Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert vor Beginn der 10. Verhandlungsrunde mit dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), dass sich die Verleger von ihren Forderungen nach einschneidenden Tarifkürzungen verabschieden. Zudem erwartet ver.di Tarifangebote, die zu angemessenen Gehalts- und Honorarsteigerungen führen. Die Verhandlungen für die rund 14.000 Redakteurinnen und Redakteure sowie freien Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen werden morgen (Mittwoch, 17. August 2011) in Hamburg fortgesetzt.
Von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)
Faire Arbeitsbedingungen in Redaktionen gefordert
„Faire, also gleichwertige Arbeitsbedingungen in Redaktionen, egal ob für langjährige oder für junge Journalistinnen und Journalisten, sind, das Ziel der Tarifauseinandersetzung. Die öffentliche Unterstützung für diese Tarifforderung und die damit verbundenen, mit hohem Verantwortungsbewusstsein für den Journalistenberuf geführten Streiks, sollten nun auch bei den Verlegern zur Einsicht und zur Abkehr von Kürzungsforderungen führen. Nur dann gibt es eine Aussicht auf eine Tariflösung“, erklärte ver.di-Verhandlungsführer Frank Werneke.
Verleger fordern Einschnitte beim Gehalt für Berufseinsteiger
Die bisherigen Verhandlungen waren insbesondere von anhaltenden Forderungen der Verleger geprägt, den Gehaltsverlauf für Berufseinsteiger um 7,5 Prozent verschlechtern zu wollen und bei Arbeitszeit, Urlaub und Urlaubsgeld schlechtere Regelungen vorzusehen. Auch die Altersversorgung für Berufseinsteiger wollen die Zeitungsverleger nach anderen Regeln und mit der Hälfte der Arbeitgeberbeiträge ausgestalten.
Heute Urabstimmung der hessischen Gewerkschaftsmitglieder
Gegen die Verleger-Forderungen und für vier Prozent Tariferhöhung sind seit Freitag, den 12. August 2011, die Streiks in Zeitungsverlagen in Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen fortgesetzt worden. In Hessen findet heute (Dienstag, 16. August) eine Urabstimmung unter den Gewerkschaftsmitgliedern statt.
Die Tarifverhandlungen werden am 17. August 2011, ab 12 Uhr, im Radisson Blu Hotel in der Marseiller Straße 2, 20355 Hamburg, fortgesetzt.
Weitere Informationen:
http://tarifrunde-print.verdi.de/news/showNews?id=97b0003a-c7ec-11e0-4f28-001ec9b03e44
http://www.verdi.de/themen/nachrichten/++co++b5364b18-bf5c-11e0-558a-00093d114afd
http://streikblog0711.wordpress.com/
http://www.bdzv.de/bdzv_intern+M56122d6bcc1.html
Thema des Tages: Streiks ausgeweitet
Informationen des Deutschen Journalistenverbands (DJV)
Engagement für den Wert des Journalismus
16. Aug. 2011 – Am heutigen Dienstag werden die Streiks in den Zeitungsverlagen ausgeweitet. In Baden-Württemberg stoßen zu den Streikenden von 10 Zeitungen noch die Kollegen von drei weiteren Titeln hinzu. In Bayern sind zusätzlich zehn Zeitungen zum Streik aufgerufen, in Nordrhein-Westfalen sind heute mehrere Zeitungen im Rheinland an der Reihe. In Niedersachsen legen die Redakteure der Hannoveraner Titel sowie der Madsack-Heimatzeitungen die Arbeit nieder und demonstrieren am Mittag in der City der Landeshauptstadt. In Schleswig-Holstein finden Warnstreiks bei den Kieler und den Lübecker Nachrichten statt und in Hessen wird heute bei etlichen Zeitungen die Urabstimmung durchgeführt. Warum jetzt noch Streiks, nur einen Tag vor der zehnten Tarifrunde? Weil der DJV mit seinen Tarifforderungen noch nicht am Ziel ist, weil die Verleger wissen müssen, dass es den Kolleginnen und Kollegen ernst ist mit ihrem Engagement für den Wert des Journalismus.
Weitere Informationen im Internet:
http://www.djv.de/
Redakteurs-Tarifrunde vor der Entscheidung
Der 17. August ist ein entscheidender Tag in der Tarifrunde für Redakteur/-innen an Tageszeitungen und auch für die freien Journalist/innen (12a).
Aktueller Südwestreport der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
Gute Tarifverträge erhalten den Qualitätsjournalismus
Der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger (bdzv) wird sich an diesem Mittwoch (17. August 2011) entscheiden müssen, ob er einen bundesweiten Flächentarifvertrag für die Redakteure auf der Grundlage der „Stuttgarter Sondierung“ zustande bekommt, oder ob erstmals in der Tarifgeschichte diese Tarifverträge regional in Baden-Württemberg verhandelt werden müssen. Die „Stuttgarter Sondierung“ ist, ohne in die tarifliche Feinarbeit gegangen zu sein, ein Eckpunktepapier, das versucht, sowohl dem Anliegen der Verleger nach Einsparungen gerecht zu werden, als auch andererseits, aus Sicht der Gewerkschaften, dem Wunsch nach einer wieder stärker zu gestaltenden Zukunftsfähigkeit der Tarifverträge Rechnung zu tragen: Gute Tarifverträge erhalten auch den Qualitätsjournalismus. Dies ist der Weg, der in der Sondierung vorgezeichnet wurde.
Jungredakteure müssen mehr Geld bekommen als die Verleger bisher wollen
Insbesondere die Geltungsbereiche „online“ und „Newsroom“ müssen für die künftigen Redakteure im Geltungsbereich von Mantel-, Gehalts- und (neuem) Altersversorgungstarifvertrag stehen. Auch sollten die „Jungredakteure“ – Redakteur/-innen in den ersten Berufsjahren – grundsätzlich mehr Geld erhalten als die bisherige Gehaltsstaffel vorsieht. Dafür können aber, bei gleichen Endgehältern, in dem Berufsverlauf zwischen dem fünften und elften Berufsjahr Gehaltsstufungen gestreckt werden (das spart den Verlegern Geld).
Verleger sparen schon seit 2005 viel Geld
Geld gespart haben die Verleger an den Redakteuren schon seit 2005; und das nicht zu knapp. Dies ist auch der Hauptgrund der Wut bei den streikenden Redakteuren. Trotz guter bis mäßiger Gewinne versuchen die Zeitungsverleger ein weiteres Mal, die Strukturkrise durch Personaleinsparungen und Kostenreduzierungen so in den Griff zu bekommen, dass die Renditen für ihre reichhaltigen Verwandtschaften weiter für das Leben genügen. (Das ist zwar polemisch, aber dennoch weitgehend zutreffend).
Redakteure unterhalb der Inflationsrate
Ein Blick auf die Gehaltsentwicklung in der Gesellschaft, in den Druckereien, in den Zeitungsverlagen im Vergleich zu den Redaktionen zeigt, dass die Redakteure unterhalb der Inflationsrate liegen und somit seit 2005 stets Gehaltseinbußen zu verzeichnen hatten. Dazu kommen die in den früheren Tarifrunden vorgenommenen Streichungen (Kürzungen) der Berufsjahrstaffel, die eine weitere massive Kostenreduzierung für die Verleger bedeuteten und, bezogen auf ein Redakteursleben, den Journalisten etwa hunderttausend Euro Einkommen entzog.
Über 30 Prozent aller Redakteure liegen über 4700 Euro
Auch Kleinvieh macht dabei durchaus Mist: Bei der Altersversorgung wurde die Beitragsbemessungsgrenze für die zusätzliche Altersversorgung der Redakteure bei 4700 Euro eingefroren. Über 30 Prozent aller Redakteure liegen über 4700 Euro. Rund 20 Prozent liegen zwischen 4500 und 4700 Euro. Der Einspareffekt pro hundert Euro, die über der Bemessungsgrenze liegen, macht, gerechnet auf ein Jahr, etwa 265.000 Euro aus. Bezogen auf mehrere hundert Euro und über mehrere Jahre ergibt dies Millionen (Profit).
Unentgeltliche Überstunden
Nicht zu vergessen die wöchentlich kostenlos geleisteten Mehrarbeitsstunden, die die Redakteure für die gute Qualität der Zeitungen investieren. Auch hier wurde errechnet, dass 60 Redakteure über mehrere Jahre hinweg mit ihren unentgeltlichen Überstunden dem Verlag den Neubau kostenlos finanziert haben, ohne dafür eine Dankesplakette am Eingang zu finden.
Hungerhonorare für freie JournalistInnen an Tageszeitungen
Ganz zu schweigen auch von den immer noch weitgehend gezahlten Hungerhonoraren für freie Journalistinnen an Tageszeitungen, die zwar langsam in die gesetzlich zu zahlende „Angemessenheit“ führen, aber zum Leben immer noch zu wenig sind.
Massive Streiks in Baden-Württemberg
Diese Tarifrunde steht vor der Entscheidung: Schaffen wir es dank des massiven Streiks in Baden-Württemberg wieder, sozusagen als Pilot, den Druck auch mit Hilfe der streikenden Kolleginnen und Kollegen in anderen Bundesländern herzustellen, um einen Flächentarifvertrag zu erhalten, der die Chance einer Weiterentwicklung bietet und, ohne dabei dies als Erfolg zu verkaufen, am Ende mit allen neuen und besseren Regelungen, aber auch Kürzungen, eine „schwarze Null“ zum Ergebnis hat. Das wäre ein Erfolg, weil für die künftig einzustellenden Redakteure der massive Gehaltsabbau, die Arbeitszeitverlängerung, die Kürzung des Urlaubs und des Urlaubsgeldes, wie sich das die Verleger auf die Fahnen geschrieben hatten, durch den Streik der Redakteure verhindert wurde.
Fassungslose Verleger am Verhandlungstisch
Wie schon bei dem Streik der Redakteur/-innen für den Ausbildungstarifvertrag streiken auch heute die Kolleginnen und Kollegen weniger für die eigenen materiellen Werte, sondern für die Zukunftsfähigkeit auch ihres Berufes in Wort und Geld. Dies ließ die Verleger am Verhandlungstisch fassungslos erschienen: „Wir verstehen nicht, warum die Redakteure streiken, wo wir den bislang Beschäftigten doch gar nichts mehr wegnehmen wollen.“ Genau das ist der Irrtum. Und darum streiken die Redakteure bis zum hoffentlich guten Ergebnis.