So viel steht fest: Andreas Harthan, Redakteur des Hohenloher Tagblatts in Crailsheim, kann nicht rechnen. In seinem gestrigen Kommentar (Samstag, 14. November 2009) „Ins Visier genommen – HT befragt zwei OB-Kandidaten“ stellt er eine höchst eigenwillige Rechnung auf. „Morgen in einer Woche hat Crailsheim einen neuen Oberbürgermeister. So viel steht fest. Aber wie wird er heißen – Günther Freisleben oder Rudolf Michl?“, fragte Harthan die verdutzte HT-Leserschar.
Kommentar von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Nach Harthans Logik muss der Oberbürgermeister gar nicht mehr gewählt werden
Fest steht lediglich, dass eine Woche und einen Tag nach der Veröffentlichung von Harthans Kommentar weder Günther Freisleben (CDU) noch Rudolf Michl (SPD) zum Oberbürgermeister von Crailsheim gewählt werden können. Zu diesem Zeitpunkt ist nämlich erst Sonntag, der 22. November 2009. An diesem Tag feiern zwar Boris Becker und einige andere unbedeutenden Menschen deutscher Herkunft Geburtstag – in Crailsheim findet aber keine OB-Wahl statt. Diese geht erst eine Woche später, am Sonntag, 29. November 2009, über die Bühne. Komischerweise hat Andreas Harthan dieses Datum korrekt berichtet, was für noch mehr Verwirrung sorgt. Warum bloß soll Crailsheim schon am 22. November 2009 einen neuen OB haben, wenn erst am 29. November 2009 gewählt wird? Da tut Aufklärung Not – sonst bleibt vieles spekulativ. Vielleicht geht Andreas Harthan davon aus, dass sich einer der vier im Rennen verbliebenen OB-Kandidaten den Weg ins Crailsheimer Rathaus freischießt, dort die Uniformpflicht einführt, einen eigenen Polizei-Kleinstaat ausruft und sich selbst Oberbürgermeister nennt.
Toller Einfall der Bauder-Knappen aus der Ludwigstraße 6-10
Zu einem Scheingefecht verkommt dann allerdings der OB-Wahlkampf. Bei diesem will das Hohenloher Tagblatt, als Zentralorgan des künftigen Crailsheimer Kleinstaates, eine wichtige Rolle spielen. Mit einer verwegenen Aktion will das HT die fast 57 Prozent (Anmerkung: Zahl korrigiert) Nicht-Wähler des ersten Wahldurchgangs an die Wahlurnen locken. Was für eine Strategie haben die Bauder-Knappen in der Ludwigstraße 6-10 ausbaldowert? Ein tolles Ding: „…deshalb hat sich das Hohenloher Tagblatt entschieden, noch einmal ein Wahlforum durchzuführen.“ In punkto Wahlbeteiligung verspricht dies den größtmöglichen Erfolg. Denn in den Veranstaltungsraum des HT-Verlagsgebäudes passen knapp über 100 der rund 25.000 Crailsheimer Wählerinnen und Wähler. Na, wenn das nicht gleich ein sattes Prozent mehr Wählerinnen und Wähler verspricht als beim ersten Wahlgang – bei dem knapp 11.000 Crailsheimerinnen und Crailsheimer wählen gegangen waren.
Warum findet das Wahlforum in einem Miniveranstaltungsraum statt?
Zu der offiziellen Kandidatenvorstellung kamen rund 1500 Besucher in die Crailsheimer Hirtenwiesenhalle, beim Wahlforum im Hangar waren etwa 1300 Menschen. Warum das HT vor dem entscheidenden Wahlgang einen Veranstaltungsraum mit etwas mehr als 100 Plätzen auswählt, bleibt angesichts dieser Besucherzahlen ein Rätsel. Warum vom HT nur zwei von vier verbliebenen Kandidaten zum Wahlforum am Donnerstag, 19. November 2009, um 19.30 Uhr eingeladen wurden, zeugt nicht gerade von einer urdemokratischen Gesinnung – auch wenn die Kandidatin Branka Mayer und „Kandidat Nummer eins“ Volker Rainer Kilian im ersten Wahlgang jeweils weniger als ein Prozent der Wählerstimmen erhalten hatten. Eine Lokalzeitung sollte alle Kandidaten zu Wort kommen lassen. Das gebietet die Fairness.