Hohenlohe-ungefiltert hat wegen des Tiersterbens in der Jagst beim Landratsamt Schwäbisch Hall nachgefragt. Hier die Fragen von Hohenlohe-ungefiltert und die Antworten der Pressestelle des Landratsamts vom 2. September 2015.
Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
1.: Warum werden die Schadstoffwerte seit Freitag nicht mehr am Mühlkanal in Lobenhausen gemessen, obwohl dort noch am vergangenen Donnerstag die höchste Ammoniumkonzentration im Landkreis war?
Landratsamt: Die Messstelle ist jetzt in Mistlau (kurz nach der Einleitstelle des Mühlkanals), da kein ausreichender Durchfluss mehr im Mühlkanal ist.
2.: Warum wurden bis Donnerstag auf Gemarkung Kirchberg an der Jagst keine Nitratwerte gemessen?
Um vertiefende Erkenntnisse zu erhalten wurde ab Donnerstag die Messstelle in Kirchberg integriert.
3. Treten derzeit noch gefährliche Stoffe von der Brandstelle und der dortigen Umgebung in die Jagst?
Nein.
4. Ist das Rückhaltebecken in Lobenhausen derzeit leer; treten von dort keine Schadstoffe mehr in die Jagst?
Ja, es treten keine Schadstoffe aus dem Rückhaltebecken aus.
5. Warum konnten Schadstoffe durch das Rückhaltebecken in die Jagst gelangen?
Wird ermittelt.
6. Warum wurde der Mühlkanal nicht gleich zu Beginn der Löscharbeiten von der Jagst getrennt?
Wird ermittelt.
7. Warum wurde der Mühlkanal nicht durch einen Damm schnellstmöglich abgedichtet, damit kein Gift in die Jagst gelangt?
Wird ermittelt.
8. Wann (Datum und Uhrzeit) hat das Landratsamt erstmals die Gemeinden flussabwärts über die kommende Giftwelle alarmiert?
Die Anrainergemeinden unterhalb des Schadortes wurden am Sonntag, 23. August 2015, um 10:39 Uhr auf Veranlassung des Landratsamtes durch die Leitstelle über die Verunreinigung der Jagst informiert. Die Anrainergemeinden wurden vom Landratsamt darum gebeten Bürgerinnen und Bürger, die Fischereiverbände sowie die Verantwortlichen ins Bild zu setzen.
Dass diese Informationskette funktioniert hat, wurde beim Arbeitskreis „Unsere Jagst“ am 1. September 2015 von den Verantwortlichen bestätigt. Selbstverständlich ist es für Landratsamt und die Gemeinden nicht möglich, sämtliche Fischereibevollmächtigte zu verständigen, da diese oft nicht bekannt sind oder weit außerhalb des Landkreises wohnhaft sind.
Die Informationskette machte es möglich, dass Fischer im Bereich Mistlau Rückzugsgewässer für Fische installieren konnten und damit einen Teil der Population retten konnten.
Im Weiteren wurden der benachbarte Hohenlohekreis und der Landkreis Heilbronn, das Regierungspräsidium Stuttgart und das Innenministerium Baden-Württemberg benachrichtigt. Der Arbeitsbereich Gewerbe und Umwelt der Polizei hatte inzwischen die Ermittlungen aufgenommen.
9. Wann hat das Landratsamt erstmals die Mühlenbesitzer flussabwärts informiert, um Zonen zu schaffen, in denen die Wassertiere vom Giftwasser verschont bleiben? Leiten des Jagstwassers durch die Mühlkanäle?
Antwort: Siehe Frage 8
10. Wann hat das Landratsamt die Fischereivereine entlang der Jagst informiert, damit diese noch möglichst viele Flusstiere vor der Giftwelle in Sicherheit bringen können?
Antworten: Siehe Frage 8; siehe hierzu auch unten stehende Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall
11. Wann hat sich das Landratsamt erstmals an Süßwasserexperten gewandt, um Unterstützung und Informationen zur Eindämmung der Gefahren und Schäden zu bekommen?
Am Montagmorgen hat das Landratsamt telefonisch Kontakt mit dem LUBW und dem Fischereisachverständigen des Regierungspräsidiums (RP) aufgenommen.
12. Wohin kann ich mich als Bürger auch am Wochenende und nachts direkt wenden, wenn es brennt und die Gefahr von Schäden durch Giftstoffe besteht?
An die Integrierte Leitstelle der Polizei und Feuerwehr (112).
Zudem wurden folgende Kontakte vom Landratsamt in der Presse sowie auf der Homepage des Landkreises Hall veröffentlicht:
Fischsterben in der Jagst – Kontaktdaten:
Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz (Entsorgung der verendeten Tiere, Anforderung von Containern)
Tel. 0160 96690364, (Tierkörperbeseitigung Sulzdorf, Herr Tischer)
Tel. 07904/7007-3240, (Veterinäramt)
Tel. 07904/7007-3250 oder 0172 9237821, (Amtsleiter Dr. Schreiber)
Tel. 07904/7007-3252 (Dr. Klöss)
Bürgertelefon/Bürgerreferentin:
Tel. 0791/755-7841 (Frau Ilg)
Stadtverwaltung Kirchberg/Jagst
Tel. 07954/98010
Stadtverwaltung Ilshofen
Tel. 07904/7020
Stadtverwaltung Gerabronn
Tel. 07952/6040
Stadtverwaltung Langenburg
Tel. 07905/91020
13. Mitglieder von Umweltschutzverbänden und von Fischereivereinen sagen, dass vom Umweltamt Schwäbisch Hall viel zu lange niemand zu erreichen war. Dadurch seien viele wertvolle Stunden verstrichen, in denen viele Tiere hätten gerettet werden können. Wann konnten diese Menschen erstmals erfolgreich Kontakt mit dem Landratsamt aufnehmen?
Am Montagmorgen.
Wann hat das Landratsamt erstmals von dem Giftunglück in Lobenhausen Kenntnis erhalten?
Am Sonntag nach Sonnenaufgang (zirka 7:46Uhr) hat der Gewässerwart, der Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Kirchberg/Jagst ist, unterhalb der Brandstelle ein Fischsterben festgestellt. Die anwesende Vertreterin des Landratsamts – Fachdienst Wasserwirtschaft (ab zirka 8:30 Uhr) – hat sofort eine Beprobung des Jagstwassers durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass die Werte von Ammoniumnitrat im Mühlkanal, das aus den gelagerten Düngemitteln stammt, bis zum 200-fachen für Fische kritischen Wert überschritten waren. Es wurde daraufhin sofort vom ebenfalls anwesenden Ersten Landesbeamten Michael Knaus veranlasst, dass der Mühlkanal vom Netz des Jagstgewässers getrennt wurde.
14. Warum hat es bisher im Landkreis Schwäbisch Hall noch keine Informationsveranstaltung zu dem Tiersterben in der Jagst gegeben wie im Hohenlohekreis? Wann ist eine solche Veranstaltung für den Landkreis Hall geplant?
Antwort: Siehe unten stehende Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall.
15. Wie kommentieren Sie die Aussagen des Süßwasser-Fachmanns Michael Pfeiffer (Limnologe aus Freiburg) in der Ausgabe des Hohenloher Tagblatts vom 1. September 2015 (http://www.swp.de/crailsheim/lokales/landkreis_schwaebisch_hall/800-000-Liter-kontaminiertes-Loeschwasser-in-Crailsheim-Kritik-an-Landratsamt-erneuert;art5722,3404636) und in der Stuttgarter Zeitung vom 28. August 2015 http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.fischsterben-in-der-jagst-die-menschen-kaempfen-um-ihren-fluss.de1c8db6-db3a-4d0b-8102-eead45cfe1ce.html ?
Antwort: Siehe unten stehende Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall.
16. Wie groß ist der entstandene Schaden?
Wird ermittelt.
17. Was hat die Landkreisverwaltung beim Schadensfall in Lobenhausen und entlang der Jagst falsch gemacht?
Diese Frage kann so nicht beantwortet werden. Hierzu braucht es differenzierte Analysen, da es für so einen Schadensfall bisher keine Vorgaben und Aktionspläne gibt. Das Landratsamt musste sich jegliches Vorgehen selbst erarbeiten.
Siehe hierzu auch die weitere unten anhängende Pressemitteilung, die das Landratsamt Schwäbisch Hall zusammen mit dem Hohenlohekreis verfasst hat.
18. Was wird der Landkreis nun tun, um künftig solche Unglücke zu verhindern und im Schadensfall wirkungsvoller reagieren zu können?
Antwort: Siehe unten stehende Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall.
19. Was (außer Spenden sammeln) will der Landkreis tun, um möglichst bald wieder möglichst viele Tierarten in der Jagst anzusiedeln?
Antwort: Siehe unten stehende Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall.
20. Wann (falls überhaupt) kann die Jagst unterhalb von Lobenhausen wieder solch einen Artenreichtum bekommen wie vor der Giftwelle?
Antwort: Siehe unten stehende Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall.
Aktueller Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 2. September 2015:
Fischsterben in der Jagst: Jetzt ermittelt der Staatsanwalt http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.fischsterben-in-der-jagst-jetzt-ermittelt-der-staatsanwalt.c7150b2f-7c1a-4810-8755-54359ef24a7d.html
Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 2. September 2015 (Die Zwischenüberschriften hat die Redaktion von Hohenlohe-ungefiltert hinzugefügt):
Jagst ist nicht ökologisch tot – Kleinstlebewesen haben überlebt
Erste Ergebnisse aus dem Arbeitskreis – Messwerte weiter im Blick
Eine sehr gute Nachricht erreichte das Landratsamt Schwäbisch Hall am Vormittag: Die Jagst ist nicht ökologisch tot, sondern entgegen aller Befürchtungen haben die Kleinstlebewesen in vollem Spektrum, nur mit Ausnahme des Flohkrebses und des Hakenkäfers, überlebt. Der Flohkrebs kam in dem Teil der Jagst aber relativ selten vor. Im Juni 2012 wurden bei Mistlau (Kirchberg/Jagst) nur drei Exemplare gefunden. Die Untersuchung des vom Landratsamt beauftragten Stuttgarter Gewässerbiologen Walter Steineck ergab, dass das biologische Gesamtbild der Jagst unterhalb der Brandstelle recht ähnlich der unbelasteten Jagst ist. „Eine Einwirkung der Schadstoffwelle ist anhand des Merkmals Makrozoobenthos praktisch nicht nachweisbar, weder im Nah- noch im Fernbereich (Mistlau beziehungsweise Oberregenbach)“, sagt der Experte unter Vorbehalt der genaueren Auswertungen, der zum Vergleich die Jagst bei Neidenfels (Gemarkung Satteldorf) untersucht hat. Das massenhafte Fischsterben habe wohl keinen benthischen Effekt ausgelöst.
Kein ökologischer Tod der Jagst
Die Nahrungsgrundlagen für Fische sind also vorhanden, daher kann nicht von einem ökologischen Tod der Jagst gesprochen werden. Die Häufigkeit des natürlichen Vorkommens von Flohkrebsen und Hakenkäfern in der Jagst oberhalb der Brandstelle wird untersucht.
Schwerer ökologischer Schaden
Auch die Fischereiforschungsstelle Langenargen schätzt die Situation vor Ort in einer Stellungnahme von Dr. Alexander Brinker optimistisch ein: „Die Jagst hat einen schweren ökologischen Schaden erlitten, der sich auch längerfristig auf die Artenzusammensetzung auswirken kann. Der positive Aspekt, wenn man das in diesem Zusammenhang sagen kann, ist, dass nach aktuell kommunizierter Sachlage nur Ammoniumnitrat eingetragen wurde. Dies bedeutet, der Fluss ist nicht strukturell geschädigt und wird in Zukunft auch sein vorher bekanntes ökologisches Potential aufweisen. Unter der Voraussetzung, dass keine Fisch-Art komplett ausgelöscht wurde, können wir berechtigter Hoffnung sein, auch die genetischen Varianten der Jagst in Zukunft zu erhalten. Der Fluss selber wird auch in den stark betroffenen Bereichen schnell wieder Leben zeigen, wenn auch die Artengemeinschaften sich in ihrer Diversität und relativen Zusammensetzung erst in der Zukunft einstellen werden. Insgesamt schätzen wir die Situation im Hinblick auf eine Genese optimistisch ein.“
Arbeitskreis „Unsere Jagst“ tagte erstmals am 1. September 2015
Um schnellstmöglich effektive Maßnahmen zur Wiederansiedlung von Fischen und anderen Lebewesen in der Jagst zwischen Kirchberg-Lobenhausen und der Kreisgrenze umzusetzen, entschied sich das Landratsamt Schwäbisch Hall dafür, die Kräfte zu bündeln, um gleich auf der fachlichen Ebene mit der Arbeit beginnen zu können. Am gestrigen späten Nachmittag tagte deshalb erstmals der Arbeitskreis „Unsere Jagst“.
Das Gremium erarbeitete insbesondere folgende vordringliche Maßnahmen beziehungsweise traf folgende Feststellungen:
– Die Nahrungskette in der Jagst muss wieder hergestellt werden, bevor Fische eingesetzt werden können. Vor der Wiedereinsetzung erfolgt deshalb eine genaue Artenanalyse.
– Im Schadensbericht durch die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) werden die heimischen Arten festgelegt, so dass ein artengerechter Wiederbesatz erfolgen kann. (http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/253160/)
– Die Durchgängigkeit der Jagst für Fische wird forciert.
– Als Ausgleichsmaßnahme sollen im Bereich der Jagst Auebiotope angelegt werden.
– Die Seitenbäche der Jagst werden auf Fische, Muscheln und Kleinlebewesen untersucht, und Bestandsdaten werden erhoben.
– Die Landwirte werden gebeten, in der Jagstaue und im Bereich der Seitengewässer auf Düngung zu verzichten, damit sich das Jagstwasser weiterhin erholen kann. Es ist darauf zu achten, dass die Gülleverordnung des Landes eingehalten wird.
– Die Kommunen werden gebeten, eine Kontaktdatenliste der Fischereiberechtigten zu erstellen, die im Gemeindegebiet vorhanden sind. Nach dem derzeitigen Fischereirecht sind die Nutzungsberechtigten nicht einheitlich erfasst.
– In der Universität Freiburg werden derzeit drei verendete Fische untersucht. Das Ergebnis wird dem Landratsamt baldmöglichst mitgeteilt.
– Die Anschwemmung von verendeten Fischen aus dem Landkreis Schwäbisch Hall im Hohenlohekreis wird von dort überwacht.
– Die Frage des Schadensersatzes für die Fischereivereine wird auch vom Landesfischereiverband geprüft.
– Das Landratsamt wird die von den Fischereivereinen gemeldeten Schäden an das Regierungspräsidium weiterleiten. Informationen über verendete Vögel, die eventuell gefunden werden, werden an das Veterinäramt des Landratsamts weitergegeben.
– Die Klärwärter der Anrainerstädte werden regelmäßig über die laufenden Sauerstoffwerte des Jagstwassers informiert.
– Die über 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren – neben den Mitgliedern des Krisenstabs beim Landratsamt – Vertreter/innen der betroffenen Fischereivereine, der Umweltverbände, die Bürgermeister Klaus-Dieter Schumm (Gerabronn), Roland Wurmthaler (Ilshofen) und Wolfgang Class (Langenburg) sowie Ordnungsamtsleiter Jürgen Köhnlein (Kirchberg/Jagst) als Vertreter der Anliegerstädte und Vertreter des Regierungspräsidiums aus den Bereichen Naturschutz, Oberirdische Gewässer und Fischerei. In dieser Runde waren auch der Erste Landesbeamte Gotthard Wirth und der Fachbereichsleiter Wasserwirtschaft des Hohenlohekreises sowie eine Vertreterin der Gemeindeverwaltung Mulfingen beteiligt.
– Der nahezu identische Personenkreis der Hauptbetroffenen war bereits vor einer Woche, am Dienstag 25. August 2015, ins Landratsamt einberufen worden, wo Erster Landesbeamter Michael Knaus über den aktuellen Stand der Erkenntnisse berichtet hatte.
– Im Arbeitskreis „Unsere Jagst“ herrschte eine ernste, jedoch optimistische Stimmung.
Bestätigt wurde, dass die Information über den Unglücksfall bei der Lobenhausener Mühle nach der Brandnacht bereits am Sonntagvormittag bei den betroffenen Fischereivereinen angekommen ist.
– Deutlich wurde, dass sich die Fischereivereine derzeit große Sorgen um ihre Zukunft machen. Wegen der anstehenden Aufgaben, die ehrenamtlich zu bewältigen sind, befürchten sie zurückgehende Mitgliederzahlen und finanzielle Probleme. Erster Landesbeamter Michael Knaus hatte vor diesem Hintergrund veranlasst, dass bereits am vergangenen Montag ein Spendenkonto eingerichtet wurde. Mit den eingehenden Mitteln soll auch das Ehrenamt in den Fischereivereinen gefördert werden. Die Bankverbindung ist auf der Startseite der Homepage des Landkreises Schwäbisch Hall eingestellt.
– Sobald in zirka drei Wochen der Schadensbericht vorliegt, findet das nächste Zusammentreffen des Arbeitskreises „Unsere Jagst“ statt. Der Expertenkreis wird im Laufe der Arbeit noch ausgeweitet.
– Weiterhin werden die Wasserwerte laufend überprüft und Belüftungsmaßnahmen zur Verbesserung des Sauerstoffgehalts durchgeführt. Der erhöhte Ammonium-Wert in der Jagst bei Mistlau geht mehr und mehr zurück. Die aktuellen Sauerstoffwerte werden täglich aktualisiert auf der Internetseite des Landratsamts eingestellt.
Gemeinsame Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall und des Landratsamts Hohenlohekreis vom 1. September 2015 zur Schadstoffbelastung in der Jagst (Zwischenüberschriften von Hohenlohe-ungefiltert):
Ammonium-Werte im Wasser bis zum 200-fachen des für Fische kritischen Wertes
Am Morgen des 23. August 2015 (Sonntag) wurden unterhalb der Brandstelle in Kirchberg-Lobenhausen im Landkreis Schwäbisch Hall in der Jagst verendete Fische entdeckt. Es stellte sich heraus, dass mit Düngemittel verunreinigtes Löschwasser in unbekannter Menge in die Jagst gelangte. Bei Sonnenaufgang befand sich das kontaminierte Löschwasser schon in der Jagst und war entsprechend weiter geflossen. Die Vertreterin des Fachdienstes Wasserwirtschaft des Landratsamts Schwäbisch Hall hat unverzüglich vor Ort eine Beprobung des Wassers durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass die Ammonium-Werte im Wasser bis zum 200-fachen des für Fische kritischen Wertes überschritten waren. Erster Landesbeamter Michael Knaus, Landratsamt Schwäbisch Hall, hat unverzüglich veranlasst, dass der Mühlkanal vom Netz des Jagstgewässers getrennt wurde. Im Kanal wurde per Bagger ein Wall aufgeschüttet und der Löschwasserrückhaltebehälter vollständig geleert, um zu verhindern, dass weitere Schadstoffe in die Jagst gelangen.
Gemeinden über das Fischsterben informiert
Ein Auspumpen der Jagst war faktisch nicht möglich. Dies hätte zudem zu erheblichen und unwiederbringlichen Schäden an der Ökologie der Jagst geführt, weil erhebliche Flussabschnitte trocken gefallen wären. Bereits am Vormittag wurden die betroffenen Städte im Landkreis Schwäbisch Hall über das Fischsterben informiert mit der Bitte, die Fischereiberechtigten sowie die Anwohner zu unterrichten.
Öffentlichkeit am Montag informiert
Am Morgen des 24. August 2015 trat im Landratsamt Schwäbisch Hall ein Krisenstab zusammen, der das weitere Vorgehen besprach und die weiteren Schritte im Landkreis Schwäbisch Hall sofort veranlasste. Mit Presseerklärung vom 24. August 2015 (Ausgang Landratsamt Schwäbisch Hall um 13 Uhr) wurde die Öffentlichkeit über die veranlassten Maßnahmen umfassend informiert.
Krisenstab im Hohenlohekreis
Am Dienstag, 25. August 2015 wurde auch im Landratsamt Hohenlohekreis unter der Leitung von Landrat Dr. Neth ein Krisenstab eingerichtet. Am Nachmittag des 25. August wurden die Vertreter der anliegenden Kommunen bis Mulfingen, deren Fischereivereine sowie der Hohenloher Landrat bei einem Termin im Landratsamt Schwäbisch Hall über den aktuellen Stand informiert.
Kein festgelegtes Maßnahmenkonzept
Die Schadstoffwelle erreichte am Morgen des 26. August 2015 (Mittwoch) die Kreisgrenze zum Hohenlohekreis und die Maßnahmen zum Schadstoffabbau begannen im Hohenlohekreis. Von der Grundlagenarbeit des Landratsamts Schwäbisch Hall konnten der Hohenlohekreis und der Landkreis Heilbronn profitieren, da es bei derartigen Schadensfällen an Fließgewässern kein festgelegtes Maßnahmenkonzept gibt. Regierungspräsident Johannes Schmalzl, Regierungsvizepräsident Dr. Christian Schneider und die Fischereiforschungsstelle Langenargen haben die Vorgehensweise des Landratsamtes Schwäbisch Hall als richtig bestätigt. Regierungspräsident Johannes Schmalzl: „Die Verantwortlichen in den zuständigen Landratsämtern haben in Anbetracht des Ausmaßes des Unglücks überlegt reagiert und alle Möglichkeiten zur Eindämmung des Schadens ergriffen.“
Erkenntnisse für zukünftige Arbeit nutzen
„Dank der hervorragenden Zusammenarbeit der Kreisverwaltungen sowie der großartigen Unterstützung der freiwilligen Helferinnen und Helfern konnten wir gemeinsam die zahlreichen Herausforderungen erfolgreich abarbeiten. Die Landratsämter konnten Erkenntnisse gewinnen, die sie für die zukünftige Arbeit nutzen können“, erklärt Gerhard Bauer, Landrat des Landkreises Schwäbisch Hall.
Landratsamt Heilbronn frühzeitig in Besprechungen einbezogen
Auch Dr. Matthias Neth, Landrat des Hohenlohekreises, ist dankbar über die gute Zusammenarbeit mit den Nachbarlandkreisen. „In solchen Krisensituationen ist es besonders wichtig, dass die Zusammenarbeit zwischen den Behörden funktioniert. Daher bin ich froh, dass wir auf die gute Vorarbeit des Landratsamtes Schwäbisch Hall aufbauen und somit zügig die ersten Rettungsmaßnahmen einleiten konnten“. Das Landratsamt Heilbronn wurde ebenfalls frühzeitig in Besprechungen einbezogen und über die eingeleiteten Maßnahmen informiert.
Schadstofffahne erreicht den Landkreis Heilbronn
Seit gestern (Montag, 31. August 2015) ist die Schadstofffahne nun im Landkreis Heilbronn eingetroffen. Sie wird voraussichtlich in der zweiten Wochenhälfte den Hohenlohekreis verlassen. Messungen zur Wasserqualität der Jagst werden weiterhin im Landkreis Schwäbisch Hall und im Hohenlohekreis durchgeführt. Aufgrund von Verwesungsprozessen ist nun der Sauerstoffgehalt der Jagst ein besonders wichtiger Paramater. Die Belüftungsmaßnamen werden weiterhin fortgesetzt.
Info:
Die Fließstrecken der Jagst unterhalb der Schadensstelle in Kirchberg-Lobenhausen betragen im Landkreis Schwäbisch Hall 29 Kilometer, im Hohenlohekreis und im Landkreis Heilbronn jeweils 45 Kilometer. Anschließend mündet die Jagst in den Neckar.