Damit sich endlich ihre Honorare nach oben bewegen, sind die freien Journalisten der Eßlinger Zeitung zeitweise in den Streik getreten. Mit Erfolg: Der Verleger des Blattes, der nichts von Honorarerhöhungen wissen wollte, fand sich zu Gesprächen bereit. Am 19. Juli schließlich kam die Einigung.
DJV-Newsletter vom 20. Juli 2018
Mut und Ausdauer wurden belohnt
Die Freien erhalten mit 72 Cent künftig zehn Cent mehr pro Zeile. Die Pauschalen für Straßenumfragen, Gerichtstermine und Interviews werden auf 125 Euro erhöht. Für lange Gemeinderatssitzungen gibt es eine Aufwandspauschale von 35 Euro. Und das Kilometergeld steigt von 27 auf 30 Cent. Der DJV-Bundesvorstand hatte zuvor in einer Resolution die Forderungen der Freien unterstützt.
Kontakt: Michael Hirschler, E-Mail: hir@djv.de
Weitere Informationen im Internet zum Streik der Freien Journalisten in Esslingen:
Sie sind so frei
Von Josef-Otto Freudenreich, Redaktionsleiter der Kontext:Wochenzeitung (Artikel vom Datum: 11. Juli 2018)
Bei der „Eßlinger Zeitung“ geschieht etwas sehr Ungewöhnliches: Alle freien Journalisten im Lokalen streiken. Und sie finden viel Zuspruch bei ihren LeserInnen.
Profil „Spaß am Schreiben“
Die Anzeige war ungewöhnlich groß für den Anlass. 200 Millimeter hoch und 126 Millimeter breit. Auf so viel Raum suchte die „Eßlinger Zeitung“ (EZ) freie Mitarbeiter für ihre Lokalredaktion. „Je flexibler, desto besser“, schrieb sie, und wünschte sich beim Profil „Spaß am Schreiben“ sowie den Führerschein Klasse B. Was sie dafür zu bieten bereit ist, verriet die Zeitung (Auflage knapp 40 000) nicht, aber das hätte sie auch in Schwierigkeiten bringen können – wie die Dinge so stehen.
Ewige Knauserei
Die Anzeige, datiert vom 30. Juni 2018, platzte mitten in den Streik der Esslinger Freien, die endgültig genug hatten von der ewigen Knauserei. Während die Abogebühren von 2010 (276,39 Euro im Jahr) bis 2017 (415,55 Euro) um 50 Prozent stiegen, blieb ihr Zeilenhonorar in diesem Zeitraum auf immer demselben Stand: 62 Cent. So, als ob sich für sie nichts verteuert hätte. Essen, Trinken, Wohnen, Autofahren ebenso wenig wie Kranksein oder Urlaubmachen. Letzteres fiel nicht so schwer ins Gewicht, da Bett und Pool ohnehin eher selten waren. 78 Cent, plus Zuschläge für lange Termine, plus Tarifsteigerungen und Fahrtkosten wie bei den Festangestellten (30 statt 27 Cent), sagen sie, würden das Blatt nicht in den Ruin treiben. (…)
Der ganze Artikel auf der Internetseite der Kontext:Wochenzeitung:
https://www.kontextwochenzeitung.de/medien/380/sie-sind-so-frei-5205.html
Der Blog der Gewerkschaft Deutscher Journalistenverband (DJV) schreibt am 19. Juli 2018:
Eßlinger Zeitung – Chapeau, liebe Kollegen!
Wo gibt’s denn so was? Freie Journalisten, die streiken? Das gibt es, und zwar bei der Eßlinger Zeitung, wo der Verleger keine höheren Honorare zahlen will.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner
Streik: Keine Texte mehr für die Eßlinger Zeitung
Endlich sind da mal ein paar Kollegen, die nicht mehr akzeptieren wollen, was ihnen der Verleger diktiert. Die Antwort: Streik, keine Texte mehr für die Eßlinger Zeitung. Unterstützung bekommen die Freien vom DJV-Bundesvorstand, der einstimmig folgende Resolution verabschiedet hat:
„Chapeau, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Eßlinger Zeitung!
Ihr habt den Mut, Euch aufzulehnen gegen die miserable Behandlung, unter der freie Journalist(inn)en in ganz Deutschland leiden. Ihr habt Euch zusammengeschlossen, um Eure Rechte bei Eurem Auftraggeber durchzusetzen. Ihr kämpft, statt Euch leise jammernd Eurem Schicksal zu fügen.
Dafür gebührt Euch große Anerkennung! Wer weiß, unter welchem Druck freie Journalist(inn)en stehen, kann einschätzen, wie schwer Euch der Schritt gefallen ist, die Arbeit niederzulegen. Dass der Verleger inzwischen Verhandlungsbereitschaft signalisiert hat, beweist: „Gemeinsam sind wir stark“ ist mehr als ein wohlfeiler Gewerkschafts-Slogan. Solidarität wirkt!
Faire Honorare durchsetzen
Eure Entschlossenheit ist ein wichtiges Signal an alle freien Journalist(inn)en in Deutschland, sich zusammenzuschließen, um faire Honorare durchzusetzen. Euer Vorbild macht Mut! Wir wünschen Euch Hartnäckigkeit, Durchhaltevermögen – und viel Erfolg! Der Unterstützung des DJV dürft Ihr Euch sicher sein.“
Verleger sollte einlenken
Am 19. Juli 2018 sollte ein Gespräch der Freien mit dem Verleger des Blattes stattfinden. Ein erster Schritt. Der Verleger sollte einlenken und den Freien endlich das zahlen, was ihnen zusteht.
Weitere Informationen und Kontakt:
https://www.djv.de/startseite/service/blogs-und-intranet/djv-blog/detail/article/chapeau-liebe-kollegen.html