Jetzt wird alles wieder gut. Glaubt man dem Hohenloher Tagblatt vom Samstag, 28. März 2009, dann hat die Zentralredaktion der Südwestpresse in Ulm von ihren Partnerverlagen Mitte der vergangenen Woche „ausdrücklich die gute Nachricht gefordert“. Na Prosit. Da können die Leser sich auf eine „schöne Einlull-Kampagne“ gefasst machen.
Kommentar von Ralf Garmatter, Freier Journalist, Hohenlohe-ungefiltert
Gerne hat sicher der Crailsheimer Redaktionsleiter Mathias Bartels diese Nachricht am Samstag, 28. März 2009, in seinem Wochenkommentar „Ins Visier genommen“ verbreitet. Von den zur gleichen Zeit stattfindenden europaweiten Protesten (auch viele Menschen aus Hohenlohe nahmen daran teil), im Vorfeld des G20-Gipfels in London, erfuhren die Leserinnen und Leser des Hohenloher Tagblatts im Lokalteil nichts. Kein Wort zu finden war auf den Lokalseiten von der Empörung der Menschen über die Verursacher der Finanzkrise und die Auswirkungen des Finanzkollapses auf die einfachen Leute.
Beim Hohenloher Tagblatt steht eine Zeit exzessiver Schönfärberei bevor
Angefeuert durch die Gute-Neuigkeiten-Kampagne der Ulmer Zentralredaktion können sich die Leser des Hohenloher Tagblatts auf eine Zeit der Schönfärberei gefasst machen. Wenn die Welt schon aus den Angeln gehoben ist, dann kann man wenigstens immer noch schön darüber reden – denken die Zeitungsmacher aus Crailsheim und Ulm. Wenn auch die Lage für viele immer bedrohlicher wird, müssen die Nachrichten darüber keinesfalls negativ sein, so jedenfalls sieht die HT-Logik aus.
Peinliche HT-Kampagne lullt Leser ein
Wir befinden uns derzeit in einer der schwersten wirtschaftlichen Krisen seit 1929, verursacht durch Spekulanten und Glücksspieler in Banken und anderen Konzernen – begünstigt durch eine gut bezahlte Politiker-Kaste, von deren Mitglieder viele nicht mehr durchblicken. Die Zeche des neoliberalen Glückspiels sollen nun die Steuerzahler übernehmen. Das ist pervers. Viele Menschen in Deutschland und der Welt bangen um ihre Zukunft und die ihrer Kinder. Das Hohenloher Tagblatt und die Südwestpresse wollen aber gute Nachrichten verbreiten. Die Arbeitsplätze vieler Menschen sind in Gefahr, auch die Ersparnisse und Geldanlagen vieler kleiner Leute. Und, was machen die Südwestpresse und das Hohenloher Tagblatt? Sie fordern die „Gute Neuigkeit“ – warum eigentlich nicht gleich eine neue Frohe Botschaft? Wenn es die Good News nicht gibt, dann werden sie eben von den HT-Magiern kurzerhand aus dem Hut gezaubert – Applaus.
Hohenloher Tagblatt ist keineswegs eine kritische Zeitung
Über diese Kampagne, welche die Lokalredaktion des Hohenloher Tagblatts laut Mathias Bartels „positiv bewegt“ hat, kann ein halbwegs kritischer Mensch nur den Kopf schütteln. Sollen die Leute für komplett dumm und naiv verkauft werden? Die Good-News-Propaganda erweckt zudem den falschen Anschein, dass die Crailsheimer Lokaljournalisten in den vergangenen Monaten in ihrer Arbeit mit besonders kritischem Blick und mit aufklärerischen Artikeln zu Werke gegangen sein könnten. Das ist aber keineswegs der Fall. Die Zeitung bestand und besteht noch immer zum überwiegenden Teil aus Pressemitteilungen von Vereinen, Verbänden, Parteien, Firmen, öffentlichen Verwaltungen und Behörden – also aus PR – einem anderen Ausdruck für gute Neuigkeiten.
Kampagne ist für Journalisten beschämend
Gerade in dieser Krisenzeit wäre es bitter nötig, die bestehenden Missstände kühl, sachlich und präzise darzustellen. Nur dann können sich die Menschen im Wirrwarr der Meldungen orientieren. Das Dümmste was in solch einer Situation zu tun ist, sind einlullende „Good News“, die eine Welt darstellen, wie sie nicht existiert. Diese Kampagne der Zeitung ist für den Journalismus peinlich und beschämend. Seriöser Journalistmus stellt das Geschehen auf der Welt so dar, wie es ist, und nicht wie es sich ein paar Gute-Neuigkeiten-Redakteure in Crailsheim und Ulm wünschen. Das Motto lautet: Kopf in den Sand und nichts mehr sehen wollen. Die Welt ist ja ach so schrecklich.
Die Lage wird künstlich schön geredet
Es ist zu erwarten, dass die Leser des Hohenloher Tagblatts und möglicherweise auch anderer, der Südwestpresse angeschlossener Lokalzeitungen, noch stärker als bisher die Lage in Firmen, Rathäusern, Parteien, Verbänden und Vereinen schönreden. Die Hofberichterstattung wird durch die Good-News-Kampagne einem neuen Gipfel zustreben. Die Leser werden nur veräppelt und müssen für die Zeitung auch noch Geld bezahlen. Das Motto des Lokalblattes lautet: Wenn ihr schon kein Geld mehr fürs Brot habt, dann sollt ihr wenigstens sinnfreie Spiele, nutzlose Unterhaltung und gute Neuigkeiten über schlecht laufende Dinge bekommen. Die Menschen bloß nicht zum Nachdenken anregen, sie einzuwickeln und hintenherum auslachen, lautet offenbar die Devise von HT-Redaktionsleiter Mathias Bartels und seinen Ulmer Mitstreitern.
Worte eines Journalisten, dem es wirtschaftlich sehr gut geht
Nicht vorenthalten will Hohenlohe-ungefiltert seinen Leserinnen und Lesern, aus welcher persönlichen wirtschaftlichen Position heraus der Redaktionsleiter des Hohenloher Tagblatts, Mathias Bartels, seinen Samstagskommentar geschrieben hat. Aus der Position eines wirtschaftlich gesättigten Journalisten nämlich, der an einem möglichst langen Fortbestehen des Status Quo interessiert ist. Dieser beschert ihm nämlich ein übertarifliches Gehalt mit 13,8 Monatsgehältern, über 30 Urlaubstage jährlich, einen Dienstwagen und eine gute Altersversorgung durch das Versorgungswerk der Presse.
Ute Bartels alias Ute Schäfer verdient auch noch dazu
Als HT-Redaktionsleiter kann Bartels außerdem auch seine Frau Ute so oft als freie Mitarbeiterin einsetzen wie er will. Dadurch kann sie, die in der Lokalzeitung seit Jahren unter dem falschen Namen Ute Schäfer schreibt, die Bartelssche Familienkasse noch weiter aufbessern. Deren Honorarsätze liegen deutlich über denen manch anderer freier Mitarbeiter des Hohenloher Tagblatts.
Damit sich die Leserinnen und Leser dieses Artikels ungefähr vorstellen können, was ein Redaktionsleiter des Hohenloher Tagblatts verdient, sei hier nur einmal das Tarifgehalt dieser Berufsgruppe (ab dem vollendeten 15. Berufsjahr als Redakteur) in Höhe von monatlich 5.466 Euro (seit Dezember 2008) und 5.553 Euro (ab Oktober 2009) genannt (mal 13,8 Monatsgehälter). Und: Bartels Gehalt liegt nach dessen eigenen Worten sogar über dem Tarifgehalt. Für die HT-Leser, von denen die meisten den Durchschnittsverdienern angehören dürften, sind das stattliche Geldsummen. Für Bartels Gehalt, das Leser auch durch ihre Abonnementsgebühren mitbezahlen, können sie von dem HT-Redaktionsleiter und seinen noch besser bezahlten Vorgesetzten in Crailsheim und Ulm mehr erwarten als eine sinnfreie Gute-Neuigkeiten-Kampagne. Die Leser sollten von einer Zeitung Fakten geliefert bekommen, die sie/ihn in die Lage versetzen, die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise bestmöglich zu bewältigen. Augenwischerei durch Good News hilft da nicht weiter.
Freie HT-Mitarbeiter können von solchen Honoraren nur träumen
Freie journalistische Mitarbeiter des Hohenloher Tagblatts können von solchen Geldbeträgen wie sie der Redaktionsleiter monatlich einsteckt, auch bei größtem Arbeitseinsatz nur träumen. Beim Hohenloher Tagblatt gibt es freie Mitarbeiter, die für einen 90 Zeilen langen Text mit einem dazu veröffentlichten Bild insgesamt nur rund 15 Euro Honorar (vor Steuern) bekommen. Für diesen Hungerlohn hat der freie Mitarbeiter dann im Durchschnitt vier Stunden gearbeitet und ist vielleicht sogar noch auf eigene Kosten von seiner Wohnung zum Ort einer Veranstaltung, über die er berichten soll, gefahren. Um, wie Mathias Bartels, auf ein monatliches Bruttogehalt von 5466 Euro oder mehr zu kommen, müsste der genannte freie HT-Mitarbeiter im Monat 364 Artikel mit Bild im HT veröffentlichen – grob gerechnet müsste er oder sie dafür zirka 1450 Stunden arbeiten.
Das Hohenloher Tagblatt, allen voran Mathias Bartels, wird uns in den nächsten Wochen in der Gute-Neuigkeiten-Kampagne sicher erklären, warum auch dieser Missstand, diese Ausbeutung von freien Mitarbeitern und Praktikanten gut, richtig und gerecht ist. Hohenlohe-ungefiltert ist gespannt und wird am Ball bleiben.