Seit März 2020 leben wir im Zustand einer nicht enden wollenden Krise. Die Pandemie, der Krieg in der Ukraine, die Klimakrise, all dies ängstigt uns und bedroht unsere Existenz. Viele von uns wissen nicht, wie sie ihre Heizkosten zahlen sollen, haben aufgrund der Inflation weniger Geld zur Verfügung und blicken besorgt in die Zukunft.
Kommentar von Paul Michel, Schwäbisch Hall
Milliarden-Gewinne der Energie-Konzerne
Währenddessen machen die Konzerne Milliarden-Gewinne mit höheren Preisen. Allein RWE machte im ersten Halbjahr 2022 einen Gewinn von 5,5 Milliarden Euro. Währenddessen schwinden bei vielen von uns die Ersparnisse. Andere können ihre Rechnungen nicht mehr zahlen. Im Winter drohen nochmals höhere Kosten. Alle Preiserhöhungen müssen sofort gestoppt werden. Zwangsräumungen müssen beendet werden. Dafür braucht es bezahlbaren Wohnraum für alle.
Rote Karte für rechte Demagogen
Die Rechten versuchen, die Krise zu instrumentalisieren, indem sie zusätzlich Ängste schüren, Desinformation verbreiten und Stimmung gegen Minderheiten machen. Dies verunsichert die Menschen zusätzlich und sorgt für weitere gesellschaftliche Spannung, erschwert aber auch dringend benötigte gesellschaftliche Debatten. Einmal mehr möchte die AfD eine schwierige Situation nutzen, um daraus politischen Erfolg zu schlagen. Die Rechten sprechen weder von den Profiteuren der Krise noch ist für sie die Verbesserung der Situation für die sozial Schwachen ein Thema. Im Gegenteil, sie polemisieren sogar noch gegen die bescheidenen Verbesserungen für Bezieher von Hartz IV beim Bürgergeld.
Preise für Gas und Strom deckeln — damit im Winter kein Preisschock droht
Immer mehr Menschen fürchten die nächste Energierechnung. Preissteigerungen von mehreren Hundert Euro sind keine Seltenheit. Das bringt Menschen an den Rand ihrer Existenz. Auch in Deutschland braucht es Gas- und Strompreisdeckel, wie sie in Frankreich, Spanien, Portugal oder Griechenland bereits eingeführt wurden. Anreize zum Sparen gibt es dennoch: Wir brauchen kostengünstige Grundkontingente für den Basisverbrauch. Darüber hinaus gehender Verbrauch muss deutlich teurer werden.
Löhne, Renten, Sozialleistungen, Bafög an die Inflation anpassen
Die Löhne stagnieren seit Jahren. Und jetzt wollen Arbeitgeber und Wirtschaftsliberale auch noch die Krise nutzen, um sie weiter zu drücken. Sie fordern Nullrunden und verbreiten arbeitnehmerfeindliche Mythen über eine erfundene Lohn-Preis-Spirale.
Wir brauchen endlich höhere Löhne, denn nur höhere Löhne helfen gegen dauerhaft hohe Preise. Seit Jahren bekommen wir nicht die Lohnerhöhung, die uns zusteht. Die Zeit ist reif! Die Gewerkschaften müssen mit Streiks für Lohnerhöhungen kämpfen, die über der Inflationsrate liegen. Wir brauchen Regelungen wie in Belgien, wo Löhne und staatliche Leistungen automatisch an die Inflationsrate angepasst werden.
Energieversorgung in öffentliche Hand
Während einige Energiekonzerne gerettet werden müssen, füllen sich andere auf Kosten der ganzen Gesellschaft die Taschen. Die großen Strom- und Gaskonzerne fahren riesige Gewinne ein und schütten einen Großteil davon an ihre Aktionäre aus. Die Mehrheit der Bevölkerung wiederum zahlt über ihren Konsum von Energie die Dividenden der Reichen. Energieversorgung muss dem Gemeinwohl dienen und der Profitgewinnung entzogen werden. Die Energieversorgung darf nicht dem privaten Markt überlassen werden. Es ist die Aufgabe der Politik, bezahlbare Energiepreise für alle zu gewährleisten.
Die Energieversorgung sollte bürgernah als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge organisiert werden. Nur so wird es möglich sein den Umstieg auf erneuerbare Energien in dem Tempo durchzuführen, das uns der Klimawandel aufzwingt.
Nachfolgemodell für 9-Euro-Ticket schaffen, Umstieg auf „Öffis“ beschleunigen
Der große Zuspruch für das 9-Euro-Ticket hat gezeigt, dass viele Menschen zum Umstieg weg von PKW hin zu „Öffis“ (Straßenbahnen, Bussen und Zügen) bereit sind. Es ist ein Skandal, dass die Ampelregierung die Bereitstellung eines attraktiven, sozial erschwinglichen Nachfolgemodells für das 9-Euro-Tickets verschleppt. Der Umstieg vom PKw auf *Öffis“ wäre eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen den Klimawandel. Er gelingt nur, wenn das Angebot bei den Öffentlichen deutlich besser wird. Günstiger öffentlicher Nahverkehr ist ein Schlüssel für die Verkehrswende. Damit würden wir viele neue Arbeitsplätze schaffen. Wir brauchen dafür massive Investitionen in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs.
Für einen sozialen und ökologischen Umbau des Energiesystems und der gesamten Wirtschaft
Die Ampel-Regierung kauft überteuertes „schmutziges“ Gas aus Saudi-Arabien und Katar statt aus Russland – Länder, die im Jemen mit westlicher Waffenhilfe seit Jahren Krieg führen. Die Konservativen wollen hingegen eine Rückkehr zur Kernenergie, die AfD sogar eine vermehrte Nutzung von Braunkohle, die sie allen Ernstes als “saubere Energie” bezeichnen.
Wir beurteilen die Sanktionen gegen Russland kritisch. Sie schaden in der Hauptsache den kleinen Leuten und haben die Spekulationen an den Gasmärkten angeheizt. Die sind mitverantwortlich für den dramatischen Anstieg der Strom- und Gaspreise auch hierzulande. Unsere Antwort kann aber kein Weiter-So mit billiger russischer Energie sein. Das zentrale Problem, das den “Energiekrieg” ausgelöst hat, ist der ungeheure Bedarf der Industrie an Energie und Rohstoffen für ihre Produktion – Autos, Maschinen, chemische Erzeugnisse für den Weltmarkt. Während sich immer weniger Menschen selbst ein Auto leisten können, produziert die Industrie munter weiter für die Müllhalden der Welt. Die dadurch verursachte Umwelt- und Klimazerstörung bedroht die Existenz der Menschheit.
Krisenprofiteure besteuern – damit sich niemand an der Not bereichert
Während die regierende Ampel-Koalition im Handumdrehen 100 Milliarden Euro für ein Rüstungspaket locker machen kann und die Aktienkurse der Rüstungsindustrie in die Höhe schießen, gibt dieselbe Regierung Tipps fürs richtige Duschen und sieht sich nicht in der Lage, Sondersteuern auf Extragewinne zu erheben oder die Energiepreise zu deckeln.
Die Übergewinne der Strom- und Gasindustrie in Deutschland belaufen sich laut einer Studie des Netzwerks Steuergerechtigkeit allein im Jahr 2022 auf 75 Milliarden Euro. Die Übergewinne der Ölindustrie betragen geschätzt knapp 40 Milliarden Euro.
Die Schere zwischen Arm und Reich wächst. Statt weiter stumm zuzusehen, müssen wir dem entgegenwirken. Wir brauchen eine progressive Besteuerung von Kapital, Gewinnen und hohen privaten Vermögen.
Wiedererhebung der Vermögenssteuer (58 Milliarden Euro)
· stärkere Besteuerung von hohen Erbschaften und Schenkungen (10 Milliarden Euro)
· vernünftige Unternehmensbesteuerung (35 Milliarden Euro)
· konsequenteren Steuervollzug und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung in Steueroasen (15 Milliarden Euro)
· eine Gemeindewirtschaftssteuer (15 Milliarden Euro)
Das ergibt mindestens 133 Milliarden Euro an Mehreinnahmen
Protestieren statt frieren
Sozialer Protest für eine gerechte Umverteilung, von Oben nach Unten, ist nötig. Unser Protest ist immer antifaschistisch und bietet keinen Raum für rechtes Gedankengut, Diskriminierung und Verschwörungsdenken. Unsere Alternative zu Preissteigerungen, Energiekostenexplosion und Inflation ist weder der Weg zurück zum Atomstrom, noch den russischen Angriffskrieg zu verharmlosen. Unsere Alternative ist Solidarität.