Den Bundesparteitag der SPD vom 13. bis 15. November 2009 in Dresden hat in der vergangenen Woche Walter Leyh, SPD-Mitglied aus Schrozberg, besucht. Der Pressesprecher der SPD im Landkreis Schwäbisch Hall hat für Hohenlohe-ungefiltert seine persönliche Einschätzung über die zukünftige SPD-Politik beschrieben und Statements von der Mulfinger Europaabgeordneten Evelyne Gebhardt und dem Bundestagsabgeordneten Josip Muratovic aus dem Wahlkreis Heilbronn eingeholt.
Zusammengestellt von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Die Einschätzung von Walter F. Leyh aus Schrozberg:
Es war ein Aufbruch im mehrfachen Sinne. Die Basis will etwas erreichen, ihre Ziele formulieren, mitteilen und umgesetzt sehen – nicht länger zusehen müssen wie die SPD immer weiter ausblutet, trotz der vielen guten Inhalte, die sie vertritt. Die Basis ist also aufgebrochen in Richtung der neuen Führung die sie sich zu Beginn des Parteitages selbst gewählt hat. Auch die neue Führung ist aufgebrochen zu einem neuen Weg hin zur Basis: vorbei soll sie sein, die Zeit, in der sich der Kopf immer weiter selbst vom Rumpf abgetrennt hatte und nur von oben nach unten „durchregiert“ wurde. Sigmar Gabriel und Andrea Nahles sowie der gesamte Bundesvorstand wollen ihr Ohr an die Basis legen, verstärkt vor Ort gehen, mit KommunalpolitikerInnen reden und jährlich einen Parteitag veranstalten als zusätzliche Ausdrucksplattform der Parteibasis.
Parteitag war wie ein großes Familientreffen
Es bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass Gabriel das umsetzten kann, was er in seiner 100-minütigen Rede gesagt hat. Dann kann die SPD zu neuen Ufern aufbrechen und verlorenes Terrain zurückgewinnen. Nicht unerwähnt soll allerdings bleiben, dass die SPD zuweilen ein recht schwierig zu steuernder Tanker sein kann. Insgesamt war der Parteitag wie ein großes Familientreffen. Am Beginn ein gemeinsamer Gottesdienst mit Größen wie Kurt Beck, Frank-Walter Steinmaier, Franz Müntefering und Sigmar Gebriel bei aktiver Beteiliung von Andrea Nahles u. a., gehalten von den evangelischen und katholischen Bischöfen Sachsens. Dann das große Plenum in der Messehalle, wo sich Tausende treffen und viele sich untereinander schon lange und gut kennen. Schließlich die Reden und Wahlen mit einem fulminanten Ergebnis für den neuen Vorsitzenden. Abends kamen hunderte von Genossinnen und Genossen zum traditionellen Parteiabend zusammen – der für manche bis in die Morgenstunden ging, weil’s so schön war und man sich lange nicht gesehen hatte.
Größere Diskussionen um die Vermögenssteuer
Die Delegierten unter den Parteitagsteilnehmern waren dann Samstag und Sonntag noch durch weitere Wahlen und vor allem die Antragsberatung gefordert. Hier konnte aber meist ohne lange Diskussion in vielen Themenbereichen en block abgestimmt werden. Große Ausnahme war die Sache mit der Vermögenssteuer. Seinen Abschluss fand der Parteitag am Sonntagnachmittag mit einer herausragenden Rede Erhard Epplers und der Verleihung des Wilhelm-Dröscher-Preises.
Kommentar von Evelyne Gebhardt aus Mulfingen, Abgeordnete des Europaparlaments und neues Mitglied des SPD-Bundesvorstands:
Der Dresdener Parteitag war von ernster Arbeit, ohne die Spur von Missstimmungen geprägt. Mit rund einem Viertel neuer Mitglieder wurde der Bundesvorstand der ältesten deutschen Partei zukunftweisend aufgefrischt. Der Leitantrag gibt auf den wichtigen Politikfeldern Anstöße, die jetzt von den Mitgliedern der SPD – der so genannten Basis – in einer breiten Diskussion aufgearbeitet werden. So soll bereits im nächsten Jahr ein Steuerkonzept stehen, das den Staat leistungsfähig erhält und die Lasten gerecht verteilt. Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache. Das gilt auch für die auf Drängen der Jungsozialisten beschlossene Erbschaftssteuer.
Die beiden bisherigen und die zwei neuen Mitglieder des Parteivorstandes aus Baden-Württemberg werden die baden-württembergische Sicht der Dinge auf die Bundesebene heben. Dabei wird auch die jeweils persönliche Erfahrung eine Rolle spielen. Ich selbst werde wie in meiner Arbeit als Europaabgeordnete ein besonders scharfes Auge auf Bürgerrechte und Verbraucherschutz haben und helfen, den Kurs der SPD auf eine solidarische Gemeinschaft der Völker in Europa zu halten.
Statement von Josip Juratovic, MdB SPD Heilbronn, zum Bundesparteitag in Dresden:
Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soziale Sicherheit und ökologische Verantwortung. Josip Juratovic wählte Sigmar Gabriel zum neuen Parteivorsitzenden.
„Der Parteitag in Dresden war der Aufbruch, ein gelungener Neuanfang“, so der Heilbronner SPD-Bundestagsabgeordnete Josip Juratovic, der als Delegierter auf dem Bundesparteitag in Dresden mit dabei war und die neue Führungsmannschaft unterstützt. „Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit mit Sigmar Gabriel und Andrea Nahels“, so Juratovic. Das jetzige Führungsduo war vor wenigen Wochen im Unterland zu Gast, beide haben die Heilbronner SPD im Wahlkampf unterstützt.
Vier Vertreter der Landes-SPD wurden in den neuen Parteivorstand gewählt
Auch die SPD Baden-Württemberg war auf dem Parteitag der Sozialdemokratie in Dresden erfolgreich: Gleich vier Vertreter der Landes-SPD wurden am Samstag in den neuen Parteivorstand gewählt, einer mehr als bei den letzten Vorstandwahlen vor zwei Jahren. „Mit diesem erfreulichen Ergebnis hat die SPD Baden-Württemberg innerparteilich an Bedeutung hinzugewonnen“, sagte Juratovic. Neben der SPD-Landesvorsitzenden MdB Ute Vogt zogen die Europageordnete Evelyne Gebhardt, die stellvertretende Landesvorsitzende Hilde Mattheis und Generalsekretär Peter Friedrich in den Parteivorstand ein. Offen und ungeschminkt waren die Diskussionen auf dem Parteitag. Die SPD habe über Fehler der Vergangenheit gesprochen, aber vor allem auch über die kommenden Aufgaben. Dass die SPD eine streitbare Partei ist, ist nicht neu. Aber Dresden war doch anders. „Wer dabei war, hat es deutlich gespürt“, äußerte sich Juratovic in seinem Fazit erleichtert. Die Diskussionen waren sachlich und es wurde nach vorne debattiert.
Mitglieder stärker beteiligen
In Dresden ging es um drei zentrale Aufgaben: Die Partei muss nach innen geöffnet und die Mitglieder stärker beteiligt werden. Als zweite Aufgabe hat sich die SPD zum Ziel gesetzt, sich stärker nach außen zu öffnen. Drittens geht es darum, programmatisch drei Ziele überzeugend miteinander zu verbinden: Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soziale Sicherheit und ökologische Verantwortung. „Dabei orientieren wir uns weder an Koalitionsoptionen, noch an vermeintlich soziologischen Kategorien wie der so genannten politischen Mitte. Denn die Mitte ist kein festgefügter Ort. Wer die Deutungshoheit für die Lösung politischer Probleme erringt, ist in der Mitte der Gesellschaft. Unsere Werte und Ziele sind dafür die richtige Grundlage“, so Juratovic.