen Asylantrag gestellt hat und die Durchführung des Asylverfahrens längere Zeit dauert, ist der Zusammenhang mit der dem BAMF obliegenden Aufgabe, über den Asylantrag zu entscheiden, nicht so eng, dass deshalb der Bund bzw. das BAMF auch für die Unterbringung und Verpflegung der Asylsuchenden zu sorgen hätte (vgl. BGHZ 141, 48 ff). Dies ist Aufgabe der Länder.
Eine generelle und individuell sachgrundlose Internierung zum Zwecke der Durchführung des Verwaltungsverfahrens und darüber hinaus scheint in ihrer Grundkonzeption bereits fraglich.
In den Lagern sollen „Ankunft, Entscheidung, kommunale Verteilung bzw. Rückführung“ gemeinsam veranstaltet werden. Dazu soll zunächst eine „umfassende Identitätsfeststellung“ in den Lagern stattfinden, die indes primär (§ 16 Abs. 2 AsylG) dem BAMF und in Amtshilfe dem BKA obliegt.
Nach der Identitätsfeststellung sollen Kinder und Jugendliche ohne Begleitung den Jugendämtern übergeben werden, Erwachsene verbleiben indes im Lager. Die als „Bleibeverpflichtung“ bezeichnete faktische Gewahrsamshaltung/Freiheitsentziehung in den Lagern soll „zeitlich und sachlich“ begrenzt werden; die Kriterien dafür sind unklar. „Sowohl in den Aufnahme- als auch in den AnKER-Einrichtungen soll die Aufenthaltszeit in der Regel 18 Monate nicht überschreiten…bei Familien mit minderjährigen Kindern in der Regel sechs Monate“. „Insgesamt“ soll eine „geschlechter- und jugendgerechte Unterbringung“ gewährleistet werden. Aus den Lagern heraus sollen „nur diejenigen auf die Kommunen [verteilt werden], bei denen eine positive Bleibeprognose besteht“. Das bedeutet wohl eine Internierung der Menschen während der zeitlich unbestimmten Dauer des Asylverfahrens und des Rechtsweges.
Ob der Maßstab dieser „Bleibeprognose“ an der Spruchpraxis der Verwaltungsgerichte oder nur an der schwankenden Entscheidungspraxis des BAMF festgemacht wird, ist unklar. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die vom BAMF gestellte „schlechte Prognose“ gerichtlichen Überprüfungen oftmals nicht standhält und bei manchen Herkunftsstaaten 60 bis 70 Prozent der Klagen erfolgreich sind. In diesen Fällen stellt sich die eine Freiheitsentziehung rechtfertigende Prognose als falsch heraus; die freiheitsbeschränkenden Folgen der Falschprognose führen indes zu langen Festhaltezeiten in den Lagern.
Unklar ist auch, ob ein weiteres Festhalten der Personen in dem Lager auch im Falle einer Duldung beabsichtigt ist, weil man ggf. auch eine Duldung als „schlechte Bleibeperspektive“ deklariert. Spätestens drei Jahre selbst nach einer positiven Entscheidung soll eine Überprüfung des gewährten Schutzes durchgeführt werden, was eine (Rück-)Einlieferung in das Lager nach sich ziehen könnte. Menschen mit „schlechter Bleibeprognose“ sollen „aus diesen Einrichtungen“ heraus „zurückgeführt“/repatriiert werden. Das könnte auch ermöglichen, Menschen aus Kommunen zum Zwecke der (freiwilligen oder unfreiwilligen) Zurückführung in solche Lager einzuweisen und festzuhalten.
Realistische Schätzungen gehen davon aus, dass zum Betreiben dieser bundesweit vorgesehenen Lager pro Lager mindestens 1.000 Bedienstete erforderlich sind.
Gegenwärtig entscheidet das BAMF nach eigenen presseöffenmtlichen Angaben über neue Asylanträge im Schnitt „innerhalb von zwei Monaten“. Bei einer „in der Regel“ bis zu 18- monatigen Internierungsdauer würde die überwiegende Zeitdauer des Freiheitsentzuges damit nicht der „schnellen, umfassenden und rechtssicheren“ Entscheidung über den Asylantrag dienen, sondern der Internierung während der Dauer eines möglichen Gerichtsverfahrens, der Dauer der Duldung oder der Internierung bis zur Möglichkeit der tatsächlichen Durchsetzung der Ausreise (z.B. während der Dauer einer Passersatzbeschaffung, der Dauer der Verhandlungen mit dem Herkunftsland zur Bereitschaft der Rückübernahme, usw.).
Womöglich plant die Bundesregierung mit den Lagern eine Haft ohne richterlichen Haftvorbehalt, denn ausdrücklich im Zusammenhang mit der Einrichtung der Lager“ sprach das Bundesinnenministerium davon, „Ziel muss es sein, die Zahl der Abschiebehaftplätze erheblich zu erhöhen“. In diesem Kontext würden sich die Lager/Zentren letztlich als Haftanstalten – auch für Familien mit Kindern – darstellen.
Die GdP kann in einer grundsätzlichen Internierung oder Freiheitsentziehung während der Dauer eines Verwaltungsverfahrens bzw. während der Dauer einer gerichtlichen Überprüfung keinerlei Zugewinn für die Entscheidungsschnelligkeit oder -qualität des Asylverfahrens erkennen. Auch gegenüber Personen, die im Land geduldet werden, wäre eine Internierung oder Freiheitsentziehung nicht auf die Beseitigung von Duldungsgründen gerichtet.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass bereits durch das BAMF trotz erheblich restriktiverer politischer Vorgaben auch weiterhin in ganz erheblichem Umfang aus Rechtsgründen Entscheidungen zugunsten des Flüchtlingsschutzes, subsidiären Schutzes und Abschiebungsverboten getroffen werden und auch die Ausländerbehörden weiterhin Duldungen erteilen werden. Ein Großteil der internierten Personen wird mithin prognostisch weiterhin für lange Zeit oder auf Dauer in Deutschland verbleiben. Damit stellt sich freilich die Frage der Sinnhaftigkeit einer vorherigen Internierung unter den beschriebenen ausgrenzenden und präventionsbedenklichen Bedingungen.
Ohne Zweifel könnte über eine „Obhutnahme“/Internierung bei Personen gesprochen werden, von denen eine individuelle Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, seien dies Gefährder oder Personen, die wiederholt schwerere Straftaten begangen haben. Dies aber ist mit dem generalisierenden Anspruch der Lager nicht beabsichtigt.

5.) Fehlender Sachzusammenhang von Lagern zu den bundespolizeilichen Aufgaben

Die Bundespolizei ist gesetzlich nicht zur „schnellen, umfassenden und rechtssicheren“ Bearbeitung von Asylanträgen, einer reinen Verwaltungstätigkeit, da. Im Gegenteil: die Bundespolizei muss dringend von nichtpolizeilicher Verwaltungsarbeit entlastet werden.
Auch die Freiheitsentziehung von asylantragstellenden Personen nach Abschluss der Identitätsfeststellung bis zu einer abschließenden Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung ist keine Polizeiaufgabe. Und auch der Vollzug von (richterlich angeordneter oder unangeordneter) Haft zum Zwecke der Abschiebung gehört nicht zu den polizeilichen Aufgaben.
Nach der geltenden Rechtslage (§ 18 Abs. 5 AsylG) ist die Bundespolizei allenfalls zur Identitätsfeststellung durch erkennungsdienstliche Behandlung für den Fall verpflichtet, dass im Zusammenhang mit der Einreise unmittelbar bei der Bundespolizei ein Schutzersuchen gestellt wird – was angesichts der örtlich begrenzten Grenzkontrollen an den deutschen Binnengrenzen mehrheitlich nicht der Fall ist. Auch die Ausländerbehörden in den Ländern oder die Landespolizeien haben die erkennungsdienstliche Behandlung durchzuführen, wenn bei ihnen ein Schutzersuchen gestellt wird (§ 19 Abs. 2 AsylG). Die mit der Festhaltung in den Lagern verfolgte „umfassende Identitätsprüfung“ im Rahmen des Asylverfahrens jedoch ist Sache des BAMF.
Nach der ggf. erfolgenden erkennungsdienstlichen Behandlung durch die Grenzbehörde im zeitlichen Zusammenhang mit dem Grenzübertritt sind die Personen unverzüglich an die Aufnahmeeinrichtungen weiterzuleiten, es endet die Zuständigkeit der Bundespolizei.
Die „Schaffung und Unterhaltung von Aufnahmeeinrichtungen“ (wozu auch “AnKER-Zentren“ gehören) ist nach geltendem Recht (Art. 30 GG, § 44 AsylG) ausschließliche Sache der Länder, weil die Ausführung des Bundesrechts regelmäßig diesen obliegt (Art. 83 GG).
Der mit den “AnKER-Zentren“ verfolgte Zweck einer „schnellen, umfassenden und rechtssicheren“ Bearbeitung der Asylverfahren ist reine Verwaltungstätigkeit und keine Aufgabe der Bundespolizei. In oder mit den Lagern finden keine Strafverfolgungs- oder Gefahrenabwehrmaßnahmen nach dem Polizeirecht statt. Die Bundespolizei kann zwar als Grenzbehörde zur Durchsetzung der Verlassenspflicht die richterliche Anordnung zur Inhaftnahme beantragen, wenn das Aufgreifen des Ausländers im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Grenzübertritt steht und er bei der Bundespolizei um Schutz nachgesucht hatte (§ 59 Abs. 3 Nr. 2 AsylG). Jedoch ist bereits die Auferlegung räumlicher Beschränkungen während der Dauer des Asylverfahrens keine Polizeiaufgabe, sondern Sache der Ausländerbehörden der Länder; erst recht ist die Durchsetzung und Überwachung der Einhaltung dieser Auflagen keine Angelegenheit der Bundespolizei.
Für die bisher verlautbarten Erklärungen der Bundesregierung, (zumindest das erste) Lager „in Verantwortung der Bundespolizei“ zu betreiben, ist nach geltendem Verfassungs- und Bundesrecht daher keinerlei Raum.
Auch das Betreiben von den Ländern obliegenden Aufnahmeeinrichtungen nach dem Asylgesetz durch die Bundespolizei ist gesetzlich nicht vorgesehen. Das Betreiben von Lagern nach erfolgter Einreise und der Beantragung von Asyl durch die Bundespolizei ist qua Verfassung ausgeschlossen und deshalb gesetzlich nicht vorgesehen.
Es ist den Bundespolizeibeschäftigten nicht zuzumuten, nach einer seit Sommer 2015 andauernden Phase eines Identitätskonflikts über die Zulässigkeit des Verzichts auf volles grenzpolizeiliches Handeln nun in den nächsten Identitätskonflikt wegen erheblicher Rechtszweifel an der Zulässigkeit des Betriebs von „AnKER“-Zentren gestürzt zu werden.
Die Gewerkschaft der Polizei, Bezirk Bundespolizei, spricht sich daher dafür aus, Vorstellungen zum Betrieb von Lagern durch die Bundespolizei, schnellstmöglich fallen zu lassen und auf das gesetzlich vorgesehen Instrumentarium zurückzugreifen. Das würde auch eine (konkurrierende) „Bayrische Grenzpolizei“ erübrigen.

Etablierung von AnKER-Zentren und die Rechte der Kinder

Sehr geehrte Damen und Herren,
die unterzeichnenden Verbände fordern die umfassende Berücksichtigung der Rechte von Kindern und Jugendlichen im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention bei der Debatte um die Etablierung sogenannter AnKER-Einrichtungen sowie des Primats der Kinder- und Jugendhilfe für unbegleitet eingereiste minderjährige Flüchtlinge. Aufgrund der bekannt gewordenen Pläne steht für uns fest: Die AnKER-Einrichtungen werden keine geeigneten Orte für Kinder und Jugendliche sein.
45 Prozent der Geflüchteten in Deutschland sind minderjährig: Kinder und Jugendliche sind die größte Einzelgruppe unter den geflüchteten Menschen. Alle Maßnahmen und Regelungen, die Kinder und Jugendliche betreffen, müssen ihrer besonderen Lebenssituation und ihren Bedarfen gerecht werden sowie ihre Rechte achten. Konkret heißt dies u.a. eine (wohnliche) Umgebung, in der ein dem Wohl der Kinder und Jugendlichen gerechtes Aufwachsen möglich und der Zugang zu (frühkindlicher) Bildung gegeben ist, Kinder geschützt sind, eine bedarfsgerechte Versorgung gewährleistet sowie Spiel- und Freizeitmöglichkeiten sichergestellt sind. Dies setzt voraus, dass auch Bedarfe von Familien, insbesondere die von Kindern und Frauen, in den Blick genommen werden.
Diese Voraussetzungen erfüllen insbesondere die aktuellen bayerischen sogenannten Transitzentren wie in Bamberg oder Manching nicht, die laut Bundesinnenminister Horst Seehofer als Vorbilder für die künftig zu etablierenden AnKER-Einrichtungen fungieren sollen:
Untersuchungen von verschiedenen Organisationen und Verbänden1, die sich insbesondere mit der Situation der Kinder und ihrer Familien in Aufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete befasst haben, zeigen, dass schon jetzt im Rahmen der Unterbringung den Betroffenen oft elementare Rechte vorenthalten werden und gerade aufgrund fehlender baulicher Standards manchmal mitunter sogar von einer das Kindeswohl gefährdenden Umgebung gesprochen werden muss.2 Die insbesondere im letzten Jahr eingeführten gesetzlichen Änderungen in § 44 AsylG waren unzureichend, um diese Säumnisse zu beheben.3 Diese betreffen u.a.: 4
• Nicht abschließbare und unhygienische Sanitäranlagen,
• beengte Verhältnisse und fehlende Privatsphäre,
• nicht abschließbare Privatzimmer,
• Abschiebungen mitten in der Nacht,
• begrenzter Zugang zu gesundheitlicher Versorgung,
• begrenzte ärztliche Versorgung (Notversorgung),
• kein Zugang zu Arbeit,
• begrenzter Zugang zu Schule oder anderen Bildungsangeboten sowie
• unzureichender Zugang zu Unterstützung durch die Kinder- und Jugendhilfe (zum Beispiel
Kindertagesstätten). 5
Ihre geographische Lage, die Größe, die Versorgungsqualität, der Bildungszugang oder die unzureichende Sozial- und Rechtsberatung: Die bayerischen Einrichtungen6 taugen grundsätzlich nicht als Vorbild. Sie sind für ihre Bewohnerinnen und Bewohner insgesamt, für die zuständigen Kommunen, Beratungsstellen, Rechtsanwälte und für Ehrenamtliche aber auch die ansässige Bevölkerung eine große Belastung. Die Oberbürgermeisterin von Gießen, Dietlind Grabe-Bolz, erwiderte die Pläne, in Gießen eine AnKER-Einrichtung zu etablieren, mit den Worten: »Gießen war immer eine Stadt des Ankommens und der Hoffnung. Ich will nicht, dass Gießen zum Ort der zerstörten Hoffnungen wird.«7
Von besonderer Bedeutung wird außerdem der weitere Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sein: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind in erster Linie Kinder und müssen auch deshalb zunächst als solche versorgt werden. Es steht rechtlich und pädagogisch außer Frage, dass diese jungen Menschen besonderen Schutz benötigen und deshalb auch besondere Rechte haben, die umgesetzt werden müssen. In Deutschland wurde deshalb die Erstverantwortung für die Identifizierung, Versorgung und Unterbringung unbegleitet eingereister Minderjähriger bei der Kinder- und Jugendhilfe bereits 2005 gesetzlich klargestellt. Spätestens seit 2015 wird das Primat der Kinder- und Jugendhilfe für die Erstversorgung, Betreuung und Unterbringung aller unbegleitet eingereisten Minderjährigen auch flächendeckend umgesetzt. Die Identifizierung als Kinder und Jugendliche gehört dabei als immanenter Teil der jugendhilferechtlichen Zuständigkeit in die sachliche und fachliche Kompetenz der Jugendhilfe. Die AnKER-Einrichtungen stellen dieses Primat der Jugendhilfe infrage. Dies lehnen wir ab. Personen mit besonderem Schutzbedarf, wie u.a. Kinder ohne Eltern oder Personensorgeberechtigte, haben in Einrichtungen mit unzureichendem Schutz und fremden Erwachsenen nichts verloren.
Bundesinnenminister Horst Seehofer hat angekündigt, vorerst keine Gesetzesänderung für die Einrichtung der AnKER-Zentren durchsetzen, sondern zunächst einige Pilotprojekte zu implementieren.
Wir wenden uns deshalb mit diesem Schreiben an Sie, weil Sie maßgeblich mitentscheiden können, ob und wie in den AnKER-Einrichtungen mit Kindern und Jugendlichen umgegangen werden soll. Diese werden sowohl für Kinder und Jugendliche, die in Deutschland bleiben als auch für solche, die in ihre Herkunftsländer zurückkehren, negative Auswirkungen haben.
Das Wohl und die Interessen der Minderjährigen in Unterbringung und in allen Verfahrensschritten muss gewahrt bleibt. Dazu gehören eine sichere, friedvolle Umgebung, Zugang zu Regelschulen, kinderspezifische Beratung und Unterstützung und Kontakt mit gleichaltrigen Kindern und Jugendlichen. Kinder und Jugendliche müssen deshalb so schnell wie möglich, effizient und beschleunigt auf die Kommunen verteilt werden und Anschluss an die gleiche Versorgung wie andere Kinder und Jugendliche erhalten. Das Verlassen nicht kindgerechter Einrichtungen darf nicht an solch unabwägbare Kriterien wie der Bleibeperspektive geknüpft werden. Die Signale an diese Kinder, von denen die meisten langfristig in Deutschland bleiben werden, sind mit Blick auch auf eine spätere Integration fatal.
Die Idee der AnKER-Einrichtungen für Geflüchtete ist menschenrechtlich insgesamt höchst problematisch. Darüber hinaus senden sie – nicht nur für junge Menschen – in erster Linie die Botschaft, dass geflüchtete Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, nicht willkommen sind.
Gerne stehen Vertreterinnen und Vertreter der unterzeichnenden Verbände für einen weiteren Austausch zur Verfügung.
Berlin/Osnabrück, 24. Mai 2018

1 Vgl. UNICEF 2017, Kindheit im Wartezustand; Robert-Bosch-Stiftung und Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration 2016: Was wir über Flüchtlinge (nicht) wissen; Deutsches Jugend Institut 2016, Unbegleitete und begleitete minderjährige Flüchtlinge – Lebenslagen, Bedarfe, Erfahrungen und Perspektiven aus Sicht der Jugendlichen, zusammengefasst in DJI Impuls 3/2016, S. 15; Charité Berlin, Study on Female Refugees 2017; Save the Children 2018, Zukunft! Von Ankunft an.

2 UNICEF 2017, Kindheit im Wartezustand; Dietz/González Méndez de Vigo u.a., Stärkung der Kinder-und Jugendhilfe in Flüchtlingsunterkünften. Eine Handreichung von UNICEF und dem Bundesfachverband umF e.V., in: JAmt 2017, S. 417.

3 BumF, Stellungnahme zur Umsetzung des Koalitionsbeschlusses vom 29.03.2017 im Gesetzentwurf zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder-und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), https://bit.ly/2weDGw8; Save the Children, Pressemitteilung vom 30. Juni 2017, https://www.savethechildren.de/uploads/media/PM_Kinderschutz_1.pdf.

4 Save the Children, Pressemitteilung vom 30. Juni 2017, https://bit.ly/2KDK5UI; BumF, Stellungnahme zur Umsetzung des Koalitionsbeschlusses vom 29.03.2017 im Gesetzentwurf zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder-und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), https://bit.ly/2weDGw8.

5 UNICEF 2017, Kindheit im Wartezustand mwN. Klaus/Milles, Recherche zur Bildungssituation von Flüchtlingen in Deutschland, 02.2017, http://www.b-umf.de/images/Recherche_Bildung.pdf [letzter Abruf: 14.05.2018].

6 siehe bspw. auch Süddeutsche Zeitung v. 6.März 2918 »Alle zittern, alle haben Angst«,

http://www.sueddeutsche.de/muenchen/fuerstenfeldbruck/fluechtlinge-in-fuerstenfeldbruck-alle-zittern-alle-haben-angst-1.3893793

7 Gießener Allgemeine v. 30. März 2018, https://bit.ly/2GdyR5N [letzter Abruf: 14.05.2018].

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„Artikel über NS-Belastete aus Hohenlohe“ – Neues Buch „Täter Helfer Trittbrettfahrer“ ist erschienen

Vor wenigen Tagen ist der achte Band der Reihe „Täter, Helfer, Trittbrettfahrer“ erschienen. Das Buch befasst sich mit NS-Belasteten aus dem Norden des heutigen Baden-Württemberg. In dieser Dokumentation gibt es auch ausführliche Beiträge über Menschen aus den Altkreisen Crailsheim, Künzelsau, Öhringen und Mergentheim.

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Eine Liste der Menschen aus Hohenlohe

Es gibt Artikel über Crailsheims späteren Landrat Dr. Werner Ansel (1909-1988), Fürst Ernst II. (1863-1950) und Prinzessin Alexandra zu Hohenlohe-Langenburg (1901-1963), Crailsheims Kreisleiter Otto Hänle (1902-1969), den späteren Bürgermeister Eugen Weber (1910-1973) aus Eberbach/Jagst (heute Gemeinde Mulfingen), den Mergentheimer Kreisleiter Reinhold Seiz (1894-1945) und den Öhringer Kreisleiter und Arzt Dr. Ferdinand Dietrich (1899-1973).

Das 442 Seiten starke Werk aus dem Kugelberg Verlag ist ab sofort lieferbar. „Täter Helfer Trittbrettfahrer – NS-Belastete aus dem Norden des heutigen Baden-Württemberg“ (Bd. 8), 442 Seiten, Preis 19,99 Euro, ISBN 978-3-945893-09-8.

Weitere Informationen und Kontakt:

Wolfgang Proske, Kugelberg Verlag, Goethestraße 34, D-89547 Gerstetten

E-Mail: info@kugelbergverlag.de

Internet: www.kugelbergverlag.de

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„AfD-Hetze, CDU-/SPD-Rüstungsexporte, Kriegsflüchtlinge“ – Leserbrief von Hans A. Graef über Ausländerfeindlichkeit und Waffenexporte

Es beunruhigt mich zutiefst, dass kein Aufschrei durchs Land geht, wenn AfD-Abgeordnete wie Herr Stein gegen Asylbewerber hetzen, diese von Angst und Sorgen getriebenen Mitmenschen als „Glücksritter“ diffamieren – aus Deutschland gleichzeitig massenweise Waffen in Kriegsgebiete im Nahen Osten verkauft werden oder wie aus dem Wahlkreis von Volker Kauder, illegal nach Mexiko geliefert werden.

Von Hans A. Graef, Schwäbisch Hall

280 ergebnislose Ermittlungsverfahren

Inzwischen weiß man, dass die von der Presse hochgespielte Gefährdung des Rechtsstaats durch Asylbewerber in der LEA Ellwangen so nicht stattgefunden hat. Die von der Polizei und CDU-Minister Strobl abgegebenen Darstellungen über gefährliche Flüchtlinge sollten wohl dazu dienen, den völlig unverhältnismäßigen gewaltsamen Großeinsatz der Polizei zu rechtfertigen. Ich denke dieser „Rache-Feldzug“ der Polizei, deren notwendige Aufgaben ich nicht in Zweifel ziehe, hat dem Rechtsstaat mehr geschadet als die angeblichen Straftaten von Asylbewerbern, wie Peter Aichelin (26.5.) zurecht feststellte: 280 ergebnislose Ermittlungsverfahren, ein friedlicher Togolese – und eine Hetzkampagne nationalistisch-rassistischer Kreise auf der Basis von „Fake-News“ über gewalttätige Flüchtlinge.

Waffenkonzern spendete an CDU

Leider kein breiter Aufschrei von Demokraten, Bildungsbürgern und Christen (auch keine kritische Diskussion an der Basis unserer Haller Parteien), sondern der katholische Abgeordnete Stein diffamiert diese um ihre Zukunft bangenden Afrikaner und Kriegsflüchtlinge. Auch kein CDU-Aufschrei oder Kritik unseres CDU-Abgeordneten von Statten gegen die Rüstungsexporte von Rheinmetall (als Lobbyist ist dort der ehemalige Militärminister Jung, CDU) und Heckler und Koch aus Oberndorf, deren Vertreter nun in Stuttgart angeklagt sind. Der Waffenkonzern hat zigtausende an die CDU des Bundestagsfaktionsvorsitzenden Kauder gespendet.

Kriegswaffenexporte sind sittenwidrig

Diese dem Geist des Grundgesetzes (Artikel 26) und des Christentums (Jesusprinzip) widersprechende Kriegswaffenexporte sind sittenwidrig. Auch wenn sie im Rahmen der NATO stattfinden, denn deren amerikanisch-türkische Kriegspolitik führt ja zu den Flüchtlingsströmen, über deren Folgen dann von der CSU und anderen geklagt wird. Der CSU-Rechte Dobrindt erhielt zuletzt wegen des Verdachts auf Volksverhetzung eine Strafanzeige. Die NATO ist kein Verteidigungsbündnis mehr und keine Wertegemeinschaft, denn die Türkei führt seit Jahren aggressive Militäraktionen gegen syrische Zivilisten und Kurden wie zur Zeit in Afrin, wo Hunderte ermordet wurden und Zigtausende fliehen. Deutsche Panzer sind auch dabei bei Erdogans völkerrechtswidrigem Angriff – den er als Verteidigung deklariert.

Völkermord im Jemen

Die Führungsmacht USA unterstützt zahllose Kriege – in Washington mitregierende Rüstungskonzerne verdienen Milliarden – und zwingt nun Deutschland, weitere 30 Milliarden für Waffen auszugeben, also weitere Steuergelder, die für sozialen Wohnungsbau, Krankenhäuser, Alterssicherung, Schulen, Klimagerechtigkeit fehlen. Trumps sittenwidrige Angriffskriege unter der Parole „Gott segne Amerika“, etwa durch Saudi-Arabien gegen den Jemen, wo sich ein Genozid vor unseren Augen abspielt – was für eine NATO ist das, Frau von der Leyen?

„Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke“

Fazit: Die Umdeutung der Sprache – und damit der öffentlichen Wahrnehmungsmanipulation – ist offensichtlich. Ist ein Militär- oder Kriegsministerium ein Verteidigungsministerium? George Orwells Parolen „Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke“ im Roman 1984 sind 2018 bereits Wahrnehmungsrealität vieler.

 

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„Das Ende der Willkommenskultur?“ – Nach der LEA-Razzia in Ellwangen: Ein-Mann-Demo gegen Flüchtlinge, Merkel und die Polizei

Zwei Tage nach der großen Polizeirazzia ist es ruhig vor der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) in Ellwangen. Am frühen Samstagabend steht auf dem Parkplatz vor der LEA nur ein Auto einer Sicherheitsfirma. Journalisten und Kamerateams sind keine mehr da. Vor allem Männer aus Afrika kommen und gehen durch die Pforte der ehemaligen Reinhardt-Kaserne. Viele kommen vom Einkaufen aus dem knapp einen Kilometer entfernten Edeka-Markt.

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Schild am LEA-Eingang: Willkommen in Ellwangen

Beim Betreten der LEA kontrollieren Security-Mitarbeiter die Ausweise und die Einkaufstaschen der Geflüchteten. Alkohol, Drogen und Waffen (auch Messer) sind verboten, steht auf einem Schild am Eingang. Hinter dem Zaun und dem Wachhäuschen steht ein großes Schild der Stadtverwaltung mit der Aufschrift: „Willkommen in Ellwangen“. Darunter eine Weltkugel mit dem afrikanischen Kontinent im Zentrum. Große und kleine bunte Menschen bevölkern dieses Erdenrund der Willkommenskultur.

Ende der Willkommenskultur

Zwei Tage zuvor war von der Willkommenskultur in der LEA Ellwangen nicht mehr viel zu spüren gewesen. Etwa 500 Polizisten, viele von ihnen vermummt und mit Schlagstöcken bewaffnet, stürmten am Donnerstag in aller Frühe die ehemalige Reinhardt-Kaserne. Sie wollten die Machtverhältnisse wieder gerade rücken, weil in der Nacht von Sonntag auf Montag zwei Polizeistreifen abgezogen waren. Den vier Polizeibeamten (zwei von ihnen waren noch Praktikanten) war es nicht gelungen, einen 23-jährigen Togoer aus der LEA herauszuholen. Er sollte nach Italien abgeschoben werden. Der Mann wehrte sich nach Polizeiangaben nicht. Allerdings forderten etwa 150 afrikanische Männer die Freilassung ihres Kollegen. Die vier Polizisten kapitulierten vor der Übermacht und ließen dem 23-jährigen später von Security-Mitarbeitern die Handschellen wieder abnehmen, die ihn dann gehen ließen. Um ihre Haut zu retten und eine weitere Eskalation zu verhindern, zogen sich die Polizisten zurück. In der Pressemitteilung der Polizeidirektion Aalen vom Mittwoch wurde von „aggressivem“ und „drohendem Verhalten“ seitens der Flüchtlinge berichtet – nicht aber von körperlicher Gewalt.

Widerspruch gegen geplante Abschiebung eingelegt

Am Donnerstagmorgen kehrte die Polizei wieder in die LEA zurück – mit Verstärkung. Mehrere hundert Beamte durchsuchten drei der fünf LEA-Gebäude. 292 der etwa 500 Flüchtlinge wurden überprüft. Bei der Razzia wurde auch der 23-Jährige aus Togo festgenommen. Er wurde in die Abschiebehaftanstalt Pforzheim gebracht. Sein Rechtsanwalt legte Widerspruch gegen die geplante Abschiebung seines Mandanten nach Italien ein.

Polizist verletzte sich „ohne Fremdeinwirkung“

Kritik übte ein 34-jähriger Mann aus Nigeria gegenüber der Ipf- und Jagstzeitung an dem massiven Polizeieinsatz von Donnerstag. „Wir haben geschlafen, da kamen sie rein, weckten uns laut, haben getreten und geschlagen und alle Sachen durcheinander gebracht. Ich wusste gar nicht was los ist. Sie haben alle rausgeholt aus den Zimmern, haben viele gefesselt, manche Leute sind verletzt worden“, sagte er der Lokalzeitung. Nach Polizeiangaben wurden bei dem Einsatz elf LEA-Bewohner verletzt. Ein Polizist verletzte sich „ohne Fremdeinwirkung“.

Polizeieinsatz hält er für völlig überzogen

Ein junger Mann aus Kamerun erzählte Hohenlohe-ungefiltert, dass er vom Großeinsatz der Polizei am Donnerstag geschockt war. „Es war so laut“, viele Flüchtlinge seien vor Angst aus dem Fenster gesprungen und hätten sich dabei verletzt, berichtet er. Vielen Flüchtlingen sei bei der Durchsuchung das Geld abgenommen worden, das sie tags zuvor bei der Taschengeldausgabe bekommen hatten. Den Polizeieinsatz hält er für völlig überzogen. Er glaubt, dass der festgenommene Mann aus Togo deshalb so schnell abgeschoben werden sollte, weil er in der Vergangenheit andere Geflüchtete in der LEA über ihre Rechte informiert habe. Deshalb sei er vom deutschen Staat als Gefahr angesehen worden. Beim ersten Einsatz in der Nacht zum Montag sei die Polizei klug vorgegangen und habe sich auf keine Konfrontation eingelassen. Der Mann aus Kamerun bestreitet, dass gegen die Polizisten und ihre Fahrzeuge am Montag körperliche Gewalt angewendet worden sei. „Das stimmt nicht“, bekräftigt er.

Geflüchtete leben in ständiger Angst

Das Leben in der LEA Ellwangen bezeichnet der Kameruner als frustrierend. „Es gibt keine sinnvolle Beschäftigung. Arbeiten dürfen wir nicht.“ Das Essen in der LEA-Kantine passe für Afrikaner nicht. Das kleine Taschengeld reiche aber nicht aus, um genügend eigene Lebensmittel kaufen zu können. Ständig lebten die Flüchtlinge in der Angst, Deutschland wieder verlassen zu müssen. Das zehre an den Nerven. Der junge Kameruner hofft, dass er die LEA bald verlassen darf. In einer schönen Stadt in Deutschland will er in Frieden leben und arbeiten – seine kleine Familie mit seinem eigenen Verdienst selbst versorgen.

Fotografieren ist nicht gerne gesehen

Noch am Samstagabend reagieren die Security-Mitarbeiter nach den stressigen Tagen gereizt. Ein Sicherheitsmann kommt aus dem Wachhäuschen der ehemaligen Kaserne und will das Fotografieren des LEA-Eingangs verhindern. „Des wella mir hier net“, sagt der ältere Mann mit stark schwäbischem Akzent. „Des wella a die Flichtling net“, erklärt der Security-Mann und geht wieder in sein Wachhäuschen zurück.

Ein-Mann-Demo auf dem Marktplatz

Ortswechsel in die Ellwanger Innenstadt: Während in der St. Vitus-Basilika ein nigerianischer Pfarrvikar mit einigen Kirchenbesuchern den Eucharistie-Gottesdienst am Samstagabend feiert, demonstriert auf dem Marktplatz vor der Kirche ein einzelner Mann – möglicherweise ein AfD-Sympathisant. Er hält ein doppelseitiges Plakat in die Luft. „Es sind genug Polizisten da! Abschiebung Guido Reil (Anmerkung: AfD-Politiker, Mitglied des AfD-Bundesvorstands) am 01.05.2018 hat geklappt! Ellwangen war ein Einzelfall!“ (…) ist darauf zu lesen. Darüber ein Foto von der Festnahme Guido Reils bei einer DGB-Kundgebung am 1. Mai 2018 in Essen. Auf der anderen Seite des Plakats ist Angela Merkel abgebildet. Darunter der kryptisch-vielsagende Text: „Alles wird gut! Macht Euch keine Sorgen! Vertraut der Polizei! Die haut ab und schon nach 3 Tagen ist sie wieder da! Es sind nur noch 12.000 Neue pro Monat! Das Boot ist nie voll. Winfried Kretschmann 2+2=5“

„In Deutschland sind zwar viele Menschen reich…“

Nach kurzer Zeit kommt es zu einer interessanten Begegnung. Ein junger afrikanischer Geflüchteter fährt mit seinem Fahrrad zu dem Demonstrierenden und fragt ihn, was das Plakat bedeuten soll. Am Ende eines längeren Gesprächs sagt der Plakat-Träger zu seinem jugendlichen Gesprächspartner: „In Deutschland sind zwar viele Menschen reich, aber man kann das Geld nur einmal ausgeben.“ Der junge Afrikaner vernahm’s und verabschiedete sich freundlich mit einem Händedruck. „Jeder soll seine Meinung haben. Ich habe auch meine Meinung“, erklärt der junge Afrikaner anschließend und fährt davon.

Kritik an zu wenig Polizeipräsenz

Auch in den Ellwanger Wirtschaften waren die Vorkommnisse der vergangenen Tage in der ehemaligen Bundeswehrkaserne noch am Samstagabend das wichtigste Thema. Gäste einer Rock-Kneipe in LEA-Nähe befürchten, dass die Polizeipräsenz schon bald wieder nachlassen wird. „Jetzt kontrollieren sie eine oder zwei Wochen wieder ganz viel, dann kommt wieder nur sporadisch mal wieder eine Streife vorbei“, prophezeit ein junger Mann. Von den afrikanischen Geflüchteten in der LEA hat die Gruppe junger einheimischer Männer keine gute Meinung. Sie rissen auch schale Witze. „Ich mach’ jetzt auf Flüchtling, dann brauch’ ich auch keine Miete mehr bezahlen“, meinte einer. Ob er dann glücklicher wäre?

Gemeinderat muss über LEA-Vertrag entscheiden

Die Zukunft der LEA in Ellwangen ist ungewiss. Im Frühjahr 2020 endet der Vertrag mit dem Land Baden-Württemberg. Über eine eventuelle Verlängerung entscheidet der Gemeinderat. Die Stimmung in Ellwangen für eine Verlängerung des Vertrags mit dem Land ist derzeit denkbar schlecht. Einem von Bundesinnenminister Horst Seehofer in die Diskussion gebrachten Anker-Zentrum für bis zu 1500 Flüchtlinge erteilte Ellwangens parteiloser Oberbürgermeister Karl Hilsenbeck eine klare Absage. „Sofern sich der Gemeinderat für die Fortsetzung des LEA-Betriebs über das Frühjahr 2020 hinaus entscheidet, müssen in dem neuen Vertrag die `Leitplanken klar definiert werden“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“ (Samstagausgabe).

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„Geflüchtete aus der Landeserstaufnahmestelle (LEA) Ellwangen berichten über die Razzia“ – Mahnwache, Demonstration und Pressekonferenz von Geflüchteten in Ellwangen

Bewohnerinnen und Bewohner der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Ellwangen laden für Mittwoch, 9. Mai 2018, um 17 Uhr zu einer Pressekonferenz vor dem LEA-Eingang ein und rufen ab 18 Uhr zu einer Demonstration auf. Zwischen 12 und 18 Uhr findet auf dem Marktplatz in Ellwangen eine Mahnwache statt.

Bericht von Geflüchteten aus der LEA Ellwangen

Die Vorgeschichte

Die Situation in Ellwangen begann schon vor der Razzia vom vergangenen Donnerstag. Nämlich im April 2018. „Wir haben uns mit dem Leiter der LEA in Ellwangen getroffen. Wir haben ihm über unser Leben in der Unterkunft und wie die Leute sich hier fühlen erzählt, auch wegen der Duldung und den Dublin-Regeln.“ Er versprach uns, dass wir mit der Presse und mit PolitikerInnen über unsere Situation reden können, da er und die Hausverwaltung nicht für die Zustände verantwortlich seien. Er wollte sich um alles kümmern.

Leute beschwerten sich über die Abschiebung eines Mannes aus Togo

Am 27. April 2018 hatten wir dann ein gemeinsames Treffen mit dem Leiter der LEA. Bei diesem Treffen sagte er, wir könnten die Presse am Donnerstag, dem 3. Mai 2018 treffen. Um 3 Uhr morgens am Montag, dem 30. April, hörten wir viel Lärm. Als wir draußen ankamen, beschwerten sich Leute über die Abschiebung eines Togoers. Wir sahen, dass die Polizei den Mann zwingen wollte, in ihr Auto einzusteigen – er war bereits in Handschellen. Und er sagte zur Polizei, dass er nicht einverstanden sei. Also    sagten auch wir, dass wir die Polizei den Mann nicht einfach aus der Unterkunft mitnehmen lassen. Als sie sahen, dass immer mehr Leute von der Unterkunft nach draußen kamen, zogen sie sich zurück.“ Wir waren zu dem Zeitpunkt um die 30/40 Leute.“ Das berichten die Geflüchteten aus Ellwangen. Die Polizei war schon weg, als noch weitere Geflüchtete zum Ort des Geschehens kamen. Sie trafen nur noch den Mann in Handschellen an, während wir ihnen von der Situation erzählten.

Security-Mitarbeiter öffnete Handschellen

Die Berichterstattung schreibt nun von bis zu 200 Personen. Doch in der Unterkunft in Ellwangen sind aktuell weniger als 150 afrikanische Geflüchtete untergebracht. Wenn der Vorwurf, dass wir die Polizei umringt hätten, stimmen würde, wie wäre es ihnen dann überhaupt möglich gewesen, sich so unproblematisch zurückzuziehen? Wenn die
Polizei sich so sicher ist, sollten sie doch in der Lage sein, Beweise dafür anzubringen. Die deutsche Polizei ist – wie wir wissen – sehr professionell im Berichten über ihre Kontrollmacht. An dieser Stelle scheint der Rassismus der deutschen Polizeibehörden
ihnen selbst auf die Füße zu fallen. („Oh, afrikanische Geflüchtete, die sind aggressiv.“) „Nach einer Stunde kam ein Security-Mitarbeiter mit dem Schlüssel der Handschellen, befreite den Mann und ging mit den Handschellen wieder. Wir waren überrascht, als dann gegen 10 Uhr morgens, nochmal der Einrichtungsleiter zu uns kam und uns
aufforderte, ihm die Handschellen zu geben. Wir fragten: „Why are you trying to fool us    when the handcuff is with the security officer?“ Wir gingen danach zum Security-Mitarbeiter, der die Handschellen mitgenommen hatte. Wir fragten ihn, warum er den Einrichtungsleiter nicht über den Verbleib der Handschellen informiert hatte, woraufhin
dieser erwiderte, dass der Einrichtungsleiter bereits informiert wurde.“

Für Fragen gab es Schläge

An dieser Stelle war uns klar, dass etwas falsch läuft. Erpressung und Intrigen, um uns ungerechtfertigter Weise zu kriminalisieren. „Am Donnerstag, dem 3. Mai, um 5 Uhr morgens – also an dem Tag, an dem wir die Presse hätten treffen sollen (was vom    Einrichtungsleiter organisiert wurde) – hörten wir Schreie und Rufe: „Polizei! Polizei!“
Die Polizei brach sämtliche Zimmertüren gewaltsam auf (obwohl man die Türen in der Einrichtung nicht abschließen kann), stürmte die dunklen Zimmer mit hellen    Taschenlampen und schrie, „Polizei! Polizei! Hands up, don`t move! Give me your Ausweis and Camp chip card! Do you have a handy?“ Daraufhin wurden wir mit Kabelbindern gefesselt und sollten uns auf den Boden legen. Nach der Kontrolle der Ausweise und der Camp-Chipkarten, um die Personen zu identifizieren, ging die Polizei
weiter und durchsuchte unsere Kleidung und die gesamten Zimmer. Davor fragten sie uns noch, ob wir irgendwelche gefährlichen Waffen oder Drogen in unserem Besitz hätten. Einige von uns waren nackt und ihnen wurde verboten, sich etwas anzuziehen – auch trotz Erkältungen. Wir wurden gezwungen ruhig zu sein und wir wurden    geschlagen, wenn wir es gewagt haben, Fragen zu stellen.

Geld wurde mitgenommen

Unsere Hosen und Geldbeutel wurden durchsucht. Von einigen von uns, die mehr als 200 Euro hatten, nahmen sie Geld mit. Nach der Razzia wurden 27 Personen festgenommen und in ein anderes    Gebäude, gegenüber der Polizeistation auf dem Gelände der Unterkunft, gebracht. Eine der betroffenen Personen, die verhaftet wurde, weil sie unregistrierte Lyca-Simkarten hatte, erzählt, wie schlecht sie behandelt wurden, gefesselt und in der Kälte stehen gelassen. Eine junge Frau, die ihrem Partner Kleidung brachte, durfte ihm nicht helfen, Klamotten zu tragen. Aber ein anderer festgenommener    und gefesselter Freund half ihm, während die Polizei sie beobachtete. Einem anderen Freund von uns wurde vom Polizeichef untersagt, die Toilette zu benutzen. Der gleiche Polizeichef befragte einen anderen Polizeibeamten, warum ein Geflüchteter ohne mit Kabelbindern verbundenen Händen in die Schlange der Festgenommenen gebracht wurde. Er ordnete an, auch diesen Geflüchteten zu fesseln. Einer nach dem anderen wurde verhört – im Dabeisein von fast 20 Polizeibeamten mit Hunden. Außerdem wurden wir fotografiert und danach in die Polizeistation auf dem Unterkunftsgelände gebracht, wo uns Fingerabdrücke abgenommen wurden. Selbst einer der Sozialarbeiter
war schockiert, dass ein solcher Prozess losgetreten wird, beispielsweise aufgrund des Besitzes von SIM-Karten.

Medien verfälschen unsere Statements

Als die Polizei schließlich weg war, gab es einige Verletzte, die ins Krankenhaus kamen. Zur gleichen Zeit begannen einige Medien, von außerhalb der Unterkunft aus, zu berichten. Wir sind erschüttert, wie die Medien die erlogenen Polizeiberichte einfach übernommen haben, ohne die tatsächlichen Ereignisse zu recherchieren oder uns zu fragen, was passiert ist. Wir, die Geflüchteten aus Ellwangen, sind nicht gewalttätig. Auch wenn die Polizei sagt, wir hätten sie angegriffen. Es gab während des Vorfalls eine Distanz zwischen uns und der Polizei. Unser Bruder in Handschellen stand zwischen uns und der Polizei. Wir haben Beweise für alles, was die Polizei mit uns gemacht hat. Jetzt haben wir uns entschieden, eine Demonstration zu machen. Für uns ist das die einzige Möglichkeit, Leute darüber zu informieren, was tatsächlich passiert ist. Die Medien verfälschen unsere Statements und wenden sie gegen uns. Wir treffen uns am Mittwoch, 9. Mai 2018, um 17 Uhr an der Ellwangener LEA.

Gegen Rassismus – Gegen den Populismus der Medien – Gegen Polizeigewalt – Gegen die Kriminalisierung von Geflüchteten

Terminübersicht am Mittwoch, 9. Mai 2018:

12 Uhr bis 18 Uhr: Mahnwache am Marktplatz Ellwangen / „Kommt vorbei, wenn ihr hören wollt, was tatsächlich passiert ist.“

17 Uhr: Pressekonferenz vor der LEA Ellwangen

18 Uhr: Kundgebung und Demonstration vor der LEA

Weitere Informationen und Kontakt: 

Flüchtlinge für Flüchtlinge (Refugees4Refugees), Selbstorganisierte Beratungsstelle von und für Geflüchtete, Böblingerstr. 105, 70199 Stuttgart

Telefon: 0151-72207248

Internet:

https://refugees4refugees.wordpress.com

Text unten anklicken, um den Link unten zu aktivieren:

Mahnwache, Pressekonferenz und Demonstration am 9. Mai 2018 in Ellwangen

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„Protestiert bei den Abgeordneten und den Parteioberen gegen die geplante Aufrüstung“ – Rede zum 1. Mai 2018 von Siegfried Hubele in Schwäbisch Hall

Eine Begrüßungsrede zum 1. Mai 2018 hat Siegfried Hubele, Kreisvorsitzender des DGB Schwäbisch Hall im Haller Hospitalhof gehalten. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht die Rede in voller Länge.

Rede von Siegfried Hubele, gehalten am 1. Mai 2018 in Schwäbisch Hall

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Freunde und Familienangehörige, liebe Gäste,

im Namen der DGB-Gewerkschaften darf ich euch herzlich willkommen heißen zur  Maikundgebung und zu unserem Maifest. Namentlich begrüße ich Herrn Hepp, Geschäftsführer der AOK Schwäbisch Hall sowie Herrn Kruck, Bereichsleiter der AOK Heilbronn/Franken, Nikolaus Sakellariou, SPD-Kreisvorsitzender und Andrea Hermann von den GRÜNEN.

Dank an alle Mitmarschierer

Ein großes Dankeschön geht an alle, die bei der Demo mitmarschiert sind. Danke an die Alevitische Gemeinde, für das schmackhafte Essen – ich begrüße auch die hohenloher Spitzenband „Ed’s Cafe“, die uns nachher noch unterhält – Danke auch an die „streetdrums“ aus Ellwangen und an die Schalmeienkapelle, die unsere Bewegung lautstark unterstützen und natürlich an alle helfenden Hände von Kolleginnen und Kollegen.

Geschleckte Darstellungen von „Unternehmenskultur“

Danke aber vor allem an Euch – liebe Kolleginnen und Kollegen – die ihr die Gewerkschaften –  als aktive Mitglieder, als Betriebs- und Personalräte, als Vertrauensleute – jeden Tag in den Betrieben und Verwaltungen unterstützt. Ihr gehört zum „sozialen Gewissen“ in diesem Land, ihr seid Träger der betrieblichen und gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen. Eine Würdigung eures Einsatzes für die Rechte der Lohnabhängigen kommt wenig in den Medien vor. Es passt nicht zu den geschleckten Darstellungen von „Unternehmenskultur“ und moderner Arbeitswelt. Ihr aber führt den alten Konflikt zwischen Kapital und Arbeit in den Betrieben – um Lohngerechtigkeit, gegen Unternehmenswillkür, für gesunde Arbeitsbedingungen, für Mitbestimmung, damit die Kapitalseite nicht alles diktiert. Und das ist nicht angenehm und manchmal auch enttäuschend. Euch gehört die Anerkennung aller Beschäftigten, der Gewerkschaften und der Gesellschaft.

Unser Tag der Solidarität

Im Aufruf des DGB zum 1. Mai 2018 heißt es zum Schluss: der 1. Mai ist unser Tag der Solidarität. Wir demonstrienen gegen ,Intoleranz, Rassismus Rechtspopulismus und Krieg.

Liebe Kollegen und Kollegen,

die Bombardements in Syrien am 14. April 2018 durch die Streitkräfte der USA, Frankreichs und Großbritanniens seien „erforderlich und angemessen gewesen“ , erklärte Kanzlerin Merkel. Bis heute liegt kein Beweis vor, dass syrisches Militär Giftgas eingesetzt hat, der eine Strafaktion rechtfertigen könnte. Tatsächlich aber handelte es sich um eine Machtdemonstration des Westens, gegen ein Land, in dem der Westen die Vorherrschaft an Russland verloren hat. Damit haben NATO-Staaten völkerrechtswidrige Kriegshandlungen vorgenommen und letztendlich nur vom „Recht des Stärkeren“ Gebrauch gemacht. US-Präsident Trump hatte darauf gedrängt, in Syrien auch russische Ziele zu attackieren. Damit stand die Welt am 14. April 2018 kurz vor einem unkontrolliert eskalierenden Krieg zwischen den zwei größten Atommächten! Besorgte Stimmen selbst in Trump nahestehenden US-Medien haben vor einem Dritten – wohl letzten Weltkrieg gewarnt. Es muss davon ausgegangen werden, dass sich Situationen wie am 14. April 2018 in Zukunft wiederholen werden.

Aktive Stimme in der Friedensbewegung werden

Deshalb ist es so wichtig, dass wir als Gewerkschaften wieder eine aktive Stimme in der Friedensbewegung werden. Frieden ist nicht Alles – aber ohne Frieden ist Alles nichts.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die deutsche Außenpolitik setzt zunehmend auf die militärische Karte. An 14 Kriegseinsätzen ist die Bundeswehr weltweit beteiligt. Die BRD ist derzeit der viertgrößte Waffenexporteur der Welt. Rüstungskonzerne wie die Airbus Group, Rheinmetall, Krauss Maffei, Thyssen Krupp oder die Firma Diehl Defense machen jährlich zweistellige Milliarden-Dollar-Umsätze mit Kriegswaffen, die weltweit Kriegsschauplätze befeuern oder erst ermöglichen. Deshalb muss die Diskussion über Rüstungskonversion – also die Umstellung von Kriegs- auf Zivilproduktion wieder ein Thema der Gewerkschaften werden. Es kann nicht dem „Markt“ überlassen werden, wer welche Waffensysteme produzieren und verkaufen darf und mit dem Tod aus Deutschland Superprofite machen kann und dadurch Millionen von Menschen zu Kriegsflüchtlingen verdammt.

Schandmaul der Hetzer gegen Flüchtlinge

Und auch das sei gesagt: alle diejenigen die gegen Flüchtlinge hetzen, sollen in diesem Zusammenhang ihr Schandmaul halten, weil sie weder den deutschen Waffenhandel verurteilen noch das Profitsystem der Rüstungskonzerne, das dahintersteckt.

Deutsche Waffenexporte in die Türkei

Beispielhaft sei hier auch an die deutschen Waffenexporte in die Türkei erinnert, mit denen Erdogan einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den nordsyrischen Kanton Afrin führt. Noch nach dem Angriff  hat die Bundesregierung neue Waffenlieferungen im Wert von 4,4 Millionen Euro an das türkische Militär genehmigt. Mit deutschen Leopardpanzern II griff auf Befehl Erdogans das türkische Militär Afrin an. Deutsche Piloten beteiligen sich an „Aufklärungsflügen“ über Syrien und senden Daten an den kriegsführenden NATO-Partner Türkei.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Mitglieder der NATO halten daran fest, bis 2024 jeweils zwei Prozent des von uns erarbeiteten Bruttoinlandsprodukts für Rüstung auszugeben. Dies wurde beim vergangenen Gipfel mit der Stimme Deutschlands bekräftigt. Die geplante Ausweitung der Militärausgaben bedeutet, dass statt aktuell zirka 34 Milliarden Euro in Zukunft über 60 Milliarden Euro für Aufrüstung ausgegeben werden. Ein Vorschlag für die Finanzierung hat die GroKo bisher nicht vorgelegt. Außer Jens Spahn von der CDU – jetzt auch noch Gesundheitsminister in der Koalition. Zitat aus einem „Bild-Zeitungs“- Interview: „Etwas weniger die Sozialleistungen erhöhen in dem einen oder anderen Jahr – und mal etwas mehr auf Verteidigungsausgaben schaun.“

Was ist das für ein Volksvertreter, wer hat denn den gewählt?

In Deutschland fehlen bezahlbare Wohnungen, Kindergartenplätze, Krankenhäuser werden geschlossen, HARTZ-4-Leistungen reichen nicht für ein anständiges Leben, Brücken und Straßen sind marode und Renten werden sinken und führen zu Altersarmut. Wer solche Vorschläge macht wie der Spahn, den dürfen wir ohne rot zu werden als Arschloch bezeichnen. So einer wie der Spahn, der selbst immer nur als gut dotierter Polit-Funktionär alimentiert wurde, der hat den Bezug zum realen Leben in diesem Land verloren oder noch nie gehabt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das was unsere Regierung will – Aufrüstung – ist sehr konkret. Damit wird „große Politik“ spürbar für Millionen von Menschen in diesem Land. Was in die Rüstung geht – fehlt im sozialen Bereich.

Zwei Beispiele: Ein Eurofighter der Bundeswehr kostet etwa 182 Millionen Euro. Das Eurofighter-Projekt kostet insgesamt: 26 Milliarden Euro. Das entspricht etwa 148.000 – Drei-Zimmerwohnungen im sozial geförderten Wohnbau. Leute – wo bleibt da unser Aufschrei? Geld wäre genügend da. Ein Airbus-Transporter A 400 M kostet etwa 175 Millionen Euro. Die gesamte Anschaffung für die Bundeswehr kostet 9.3 Milliarden Euro. Das entspricht 2.325 Kindergartengruppen mit Ganztagesbetreuung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

was können wir gegen die gefährliche Aufrüstungspolitik tun?

1. Es gibt den bundesweiten Aufruf „Abrüsten statt Aufrüsten“ an die Bundesregierung. Dieser Aufruf wird auch von den Gewerkschaften unterstützt. Bitte unterschreibt den Aufruf und gebt die vollen Listen vorne ab. Damit können wir Druck gegen eine falsche Politik machen.

2. Einige von euch werden SPD- oder CDU-Mitglieder sein oder den Parteien nahestehen. Protestiert bei den Abgeordneten und den Parteioberen gegen die geplante Aufrüstung.

3. Am 1. September werden die Gewerkschaften im Bündnis mit anderen Antikriegskräften auch in Schwäbisch Hall wieder zum Antikriegstag aufrufen. Kommt zu der Demo und zeigt eure Empörung.

4. Sprecht das Thema „Aufrüstung“ und seine sozialen Folgen auch auf Betriebs- und Personalversammlungen an.

5. Fordert die Bürgermeister in den Städten der Region auf, Mitglied in der Organisation „Mayors for Peace“ (Bürgermeister für Frieden) zu werden, die für die atomare Abrüstung eintreten. Und natürlich, dass sie sich auch öffentlich zur Abschaffung aller Atomwaffen äußern und aktiv werden.

Ich bedanke mich für euer Zuhören und übergebe jetzt das Wort an Uwe Bauer, Geschäftsführer der IG Metall Schwäbisch Hall, der heute unser Hauptredner ist.

Friede den Hütten …

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