„Die Digital-Pandemie“ – Artikel von Peter Hensinger über den Notstand als drohenden Normalzustand

Von jedem Menschen immer zu wissen, wo er sich befindet, was er tut und wie sein biologischer Zustand ist, ist die DNA des neuen Überwachungskapitalismus, der keine Wahlen mehr kennt.

Informationen zugesandt von Ulrike Hölzel, Michelbach/Bilz

Artikel von Peter Hensinger in Rubikon News:

Raubbau an der Natur – Kaputtsparen des Gesundheitswesens

Das Virus SARS-CoV-2 als Aggressor zeichnet sich dadurch aus, dass es in unseren Organismus eindringt und keine Grenzen kennt. Die Pandemie ist das Ergebnis des Raubbaus an der Natur und des Kaputtsparens des Gesundheitswesens. Die Corona-Krise macht greifbar, wie gefährdet die Spezies Mensch ist.

Neuer Überwachungskapitalismus

Und legitimiert eine zweite, weniger wahrgenommene Aggression. Die Industrie nutzt die Krise, um die digitale Transformation der Gesellschaft beschleunigt durchzusetzen. Die Privatsphäre, die Unverletzlichkeit der Wohnung, das Patienten-Arzt-Geheimnis, das Recht auf freie Mobilität und weitere bisherige Standards des Schutzes des Individuums werden nicht nur vorläufig aufgehoben. Der Notstand droht zum Normalzustand zu werden. Die zweite Aggression erobert die Verfügungsgewalt über persönliche Daten und schleift die Privatsphäre. Von jedem Menschen immer zu wissen, wo er sich befindet, was er tut und wie sein biologischer Zustand ist, ist die DNA des neuen Überwachungskapitalismus, der keine Wahlen mehr kennt. Damit wird die Gesellschaft derzeit mental infiziert. Wir werden Zeitzeugen der beschleunigten Durchsetzung der zweiten industriellen Revolution.

Link zum Artikel auf der Internetseite Rubikon News:

https://www.rubikon.news/artikel/die-digital-pandemie

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„Lang beschattete Täler“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden elfter Teil

Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig und sind weder gewollt noch beabsichtigt.

Von Birgit Häbich

XI Sex

… Paula Engel schien nichts von Carls stillem Schwächeanfall zu bemerken, munter plätscherten ihre Worte weiterhin aus dem Hörer. Er ließ sie schweigend gewähren, Paulas beständig sanfter Tonfall tat ihm gut. Carl Eugen Friedner ließ sich in die ausgesprochen freundliche Zuwendung von Paula derart hineinfallen, als würde er wohlig in ihren warmen Armen versinken. In der Zeit, in welcher Paula eine Weile von sich, ihrer Arbeit und ihrem Umfeld erzählte, konnte sich Carl wieder einigermaßen sammeln.
„Carl, bist Du noch da?“ erkundigte sich Paula irgendwann, was Carl mit einem schwachen „Ja“ erwiderte. „ Du sagst gar nichts mehr“ meinte Paula daraufhin. Carl Eugen schnaufte einmal tief und deutlich hörbar durch und erklärte: „Ja, ich komm doch gar nicht zu Wort …, und ich bin halt arg überrascht von Deiner freundlichen Offenheit.“ Da er sich nun ihres Wohlwollens sicher wähnte, setzte er nach einer Weile nach: „Paula, können wir uns verabreden?“ „Können wir.“ meinte sie kurz und überließ es Carl, deutlicher zu werden. „Ich würde gern mit Dir zusammen essen gehen, hast du am Freitag oder Samstag abends Zeit?“ „Das weiß ich jetzt noch nicht, es steht ein Termin im Freien an, ein Pärchen möchte sich im stimmungsvollen Abendlicht fotografieren lassen, ich melde mich spätestens am Donnerstag bei Dir, dann weiß man, wie das Wetter sich entwickelt.“

Apparat aus Bakelit

Carl war sofort einverstanden, er erinnerte sich noch ganz genau daran, dass Paula ihre privaten Verabredungen schon immer möglichen Fototerminen unterordnet hatte. „Gut, ich bin am Donnerstag daheim erreichbar.“ Nach einem knappen: „Ja, ich melde mich dann, bis dahin, tschüss Carl,“ kam kein weiteres Geräusch mehr aus der Leitung, und er legte den Hörer auf die geschwungene Gabel seines altmodischen Telefons. Carl Eugen Friedner konnte sich einfach nicht von dem alten Apparat aus Bakelit* trennen, nur um sich für seinen Schreibtisch im heimischen Arbeitszimmer eines der neumodischen Tastentelefone anzuschaffen.

Alte Liebe

Und während er noch über das kurze Gespräch mit seiner geliebten Paula sinnierte, läutete das Telefon mit dem melodischen Klingeln, das dem in die Jahre gekommenen Apparat eigen war. Carl nahm den Hörer ab und fragte sich, ob Paula wohl vergessen hatte, ihm etwas zu sagen. Eine digitale Anzeige gab es freilich bei diesem Tischmodell nicht, und so ließ er sich regelmäßig überraschen, wer ihm anläutete. „Ja, Friedner?“, meldete sich Carl im üblichen Frageton. Am anderen Ende meldete sich Paul aus Hoheitshausen: „Paul hier, hallo Carl, hast du Zeit?“, fragte dieser ohne Umschweife. Carl, der einen flehenden Unterton in seiner Stimme bemerkte bejahte sofort die Frage des Freundes. „Kann ich mit Dir reden?“, fragte Paul weiter und setzte nach einer Weile mit der Frage nach, „bist Du alleine?“ Carl Eugen, der so langsam von der Umständlichkeit der Fragerei irritiert war, gab Paul jetzt deutlich zu verstehen: „Sag doch, was ist, Paul, ich bin alleine daheim, und ich habe Zeit für Dich.“ „Vorhin war lange belegt“, resümierte Paul am anderen Ende. Carl runzelte die Stirn: „Paul, ich habe mit meiner alten Liebe telefoniert. Wir haben uns fürs Wochenende verabredet, und ich habe jetzt Zeit für Dich.“

Den alten Vater ignoriert

Carl meinte regelrecht die Erleichterung des Freundes durch den Apparat hindurch zu spüren und meinte: „Paul, komm, erzähl mir mal in Ruhe, was los ist. Du hörst dich ja völlig aus der Fassung geraten an.“ „Gisléne ist weg.“ brachte Paul die Nachricht gepresst hervor, und mit weinerlicher Stimme berichtete er: „sie hat gepackt und ist einfach gegangen.“ Gisléne, die jüngste Tochter Pauls, hatte anscheinend noch in der Nacht, als er und Heiner sich aus der Männerrunde verabschiedeten, ihrem Vater kategorisch erklärt, niemals mehr sein Ehebett, und auch nicht mehr die gemeinsame Wohnung mit ihm teilen zu wollen. Im Nachsatz und mit lüsternem Unterton ließ Gisléne ihren Vater wissen, dass sie ab jetzt richtigen Sex haben würde. Sie warf den Kopf zurück, stierte ihn mit tiefer Verachtung an, streckte ihm provokativ ihre kleinen Brüste entgegen und ging dann, ohne weitere Erklärung und vollkommen ungerührt, in ihr Zimmer. Dort fing sie an, ihre Sachen zusammenzupacken. Paul versuchte seine Tochter durch gutes Zureden von ihrem Vorhaben abzuhalten. Die Heranwachsende jedoch schien nichts mehr wahrzunehmen, sie war vollkommen in ihrer eigenen Welt versunken, kein einziges Wort kam mehr über Gislénes geschürzte Lippen, und sie ignorierte ihren alten Vater.

Ohne ein Wort des Abschieds

Mit ihren jetzt sechzehn Jahren war das Mädchen bereits genauso groß wie ihr hochgewachsener Vater. Und Gislénes athletischer Körper war durch stetige sportliche Aktivitäten mittlerweile derart durchtrainiert und muskulös, dass Paul bei jeder ausholenden Bewegung Gislénes in seine Richtung befürchtete, auch noch von ihr geschlagen oder getreten zu werden. Seine Tochter jedoch blickte mit leeren Augen an ihm vorbei, während sie unbeirrt ihre Taschen füllte, den vollen Rucksack auf den Rücken schwang und aus der Wohnung hinaus zum Treppenabsatz ging. Ihr beredtes Schweigen erinnerte Paul an die ausgemachte Kaltblütigkeit eines paralysierten Kriegers aus dem Volk seiner Ahnen.
Ohne zurückzublicken, und ohne ein Wort des Abschieds, stolzierte Gisléne die Treppe hinunter und ließ die hintere Haustüre im Erdgeschoss hinter sich ins Schloss fallen.

Motorengeräusch

Paul stand noch eine Weile regungslos im stets nach kaltem Zigarettenrauch stinkenden Treppenhaus. Er schleppte sich dann schließlich zurück ins Wohnzimmer, öffnete das Fenster am Essplatz, um zu sehen, ob Gisléne in Richtung ihrer Oma oder zu ihrer besten Freundin ging. Jedoch, das Kind war nirgends zu sehen. Bis Paul sich endlich der Möglichkeit bewusst wurde, dass sie durch den Hinterhof in ein auf dem Parkplatz wartendes Auto gestiegen sein könnte, verklang bereits das Motorengeräusch des abfahrenden Gefährtes in der Stille der Nacht. Ohne auch nur irgendetwas von der Schönheit der neu gestalteten Barockanlage wahrzunehmen, welche sich ihm im Blickfeld zu den gegenüberliegenden, kirchengemeindlichen Bauwerken darbot, starrte Paul unbeweglich vor sich hin. Er schmeckte nichts mehr vom herrlich würzigen Duft in der milden Nachtluft, der immer wieder aus den umliegenden Tannenwäldern durch Hoheitshausen wogte.

Sorgen um Gisléne

Paul versuchte bis zum Morgengrauen seinen Söhnen anzuläuten, er vermutete, dass Gisléne ihre Brüder in ihren plötzlichen Aufbruch eingeweiht hatte. Aber keiner der beiden Söhne Pauls war in der Nacht erreichbar. Die Mutter seiner verstorbenen Frau Lisa, welche in unmittelbarer Nähe wohnte, würde zu dieser Stunde sicherlich kein Telefon hören. Die Eltern der besten Freundin seiner Tochter aus dem Bett zu klingeln, war Paul Malibo allein schon beim Gedanken daran mehr wie peinlich. In einer Mischung aus planloser Fassungslosigkeit und schmerzlicher Verzweiflung verbrachte Paul den Rest der Nacht damit, sich Sorgen um Gisléne zu machen. Endlich, am frühen Morgen, meldete sich sein zweitgeborener Sohn Yann … Fortsetzung folgt.

Erläuterungen:

Bakelit*: https://de.wikipedia.org/wiki/Bakelit

Bakelitmuseum: https://www.nrw-stiftung.de/projekte/projekt.php?pid=152

Kontaktaufnahme zur Autorin ist möglich unter folgender E-Mail-Adresse:

b.haebich@web.de

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