„NEIN ZUR SPRACHE DER GEWALT, JA ZU EINER KULTUR DES FRIEDENS“ – ZUM 8. MAI 2020: TAG DER TAG DER BEFREIUNG

75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges ist der Frieden wieder bedroht. Selbst bei uns in Europa ist er brüchig. Vieles ist unsicher geworden und globale Bedrohungen sind hinzugekommen.

Abrüsten statt aufrüsten – Text einer Anzeige in der Süddeutschen Zeitung vom 8. Mai 2020

Wer den Frieden will, muss für den Frieden kämpfen

Die schnell zusammengewachsene Welt zeigt neue Formen der Gewalt und Verletzlichkeit. Die soziale Spaltung wird tiefer, die vom Menschen gemachte Klimakrise, die Zerstörung der Ernährungsgrundlagen und der Kampf um Rohstoffe bedrohen uns. Die weltweite Ausbreitung der Corona-Pandemie wird auch genutzt, autoritäre Strukturen zu schaffen oder zu zementieren. Sie trifft die Ärmsten und Schwächsten besonders hart. Nicht zuletzt versuchen Nationalisten, die Unsicherheit für ihre miese Propaganda zu nutzen. Wer den Frieden will, muss für den Frieden kämpfen.

Neue Atomwaffen werden entwickelt

Die häufig zu hörende Forderung, Europa müsse die „Sprache der Macht“ (Münchner Sicherheitskonferenz) lernen und seine militärischen Fähigkeiten ausbauen, ist falsch. Mehr Militär löst keines unserer Probleme. Wir brauchen vielmehr eine Zivilisierung der sozialen, ökologischen und ökonomischen Konflikte. Andernfalls kehren die Gespenster der Vergangenheit zurück, die nur Tod und Zerstörung mit sich bringen.Ein neuer Rüstungswettlauf ist bereits voll im Gange. Auf zehn Länder nur entfallen 75 Prozent der weltweiten Militärausgaben. Deutschland steht dabei auf Platz sieben. Die Ausgaben für Rüstung und Militär steigen weiter an, neue Atomwaffen werden entwickelt und sollen stationiert werden. Sie sind noch schneller und noch zerstörerischer als alles was bisher war.

Konflikte friedlich beenden

Auch ohne diese Massenvernichtungswaffen steigt in der Welt digitaler Technologien die Gefahr militärischer Konflikte, denn die Hemmschwelle ist weit geringer. Das 21. Jahrhundert darf nicht zu einem Jahrhundert der Konfrontation und Gewalt werden. Unsere Aufgaben heißen deshalb: Auf-bau einer gesamteuropäischen Friedensordnung, Stärkung der Vereinten Nationen, weltweite Abrüstung und Rüstungskontrolle, friedliche Beilegung ökonomischer, sozialer und ökologischer Konflikte.

Sofortiger weltweiter Waffenstillstand

Wir unterstützen die Initiative des UN-Generalsekretärs für einen sofortigen weltweiten Waffenstillstand. Unsere Verantwortung ist eine Politik globaler Gerechtigkeit. Wir sind viele und in der Demokratie nicht ohnmächtig. Wir sagen „Nein“ zu einer Sprache der Gewalt, stattdessen „Ja“ zu einer Kultur des Friedens, der Vernunft und der Verständigung. Wir sagen „Nein“ zu einer Erhöhung der Militärausgaben! Ja zu Abrüsten statt Aufrüsten! Ja für eine neue Entspannungspolitik jetzt!

Link zur Anzeige in der Süddeutschen Zeitung vom 8. Mai 2020 – einschließlich Namensliste der UnterzeichnerInnen:

https://abruesten.jetzt/8-Mai-TagDerFreiung_SZ_08_05_20.pdf

Diese Anzeige kann auch weiterhin auf den Webseiten unterstützt werden:

www.abruesten.jetzt

www.naturfreunde.de

Die Anzeige war für die Initiatoren eine große finanzielle Herausforderung. Wir bitten, wenn möglich, weiterhin um Spenden auf das Konto „Unterstützung internationales Friedensbüro“ IBAN: DE23 1005 0000 0190 6331 58 oder NaturFreunde DE32 6602 0500 0008 7070 00, jeweils „Stichwort 8. Mai“. | Die Anzeige wurde ermöglicht durch die großzügige Unterstützung von: Abrüsten statt Aufrüsten, DGB, GEW, IG Metall, NaturFreunde, Neue Entspannungspolitik jetzt!, ver.di

Weitere Informationen und Kontakt:

Peter Brandt (brandt@neue-entspannungspolitik.berlin)

Neue Entspannungspolitik jetzt Reiner Braun (hr.braun@gmx.net)

Abrüsten statt Aufrüsten, IPB Michael Müller (michael-hans-mueller@web.de)

NaturFreunde Deutschlands c/o Marienstraße 19/20, 10117 Berlin 

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„Nein zur Abwrackprämie 2.0“ – Kommentar von Paul Michel aus Schwäbisch Hall über Subventionen für Autokonzerne

Im Vorfeld  des „Autogipfels“  am 5. Mai 2020 im Kanzleramt ließen die Autokonzerne die Motoren ihrer PR-Apparate besonders laut aufheulen. Volkswagen, Daimler und BMW fordern von der Bundesregierung Milliarden Euro unter dem Label  „Impulsprämie“ oder gar „Umweltprämie“ lautstark und penetrant eine Neuauflage der  „Abwrackprämie“  von 2009.

Von Paul Michel, Schwäbisch Hall

Ministerpräsidenten der  »Autoländer« als Claqueure

Dabei bekamen sie von bewährten Claqueuren Schützenhilfe. Bedauerlicherweise ließen sich auch diesmal die IG Metall und die Betriebsratsspitzen der Autokonzerne vor den Karren der Autokonzerne spannen. Selbstverständlich waren die Ministerpräsidenten der  »Autoländer«,  Stephan Weil aus Niedersachsen, Wilfried Kretschmann aus Baden-Württemberg und der Bayer Markus Söder mit dabei. Sie klopften zusammen mit den Autobossen auf den Busch. Nicole Hoffmeister-Kraut, die baden-württembergische Wirtschaftsministerin, erklärte, man müsse „breit fördern“. Das will heißen: Auch für Autos mit klassischen Benzin- oder Dieselmotoren solle es eine Kaufprämie geben.

„Kein Geld für Gestern“

Anders als 2009 gab und gibt es gegen solche Geschenke für die Autokonzerne diesmal vernehmbaren Widerstand. Der Autogipfel wurde flankiert von Protesten gegen eine neue Abwrackprämie. Zwischen Bundestag und Bundeskanzleramt demonstrierten AktivistInnen von Fridays for Future, Umweltgruppen sowie die Kampagnenorganisation Campact unter anderem mit Fahrradklingelkonzerten. „Kein Geld für Gestern“, hieß es auf Transparenten. Auch vor Fabriken großer Autohersteller in Stuttgart, München und Wolfsburg gab es Proteste. Einer repräsentativen Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey zufolge sind 61,8 Prozent der BürgerInnen gegen eine neue Abwrackprämie. Vielleicht lag es daran, dass die Bundesregierung die Entscheidung darüber auf Anfang Juni 2020 vertagt hat, ob es wie schon 2008/2009 staatliche Geldgeschenke für AutokäuferInnen geben wird.

Warum Geschenke für die Autoindustrie?

Warum aber soll „ausgerechnet“ die Autoindustrie üppig beschenkt werden? Dafür, dass sie bei „Dieselgate“ großflächig betrogen hat – mit falschen Abgaswerten, mit Preisabsprachen und Kartellbildung? Es vergeht doch kaum ein Tag, an dem die Staatsanwaltschaft nicht eine Hausdurchsuchung in einem der Unternehmen der Autoindustrie vornehmen muss. Fakt ist auch: Die deutsche Autoindustrie hat in den zurückliegenden Jahren horrende Profite eingefahren, und Milliarden an die Aktionäre ausgeschüttet. Sie verfügt noch über viele Milliarden Gewinnrücklagen. Als Beispiel sei hier nur Volkswagen genannt; der Konzern verfügt trotz Strafzahlungen von 30 Milliarden Euro für den gigantischen Dieselbetrug über sagenhafte Gewinnrücklagen von mehr als 100 Milliarden Euro (100.000.000.000 Euro). In diesem Zusammenhang wäre anzumerken, dass die Großaktionäre der Autokonzerne, die Milliardärsfamilien Porsche, Piëch, Quandt und Klatten, die Terrorstaaten Kuwait und Katar und solche windigen „Fonds“ wie BlackRock, in den letzten Jahren wohl Milliarden an Dividenden eingesteckt haben. Es wäre nur recht und billig, wenn sie nun, da die Läden nicht so rund laufen, „ihren“ Konzernen unter die Arme greifen würden.

Kurzarbeitergeld aus der Arbeitslosenversicherung

Schon jetzt kassiert die Autoindustrie Kurzarbeitergeld aus der Arbeitslosenversicherung in Höhe von etwa eine Milliarde Euro, obwohl die Produktionseinstellung nicht gesetzlich verordnet war. Die Produktion wurde ja heruntergefahren, weil die Konzerne Schwierigkeiten mit ihren Lieferketten hatten und weil die Leute schlicht keine Autos kaufen wollten.

Dreiste Autokonzerne

Wie dreist die Autokonzerne zu Werk gehen, zeigt sich daran, dass die Branche nicht einmal bereit ist, im Gegenzug zu staatlicher Hilfe auf die Ausschüttung von Dividenden an die Aktionäre zu verzichten. Dies wäre „sicher nicht der richtige Schritt“, sagte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, im Deutschlandfunk. Und es bedarf schon eines ausgeprägten Selbstbewusstseins, wenn die Autobosse in Zeiten wo nicht einmal sie selbst bestreiten, dass der Klimawandel sich beschleunigt, sie Förderprämien für den Kauf von spritdurstigen Diesel-SUVs haben wollen. Das ist ungefähr so als würde die Krankenkasse einem schwer Lungenkranken ein Jahr lang täglich eine Packung Camel finanzieren, wenn er dafür keine Roth-Händle ohne Filter mehr raucht.

Kein Steuergeld für Spritschlucker, keine Vorfahrt für die Autolobby!

Dass die Autoindustrie dennoch eine Abwrackprämie verlangt, hängt wohl mit dem ausgeprägten Machtbewusstsein dieser Branche zusammen. Sie verfügt über eine der aggressivsten Lobbygruppen im Land. Dank Drehtüreffekten sind Seilschaftsverhältnisse zwischen Politik und Industrie nirgendwo enger als hier.

Kommunen brauchen dringend einen staatlichen Rettungsschirm

Tatsache ist: Es gibt eine ganze Menge von Gruppen, die staatliche Unterstützungsprogramme viel dringender benötigen als die Autoindustrie. Die Kommunen stellen sich durch die Corona-Krise auf erhebliche finanzielle Belastungen ein. Nach einer Schätzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes könnte es 2020 Einbußen von 40 bis 60 Milliarden Euro geben. Die Kommunen brauchen dringend einen staatlichen Rettungsschirm. Das gleiche gilt für den ÖPNV. Private und kommunale Betriebe stecken in der Krise.

Vom Diesel- zum E-Bus

Im Unterschied zur Autoindustrie ist von deren Nöten kaum die Rede. Dabei sind auch bei ihnen in Folge von Corona die Fahrgastzahlen um 70 bis 90 Prozent gesunken. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann hält bundesweit Hilfen von insgesamt mindestens 15 Milliarden Euro extra zur Sicherung eines leistungsfähigen ÖPNV für nötig. Neben dringend benötigten Soforthilfen sei eine Ausbau- und Innovationsoffensive geboten. Auch der ÖPNV müsse erheblich modernisiert werden – vom Diesel- zum E-Bus bis hin zur digitalen Steuerung auf Straße und Schiene.

Keine Subventionen für die Autoindustrie

Umwelt und Verkehrsverbände, Lobbycontrol und Die LINKE sowie einige Gewerkschaften rufen dazu auf, der Autoindustrie keine Subventionen zu gewähren – das Geld wird in der sozialen Infrastruktur, im Gesundheitswesen und in wirklich gebeutelten Branchen dringend benötigt. Dennoch gibt es keinen Zweifel, dass die Autoindustrie in einer tiefen Krise ist. Dort arbeiten über 800.000 Menschen. Sie dürfen nicht die Leidtragenden der verantwortungslosen Renditejägerei der Autokonzerne sein.

Welche Antworten können wir als Linke auf diese komplizierte Gemengelage bieten?

„Dazu bald mehr im nächsten Artikel.“

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