„Katastrophe mit Ansage“ – Kontext:Wochenzeitung berichtet über 313 Corona-Fälle in der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) in Ellwangen

Mehr als die Hälfte der Geflüchteten in Ellwangen ist inzwischen positiv auf Corona getestet. Die Schutzmaßnahmen der Behörden zeigen wenig Wirkung. Manche Beschäftigte der Massenunterkunft tragen nicht einmal Mund-Nasen-Schutz. Und die Bewohner haben Angst. Ein Besuch vor Ort.

Von Minh Schredle, Kontext:Wochenzeitung vom 22. April 20

Sonderbare Ruhe

Wären da nicht die vielen geschlossenen Geschäfte und die vereinzelten Menschen, die Masken tragen, um ihr Umfeld zu schützen, würde in Ellwangen an diesem sommerlichen Frühlingstag kaum auffallen, dass etwas außergewöhnlich ist. Jung und Alt treibt es ins Freie, spielende Kinder wirken recht unbeschwert. In sorgsam gepflegten Vorgärten schnippeln oberkörperfreie Senioren an Rispenstauden und Hecken herum. Nur etwas außerhalb der Ortschaft, vor der Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Geflüchtete, scheint etwas seltsam: diese sonderbare Ruhe.

Seit Monatsanfang unter Quarantäne

587 Bewohner leben hier. Aber trotz verlockender 25 Grad an diesem 17. April 2020 traut sich kaum jemand von ihnen nach draußen. Die gesamte Einrichtung steht seit Monatsanfang unter Quarantäne, die Polizei überwacht rund um die Uhr, dass niemand das Gelände verlässt. Der große Außenbereich dürfte aber theoretisch genutzt werden. Die wenigen, die ihre Wohnblöcke verlassen, wirken ängstlich. Eine beklemmende Stille liegt an diesem Tag über der LEA.

313 von 587 Bewohnern wurden positiv auf Corona getestet

Zum Zeitpunkt unseres Besuchs (ohne das Gelände zu betreten) sind nach Angaben der Stadt Ellwangen weit mehr als die Hälfte, nämlich 313 BewohnerInnen der LEA positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Und der Mann, der an der Pforte sitzt, trägt keine Maske, nicht einmal einen einfachen Mund-Nasen-Schutz – trotz entsprechender Anweisungen des Regierungspräsidiums.

Fragwürdige Einschätzung

Keine drei Wochen ist es her, dass der erste Corona-Fall in der Einrichtung öffentlich bekannt wurde. Dem SWR gegenüber betonte der Leiter der LEA, Berthold Weiß, am 3. April 2020, dass die Ellwanger Einrichtung auf Corona-Infizierte vorbereitet sei. Eine Einschätzung, die sich als mindestens fragwürdig erweisen sollte. (…)

Link zum ganzen Artikel in der Kontext:Wochenzeitung:

https://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/473/katastrophe-mit-ansage-6680.html

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„Germany first – Bundesregierung und Corona-Bonds“ – Kommentar von Paul Michel aus Schwäbisch Hall

„Solidarität“ ist seit Ausbruch der Corona-Epidemie eines der am weitesten verbreiteten Worte. Kaum ein Auftritt bundesdeutscher Spitzenpolitiker vergeht, ohne dass mehrfach der Begriff der „Solidarität“ als Leitschnur des eigenen Handelns reklamiert wurde. Um bei all den rhetorischen Nebelkerzen den Überblick zu bewahren, hilft, wenn wir uns an eine alte Volksweisheit erinnern: „Nicht an ihren Worten, an ihren Taten sollt ihr sie messen“, lautet ein altes Sprichwort.

Kommentar von Paul Michel, Schwäbisch Hall

„Deutschland zuerst“

Tatsächlich zeigt das Verhalten der Bundesregierung gegenüber den anderen europäischen Ländern, dass trotz aller Bemühungen nett und freundlich rüber zu kommen, immer wieder das alte hässliche Gesicht des deutschen Feldwebels zum Vorschein kommt, der seinen vermeintlichen „Freunden“ und „Partnern“ , sagt, wo es lang geht. Kurz und gut: Das Verhalten des deutschen politischen Spitzenpersonals hat wenig bis nichts mit Solidarität zu tun. Es praktiziert die deutschen Variante von Trumps „America First“: „Deutschland zuerst“.

Hilfsgüter aus China für Italien

Es begann am 4. März 2020, fünf Tage nach der italienischen Bitte um Hilfslieferungen an die EU. Als dort die Krise eskalierte benötigte Italien dringend Atemschutzmasken und weitere medizinische Schutzausrüstung: Die Reaktion der Bundesregierung auf das Hilfeersuchen: Ein Exportstopp für medizinische Schutzausrüstung. Im Unterschied dazu landete am 12. März 2020 ein chinesisches Flugzeug in Rom, an Bord ein neunköpfiges Ärzteteam sowie mehrere Tonnen Hilfsgüter. Wenig später landete das erste Flugzeug aus Russland, an Bord Ärzte und tonnenweise Material. 13 weitere Maschinen folgten. Am Sonntag, 22. März 2020, trafen dann 52 kubanische Ärzte und Pfleger in Italien ein; bei ihrer Landung wurden sie mit langem Applaus, mit kubanischen und italienischen Fähnchen begrüßt. Staunend bis irritiert verfolgen viele Italiener, wie Berlin Hunderte Milliarden Euro an Unterstützung für die eigenen Bürger bereitstellt – aber Corona-Bonds zur Linderung italienischer Nöte verhindert.

„Das Virus hat die Heucheleien zertrümmert“

Mittlerweile hatte die Bundesregierung ohne Absprache mit der französischen Regierung die Schließung der Grenzen gegenüber Frankreich verfügt. In Italien und Frankreich war daraufhin die Protestwelle so stark, dass die Bundesregierung der politischen Kosmetik wegen etwas zurückrudern musste. Die deutsche Haltung löst in Europa erheblichen Unmut aus. In Italien hieß es in der Tageszeitung „La Republika“: „Das Virus hat die Heucheleien zertrümmert, es bleibt nur die Rhetorik.“ Als die Verantwortlichen in Berlin merkten, dass die Verbitterung in Italien über die Verweigerung deutscher Hilfe sich immer mehr ausweitete, steuerte die Bundesregierung zumindest teilweise um. Das Exportverbot gegenüber Italien wurde etwas gelockert. Und deutsche Kliniken begannen Betten auf noch nicht ausgelasteten Intensivstationen für 50 Covid-19-Patienten aus Frankreich und 73 Covid-19-Patienten aus Italien bereitzustellen. Zudem wurden einige kleinere Materiallieferungen in andere Länder Europas geschickt, so etwa 200.000 Atemschutzmasken nach Rumänien. Dazu gab es, gratis und ohne Bestellung, von Außenminister Heiko Maas eine gehörige Ration Selbstlob. Im italienischen „Corriere de la Sera“ gab er sich generös: „EU-Solidarität ist das Gebot der Stunde.“

Koalition der Geizhälse gegen Corona-Bonds

Dumm für die Berliner PR-Strategen, die gerade Hoffnung schöpften, das Deutschlandbild in Italien doch noch retten zu können, dass jetzt die Debatte um „Corona Bonds“ aufkam. Angesichts der zunehmenden ökonomischen Verwerfungen in allen Ländern forderten im Vorfeld des Videogipfels der EU-Staats- und Regierungschefs am 26. März 2020 die Regierungen von Spanien, Frankreich, Portugal, Slowenien, Griechenland, Irland, Belgien, Luxemburg und Italien in einem offenen Brief die Schaffung einer gemeinsamen Anleihe für den Euro-Raum, also Euro-Bonds, die jetzt Corona-Bonds genannt wurden.

Deutschland würde mithaften

Corona-Bonds sind ein Finanzmarktinstrument, das seit langem immer mal wieder unter der Bezeichnung »Euro-Bonds« diskutiert wurde und noch nie zum Einsatz kam, weil Deutschland, aber auch einige andere Euroländer wie etwa Holland und Österreich, strikt dagegen sind. Vereinfacht gesagt, würden bei dieser Art von Anleihen die Euro-Staaten gemeinsam Schulden am Kapitalmarkt aufnehmen, die aufgenommenen Mittel unter sich aufteilen und gesamtschuldnerisch für die Rückzahlung und Zinsen dieser Schulden haften. Deutschland würde also für alle anderen Staaten mithaften. Euro-Bonds würden den Zugang schwächerer Euro-Länder zu den Kapitalmärkten erleichtern und ihre Zinskosten reduzieren. Denn sie wären, da das Ausfallrisiko minimal ist, niedriger verzinst als beispielsweise italienische oder spanische Staatsanleihen.

„Die geizigen Vier“

Für die Bundesregierung und den Rest der „Geizigen Vier“ (Niederlande, Österreich, Finnland) sind Euro-Bonds/ Corona-Bonds ein rotes Tuch. Für sie kommen Euro-Bonds nicht in Frage, unter anderem, weil sie dadurch einen massiven Finanzierungsvorteil verlieren würden. Wenn der deutsche Staat sich verschuldet, kann er das unter den gegenwärtigen Bedingungen zu wesentlich günstigeren Bedingungen tun als alle anderen Staaten in der EU: Anfang April z.B. lagen deutsche Staatspapiere bei Minuszinsen von circa 0,4 Prozent, Italien dagegen zahlte zur gleichen Zeit etwa 1,7 Prozent Zinsen für Staatsanleihen.

Deutschland hat „Konkurrenzvorteile“

Deutschland hat noch einen weiteren Konkurrenzvorteil: Es kann aufgrund seiner wirtschaftlichen Stärke viel massivere und umfangreichere Stabilisierungsprogramme auflegen als etwa Italien oder Spanien. Während Deutschland 600 Milliarden Euro an Krediten, Hilfen und Bürgschaften für Unternehmen und 156 Milliarden Euro Neuverschuldung für sonstige Maßnahmen, etwa für Freiberufler und das Gesundheitssystem mobilisiert, sind es in Italien gerade mal 24 Milliarden. Diese Konkurrenzvorteile will die Bundesregierung offenbar auch weiter nutzen können.

Von Härte brüskiert

Beim ersten Treffen der Finanzminister am 26. März 2020 blieben die „Geizigen Vier“ bei ihrer Ablehnung von Corona-Bonds. Wenn vielleicht die Ablehnung der Bonds durch die genannten Regierungen nicht überraschend kam, die Schnelligkeit und auch die brüske Härte der Ablehnung bei der Verhandlungsrunde war es doch. Vor allem die Öffentlichkeit in Italien war empört.

Empörte Reaktionen:

Die römische Tageszeitung La Republica erschien am Folgetag mit der Schlagzeile „Brutta Europa“: Hässliches Europa. Italienische Kommentatoren warfen Angela Merkel „teutonische Orthodoxie“ vor. In den Sozialen Netzwerken kochten Zorn und Enttäuschung der Italiener über fehlende europäische und vor allem deutsche Solidarität hoch. Selbst in Deutschland gab es kritische Stimmen. Die „Süddeutsche Zeitung“ titelte: „Deutschlands Veto ist beschämend“. Unangenehm für die vier Geizhalsregierungen war, dass mittlerweile auch die EU-Kommission und die EZB Sympathien für Euro-Bonds erkennen ließen.

Vorschlag der „Geizigen Vier“

Die „Geizigen Vier“ unter Federführung der Bundesregierung traten nun mit einem Vorschlag an die Öffentlichkeit, der auf den ersten Blick beeindruckend aussah und in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken suchte, als würde damit allen Bedürfnissen der Spanier und Italiener Rechnung getragen.

Statt Euro- bzw. Corona-Bonds soll es ein 500 Milliarden Euro schweres „Drei-Säulen-Hilfspaket für in Not geratene Mitgliedstaaten geben“. Kein Wort zu Corona-Bonds. Gleichzeitig startete die Bundesregierung europaweit eine Medienkampagne, die zeigen soll, wie segensreich ihre Vorschläge für Italien oder Spanien sein würden. Außenminister Heiko Maas und Finanzminister Olaf Scholz lancierten einen Brief an fünf wichtige Zeitungen mit dem Ziel, damit in Italien gute Stimmung zu machen. Gleichzeitig wurden verschiedene Regierungen und die EU-Kommission „bearbeitet“. Bereits am 3. April 2020 titelte die SZ: „Olaf Scholz erhält Zustimmung für Vorschlag zu EU-Finanzhilfen. Eurogruppen-Chef Mário Centeno sieht breite Unterstützung für Scholz‘ Drei-Säulen-Strategie.“

Punktsieg für Scholz

Dank intensiver Bearbeitung der anderen Staatschefs im Vorfeld des Treffens konnte sich Scholz am 10. April 2020 beim Treffen der Finanzminister seine Vorschläge durchbringen, ohne dass es lauten öffentlichen Widerspruch gab. Voller Genugtuung sprach Scholz hinterher „von einem großen Tag europäischer Solidarität“. Eckhardt Rehberg, der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion war zufrieden. „Damit sind unsere Forderungen erfüllt. Euro- oder Coronabonds sind nicht vorgesehen.“

Das Hilfspaket, auf das sich die Finanzminister einigten, sah wie folgt aus:

Insgesamt sollen sich die vereinbarten Kredit- und Arbeitsmarktprogramme auf rund 500 Milliarden Euro summieren. Diese Krisenprogramme bestehen aus drei Komponenten: einem Kreditprogramm der Europäischen Investitionsbank für kleine und mittlere Unternehmen von rund 200 Milliarden Euro, Kreditlinien aus dem Euro-Rettungsschirm ESM, die sich auf rund 240 Milliarden belaufen sollen, sowie einem von der EU-Kommission angeregten Programm für Kurzarbeiter, das mit 100 Milliarden Euro ausgestattet wurde. Die vor rund zwei Wochen von neun Eurostaaten unter Führung Frankreichs und der südeuropäischen Länder geforderten Corona-Bonds, eine Neuauflage der Eurobonds, werden in der Abschlusserklärung nicht mal mehr erwähnt. Der einzige kleine Erfolg für die Verfechter von Corona-Bonds war, dass diesmal die Kredite nur an geringfügige Auflagen geknüpft werden. In diesem Punkt setzte sich Italien durch. Strenge Auflagen wie 2015 bei den Troika-Programmen gegenüber Griechenland fehlen diesmal.

Die Kuh ist nicht von Eis

Zwischen dem jetzt verabschiedeten Drei-Säulen-Hilfspaket und dem Vorschlag der Corona-Bonds gibt es einen grundsätzlichen Unterschied. Mit den Corona-Bonds wird der Gedanke verfolgt, die Krise gemeinschaftlich – als Union – zu lösen. Beim Drei-Säulen-Paket, führen Kredite zu einer weiteren Verschuldung der Mitgliedsstaaten. Mit den ESM-Krediten steigt insbesondere bei Italien und Spanien die Gefahr einer Schuldenkrise.

In Italien hält die Empörung über die Politik der europäischen Staatschefs an. Aktuelle Umfragen zeigen, wie unzufrieden die Italienerinnen mit der EU sind. 49 Prozent der Befragten sind laut dem Institut Tecne für einen Austritt aus der EU. 51 Prozent für den Verbleib. Das sind um 20 Prozent mehr Anhängerinnen eines »Italiaexit«, als vor eineinhalb Jahren, als dies zuletzt abgefragt wurde.

Conte fordert ultimativ Euro-Bonds

Italiens Ministerpräsident Conte droht, kein gemeinsames Dokument zu unterschreiben, wenn dort nicht von der Einführung gemeinsamer Euro-Bonds die Rede sei. „Ich unterschreibe nicht, so lange es nicht ein Bündel von adäquaten Instrumenten gibt“, sagte Conte. Ausreichend sei für ihn allein die Einführung von Euro-Bonds. Ob es wirklich dazu kommt sei dahingestellt.

Die Diskussion ist nicht vorbei

Aber Scholz, Merkel und Maas sind die Diskussion um Corona-Bonds nicht los. Spätestens, wenn infolge einer sich verschärfenden Weltwirtschaftskrise Italien oder Spanien in ernsthafte finanzielle Turbulenzen geraten, werden die Karten neu gemischt.

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„Lang beschattete Täler“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden vierter Teil

„Lang beschattete Täler“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden vierter Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig, und sind weder gewollt noch beabsichtigt.

Von Birgit Häbich

IV Herkunft

… Carl Eugen Friedner dachte mit Wehmut an die letzten Jahre, es war ihm einfach nicht gelungen, seine geliebte Paula ganz für sich zu gewinnen. Seinen mehr als nur wohlgemeinten Heiratsantrag überging sie stillschweigend. Nie hatte sie auch nur ein Wort oder eine Zeile darüber an ihn verloren. Wenigstens hätte sie den Antrag wohlwollend in Erwägung ziehen können, aber sie blieb ihm bis heute eine eindeutige Antwort schuldig. Dann war er sehr krank geworden und konnte sich beim besten Willen nicht mehr ständig und mit aller Kraft für eine harmonische Zweisamkeit einsetzen. Vielleicht bescherte ihm die aufgeflammte „Karinakrise“ ja jetzt eine neue Chance sich bei Paula derart beliebt zu machen, dass sie ihn endlich erhörte?

Badisch oder württembergisch?

„Wie ist das jetzt mit dem gehopften Wasser aus dem Hochschwarzwald?“ dröhnte es aus dem Esszimmer. Carl hatte vor lauter sinnieren über seine Paula vergessen, was er in der Küche wollte, nahm hastig drei Tannenzäpfle* aus dem Kasten, eine Tüte mit den wunderbar knusprigen Sesambrezeln vom Fenstersims und trug die Utensilien zum Tisch. „Ah, aus dem herrlich badischen Land!“, lobte Heiner, als er den Aufdruck auf den Bierflaschen erkannte. „Nein“, erwiderte Carl, „aus dem Württembergischen“. „Also, das kann nicht sein!“, entgegnete Heiner vehement, „wenn man weiß, wo das alkoholisierte Nass abgefasst wird, nämlich in Grafenhausen, also dort wo das Tannenzäpfle herkommt, und das liegt mit achthundertachtundsechzig Metern über Null im Landkreis Waldshut, und somit an die hundert Meter tiefer, als die keine fünfzig Kilometer entfernte Linachtalsperre. Man könnte sogar sagen, dass es sich bei dem hochgelegen Tal, dort wo das Wasser der Linach in knapp tausend Meter Höhe gewinnbringend vor sich hin plätschert und welches zur Stadt Forellenbach gehört, dass es sich da um meine zweite Heimat handelt, da nämlich, wo im Hochschwarzwald bereits 1920 der Bürgerwille zur lokalen Stromerzeugung zum Ausdruck kam, genau da ist man auch heute noch badisch und …“ „Jetzt halt aber mal die Luft an, Heiner“, unterbrach ihn Carl Eugen, „ich meine die Sesambrezeln von den Erdmannhäusern, und die kommen aus Erdmannhausen, und das ist immer noch württembergisch.“

Rettung der Demokratie

„Was streitet ihr euch eigentlich wegen eurer politischen Zweckehe, die insgesamt doch wunderbar funktioniert und wirtschaftlich floriert?“, meinte Paul lakonisch. Er kam erfrischt aus dem Bad, trug wie üblich daheim keine Beinschiene und zog daher den rechten Fuß etwas nach. Mit einer Schüssel in den Händen gesellte er sich zu Heiner und Carl. Nachdem Paul sein Bierglas in einem Zug geleert hatte, öffnete er die Brezeltüte und schüttelte den Inhalt in das mitgebrachte Gefäß. „Da seht her, ihr findigen und fleißigen Baden-Württemberger, ihr könnt alles: Bier brauen, Brezeln backen, Kraftwerke bauen und sogar reaktivieren, was könnt ihr eigentlich nicht?“ „Hochdeutsch“, ergänzte Dieter grinsend. Und Carl ergänzte leiser werdend: „Aber jetzt grad müssen wir uns echt anstrengen, da hilft nämlich nur ein ganz arg wagemutiger Tüftlergeist gegen die Auswirkungen der so genannten „Karinakrise“. Und da wo selbst die Dichter und Denker vorsichtig geworden sind, da muss uns bald etwas Grandioses zur Rettung unserer Demokratie einfallen.“ Carl hielt erstaunt inne, ja das war es, es musste etwas geschehen, die Kontaktsperre dauerte nun schon wochenlang. Legte alles Leben und die ganze Wirtschaft lahm, wer sollte das denn bezahlen? Ohne die Werteschaffenden würde es im Lauf der Zeit keine Steuereinnahmen mehr geben und von was sollte man die Verwaltungen und die politischen Organe, welche heute die Aussetzung der demokratischen Rechte beschlossen und durchsetzen wollen, morgen noch bezahlen? Er hatte erst gestern im Internet von einer Offenen Petition gelesen, welche die Wiederherstellung der bürgerlichen Freiheiten forderte. In keinem Land, in dem man die Freiheit über die Maßen beschnitt, florierte weiterhin die Wirtschaft. Die Freiheit der Menschen, zu arbeiten, anzubauen, zu produzieren, zu handeln und in einem Wettbewerb zueinander zu stehen, ist die Voraussetzung für eine funktionierende Wirtschaft – so war zumindest sein liberales Verständnis eines funktionierenden Marktes, welches er nun durch die „Karinakrise“ auf den Kopf gestellt sah.

Neue Sozietät

Es schmerzte ihn, wenn er an alle die dachte, die jetzt gezwungenermaßen daheim bleiben mussten, nicht arbeiten durften und kein Einkommen erzielen konnten, und auch keine Chance hatten, mit Rücklagen oder staatlichen Hilfen durch diese Zeit zu kommen. Wie sollten sie ihre Mieten bezahlen, die Nebenkosten finanzieren? Ganz zu schweigen von den Kosten eines nicht stattfindenden Betriebes, den Ausgaben für Pachten, Personal, Steuern, Gebühren und was da sonst noch anfällt, würden ja trotzdem vom Konto abgebucht. Da würden allerhand Sorgen und Fragen auf Steuerberatungsbüros zukommen. Die neue Gesetzeslage erforderte es nun, sich mit seinen Kollegen in der Kanzlei abstimmen. Seit einem Jahr wirkte Carl Eugen Friedner wieder regelmäßig, als besonders rechtskundiger Steuerberater, mit jüngeren Kollegen in einer neuen Sozietät, in der Kreisstadt seiner alten Heimat zusammen.

Heiratsantrag …

Wie würde Paula die „Karinakrise“ überstehen? Sie hatte keine finanziellen Polster, sie würde, wie viele andere Kleinselbständige auch ins Schleudern geraten. Es würde ihr bestimmt nichts anderes übrig bleiben, als den unbeliebten Antrag auf das so genannte „Arbeitslosengeld Zwei“ zu stellen. Ob er ihr nochmals einen Heiratsantrag machen sollte? Nein, sie würde ihn jetzt erst recht ablehnen und ihn verhöhnen. Carl musste sich in Ruhe überlegen, wie er seiner geliebten Paula, ohne sie zu demütigen, unter die Arme greifen könnte … Fortsetzung folgt.

Erläuterungen:

*Tannenzäpfle: Eine Sorte Flaschenbier der Brauerei Rothaus, www.rothaus.de
*Linachtalsperre: Der Bau der Staumauer geschah in den Zwanziger Jahren des vergangen Jahrhunderts aus Kostenersparnisgründen in „aufgelöster Bauweise“, eine großartige Leistung der damaligen Ingenieurskunst, durch eine Initiative von Bürgern aus der Region und mit Hilfe der GEDEA wurde das Kraftwerk in den 1990er-Jahren reaktiviert, https://www.dieter-schaefer.eu/newpage9002110d
*ErdmannHAUSER: Getreideprodukte seit 1989, https://erdmannhauser.de/
*Politische Zweckehe: Die Gründung Baden-Württembergs, https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/handwoerterbuch-politisches- system/202050/land-baden-wuerttemberg
*Offene Petition: Einfache Möglichkeit sich mit Hilfe einer politisch neutralen und demokratischen Plattform, offen, transparent und wirkungsvoll, z.B. im Internet, zusammenzuschließen um eine gemeinsame Meinung auf demokratischem Weg zu vertreten, https://www.openpetition.de/

Kontaktaufnahme zur Autorin ist möglich unter folgender E-Mailadresse:

b.haebich@web.de

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„Stadtbücherei Crailsheim öffnet am Mittwoch wieder“ – Informationen der Stadtverwaltung

Das Land Baden-Württemberg hat am vergangenen Freitag die Öffnung von Öffentlichen Bibliotheken ab dieser Woche zugelassen. Die Stadtbücherei Crailsheim trifft alle notwendigen Vorkehrungen und wird ab Mittwoch, 22. April 2020, im Notbetrieb öffnen.

Von der Stadtverwaltung Crailsheim

Folgende Öffnungszeiten gelten diese Woche:

Mittwoch, Donnerstag und Freitag: vormittags 10 bis 13 Uhr, nachmittags 15 bis 18 Uhr.

Nächste Woche:

Montag bis Freitag: 10 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr.

Medien bis 27. April 2020 verlängert

Alle Medien, die am Montag, 20. April 2020, fällig gewesen wären, können die NutzerInnen noch bis zum 27. April 2020 behalten. Säumnisgebühren fallen diese und nächste Woche nicht an.

Mundschutz erwünscht

Um die nötigen Abstandsregeln einzuhalten, dürfen nur jeweils 10 Personen gleichzeitig die Bücherei betreten. Die MitarbeiterInnen der Stadtbücherei Crailsheim sind sehr dankbar, wenn die NutzerInnen mit einem Mundschutz die übrigen Kunden und die Mitarbeiterinnen der Stadtbücherei zu schützen versuchen.

Nur kurz in der Bücherei aufhalten

Die Stadtbücherei rechnet die nächsten zwei Wochen mit einem enormen Ansturm und bittet daher um Geduld und einen nur kurzen Aufenthalt in den Räumen der Stadtbücherei.

Weitere Informationen und Kontakt:

https://bibliotheken.kivbf.de/crailsheim/

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„1941 in die Tötungsanstalt Hadamar verlegt“ –Nazis fällten Todesurteil über Wilhelm Zieher, einen Kleinbauern aus Gaggstatt-Mistlau

Jahrzehntelang ungeklärt blieb das Schicksal des Kleinbauern Wilhelm Zieher aus Kirchberg/Jagst-Mistlau. „Er ist während der Nazizeit nachts abgeholt worden“, berichteten Mistlauer Zeitzeugen in den 1990er Jahren. „Danach ist er nie mehr wiedergekommen. Wahrscheinlich wurde er von den Nazis umgebracht“, vermutete seinerzeit eine Nachbarin aus dem heutigen Kirchberger Teilort.

Von Ralf Garmatter, Journalist, Hohenlohe-ungefiltert

Sterbeort unleserlich eingetragen

Recherchen haben inzwischen ergeben, dass Wilhelm Zieher von Nazi-Handlangern mit allergrößter Wahrscheinlichkeit tatsächlich umgebracht wurde. Die Nachforschungen gleichen einem kleinteiligen Mosaik. Soviel scheint klar: Gestorben ist der Mann am 30. Juni 1941 – im Alter von 59 Jahren. Der Sterbeort ist im Familienregister des Standesamts Kressberg (im heutigen Landkreis Schwäbisch Hall) „unleserlich“ eingetragen, sagte eine Mitarbeiterin auf Nachfrage. In anderen Dokumenten gibt es konkretere Hinweise darauf, wo der Mann gestorben ist.

Bauernhof in Gaggstatt-Mistlau

Geboren ist Wilhelm Zieher am 5. Dezember 1881 im heutigen Kressberger Teilort Mariäkappel. Am 7. September 1907 heiratete er in Gaggstatt Babette Göller aus Gaggstatt-Mistlau. Das Paar bewirtschaftete einen kleinen Bauernhof in Mistlau. Nach Aussagen von Zeitzeugen hatten sie keine Kinder. Die Frau sei vor dem Mann gestorben.

1939 ins Altersheim Tempelhof umgezogen

Ein Dokument im Standesamt Kirchberg/Jagst belegt, dass Wilhelm Zieher am 1. März 1939 – zwei Jahre vor seinem Tod – von Mistlau ins Altersheim Tempelhof bei Marktlustenau umgezogen ist. Im Schloss Tempelhof lebte er bis zum Frühjahr 1941. Dann wurde er in die „Heilanstalt“ Weinsberg gebracht. Dort war sein Lebensweg noch nicht zu Ende.

Nazis beschlossen seinen Tod

Nähere Hinweise über sein Lebensende gibt es im Buch von Ernst Klee „Dokumente zur Euthanasie“ auf Seite 186: Die „Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegeanstalten“, hatte am 29. Mai 1941 den Tod von Wilhelm Zieher beschlossen. Am 17. Juni 1941 wurde er mit mindestens zwei anderen Männern aus dem Tempelhof von der „Anstalt Weinsberg“ nach Hadamar in Hessen verlegt. Hadamar liegt etwa 70 Kilometer nordwestlich von Frankfurt/Main bei Limburg an der Lahn. Die ehemalige Landesheil- und Pflegeanstalt Hadamar gehörte ab 1941 zu den insgesamt sechs Tötungsanstalten der NS-Euthanasie im damaligen Deutschen Reich. Die Morde an geistig behinderten und psychisch kranken Menschen wurden in Berlin in der Tiergartenstraße 4 (Aktion T4) organisiert. In diesem Haus waren Dienststellen der Kanzlei Hitlers und des Reichsinnenministeriums untergebracht.

15000 Menschen wurden in Hadamar getötet

Nach gegenwärtigem Kenntnisstand starben von 1941 bis 1945 rund 15.000 Menschen in den Räumen der ehemaligen Tötungsanstalt Hadamar. Von Januar bis August 1941 fanden die Morde zunächst in der Gaskammer im Keller statt. Die Menschen starben durch Kohlenmonoxid. Die Leichen der Opfer wurden nach der Vergasung in zwei Krematorien eingeäschert. Fast 11.000 Kinder, Frauen und Männer fielen diesen Gasmorden zum Opfer. Höchstwahrscheinlich war auch Wilhelm Zieher unter den Mordopfern. Eine schriftliche Nachfrage bei der Gedenkstätte Hadamar wurde bisher noch nicht beantwortet.

Mordbeschluss durch T4-Gutachter

Den Mordbeschluss an Wilhelm Zieher hatte ein Mann namens Dr. Robert Müller unterschrieben. Dieser Dr. Robert Müller (1886-1945) war seit 4. März 1941 einer der so genannten „T4-Gutachter“. Er entschied über Leben und Tod. T4-Gutachter waren ärztliche Gutachter, die von der zuständigen Berliner Zentraldienststelle T4 berufen worden waren. Diese Ärzte wählten anhand von Meldebögen mit Daten von Kranken und Behinderten aus, wer in den speziell dafür eingerichteten Tötungsanstalten vergast wurde. Eine dieser Tötungsanstalten war im mittelhessischen Hadamar. Dorthin wurde Wilhelm Zieher am 17. Juni 1941 verlegt. Am 30. Juni 1941 war er tot – so steht es im Familienregister des Kressberger Rathauses.

Todesnachricht kam nach Tempelhof

Eine Todesnachricht ist seinerzeit auch in das Männeraltersheim Tempelhof bei Marktlustenau und Waldtann gelangt. Otto Knöll, „Hausvater der Anstalt Tempelhof“, hatte zu Abrechnungszwecken bei den zuständigen Dienststellen nachgefragt und eine entsprechende Antwort erhalten. Der Lehrer Otto Knöll war ab 1936 als „Hausvater der Anstalt Tempelhof tätig“. Die im Tempelhof wohnenden Menschen waren (Zitat Otto Knöll): „nicht heilanstaltsreif“.

Brief an ein Pfarramt bei Weinsberg

Warum wurde Wilhelm Zieher vom Tempelhof nach Weinsberg verlegt? Gesetzliche Grundlage für die Verlegung war ein „Erlass X 1127“ des Württembergischen Innenministers vom 3. März 1941. Nach der Verkündung des Erlasses ging es ganz schnell. Bereits am 12. März 1941 geht ein Brief vom Evangelischen Pfarramt Marktlustenau an das Evangelische Pfarramt in Gellmersbach (damals zuständig für die Heilanstalt Weinsberg). Darin steht unter anderem: „Am kommenden Freitag werden von der Anstalt Tempelhof (Altersheim), deren Vertretung ich zur Zeit habe, drei Männer nach Weinsberg zur Beobachtung verbracht werden. Ihre Namen sind Z., L. und F. (Redaktionelle Anmerkung: Abkürzungen für Zieher, Lackner und Feuchter). Wäre es Ihnen eventuell möglich, bei der Anstaltsleitung darauf hinzuweisen, dass, jedenfalls die beiden letztgenannten, noch wohl in der Lage sind, kleine Arbeiten zu leisten? Vielleicht, dass ihnen das von Nutzen sein könnte.

Wilhelm Zieher wusste von seiner geplanten Verlegung

Es ist einem als Seelsorger ein rechtes Anliegen für diese Leute einzutreten. Einer von ihnen, Z(ieher), teilte mir neulich im Gespräch mit, dass er nach Weinsberg verbracht werden sollte. Ich habe ihm gegenüber natürlich nichts von der möglichen Bedeutung dieser Verbringung geäußert. Aber ich halte es für meine Pflicht, alles zu tun, um ihnen zu helfen. (…) P.S.: Ich füge noch bei – so am letzten Sonntag – dass sich die drei genannten Männer auch am Gottesdienst beteiligten; zum Teil geschah dies sogar regelmäßig. Bei der durchaus nicht selbstverständlichen Sitte des Gottesdienstbesuchs unter den Männern des Altersheims ist mir dies ein Beweis, dass von einem Erlöschen jeglichen selbständigen, geistigen Lebens bei ihnen wohl nicht die Rede sein kann. Diesen Eindruck hatte ich auch bei meinen Gesprächen mit diesen Männern.“ Ende des Zitats aus dem Brief des Evangelischen Pfarramts Marktlustenau vom 12. März 1941.

„Zur Beobachtung auf Arbeitsfähigkeit“

Der Pfarrer von Gellmersbach bei Weinsberg hat das Schreiben aus Marktlustenau am 14. März 1941 an Dr. Eugen Joos, den damaligen Leiter der Heilanstalt Weinsberg weitergeleitet. Joos antwortete noch am gleichen Tag: „Ich habe Ihr Schreiben von heute über die Tempelhofer Patienten zur Kenntnis genommen und werde es so weit wie möglich berücksichtigen. Informationen kann ich Ihnen aus naheliegenden Gründen nicht geben.“
Am 4. April 1941 teilt Joos dem Württembergischen Innenministerium mit, die drei Patienten aus Tempelhof seien „zur Beobachtung auf Arbeitsfähigkeit“ in Weinsberg geblieben. Am 17. Juni 1941 werden sie dennoch nach Hadamar abtransportiert.

Todesnachrichten

1948 sagte Otto Knöll, der ehemalige Leiter der Anstalt Tempelhof, weitere Einzelheiten zur Verlegung von Tempelhof nach Weinsberg aus: „Auf Grund des Erlasses des Württembergischen Innenministers vom 3. März 1941 mussten dann drei Kranke, Feuchter, Lackner und Zieher, nach Weinsberg verlegt werden. Ich wusste nicht, welchen eigentlichen Zweck diese Verlegung hatte. Ich habe über jeden dieser drei Kranken der Heilanstalt Weinsberg einen Bericht gesandt, die Durchschläge derselben befinden sich bei den Akten der Anstalt Tempelhof. (…) Über das Schicksal der drei Pfleglinge erfuhr ich zunächst nichts. Wie die Akten ergeben, sind dann einige Zeit später, auf Grund unserer zum Zwecke der Abrechnung eingeholten Nachfragen, Todesnachrichten eingelangt“, berichtet der ehemalige Tempelhof-Heimleiter weiter. Die Akten zu diesen Fällen waren bei Recherchen im Archiv der Evangelischen Landeskirche in Stuttgart nicht auffindbar.

Todesort?

Der unleserliche Eintrag des Todesortes von Wilhelm Zieher im Familienregister der heutigen Gemeinde Kressberg bedeutet mit hoher Wahrscheinlichkeit „Hadamar“ – die Tötungsanstalt der Nationalsozialisten bei Limburg an der Lahn in Hessen.

Zur Person: Wilhelm Zieher

Wilhelm Zieher ist am 5. Dezember 1881 in Mariäkappel geboren, als jüngstes Kind von Johann Michael Zieher und Margarethe Barbara Zieher, geborene Häfner. Am 7. September 1907 heiratete Wilhelm Zieher in Gaggstatt Babette Göller aus Gaggstatt-Mistlau. Das Ehepaar bewirtschaftete einen kleinen Bauernhof mitten in dem kleinen Dorf an der Jagst. Über Kinder des Ehepaars ist nichts bekannt. Nachdem seine Frau gestorben war, sei er „sehr traurig geworden“, berichtete eine Mistlauer Nachbarin bei einem Interview Mitte der 1990er Jahre. Wilhelm Zieher sei ein stiller, etwas träger Mann gewesen, sind sich einige zwischen 1994 und 1997 befragte Zeitzeugen einig. Er habe keine Kinder gehabt, zu denen er nach dem Tod seiner Frau hätte gehen können. Eine Schwester von ihm habe seinerzeit in Schwäbisch Gmünd gewohnt. Sie soll dort eine Gärtnerei gehabt haben.

Wilhelm Ziehers Land wurde verkauft

Zeitzeugen berichten weiter: Nachdem Wilhelm Zieher nicht mehr in Mistlau lebte, sei sein Eigentum (insgesamt etwa acht Morgen Land – knapp drei Hektar) zunächst an den NS-Staat gegangen. Danach soll Karl Gesell, vermutlich in seinen Funktionen als NS-Zellenleiter, NS-Blockwart und Ortsanwalt von Mistlau, das kleine Zieher-Anwesen verkauft haben. Bereits 1940 bezahlte der Landwirt Hermann Bauer 20 Reichsmark Pachtgeld für Land aus dem Besitz Ziehers. Dies geht aus einer Quittung vom 18. Januar 1941 an „K. Gesell (Pfleger)“ hervor, die Hermann Bauer jahrzehntelang aufgehoben hatte.

Verwendete Quellen:

1.) Zeugenaussage von Otto Knöll: Staatsarchiv Sigmaringen, Signatur Wü 29/3 T1 Nr. 1756/02/01, Voruntersuchung FS 1ff/47.

2.) Buch „Dokumente zur Euthanasie“, Ernst Klee (Hg), S. 185-186; ISBN: 978-3-596-24327-3

3.) Evangelisches Jugend- und Fürsorgeheim Tempelhof/Kreisfürsorgeamt Crailsheim; Staatsarchiv Ludwigsburg, Aktenzeichen StAL, 1/234 Buch 317/1941 Nr. 1226

4.) Stadtarchiv Crailsheim: Opfer der NS-Herrschaft im Oberamt Crailsheim-Gerabronn – D. Opfer rassenbiologischer Verfolgung und Euthanasie-Opfer; 1. Euthanasiefälle

5.) Auskunft des Einwohnermeldeamts Kirchberg an der Jagst am 13. Dezember 2016

6.) Standesamt Gemeinde Kressberg, Familienregister, Auskunft am 2. Januar 2017

7.) Dokumentation „Nationalsozialismus in Kirchberg an der Jagst“, Ralf Garmatter, erschienen im September 1997, nachzulesen im Internet auf der Seite https://www.hohenlohe-ungefiltert.de/?p=22109

8.) Gedenkstätte Hadamar auf der Internetseite der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung, abgerufen am 19. April 2020; https://www.hlz.hessen.de/index.php?id=93

9.) T4-Gutachter – Internetseite https://de.wikipedia.org/wiki/T4-Gutachter, abgerufen am 19. April 2020

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„Quarantäne für den Fußball – Geisterspiele sind keine Lösung“ – Stellungnahme der Organisation „Fanszenen Deutschlands“

Die Frage, wann und in welcher Form wieder Profifußball gespielt werden darf, wurde in den vergangenen Tagen und Wochen viel diskutiert. In der nach wie vor teils unübersichtlichen gesellschaftlichen Situation wurden von verschiedenen Akteuren eine Vielzahl ethischer, epidemiologischer und anderer Argumente ins Feld geführt. Im Folgenden möchten wir uns, als bundesweiter Zusammenschluss der Fanszenen und mit Blick auf die DFL-Vollversammlung, zu dem Thema äußern.

Stellungnahme der Fanszenen Deutschland im April 2020

Blanker Hohn

Die Wiederaufnahme des Fußballs, auch in Form von Geisterspielen, ist in der aktuellen Situation nicht vertretbar – schon gar nicht unter dem Deckmantel der gesellschaftlichen Verantwortung. Eine baldige Fortsetzung der Saison wäre blanker Hohn gegenüber dem Rest der Gesellschaft und insbesondere all denjenigen, die sich in der Corona-Krise wirklich gesellschaftsdienlich engagieren. Der Profifußball ist längst krank genug und gehört weiterhin in Quarantäne.

„Keine Lex Bundesliga“

Wir vertreten die klare Position, dass es keine Lex Bundesliga geben darf. Fußball hat in Deutschland eine herausgehobene Bedeutung, systemrelevant ist er jedoch ganz sicher nicht. Beschränkungen, die für vergleichbare Bereiche der Sport- und Unterhaltungsindustrie gelten, müssen auch im Fußball Anwendung finden. In einer Zeit, in der wir alle sehr massive Einschränkungen unserer Grundrechte im Sinne des Gemeinwohls hinnehmen, ist an einen Spielbetrieb der Bundesligen nicht zu denken. Wenn seit Wochen über einen Mangel an Kapazitäten bei CoVid-19-Tests berichtet wird, ist die Idee, Fußballspieler in einer extrem hohen Taktung auf das Virus zu untersuchen, schlicht absurd. Ganz zu schweigen von der Praxis eines Fußballspiels mit Zweikämpfen, eines normalen Trainingsbetriebs in Zeiten von Versammlungsverboten und eines gemeinsamen Verfolgens potenzieller Geisterspiele durch Fans.

Bedenken ernst nehmen

Die Rede von gesellschaftlicher Verantwortung und Pläne für exklusive Testkontingente (über 20.000 Stück) für den Profifußball passen nicht zusammen. Wir verstehen, dass Vereinsfunktionäre durchaus rechtliche Verpflichtungen haben, im Sinne des finanziellen Wohls ihres Vereins zu handeln. In einer Situation jedoch, in der die gesamte Gesellschaft und Wirtschaft vor enormen Herausforderungen stehen, ist es für uns nicht nachvollziehbar, dass offenbar sämtliche Bedenken hintenangestellt werden, wenn es darum geht, den Spielbetrieb möglichst lange aufrechtzuerhalten, bzw. erneut zu starten.

Totale Abhängigkeit von Fernsehgeldern

Ganz offensichtlich hat der Profifußball viel tieferliegende Probleme. Ein System, in das in den letzten Jahren Geldsummen jenseits der Vorstellungskraft vieler Menschen geflossen sind, steht innerhalb eines Monats vor dem Kollaps. Der Erhalt der Strukturen ist vollkommen vom Fluss der Fernsehgelder abhängig, die Vereine existieren nur noch in totaler Abhängigkeit von den Rechteinhabern.

Hauptsache das „Premiumprodukt“

Die Frage, weshalb es trotz aller Millionen keinerlei Nachhaltigkeit im Profifußball zu geben scheint, wie die Strukturen und Vereine in Zukunft robuster und krisensicherer gemacht werden können, wurde zumindest öffentlich noch von keinem Funktionär gestellt. Das einzig kommunizierte Ziel ist ein möglichst schnelles ,,Weiter so!‘‘, das jedoch lediglich einer überschaubaren Zahl an Beteiligten weiterhin überragende Einkünfte garantiert. Das Gerede von zigtausenden Jobs halten wir schlicht in den meisten Fällen für einen Vorwand, weiterhin exorbitante Millioneneinkünfte für wenige extreme Profiteure zu sichern. Dies zeigt sich auch in der absoluten Untätigkeit des DFB, im Hinblick auf den Fußball unterhalb der 2. Bundesliga. Dass Geisterspiele hier viel stärkere Folgen hätten, als in den Ligen der DFL, wird ausgeblendet. Hauptsache das „Premiumprodukt“ kann weiterexistieren. Hier wird der DFB seiner Rolle nicht nur nicht gerecht, er zeigt auch wiederholt, wessen Interessen er vertritt.

Finanzexzesse

Seit Jahren fordern Fans Reformen für eine gerechtere Verteilung der TV-Einnahmen und kritisieren die mangelnde Solidarität zwischen großen und kleinen Vereinen. Wir weisen auf Finanzexzesse, mangelnde Rücklagenbildung und die teils erpresserische Rolle von Spielerberatern hin. Die Gefahr der Abhängigkeit von einzelnen großen Geldgebern haben wir anhand von Beispielen wie 1860 München, Carl Zeiss Jena und anderen immer wieder aufgezeigt.

Strukturen grundlegend verändern

Spätestens jetzt ist es aller höchste Zeit, dass sich Fußballfunktionäre ernsthaft mit diesen Punkten auseinandersetzen. Die jetzige Herausforderung ist auch eine Chance: Die Verbände sollten diese Krise als solche begreifen und die Strukturen des modernen Fußballs grundlegend verändern. Es ist höchste Zeit.

In diesem Zusammenhang fordern wir:

– Der aktuelle Plan der DFL, den Spielbetrieb im Mai in Form von Geisterspielen wieder aufzunehmen, darf nicht umgesetzt werden. Wir maßen uns nicht an, zu entscheiden, ab wann der Ball wieder rollen darf. In einer Situation, in der sich der Fußball auf diese Weise so dermaßen vom Rest der Gesellschaft entkoppeln würde, darf es jedoch nicht passieren.

– Eine sachliche Auseinandersetzung mit der aktuellen Lage muss forciert und eine Abkehr vom blinden Retten der TV-Gelder vollzogen werden. Auch ein möglicher Abbruch der Saison darf kein Tabu sein, wenn die gesellschaftlichen Umstände es nicht anders zulassen. In diesem Fall sollten nicht nur Horrorszenarien in Form von drohenden Insolvenzen skizziert werden, sondern Lösungsmöglichkeiten in Form von Förderdarlehen, erweiterten Insolvenzfristen und anderen Kriseninstrumenten, denen sich auch die restliche Wirtschaft stellt, diskutiert werden.

– Eine kommende Lösung muss maximal solidarisch sein. Es darf unter den Vereinen keine Krisengewinner- und -verlierer geben. Die Schere zwischen ,,groß‘‘ und ,,klein‘‘ darf nicht noch weiter auseinandergehen. Ausdrücklich schließen wir damit auch die Vereine der dritten Liga und der Regionalligen mit ein, für die Geisterspiele ohnehin keine Option sind.

– Die Diskussion über grundlegende Reformen, um den Profifußball nachhaltiger und wirtschaftlich krisensicherer zu gestalten, muss jetzt beginnen. Sie darf nicht nur von Fans und Journalisten geführt werden, sondern ist die zentrale Aufgabe der Verantwortlichen der Clubs und Verbände. Strukturen und Vereine müssen auf einen finanziell und ideell sicheren Boden zurückgeholt werden. Dabei muss die 50+1-Regel weiterhin unberührt bleiben.

Die Phase einer von der restlichen Gesellschaft komplett entkoppelten Fußballwelt muss ein Ende haben!

Fanszenen Deutschlands im April 2020

Weitere Informationen und Kontakt:

https://www.ultras-dynamo.de/2020/04/16/quarantaene-fuer-den-fussball-geisterspiele-sind-keine-loesung/

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„Mit Anstand Abstand halten: Solidarisch ist man nicht alleine“ – Absage aller 1. Mai-Kundgebungen des DGB – auch in Schwäbisch Hall

„Solidarisch ist man nicht alleine!“ ist das Motto des 1. Mai 2020 des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Auf die aktuelle Situation passt dieses Motto nun leider besser denn je. Der DGB und die Einzelgewerkschaften werden durch die weltweite Ausbreitung des Corona-Virus zu einer historisch einmaligen Entscheidung gezwungen. Schweren Herzens werden bundesweit alle 1. Mai Kundgebungen in diesem Jahr abgesagt. Das gilt auch für die Kundgebung im Hospitalhof in Schwäbisch Hall.

Vom DGB-Bezirk Baden-Württemberg, Büro Schwäbisch Hall

Solidarität heißt in diesem Jahr: Abstand halten

„Auch wenn wir Sozialkontakte auf ein Minimum einschränken müssen, hört das gemeinsame solidarische Handeln gerade für Gewerkschaften nicht auf“, betont Silvia Wagner, Regionssekretärin des DGB Nordwürttemberg.
„Solidarisch ist man nicht alleine“ heißt, an die vielen Kolleginnen und Kollegen zu denken, die zur Zeit Unglaubliches leisten, zum Teil mit hohem Risiko für ihre Gesundheit: In den Krankenhäusern, in der Altenpflege, bei Ver- und Entsorgungsdiensten, im Lebensmittelhandel, in der Lebensmittelproduktion, beim ÖPNV, bei Paketzusteller- und Lieferdiensten und in vielem mehr. „Sie alle verdienen unseren Respekt und unsere Solidarität“, macht Silvia Wagner deutlich. „Ihre Arbeit muss angemessen gewürdigt werden, sie müssen anständige Arbeitsbedingungen haben.“ Die Gewerkschafterin verweist darauf, dass dies genau die Branchen seien, die der Gesellschaft häufig keine ordentliche Bezahlung, keine ordentlichen Arbeitsbedingungen und wenig Anerkennung wert sind.

Forderung: Kurzarbeitergeld auf mindestens 80 Prozent erhöhen

„‘Solidarisch ist man nicht alleine‘ heißt auch, die vielen Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen, die berechtigte Sorge um ihren Arbeitsplatz haben, von Kurzarbeit betroffen sind und mit nun geringeren Einkommen gleich bleibende Ausgaben wie Miete und laufende Kosten bewältigen müssen“. Das Sozialschutz-Paket der Bundesregierung beinhaltet zwar auch Maßnahmen zur Unterstützung von Beschäftigten, wie geringere Hürden zur Beantragung von Kurzarbeitergeld. „Das reicht jedoch noch nicht“, meint Wagner und führt aus, „bei der Bewältigung der Corona-Pandemie müssen soziale Schieflagen verhindert werden. Daher fordern wir als DGB, dass das Kurzarbeitergeld dringend von derzeit 60 Prozent des letzten Nettoeinkommens (bzw. 67 Prozent mit Kindern) auf mindestens 80 Prozent aufgestockt werden muss.“

Aufschläge zum Kurzarbeitergeld

Die Gewerkschaften und Betriebs- und Personalräte arbeiten intensiv an Lösungen für die Beschäftigten, um Arbeitsplätze und Einkommen zu sichern. In einigen Branchen werden dank Tarifverträgen der Gewerkschaften Aufschläge zum Kurzarbeitergeld gezahlt, wie zum Beispiel in der Metall- und Elektroindustrie. Denn gerade jetzt zeigt sich wie richtig und wichtig das gewerkschaftliche Motto ist: „Solidarisch ist man nicht alleine“.

Weiterführende Informationen:

Auf den Webseiten des DGB (www.dgb.de) und den Einzelgewerkschaften finden Beschäftigte Informationen zum Thema „Was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jetzt wissen müssen“.

Weitere Informationen und Kontakt:

Silvia Wagner, Gewerkschaftssekretärin, DGB-Bezirk Baden-Württemberg, Büro Schwäbisch Hall, Schlichtweg 4, 74523 Schwäbisch Hall

Telefon: 0791 9561 4482

Mobil: 0170 8514009

E-Mail: silvia.wagner@dgb.de

Internet:

www.nordwuerttemberg.dgb.de 

www.bw.dgb.de

www.facebook.com/bw.dgb

www.twitter.com/dgb.bw

Mitglied in einer DGB Gewerkschaft werden:

https://www.dgb.de/service/mitglied-werden/index.html

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„Hilfe für Flüchtlinge und Einwohner auf der griechischen Insel Lesbos“ – Solidarität International Schwäbisch Hall sucht Nähmaschinen, Stoffe, Zubehör und Material

Die Ortsgruppe Schwäbisch Hall von Solidarität International e.V. beteiligt sich an einer Sammelaktion für Flüchtlinge und Einwohner auf der griechischen Insel Lesbos. Abgegeben werden können ab sofort Nähmaschinen, Stoffe, Zubehör und Material. Sammelpunkt ist bis 26. April 2020 bei Wilhelm Maier, Hopfengarten 3, 74523 Schwäbisch Hall, Telefon 0791-6681.

Von Solidarität International e.V. Schwäbisch Hall

Transport nach Griechenland

Wilhelm Maier wird die gesammelten Sachen nach Heilbronn fahren, von dort aus gehen sie zur zentralen Sammelstelle und werden dann nach Griechenland transportiert.

Aufruf des Frauenverbands Courage e.V., Gruppe Heilbronn, Achtungstrasse 37, 74072 Heilbronn:

Ein Band der Solidarität über Grenzen hinweg knüpfen!

Soforthilfe für Flüchtlinge und Bewohner der Insel Lesbos/Griechenland!

Auflösung der Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln der Ägäis!

Eine tödliche Bedrohung

42 000 Geflüchtete, davon 5000 Kinder, sind unter erbärmlichsten Bedingungen in den völlig überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln zusammengepfercht, 20 000 allein in Moria auf Lesbos. Ihre Lage spitzt sich täglich zu. Einen wirksamen Schutz gegen das Corona-Virus gibt es nicht – eine tödliche Bedrohung. Die Lager müssen sofort aufgelöst und alle Flüchtlinge in sicheren Orten untergebracht werden.

Einheimische und Flüchtlinge organisieren sich gemeinsam

Ausländische Hilfsorganisationen zogen fast alle ihre HelferInnen ab. Griechische Freiwillige, Bewohner/innen von Lesbos und Flüchtlinge arbeiten zusammen. Sie halten nach Möglichkeit Ordnung im Lager, lehren die Kinder so gut es geht hygienische Maßnahmen einzuhalten, unter diesen Bedingungen fast ein Unding. Sie halten das Leben notdürftig aufrecht. Michalis Aiwaliotis, seit Jahren ehrenamtlicher Helfer im Lager Moria, berichtet von drei Projekten: Nähen von Gesichtsmasken, Organisierung von Tankwagen mit Trinkwasser, Beschaffung von Hygieneartikeln und Lebensmitteln und Seifenproduktion aus Olivenkernen.

Diese Selbstorganisation braucht unsere dringende Unterstützung. Jetzt sofort!

Die Solidaritäts- und Hilfsorganisation „Solidarität International“ hat mit der Selbstorganisation der Flüchtlinge und Bewohnern auf Lesbos „OXI – Lesbos resists Corona“ einen Solidaritätspakt geschlossen. Er enthält die Verpflichtung, sowohl politisch für die sofortige Auflösung der Lager einzutreten, als auch nach Kräften sofortige, konkrete Hilfe zu leisten. Eine Spendensammlung läuft schon seit einigen Tagen gut an, die ersten Beträge sind überwiesen.

Nähprojekt unterstützen

Der Frauenverband Courage unterstützt dieses Projekt aus vollem Herzen!
Das Nähprojekt ist bereits erfolgreich, braucht aber noch viel mehr Nähmaschinen, Stoff und Zubehör.Der Frauenverband Courage hat sich verpflichtet, eine bundesweite Nähmaschinen- und Stoffsammlung zu organisieren. Von Hamburg aus wird der Transport starten, sobald die erste Palette voll ist!

Nähmaschinen aus dem Keller holen

Sicher gibt es bei vielen Menschen noch eine funktionierende Nähmaschine in Kellern, die so eine sinnvolle Verwendung bekommen. Oder Stoff und Nähzubehör (Garn, Gummiband, Schrägband, Scheren, Nähmaschinennadeln usw.).

„Spendet funktionierende Nähmaschinen, Stoffe und Nähzubehör für das Nähen von Gesichtsmasken“

Auch selbst hergestellte Gesichtsmasken sind willkommen. Courage-Frauen werden unter den schwierigen Bedingungen der Ausgangsbeschränkungen an ihren Orten unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen dafür sorgen, dass die gespendeten Gegenstände abgegeben werden können oder abgeholt werden. Sie sorgen für ordnungsgemäße Verpackung für den Transport nach Moria. Auch Geldspenden für die Transportkosten oder für Einkäufe vor Ort sind willkommen.

Spenden können direkt überwiesen werden auf folgendes Spendenkonto:

Solidarität International e.V. Frankfurter Volksbank
IBAN: DE86 5019 0000 6100 8005 84, Stichwort „Moria/Lesbos

Weitere Infos auf den folgenden Internetseiten:

www.solidaritaet-international.de

www.fvcourage.de

Meldet euch beim Frauenverband Courage:

Jutta Nimmann, Telefon 0162-9751368

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„Humanitäres Völkerrecht verpflichtet Bundesregierung zur Aufnahme der Flüchtlinge“ – Rechtsanwaltskanzlei stellt Antrag an die Bundesregierung

Im Auftrag der ‚Internationalen Solidaritäts- und Hilfsorganisation Solidarität International e.V. (SI)’ (www.solidaritaet-international.de) und in Kooperation mit der Vereinigung ‚OXI – Lesvos resists Corona’ von Flüchtlingen und griechischen Einwohnern sowie der auf Lesbos tätigen Hilfsorganisation ‚Fenix Humanitarian Legal Aid’ (www.fenixaid.org) beantragte die Rechtsanwaltskanzlei „Meister & Partner“ bei der Bundesregierung, unverzüglich die Flüchtlinge des Camps Moria (Lesbos/Griechenland) aufzunehmen.

Von der Anwaltskanzlei Meister & Partner, Gelsenkirchen

Unmittelbare Notlage

Zur Begründung erklärt Rechtsanwalt Roland Meister, dessen Kanzlei seit 40 Jahren im Asyl-, Migrations- und humanitärem Völkerrecht tätig ist, dass „eine unmittelbare Notlage besteht, weshalb aufgrund des internationalen humanitären Völkerrechts und der deutschen Verfassung unter politischen, moralischen und rechtlichen Gesichtspunkten eine besondere Verpflichtung zur sofortigen Aufnahme der Flüchtlinge und deren gesundheitlichen Versorgung besteht.“

Corona-Katastrophe droht

Auch wenn der Antrag sich konkret auf Moria beziehe, gelte dies für alle, „die sich gegenwärtig unter katastrophalen Bedingungen in Flüchtlingslagern befinden.“ Der Antrag basiert inhaltlich auf einer engen Zusammenarbeit mit Flüchtlingen und Hilfsorganisationen vor Ort. Moria ist ein idealer Nährboden für das Virus COVID-19. Bei Ausbruch der Corona-Pandemie droht eine tödliche Katastrophe.

Verantwortungslose, zögerliche Haltung der EU und Bundesregierung

Rechtsanwalt Meister weist darauf hin – unter Hinweis auf die zügige Rückführung von 200.000 Deutschen aus dem Ausland und die Einreise von 40.000 Erntehelfern – , dass „die logistischen Möglichkeiten auch bei Beachtung der notwendigen Maßnahmen des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung in Deutschland im Zusammenhang mit dem Coronavirus ohne Weiteres“ bestehen. Er kritisiert die „verantwortungslose und zögerliche Haltung der EU und Bundesregierung, auch weil bereits über 100 Kommunen ihre Aufnahmebereitschaft erklärt haben.

Deutschland kann mehr Flüchtlinge aufnehmen

Der Koalitionsvertrag geht von nicht mehr als 220.000 Flüchtlingen jährlich aus. Diese Zahl ist bei Weitem nicht erreicht. Die Ankündigung verschiedener EU-Mitgliedstaaten, 1.600 Kinder unter 14 Jahren aufzunehmen, ist angesichts von mehreren zehntausend Hilfesuchenden lächerlich unzureichend. Dies gilt auch für die Ankündigung, jetzt „bis zu“ 50 minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen. Das ist ein Armutszeugnis einer durch die Bundesregierung zu verantwortenden deutschen Politik. Diese muss bei objektiver Betrachtung auch als eine Kapitulation der Großen Koalition vor rassistischen Kräften wie der AfD angesehen werden. Als Gegenpol hat sich zugleich eine breite Solidarität mit den Flüchtlingen entwickelt.“ Er betont: „Die Aufnahme ist kein Gnadenakt ist, sondern die Bundesregierung ist dazu verpflichtet.“

Humanitäres Visum erteilen

Zur Begründung heißt es im Antrag weiter: Es „drohen den Flüchtlingen … schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen. Griechenland kann den Flüchtlingsschutz gegenwärtig nicht gewährleisten. Aufgrund des Artikel 25 Abs. 1 Buchstabe a des Visakodex ist die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, die Einreise der Flüchtlinge zu ermöglichen und ein humanitäres Visum zu erteilen, da eine Ablehnung eine Verletzung von Artikel 4 der EU- Grundrechtecharta (GRC) (Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung) und Artikel 18 GRC (Asylrecht), entsprechender Artikel der deutschen Verfassung sowie völkerrechtlicher Verpflichtungen insbesondere aus der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), aber auch des Haager Minderjährigenschutzabkommens bedeutet.

Apokalyptische Situation in Flüchtlingslagern

Angesichts der gegenwärtigen apokalyptischen Situation im Lager von Moria und weiteren Flüchtlingslagern ist von daher ein Tätigwerden dringend geboten. Wir dürfen Sie von daher auffordern, die notwendigen Schritte zur Aufnahme der Flüchtlinge aus dem Lager Moria unmittelbar zu veranlassen und dies verbindlich zu erklären.“

Aktionen für die sofortige Evakuierung aus Elendslagern

Der Kampf um die sofortige Evakuierung wird europaweit immer vehementer geführt. Das ist richtig und nötig. Wir unterstützen so auch den Aufruf von SI am Tag der Ankunft der 50 (!) Kinder aus griechischen Camps in Deutschland, um 17 Uhr Aktionen für die sofortige Evakuierung aller Flüchtlinge aus den griechischen Elendslagern und für die Auflösung von Flüchtlings-Sammelunterkünften in Deutschland zu veranstalten. Mit weiteren – wo nötig auch gerichtlichen Maßnahmen – werden wir diese Auseinandersetzungen unterstützen und begleiten.

Für Rückfragen steht unsere Kanzlei zur Verfügung. Gegebenenfalls können auch Kontakte in Moria vermittelt werden.

Kontaktdaten:

Kanzlei Meister & Partner; Rechtsanwälte Roland Meister, Frank Stierlin, Frank Jasenski, Peter Weispfenning, Yener Sözen, Peter Klusmann; Industriestraße 31, 45899 Gelsenkirchen

Telefon: 0209 / 35 97 67 0

Fax: 0209 / 35 97 67 9

E-Mail: RAeMeisterpp@t-online.de

Internet:

Rechtsanwälte Meister und Partner: www.anwaelte-meister.de/impressum/

Solidarität International e.V. (SI): www.solidaritaet-international.de

Fenix Humanitarian Legal Aid www.fenixaid.org

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