Die künftigen politischen Erfolge der Linken hängen auch von der Regierungsbildung ab: Bei einer Ampelkoalition wäre mehr Spielraum für eine sichtbare Opposition.
Von Georg Fülberth, Artikel in der Tageszeitung Neues Deutschland vom 30. September 2021
Nüchtern bilanzieren
Was jetzt und in den nächsten Monaten in der Partei Die Linke passiert, lässt sich wohl nicht vermeiden: Heulen und Zähneklappern, Schuldzuweisungen, vielleicht hässliche Dinge. Das ist alles schon einmal da gewesen: 2002. Später wird man hoffentlich etwas nüchterner bilanzieren, vielleicht so: Die Linke hat eine fürchterliche Wahlschlappe erlitten. Aber es gibt sie noch, sogar im Deutschen Bundestag, allerdings gerupft.
Linksfraktionen in den Kommunen
Aus keinem Landtag ist sie nach 2013 (als das Zwischenhoch im Westen endete) hinausgeflogen, trotz aller Verluste. In drei Jahren ist Europawahl. Da gibt es keine Fünf-Prozent-Klausel, Die Linke wird dort weiter vertreten sein. Vergessen wir nicht die vielen, teilweise sogar prächtigen Linksfraktionen in den Kommunen, übrigens auch im Westen. Der Schaden der Bundestagswahl vom 26. September ist riesig, aber nicht unendlich. Was der Linken fürs Erste bleibt, sind kleine Brötchen, verglichen mit den großen Torten, an denen manche EuphorikerInnen in ihren Filterblasen sich vorab schon den Magen verdorben haben mögen.
Zur Bilanz gehört auch die Kenntnisnahme eines Strukturproblems:
– Die Partei Die Linke ist der kleinere Teil eines sozialdemokratischen Potenzials, das nach wie vor schrumpft.
– Es betrug 2005 – addiert man die Anteile der Linken mit der SPD – noch 42,9 Prozent. 2009 blieben davon 34,9 Prozent übrig,
– 2013 waren es 34,3 Prozent, ein Tiefststand von 29,7 Prozent wurde 2017 erreicht.
– Die leichte Erholung um 0,9 Prozentpunkte jetzt, also auf 30,6, kann noch nicht als Trendwende gelten.
– Die Wahlergebnisse der Linkspartei und der SPD sind voneinander abhängige Variablen: Was die einen verlieren, gewinnen die anderen.
Wie die Linkspartei das Land in Bewegung bringen sollte – ein Zwischenruf zur Wahlkampfstrategie (…)
Link zum ganzen Artikel in der Tageszeitung Neues Deutschland:
Georg Fülberth, geboren 1939, ist Politikwissenschaftler und Historiker
Artikel an Hohenlohe-ungefiltert zugesandt von Adele Sperandio aus Stuttgart.