„Der Baubürgermeister in den Fußstapfen der Schildbürger“ schreibt der Autor Paul Michel als Überschrift zu seinem Artikel „Das Bahnhofsareal Nord“ in Schwäbisch Hall – Teil 2.
Kommentar von Paul Michel, Schwäbisch Hall
Zauberwort „Verdichtete Bebauung“
Der Bahnhofsvorplatz gehört nicht zu den Orten in Schwäbisch Hall, die besonders einladend wirken. Man hat ihn in den letzten Jahren ziemlich verlottern lassen. Er würde aber gewiss nicht an Attraktivität gewinnen, wenn auch noch das restliche Grün verschwinden, die Bäume abrasiert und durch sechsstöckige Gebäude ersetzt würden. Der um schöne Worte selten verlegene Baubürgermeister weiß natürlich eine Begründung dafür, warum eine Verhässlichung durch kalte Betonbauten ein Segen wäre: „Verdichtete Bebauung“ lautet das Zauberwort. Grundsätzlich ist ja richtig, dass durch die Erstellung von immer mehr Einfamilienhäuser eine Zersiedelung der Landschaft und eine Versiegelung der Oberfläche befördert wird. Der grundsätzlich richtige Gedanke einer verdichteten Bebauung, wird hier aber ad absurdum geführt, wenn er eine unnütze und überflüssige Zubetonierung der Landschaft rechtfertigen soll.
Sechs Betonburgen
Auf der anderen Seite der Gleise, im „Bahnhofsareal Süd“ erfolgt ja schon verdichtetes Bauen. Wenn jetzt auch noch das Bahnhofsvorfeld mit Betonburgen vollgestellt wird, mag das auf den Planskizzen der verantwortlichen Architekten „metropolitan“ wirken. Ob es ein schönes Wohnen ist und ob der Bau sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Im Übrigen stellt sich die Frage, welche Auswirkung die sechs Betonburgen auf die Durchlüftung des Haller Talkessels haben. Aber diese Fragen stellen die Verantwortlichen im Baudezernat nicht. Und den GemeinderätInnen will die Frage auch nicht einfallen.
Alte Wildbadquelle „gammelt vor sich hin“
Im „Bahnhofareal Nord“ ist eine Mischbebauung aus Wohnungen und gewerblich genutzten Räumlichkeiten vorgesehen. Wie genau der Mix aussehen soll, verrät der Baubürgermeister nicht. Dabei ist mehr als fraglich, ob in Schwäbisch Hall wirklich Mangel an gewerblich nutzbaren Räumen für Architekten, Rechtsanwälte, Steuerberater oder Immobilienbüros besteht. Ich für meinen Teil habe jedenfalls noch nie eine diesbezügliche Klage vernommen. Und wenn es wirklich so wäre – Wäre es da nicht sinnvoller, das Gelände der alten Wildbadquelle zu nützen? Das gammelt schon seit Jahren vor sich hin. Die Nähe zur B19/B14 wäre bei gewerblicher Nutzung mit gut isolierten Fenstern kein großes Problem.
Parkhausbau = Steuergeldverschwendung
Mit der Bebauung des Bahnhofsvorfelds würden nicht nur die Bäume plattgemacht. Es würden auch Parkplätze verschwinden. Nun scheinen Parkplätze der Stadt offenbar wichtiger zu sein als Bäume. Deswegen sollen quasi als Ausgleich für das Verschwinden von oberirdischen Parkplätzen offenbar direkt unter der Fläche, die oben zugebaut wird, ein unterirdisches Parkhaus mit zirka 250 Stellplätzen gebaut werden. Nun weiß jeder Mann/ jede Frau, dass Parkhäuser nicht gerade billig sind. Vermutlich würde so ein Parkhaus zwischen zehn und zwanzig Millionen Euro kosten. Diejenigen, die es genauer sagen könnten, der OB und der Baubürgermeister, hüllen sich aber hinsichtlich des Preises eines solchen Parkhauses hartnäckig in Schweigen.
Häuser, die niemand braucht
Es mutet wirklich wie ein Schildbürgerstreich an: Viele Millionen Euro sollen für ein unterirdisches Parkhaus verschleudert werden, um letztendlich weniger Parkplätze zu schaffen als man selber gerade oberirdisch abgeräumt hat für Häuser, die niemand braucht. Ein Fall von Steuergeldverschwendung, deren einziger Nutznießer wohl die beauftragten Baufirmen sind. Hier stellen sich mir zwei Fragen: 1) Was soll der Unsinn? 2) Warum stellt eigentlich niemand anders diese Frage?
Nadelöhr in der Steinbacher Straße
Die Neuplanung der Stadt für das „Bahnhofsareal Nord“ sieht eine Verlagerung der Bushaltestellen weg vom Bahnhof hinunter an die Steinbacher Straße vor. Künftig soll es also vier Bushaltestellen in der Steinbacher Straße geben – etwa in der Höhe, wo heute die Bahnhofsstraße in die Steinbacher Straße einmündet. Schaut mensch sich die Verhältnisse konkret vor Ort an, fällt auf: Momentan steigen die Leute am Bahnhof aus dem Bus aus und sind sofort bei den Gleisen. Wenn die Bushaltestellen in die Steinbacher Straße verlegt werden, ist der Weg zu den Gleisen deutlich länger. Leute, die mit dem Bus aus Richtung Steinbach bzw. Hagenbacher Ring kommen, müssten zudem erst einmal die Straße überqueren in einen Bereich, wo dann verkehrsmäßig der Bär los ist. Denn im Bereich wo die neuen Bushaltestellen entstehen sollen, wird es ein Nadelöhr geben, wenn hier auf engsten Raum die Einmündung der Bahnhofstraße, ein mit Ampel geregelte Fußgängerübergang und vier Bushaltestellen zusammenkommen. Zudem ist in diesem Bereich eine Verbreiterung der Straße schwer vorstellbar. Wo sollen die Bushaltestellen also hin? Auf der Seite hin zum Bahnhof kommt gleich die Böschung, auf der Seite hin zur Stadt gibt es auch keinen Platz – es sei denn, man reißt das Haus der Rentenversicherung ab. Was also tun? Eine Schneise in den Hang schlagen? Oder den Verkehr in der Steinbacher Straße anhalten, solange dort Fahrgäste aus dem Bus einsteigen und aussteigen? Fragen über Fragen – die nicht gestellt werden.
Deutlich verengte Fahrbahn
Nach Angaben von Leuten, die diese Strecke oft mit dem Auto befahren, gibt es jetzt dort schon ein hohes Verkehrsaufkommen – nicht nur in den Stoßzeiten. Es gehört wenig Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass in diesem Bereich Staus und Chaos fast der Normalfall sein werden, wenn dort ein Fußgängerübergang (mit Ampel) und Busverkehr (mit oder ohne Abbiegespur?) bei einer deutlich verengten Fahrbahn zusammenkommen. Die Haller BürgerInnen hätten allen Grund, hier von der Stadt Auskunft zu verlangen. Absolut unverständlich ist, warum diese brisante Gemengelage weder im alten noch im neuen Gemeinderat jemand aufgefallen ist.
Weg zur Bushaltestelle wird länger
Dass der Baubürgermeister die Probleme nicht anspricht verwundert weiter nicht. Sein Anliegen ist ja sein Projekt so in der Öffentlichkeit darzustellen, als ob das jetzt der große Wurf in Sachen Optimierung des ÖPNV sei. Klink bemüht hier das Argument, dass das eine bessere Anbindung von Innenstadt und Katharinenvorstadt an den ÖPNV bringe. Wer sich die Mühe macht, vor Ort zu gehen, stellt allerdings fest, dass sowohl für Fußgänger aus der Stadt als auch aus der Langen Straße der Weg zur aktuellen Bushaltestelle am Bahnhof kürzer ist als der zur geplanten künftigen Bushaltestelle in der Steinbacher Straße. Voraussetzung ist allerdings, dass der Aufzug bei der „Agentur für Arbeit“ funktioniert. Aber das tut er schon seit einigen Jahren nicht – was wirklich kein Ruhmesblatt für das Baureferat der Stadt und für die „Agentur für Arbeit“ ist.
Großspurige Aussagen der Betreiber
Entgegen allen großspurigen Aussagen der Betreiber bringen die Bauvorhaben rund um das „Bahnhofareal Nord“ keine Verbesserungen für den ÖPNV. Dafür sind die Kollateralschäden des Projekts umso gravierender.
· Der Übergang vom Bus zur Bahn wird umständlicher und beschwerlicher
· Es gehen Grünflächen und Baumbestände verloren
· Und obendrein werden die geplanten Verschlimmbesserungen ein teurer Spaß
Dabei ginge alles viel einfacher, viel besser und viel kostengünstiger. Davon mehr in der Fortsetzung dieses Artikels…