(1) Auch keine Erholung ohne Arbeitsplätze (jobless recovery), von der uns viele Experten überzeugen wollen. In den USA, in Großbritannien, in Euroland und Japan wird es nur eine Erholung ohne Erholung geben (recoverlessly recovery), was nichts weiter ist als ein Ammenmärchen, mit dem versucht wird, die bankrotten amerikanischen und britischen Verbraucher wieder ans Konsumieren zu bringen und die Käufer von US-Schatzbriefen und britischen Gilts davon abzuhalten, sich der Erkenntnis zu stellen, dass sie ihre Produkte für wertloses Papier in diese Länder exportieren.
(2) « Monsterwellen » sind sehr hohe Meereswellen, die sehr plötzlich auftreten können. Früher hielt man sie für äußerst selten. Heute weiß man, dass sie in jedem großen Sturm vorkommen können. Die Monsterwellen können Höhenunterschiede von der Basis zum Scheitel von 30m erreichen und riesige Drücke entwickeln. Schon eine normale Welle von 3m Höhe übt einen Druck von 6 Tonnen/m² aus. Eine Sturmwelle von 10m Höhe kann einen Druck von 12 Tonnen/m² entwickeln. Eine Monsterwelle von 30m Höhe kann Drücke bis zu 100 Tonnen/m² entwickeln. Kein Schiff ist darauf ausgelegt, solche Drücke auszuhalten. Und eine Monsterwelle kommt nicht immer allein. Es gibt das Phänomen der „drei Schwestern“. Das sind drei aufeinander folgende Monsterwellen, die umso gefährlicher sind, da ein Schiff, das es geschafft haben sollte, den ersten beiden zu widerstehen, nicht die Zeit haben wird, wieder in die richtige Position zu manövrieren, bevor die dritte kommt. Wir gehen davon aus, dass die Weltwirtschaft im Sommer 2009 einer Dreierfolge an Monsterwellen ausgesetzt sein wird! Und keine Region und kein Land ist in der richtigen Position, um sie zu überstehen, auch wenn einige in schwieriger Lage sind als andere, wie wir in dieser 36. Ausgabe des GEAB darlegen werden.
(3) LEAP/E2020 geht davon aus, dass seine Vorhersagen über die sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen in den einzelnen Regionen der Welt, wie wir sie in der 28. Ausgabe des GEAB vom 15. Okt. 2008 veröffentlicht haben, immer noch gültig sind.
(4) Oder, um es präziser auszudrücken: In jeder dieser Regionen wird es nicht länger möglich sein, die Verschlechterung der Lage durch Medien- und Aktienkursmanipulation zu verschleiern.
(5) Es wird den Lesern des GEAB nicht entgangen sein, dass es immer noch die selben Experten, Politiker, Medien und Institutionen sind; also die, die vor drei Jahren noch glaubten, alles stünde in der Weltwirtschaft zum Besten ; die vor zwei Jahren behaupteten, es gäbe überhaupt kein Risiko einer schweren Krise ; und die vor einem Jahr noch verlauten ließen, dass die Krise unter Kontrolle wäre. Wie könnte man an den Einschätzungen solcher eminenter Persönlichkeiten auch nur im geringsten zweifeln?
(6) Es wird, was die US-Wirtschaftsstatistiken anbelangt, interessant werden zu beobachten, wie die Ergebnisse dieser Statistiken auf Grund der Revision der Einstufungen und Berechnungsmethoden durch das Bureau of Economic Analysis, die am 31.Juli 2009 in Kraft treten wird, anders ausfallen werden. In aller Regel erschweren solche Revisionen die Vergleiche mit Vorläufersituationen und ermöglichen gefälligere Lesarten der wichtigsten Statistiken. Frühere Revisionen ermöglichten z.B. eine Verringerung der Inflationsrate um zwei Drittel. Quelle: MWHodges, 04/2008.
(7) Mit der Ausnahme, dass die EU die durch die Finanzkrise hervor gerufene politische Schwäche Großbritanniens nutzt, um die Kontrolle über die City of London zu erlangen (Quelle: Telegraph, 11/06/2009). Im Sommer 2009 könnte also die dreihundertjährige Geschichte einer allmächtigen City im Herzen der britischen Macht zu Ende gehen. In diesem Zusammenhang ist der sehr erhellende Artikel von George Monbiot im The Guardian du 08/06/2009 sehr lesenswert. Und vielleicht noch mehr der Essay von John Lanchester im London Review of Books vom 28/05/2009, der den deutlichen Titel trägt „Es ist vorbei“.
(8) Wer interessiert sich eigentlich noch für die Abschlusserklärungen der G8-Gipfel, wie gerade der der Finanzminister vom 13. Juni 2009 (Quelle: Forbes, 13/06/2009), wo doch jeder Staat macht, was er will? Auf der einen Seite die Amerikaner, auf der anderen die Kanadier und Europäer, dazwischen die Engländer und Japaner, während die Russen ganz wo anders ihr Spiel treiben…
(9) Das Missgeschick, das US-Finanzminister Timothy Geithner bei seiner Chinareise unterlief, ist sehr aufschlussreich: Als er in einer Rede vor Wirtschaftsstudenten der Universität Beijing wortreich erklären wollte, dass die Chinesen zu Recht in Dollar und US-Schatzbriefe investiert hätten, brach der Hörsaal in Lachen aus (Quelle: Examiner/Reuters, 02/06/2009). Dabei gibt es für eine Großmacht nichts Schlimmeres als zum Objekt von Ironie oder gar Spott zu werden, denn Macht funktioniert nicht ohne Respekt. Damit dürfte sich auch die Mär erledigt haben, nach der die Chinesen in der Dollarfalle steckten. Wer in einer Falle steckt, lacht nicht, wenn der Fallensteller so nett ist zu erklären, dass es doch gar keine Falle gäbe. Und wenn Studenten lachen, dann sind auch die Verantwortlichen in der Regierung nicht mehr blauäugig bei der Einschätzung über die Entwicklung des Dollars und der US-Schatzbriefe. Diese Szene wäre vor auch nur zwölf Monaten undenkbar gewesen, vielleicht sogar noch vor sechs. Damals waren die Chinesen tatsächlich noch gutgläubig bzw. glaubten sie, dass sie so tun müssten als ob sie noch gutgläubig wären, um den Glauben in den Dollar nicht zu untergraben. Offensichtlich ist nun im Frühsommer 2009 diese Sorge verschwunden. Sie müssen nicht mehr so tun als ob. Jedenfalls ergibt sich das aus einer Umfrage bei 23 chinesischen Wirtschaftswissenschaftlern, die am Tag des Eintreffens von Timothy Geithner in Peking veröffentlicht wurde, nach der die US-Anleihen als „riskant“ eingestuft wurden. (Quelle: Xinhuanet, 31/05/2009). In den nächsten Monaten wird das Echo des Studentengelächters noch vielfach in den Entwicklungen wiederhallen…
(10) Und nicht nur in den USA werden die Aktionnäre mit der Ausrede, das Gemeinwohl erfordere es, vom Staat systematisch geschädigt, wie man an den Verlusten der Pensionsfonds sehen kann, die in Aktien von Chrysler und GM investiert hatten, oder an dem Druck, den die US-Zentralbank und die US-Regierung auf Bank of America ausübten, damit sie ihren Aktionnären die finanziell desaströse Lage von Merril Lynch zum Zeitpunkt des Kaufes verschweige. Quellen: OpenSalon, 10/06/2009 / WallStreetJournal, 23/04/2009. In Großbritannien, Europa und Asien produzieren die selben Ursachen die selben Folgen. Die „Staatsräson“ ist seit jeher die einfachste Ausrede, um Enteignungen zu rechtfertigen. Und in schweren Krisen sind Politiker mit der Staatsräson schnell bei der Hand.
(11) In Deutschland stellt sich wegen der Bundestagswahl im September 2009 das gleiche Problem. Nach den Wahlen werden die Probleme der Banken wieder auf der Titelseite der Medien erscheinen, wobei es um Positionen in den Bilanzen insbs. der Landesbanken in Höhe von mehreren hundert Milliarden Euro gehen wird. Die Probleme sind nicht so groß wie in Großbritannien oder den USA, aber auch Deutschland wird mit dem Problem möglicher Bankeninsolvenzen konfrontiert werden. Quelle : AFP/Google, 25/04/2009. Und in den USA haben die Banken schlicht und einfach die Kreditmasse, die sie der Realwirtschaft zur Verfügung stellen, verringert, obwohl ihnen die Staatsgelder doch gerade gewährt wurden, um den Kreditfluss an die Realwirtschaft aufrecht zu erhalten. CNNMoney, 15/06/2009
(12) Quellen : Financial Times, 01/06/2009; YahooFinance, 04/06/2009; StreetInsider+Holdings/4656921.html, 15/05/2009; Financial Times, 01/06/2009)