Die Bürgermeisterwahl in Kirchberg an der Jagst findet am Sonntag, 12. Juni 2016, statt. Es gibt fünf Kandidaten (Reihenfolge nach Eingang der Bewerbung): Ralf Garmatter, Amtsinhaber Stefan Ohr, Ulrike Rehfeld, Daniela Roesner und einen Kandidaten der Nein-Partei. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht die Rede Garmatters in voller Länge. Er hat diese Rede am Montag, 6. Juni 2016, in der Kirchberger Festhalle gehalten.
Rede des Kandidaten Ralf Garmatter zur Bürgermeisterwahl in Kirchberg/Jagst
Liebe Kirchbergerinnen und Kirchberger,
ich freue mich, dass Sie in die Festhalle gekommen sind. Unsere Gemeinde steht vor einer richtungsweisenden Entscheidung. Alle Wahlberechtigten ab 16 Jahren – das sind 3310 Personen – entscheiden mit, wer ab September Bürgermeister oder Bürgermeisterin sein wird. Die Aufgabe als Bürgermeister bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten. Nach acht Jahren Amtszeit wäre ich zufrieden, wenn alle Bürgerinnen und Bürger sagen: „Unser Kirchberg ist lebens- und liebenswert. Es macht Spaß, hier zu wohnen, hier zu arbeiten und hier gemeinsam zu feiern.“ Ich wünsche mir eine bunte und lebendige Gemeinde. Menschen unterschiedlichster Interessen und Einstellungen sollen hier eine gemeinsame Heimat haben, sich gegenseitig respektieren und wertschätzen.
Parteilos und unabhängig
Meine Heimatstadt liegt mir sehr am Herzen. Hier lebe ich seit 51 Jahren. In vielen Bereichen habe ich mich ehrenamtlich engagiert – auch in der Kommunalpolitik. Ich bin parteilos und unabhängig. Ohne Beeinflussung von außen habe ich mich für die Kandidatur entschieden. In Hornberg bin ich aufgewachsen. Heute wohne ich mit meiner Frau und unseren zwei Töchtern im eigenen Haus am Sandbuck. In der TSG spiele ich noch Fußball bei den Alten Herren.
Langjährige Erfahrung in der Kommunalpolitik
Fünf Jahre war ich Stadtrat in Kirchberg. Zwanzig Jahre lang Mitglied im Hornberger Ortschaftsrat. Im Kindergarten Lendsiedel war ich Elternvertreter, anschließend Elternvertreter in der August-Ludwig-Schlözer-Grundschule. In den vergangenen zwei Jahren habe ich aus Interesse jede öffentliche Gemeinderatssitzung in Kirchberg besucht.
Journalist und Sozialpädagoge
Ich habe zwei Berufe gelernt – bin ausgebildeter Tageszeitungsredakteur – also gelernter Journalist. Davor hatte ich ein Fachhochschulstudium als Sozialpädagoge abgeschlossen. Ich betreibe als Journalist die Internetzeitung Hohenlohe-ungefiltert und arbeite als Sozialpädagoge in einem Kinderheim in Mulfingen.
Welche Aufgaben hat ein Bürgermeister?
Das passt zur Fußball-EM: Der Bürgermeister ist der Teamchef im Rathaus. Er muss alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fair behandeln. Wenn er sie gut motiviert und bei Problemen hinter ihnen steht, werden sie Höchstleistungen bringen. Wenn dann noch die richtige Taktik dazu kommt, wird die Stadt Kirchberg auch bei schwierigen Aufgaben erfolgreich sein.
Bürgermeister muss Firmen für Kirchberg begeistern
Der Rathauschef sollte vor allem der oberste Wirtschaftsförderer der Gemeinde sein. Er muss sich dafür einsetzen, dass die Gewerbetreibenden gute Bedingungen für ihre Arbeit haben. Dafür muss er alle Gewerbetreibenden regelmäßig von sich aus kontaktieren. Er muss wissen, wo der Schuh drückt. Der Bürgermeister muss Firmen für Kirchberg begeistern. Firmen, die in den letzten Jahren entstandene Versorgungslücken wieder schließen. Denn viele Firmen haben ihre Läden zu gemacht. Da muss aktiv gegengesteuert werden. Wir brauchen eine Stadt, wo man alle Dinge des täglichen Bedarfs kaufen kann. Eine Stadt, in der wir die notwendigen Dienstleistungen vor Ort bekommen können. Wir brauchen außerdem genügend Kneipen, Restaurants und Cafés. Durch unser Kaufverhalten können wir alle dazu beitragen, dass unsere Firmen hier langfristig existieren können. Dadurch werden Arbeitsplätze erhalten und idealerweise neue geschaffen.
Mir gefällt der Spruch:
„Ein guter Brauch: Dort wo ich wohn, da kauf ich auch.
Der Bürgermeister muss mit gutem Beispiel voran gehen und was möglich ist, in der Gemeinde einkaufen. Wenn wir das alle tun, haben die Ladenbesitzer und Geschäftsinhaber ein gutes Auskommen. Neue Gewerbetreibende würden sich in einer solchen Stadt gerne ansiedeln.
Der Naturschutz ist mir wichtig. Zur schützenswerten Natur zählt auch die Vordere Au mit dem Sophienberg dahinter – dazu zählt die Jagst, die bei uns zur Zeit fast keine Fische mehr hat – dazu zählen auch der Lendsiedler und Dörrmenzer See – schützenswert sind auch die Bäume entlang der Transportstrecken für die Windkraftanlagen.
Im Landkreis hat Kirchberg prozentual mit Abstand die meisten Flüchtlinge. Bald leben knapp 400 Asylbewerber in unserer Gemeinde. Das sind fast zehn Prozent der Einwohner. Den Flüchtlingen sollten wir ohne Vorurteile die Hand reichen. Wir sollten ihnen helfen, sich bei uns wohl zu fühlen. Hier sollen sie ein glückliches Leben ohne Angst vor Bomben und Krieg führen können.
Landkreis und Vermieter müssen helfen
Der Landkreis, der uns die Flüchtlinge schickt und die Gebäudevermieter sind moralisch verpflichtet, sich finanziell und mit Fachpersonal an der Intergrationsarbeit zu beteiligen. Ein paar Stunden Sozialberatung im Schloss, im Adelheidstift und in Gaggstatt durch den Landkreis sind viel zu wenig.
Die Stadt muss politisch Druck machen.
In Kirchberg gibt es einige Themen, die die Einwohnerschaft gespalten haben. Der Verkauf des Adelheidstifts an den Landkreis Hall, das Feuerwehrmagazin, der Verkauf des Häsele-Bürotrakts und die acht neuen Windkraftanlagen. Drei dieser acht Windmühlen hätten meiner Meinung nach aus Naturschutzgründen nicht gebaut werden sollen.
Die vier Themen haben eines gemeinsam:
Die Bürgerinnen und Bürger wurden viel zu spät oder gar nicht einbezogen. Das brachte viel Frust und Streit. Eines hat sich auch gezeigt: Die Bürger verlangen, dass sie sich auf das Wort des Bürgermeisters verlassen können. Er muss auf ihrer Seite stehen, muss der Anwalt aller Bürger sein. Sie brauchen ihn nicht als verlängerten Arm des Landratsamts.
Beim Adelheidstift wurde kein Kirchberger Bieter unterstützt
Für das Adelheidstift gab es drei Kaufinteressenten aus Kirchberg, die zum Teil viel mehr Geld geboten hatten als der Landkreis. Keinen der Kirchberger Bieter hat die Stadtverwaltung unterstützt. Wir könnten heute im Adelheidstift ein florierendes „Haus der Gesundheit und Begegnung“ haben – mit Facharztpraxen, Physiotherapeuten, senioren- und behindertengerechten Wohnungen, mit einem Pflegedienst, auch mit Wohnungen für junge Familien mit und ohne behinderte Familienangehörige. Auch eine Einrichtung zur Kinderbetreuung hätte dort entstehen können. In einem stilvoll eingerichteten Altbau wollte der Investor direkt neben dem Kocher-Jagst-Radweg ein gutbürgerliches Restaurant mit Café und einigen Fremdenzimmern einrichten. Ein namhafter Hotelier aus der Region hatte konkretes Interesse bekundet. Im Adelheidstift sollten auch Zimmer für 30 Flüchtlinge entstehen.
Die Stadtverwaltung schlug sich aber auf die Seite des Landratsamts. Heute kann der Landkreis im „Stift“ bis zu 158 Asylbewerber unterbringen.
Ich finde es jammerschade, dass die Entwicklungsmöglichkeiten eines „Hauses der Gesundheit und Begegnung“ für unseren Ort, für die Belebung des Tals nicht genutzt wurden. Der Unmut ist bei vielen Leuten groß.
Mangelnde Bürgerbeteiligung
Ein weiterer Streitpunkt in der Stadt ist die mangelnde Bürgerbeteiligung. Wir müssen das Fachwissen, das Engagement und die Hilfsbereitschaft unserer Bürger besser nutzen. Davon profitieren wir alle.
Es gibt eine Alternative für den Magazinstandort
Beim Feuerwehrmagazin wurden die Bürger erst in die Diskussion einbezogen, als die Stadtverwaltung und der kleine Hauptausschuss der Feuerwehr den Standort in der Vorderen Au schon als „alternativlos“ bezeichnet hatten. Für den Standort in der Au gibt es eine Alternative. Eine bessere und viel billigere. Einen Standort, an dem unsere tatkräftigen Feuerwehrleute und der städtische Bauhof eng beisammen wären. Bei einem Neubau beim alten Standort könnten Feuerwehr und Bauhof Räume gemeinsam nutzen. Solche Synergieeffekte senken die Kosten. An diesem Standort im Sanierungsgebiet der ehemaligen Baustoffhandlung Häsele, der Firmen Stapf, Edeka-Markt und Schloss-Schul-Fabrik wäre trotzdem noch genug Platz für Wohnhäuser, Mietshäuser und einen Supermarkt. Dies hat ein erfahrener Architekt bei einem Vor-Ort-Termin ausdrücklich bestätigt.
Preis für den „Bau in der Au“ ist nicht akzeptabel
Kirchberg ist eine hoch verschuldete Kommune. Deshalb ist der Preis für den „Bau in der Au“ nicht akzeptabel. Von ursprünglich 1,4 Millionen ist er auf 2,9 Millionen Euro gestiegen. Und es wird noch teurer werden. Zehn Meter tief müssen die Betonfundamente im Schwemmland des ehemaligen Jagstlaufs sein. Andere Standorte sind preisgünstiger, weil diese teuere Tiefgründung mit Betonpfählen entfällt und Auflagen von einigen Behörden wegfallen. Es ist nicht zu akzeptieren, dass durch das Feuerwehrhaus uralte historische Kultur- und Landschaftsgüter in Mitleidenschaft gezogen werden.
Eine Horrorvorstellung wäre für mich: Kirchberg baut in die Vordere Au ein drei Millionen Euro oder noch teureres Feuerwehrmagazin. Einige Jahre später steht das Bauwerk leer, weil es nicht mehr genügend Feuerwehrleute gibt. Das ist nicht abwegig: Der Trend im ganzen Land ist, dass die Zahl der aktiven Feuerwehrleute immer weiter sinkt.
Deshalb unterstütze ich das Bürgerbegehren, das zu einem Bürgerentscheid gegen den geplanten Standort in der Au führen soll. Viele Menschen haben schon unterschrieben und es werden täglich mehr. Die Unterschriftslisten liegen in einigen Geschäften aus. Ich unterstütze dieses Anliegen auch deshalb, damit alle Wahlberechtigten in der Gemeinde über den Standort mitbestimmen können. Das entspricht meinem Verständnis von Demokratie. Wenn die Bürger selbst entscheiden können, dann kehrt auch wieder Friede in der Gemeinde ein.
Geplanter Parkplatz im Schlossgarten
Die Stadtverwaltung hat bisher wenig aus ihren Fehlern gelernt. Vor einigen Tagen gab sie im Gemeinderat erst auf eine Bürgernachfrage bekannt, dass im sensiblen Bereich des Schlossgartens – gegenüber der katholischen Kirche im Tal – ein großer Parkplatz für Veranstaltungen im Schloss gebaut werden soll. Die Vorgespräche zwischen Stadtverwaltung und Schlosseigentümer sind schon weit gediehen – die Bürger haben wieder nichts davon erfahren. Mir graut vor einer unsensiblen Bebauung dieses schönen Grundstücks am unteren Eingangstor der historischen Altstadt.
Schluss mit der Heimlichtuerei und der Hinterzimmerpolitik
Wir müssen wieder zu einer Kommunalpolitik kommen, bei der alle wichtigen Diskussionen im Gemeinderat und in den Ortschaftsräten öffentlich geführt werden. Die Demokratie lebt von gut informierten Bürgern. Es muss Schluss sein mit der Heimlichtuerei und der Hinterzimmerpolitik im Gemeinderat. Es darf nicht sein, dass die nicht-öffentlichen Sitzungen viel länger dauern als die öffentlichen Sitzungen. Im Gesetz steht das nämlich anders drin. Die Stadtverwaltung und der Gemeinderat müssen die Karten auf den Tisch legen – so frühzeitig, dass sich die Bürgerinnen und Bürger noch einmischen können. Nur dann finden Entscheidungen des Gemeinderats die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung.
„Reden wir lieber miteinander, statt hintenherum übereinander“
Die Befürworter und Gegner strittiger Projekte müssen wieder miteinander ins Gespräch kommen. Es wäre gut, wenn die Stadtverwaltung dabei eine aktive Rolle spielen würde. Bei Sachdiskussionen darf es ruhig hart zur Sache gehen. Das gehört zu einer konstruktiven Diskussions- und Streitkultur. Reden wir lieber miteinander, statt hintenherum übereinander. Haben wir den Mut, Dinge zu ändern, die wir ändern können. Wenn wir das schaffen, können wir gemeinsam viel bewegen.
Erfolgreich: Satteldorf, Ilshofen und Wolpertshausen
Wie erfolgreiche Gemeinden arbeiten, können wir in Satteldorf, Ilshofen und Wolpertshausen sehen. Dort boomt das Gewerbe, die Gemeindefinanzen sind solide. Die Stimmung ist gut.
Im Vergleich steht Kirchberg schlecht da. Hier wurde bürokratisch verwaltet und zu wenig kreativ gestaltet.
In Kirchberg fehlt das Geld an allen Ecken und Enden
Um kreativ gestalten zu können, braucht die Gemeinde Geld. Das fehlt in Kirchberg. In seiner Stellungnahme zum Kirchberger Gemeindehaushalt 2016 wies das Landratsamt Hall auf die brisante Finanzlage in Kirchberg hin. Die Schulden steigen bis 2019 von 4,3 Millionen auf bis zu 6,6 Millionen Euro. Das macht 1598 Euro Schulden pro Einwohner. Der Schuldenstand ist ähnlich schlecht wie vor acht Jahren. Die Stadt Kirchberg kann sich deshalb keine überteuerten Prestigeobjekte leisten.
Nun möchte ich noch einige weitere Dinge nennen, die mir wichtig sind:
Die August-Ludwig-Schlözer-Schule ist fast 50 Jahre alt. Sie muss dringend saniert werden. Wir müssen bestmögliche Lernbedingungen für unsere Kinder schaffen. Nur dann kann der Schulstandort Kirchberg langfristig erhalten bleiben. Beim Sonnenschutz besteht in der Schule und der Mensa dringender Handlungsbedarf.
Wir müssen gewerbliche Bauplätze schaffen. Die Betriebe brauchen eine Zukunftsperspektive. Warum ist Wolpertshausen Vorzeige-Kommune für Ökobetriebe und nicht Kirchberg?
Wir brauchen Bauplätze – vor allem in Kirchberg und Lendsiedel. Um nicht unnötig Flächen zu versiegeln, sollten zuerst leerstehende Häuser und Baulücken in den Ortskernen genutzt werden.
Bei allen Bauprojekten ist auf den Umweltschutz zu achten. Wohin der Klimawandel führt, haben wir erst vor einer Woche auch in Kirchberg gesehen. In Diembot sieht es schlimm aus.
Angesichts solch existenzieller Nöte geraten die Bedürfnisse der Kulturschaffenden leicht in den Hintergrund. Das Museum, die Stadtbücherei, die Schlosskonzerte, die Vereine und Bürgerinitiativen brauchen nicht nur unser Wohlwollen, sondern unsere konkrete Unterstützung. Nur wenn wir die Kulturgüter erhalten und schützen, kommen Touristen gerne nach Kirchberg. Nur wenn wir die Vereine und Gruppen konkret unterstützen, haben wir ein aktives und buntes Gemeindeleben.
Die Kindergärten brauchen die bestmögliche Ausstattung. Die Ganztagesbetreuung gilt es weiter auszubauen.
Die Instandsetzung und Pflege von Spielplätzen sollte nicht nur den Elterninitiativen übertragen werden. Die Stadt ist hier in der Pflicht. Finanziell und auch personell.
Kirchberger Jugendliche wünschen sich einen Kunstrasenplatz und einen Skaterplatz. Ein Kleinspielfeld mit Kunstrasen fordert schon länger auch die TSG Kirchberg – unser größter Verein in der Stadt. Gemeinsam müsste das zu schaffen sein.
Die jungen Menschen sind unsere Zukunft. Ihnen sollten wir unsere ganze Kraft und Aufmerksamkeit schenken. Lassen Sie uns alle gemeinsam die Zukunft Kirchbergs gestalten. Wenn wir zusammen anpacken und Gräben überwinden, können wir eine Menge schaffen. Gehen Sie am Sonntag zur Wahl. Wenn Sie mit mir in einigen Dingen übereinstimmen, würde ich mich über Ihre Stimme und Ihr Vertrauen freuen.