Irgendwo in Hohenlohe – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden siebenunddreißigster Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig, und sind weder gewollt noch beabsichtigt.
Von Birgit Häbich
XXXVII Politik
„Jetzt hast du dich aber clever aus der Affäre gezogen – sag doch, wie hat dir der Fieläckerle als Mann gefallen?.“ Lachend wiederholte Carl seine Frage. Paula aber war weder zu Späßen aufgelegt, noch in der Stimmung, Carl über ihre Vorlieben Rechenschaft abzugeben und meinte bestimmt: „Mir wäre es recht, du würdest mir weiterhin die Zusammenhänge hinter den Kulissen erklären, sonst sind wir morgen noch nicht fertig.“
Zugeständnis
Carl bemerkte erst jetzt, dass sie mittlerweile vollkommen im Schatten saßen – wo
war die Zeit hingegangen? Bald würde es kühl werden. Also blickte er aufmerksam in
Paulas Gesicht und änderte kurzerhand seine Fragerichtung: „Hast du keinen Hunger?“ Paula spürte in der Frage Carls Fürsorge. Insgeheim empfand sie seine Aufmerksamkeit als wohltuend und sah Wärme und Zuneigung aus seinen Augen leuchten. Auch sie hatte die Zeit vergessen. Paula erhob sich mit den Worten: „Wir könnten noch etwas essen gehen, ich habe heute keine Verpflichtungen mehr.“ Schränkte ihr Zugeständnis jedoch sofort wieder ein: „Aber nur unter der Bedingung, dass du weitererzählst“. Carl Eugen seufzte als er sich erhob. Dann schlenderte er still neben Paula her und hing seinen Gedanken nach.
Etwas Herzhaftes
Als sie auf dem Parkplatz angekommen waren, fragte sie nochmals: „Na, was ist? Willst du noch einkehren oder soll ich dich heimbringen?“ Carl überlegte kurz. „Wir könnten uns in Hall beim Türken mit etwas Herzhaftem versorgen und dann bei dir essen, dort wären wir ungestört.“ Er wartete was Paula erwidern würde. Wie würde sie reagieren? War es ihr zu nah? Paula stimmte ohne zu überlegen zu. Sie stiegen in Paulas Wagen und begaben sich auf dem Heimweg.
Bodenseeaffäre
Erst nach einer Weile dämmerte es Paula Engel, dass Carl sie überlistet hatte. So schnell wollte sie ihn eigentlich nicht wieder in ihrer Umgebung haben, er sollte gefälligst zuerst alles gestehen und dann wollte sie sehen, was weiter zwischen ihnen in Frage kommen könnte. Und die Bodenseeaffäre mit der entfernten Cousine war auch noch nicht geklärt. Was bildete er sich eigentlich ein?
An die frische Luft setzen
Sie erinnerte sich an vergangene gemeinsame Zeiten. Carl machte in vertrauenserweckendem Ton irgendeine harmlose Feststellung und setzte ganz nebenbei wohl aber stets ihre Einwilligung voraus. Diese Erkenntnis ärgerte Paula und sie verspürte gute Lust, Carl Eugen, noch lange vor dem Ziel, einfach an die frische
Luft zu setzen. Die Aussicht dann aber keinen Ton mehr von ihm zu vernehmen, ließ sie den aufkeimenden Zorn unterdrücken und sie schaute stur schweigend auf die Straße, die auf diesem Wegstück eine Weile parallel zur A6 verlief.
Gestank nach Schweinegülle
Carl Eugen Friedner spürte Paulas Ungehaltenheit wohl und knüpfte zur Ablenkung im eingeschlagenen Plauderton an: „Weißt du noch, damals, als die Autobahn Richtung Osten nur etwas für den Transitverkehr war und je nach Wetterlage ein furchtbarer Gestank nach Schweinegülle über diesem Teil der Hohenlohe hing?“ Sie gab keine Antwort, presste lediglich die Lippen noch mehr aufeinander. Carl beobachtete sie
aufmerksam aus den Augenwinkeln – Paula faszinierte ihn immer noch. Doch zu solchen Geständnissen durfte er sich jetzt keinesfalls hinreißen lassen, also setzte er in sanftem Plauderton fort: „Außer für die paar wenigen Autos, welche hier auf ihrer Fahrt ins Fränkische vorbeikamen, und dem Gütertransport in sozialistische Länder, gab es ja auch kaum einen Grund die schmale Autobahn auszubauen. Mit dem friedlichen Mauerfall 1989 und der darauffolgenden Öffnung der ehemaligen Sowjetunion hat sich nicht nur für die Autobahnen in Baden-Württemberg einiges getan. Meinst du nicht auch?“
Katz- und Mausspiel
Paula schwieg noch immer. Carl hub erneut an: „Damals war plötzlich alles anders, alle starrten über den nicht mehr existierenden Eisernen Vorhang hinweg, in die sich auflösende DDR, nach Berlin und Moskau. Die lang ersehnte Freiheit war errungen. Darüber ist hier bei uns auf landespolitischer Ebene vieles untergangen, das man hätte besser verfolgen sollen. Fieläckerle und Konsorten* konnten ihre Seilschaften jahrelang ungestört ausbauen, bevor er endlich aufflog.“ Kaum hatte Carl den Namen des einstigen Landeswirtschaftsministers ausgesprochen, wendete sich Paula ihm kurz zu. Carl musste sich ein Grinsen verkneifen, wenn er die Wahrheit ausgewogen dosieren würde, wäre ihm Paulas Aufmerksamkeit also weiterhin sicher. Jetzt konnte er sich völlig entspannen. Ihr kleines Katz- und Mausspiel, ihm hier und da scheinbar beleidigt die Aufmerksamkeit zu entziehen, war ganz und gar harmlos.
Alte Freundschaft
Carl war sich der Konsequenzen für die kommende gemeinsame Zeit trotzdem sehr bewusst – Paula würde sich weiterhin nur mit ihm abgeben, wenn er ihr die gewünschten Informationen lieferte. Nun, genau das hatte er ja vor und zu erzählen gab es viel. Zudem musste er noch herausfinden, was sie in den letzten Jahren
bereits in Erfahrung gebracht hatte. Und vor allem ob sie vielleicht doch noch gegen ihn vorgehen wollte. Aber solange sie ihm zuhörte, konnten sie die Zeit wie in der alten Freundschaft zusammen verbringen und das war nach der langen Zeit des Schweigens doch ein voller Erfolg.
Erhebliche Steuerfreiheiten
Und so holte er von neuem aus: „Wie du vielleicht weißt, strebte ich als junger Mann ja eine Beamtenlaufbahn an. Das ist mir aber bald wieder vergangen. Im Amt wurden alle die braven Kleinen in die Pflicht genommen und die Großen verschafften sich auf ihre Art erhebliche Steuerfreiheiten. Bei gewöhnlichen Steuerschuldnern, wie so kleinen Freiberuflern oder Handwerkern wie dir, musste ich jeden Beleg, jede Angabe zur Erklärung akribisch nachprüfen…“. Fortsetzung folgt.
*Konsorten: Helfershelfer, Spießgesellen
Wem ist auch schon eine Immobilie verloren gegangen?
Sollte sich jemand aus der Leserschaft, durch die Beschreibung der Machenschaften daran erinnert fühlen, wie eine Immobilie verloren gegangen ist, können sich diejenigen gern an die Autorin wenden.
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E-Mail: b.haebich@web.de