„Für Frieden, sozialen Fortschritt, Solidarität mit den Schwächsten, für ein gutes Leben für alle Menschen“ – Rede von Siegfried Hubele (DGB) bei der Maikundgebung 2019 in Schwäbisch Hall

Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht die Mai-Rede von Siegfried Hubele. Der DGB-Kreisvorsitzende hat sie am 1. Mai 2019 in Schwäbisch Hall gehalten.

Rede von Siegfried Hubele bei der Maikundgebung 2019 in Schwäbisch Hall

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich begrüße Euch zur 1.-Mai-Kundgebung der DGB-Kreisverbände Schwäbisch Hall und Hohenlohe. Bevor unser Kollege Arne Gailing von verdi die Mai-Rede halten wird, lasst mich einige Dinge zum diesjährigen Motto des DGB-Maiaufrufes sagen. „Europa. Jetzt aber richtig“, fordern die Mitgliedsgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) angesichts der Wahlen zum EU-Parlament am 26. Mai 2019.

„Wertegemeinschaft“

„Jetzt aber richtig“ – bedeutet, dass sehr vieles falsch läuft in dieser EU. Die Akzeptanz einer EU nimmt europaweit ab und rechte Demagogen wollen gar nichts von einer „Wertegemeinschaft“ wissen, die für alle Menschen in Europa gilt, die hier leben und arbeiten wollen oder auch aus Gründen, die die EU Politik zu verantworten hat, hierher geflüchtet sind.

„NATO gehört aufgelöst“

Als da wären wirtschaftliche Knebelungsverträge vieler Staaten Afrikas durch die EU und eine Außenpolitik und Aufrüstungspolitk, die sich kritiklos der NATO anschließt und Krieg und Vertreibung weltweit mitzuverantworten hat. Nebenbei bemerkt: diese NATO gehört schon lange aufgelöst – wie vor Jahrzehnten der „Warschauer Pakt“, die NATO ist ein Relikt aus dem „Kalten Krieg“ und passt nicht in unsere Welt, die bei Drohung ihres Untergangs nur durch Entspannung, friedlichem und sozialem Ausgleich überleben kann. Als aktiver und kritischer Gewerkschafter wundert mich nicht, dass sich viele Menschen enttäuscht von der EU abwenden und sie nicht als ihr Projekt sehen, weil die Profitinteressen der Konzerne, der Banken der Superreichen Vorrang haben vor sozialen Belangen für die Mehrheit der europäischen Lohnabhängigen.

Mindestlohn in Peking höher als in Litauen und Polen

Mit dramatischen Einschnitten in Tarifverträge, mit der Ruinierung des Gesundheitssystems, der Altersversorgung und der erzwungenen Privatisierung von Schiffs- und Flughäfen hat z.B. das EU-Land Griechenland erfahren müssen, was mit den kapitalistischen Grundfreiheiten, wie dem freien Kapitalverkehr, an Armut und Elend in der EU erzeugt wird. Wie zweitrangig die Interessen unserer KollegInnen z.B. in EU-Mitgliedsstaaten wie Bulgarien, Rumänien wahrgenommen werden, zeigt sich auch daran, dass der Mindestlohn in Rumänien, Bulgarien, Litauen und Polen heute niedriger ist als der Mindestlohn in Shanghai oder Peking! (Bulgarien: 1,42 Euro, Litauen: 2,35 Euro, Polen: 2,65 Euro, Peking: 2.86 Euro). Die Kritik des DGB an der EU trifft deshalb den Kern, dass die „Interessen der Märkte oft Vorrang haben vor sozialen Belangen.Tausende Lobbyisten tümmeln sich in Brüssel und beeinflussen erfolgreich Gesetzgebungsverfahren. Insbesondere westeuropäische Unternehmen haben Strategien entwickelt, mit denen sie das Sozial- und Wohlstandsgefälle zwischen Ost- und Westeuropa ausnutzen und mit jeder Verlagerung von Produktion – Arbeits-, Lohn- und Sozialstandards unterlaufen.

Rund 50 Prozent aller Berufe werden verschwinden

Wir Gewerkschafter sind nicht blauäugig, wir kennen die Wirkungsweise der kapitalistischen Produktionsverhältnisse. Mit der „Digitalisierung der Arbeit“ und der „Elektromobilität“ verändert sich die Arbeitswelt rasant. Schon heute sind die Folgen erkennbar. Rund 50 Prozent aller Berufe werden in den nächsten zehn bis 15 Jahren verschwinden, ebenso wie das Normalarbeitsverhältnis. An ihre Stelle tritt dann der „Solo-Selbstständige“, verstärkt Leiharbeit Teilzeitjobs und weitere schlecht bezahlte Arbeit. Die Bundesregierung begleitet den Umbau unter dem Begriff „Industrie 4.0“ mit Millionenbeträge ohne auf die Folgen einzugehen.

Leiharbeit und Werkverträge verbieten

Wir Gewerkschafter sagen: Der Einsatz von Computertechnologie in Industrie und Verwaltung war und ist nur möglich wegen der Wertschöpfungsarbeit unserer Kolleginnen und Kollegen, als Ingenieure, Facharbeiter und Produktionsarbeiter. Deshalb muss die erweiterte Anwendung dieser Technologien zu allererst den Beschäftigten nutzen und nicht der Profitmaximierung. Leiharbeit und Werkverträge sind deshalb im Grundsatz zu verbieten. Die Folgen des technologischen Wandels wird ohne spürbare Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich nicht zu bewältigen sein. Darum sollten wir in den Betrieben, Verwaltungen und in den Gewerkschaften ringen.

Unvereinbarkeitsbeschluss für AfD-Mitglieder

Liebe Kolleginnen, einiges an der vorgetragenen EU Kritik kann falsch verstanden werden, weil Rechtsradikale in ganz Europa die Unzufriedenheit der Menschen für ihre unsolidarische, menschenunwürdige und rassistische Politik nutzen. Die AfD verkauft sich gerne als Protestpartei der „kleinen Leute“. Auch in unseren Reihen hat sie damit Erfolg. Für viele von uns unverständlich, da sie auf Ausgrenzung, Hass, unsoziale Lösungen und neoliberale Marktgläubigkeit setzt. Die AfD ist grundsätzlich für eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters, die Arbeitgeber sollen die Arbeitslosenversicherung nicht mehr mitfinanzieren, die Vermögenssteuer für die Reichen soll abgeschafft werden. Die AfD steht voll zu dem ruinösen NATO-Beschluss „zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes in die Aufrüstung zu stecken. Die AfD spaltet die Lohnabhängigen indem sie rechtsorientierte Vereinigungen für Arbeitnehmer gründet oder Betriebsratsgremien spaltet und rechts ausrichtet. Schon lange ist ein Unvereinbarkeitsbeschluss für AfD-Mitglieder in den DGB Gewerkschaften überfällig.

Internationaler Solidaritätstag

Für die Wahl zum EU-Parlament fordern wir euch deshalb auf: Geht wählen, keine Stimme den rechten Parteien – sie verarschen die Lohnabhängigen. Wir Gewerkschaften stehen für Frieden, sozialen Fortschritt, Solidarität mit den Schwächsten, für ein gutes Leben für alle Menschen, die in Europa leben und arbeiten. Herzlichen Dank an die sehr symphatischen Männer der hohenlohisch-fränkischen Spitzen Band „ALAKART“. Danke schön auch an die Technik. Für schweinswürstige und vegetarische Kost ist gesorgt. Fair gehandelten Kaffee gibt’s am Stand des „Dritte-Welt-Laden“. Da einige Anwesende im Wahlmodus sind, begrüße ich keine Parteien und Kandidaten – wir freun uns aber über jeden/jede der/die zu uns steht – die Gewerkschaften unterstützt– gerade am 1. Mai, dem internationalen Solidaritätstag der arbeitenden Menschen.

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