„Irgendwo in Hohenlohe“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: der Episoden siebenundzwanzigster Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig, und sind weder gewollt noch beabsichtigt.
Von Birgit Häbich
XXVII Bande
… Carl bat Paula zu fahren – er konnte sich nicht auf seine Gedanken konzentrieren und gleichzeitig den Wagen lenken. Paula fuhr dann gemächlich über die ihr altbekannten, kurvenreichen Landstraßen Richtung Südosten und schwieg. In seinem Kopf jedoch zuckten Erinnerungen, wie grelle Blitze schossen sie ziellos durcheinander. Warum musste sie ihn so bedrängen? Warum konnte sie nicht warten und erst die schöne gemeinsame Zeit genießen? Es würde doch noch tausend Gelegenheiten geben, miteinander zu reden. Oder würde sie ihn womöglich gleich wieder verlassen? Carl fühlte sich plötzlich schlecht, aus seiner Magengegend kam dumpf der erste Vorbote, noch eine kleine Weile und der altbekannte Schmerz würde ihn wieder überfallen. Carl konnte keinen zusammenhängenden Gedanken fassen, er bekam Angst. Angst sie wieder zu verlieren. Würde Paula die ganze Wahrheit verkraften? Was sollte er tun? Die Erinnerungen in seinem Kopf überschlugen sich, er konnte ihnen weder eine sinnvolle Reihenfolge geben, noch einen Anfang finden, um
Paulas Forderung zu erfüllen.
Ellwanger Land
Noch immer schwieg Paula, und sie fuhr wie üblich sehr vorsichtig. Ihre schlechten Augen ließen keinen rasanten Fahrstil zu. Und weil sie Carl immer wieder aus den Augenwinkeln beobachtete, musste sie die Geschwindigkeit dementsprechend anpassen. Trotzdem waren sie nach kurzer Zeit am höchsten Punkt im Ellwanger Land angelangt. Der sonst so grandiose Blick auf das wunderschöne Umland wurde durch die beginnende Dämmerung zwar eingeschränkt. Doch verstärkte gerade die hereinbrechende Nacht die erhabene Stille des Ortes. Selbst wer nicht in dieser herben und doch so anmutigen Gegend aufgewachsen ist, kann erahnen wie schön der Virngrund und die Schwäbische Alb von dort aus im hellen Sonnenlicht zu sehen
sind.
Dem Tod ein stummes Lied
Mönche hatten im 11. Jahrhundert auf dem Hohenberg eine Kirche erbaut und sie dem Pilgerpatron, dem heiligen Jakobus, geweiht. Im Mittelalter machten hier ganze Scharen durchreisender Pilger, dem Ziel – das Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela in Spanien – entgegenschreitend, ihre Rast. Das zur Kirche gehörige Jakobushaus wurde einst durch den Pfarrer Sieger Köder mit Bildern geschmückt. Man entdeckt während eines beschaulichen Rundgangs um die Kirche und auf dem Friedhof, immer wieder über höchst eigentümliche Skulpturen, welche durch sich selbst eine beredte Predigt zu halten scheinen. Unvermittelt tauchen ergreifende künstlerische Botschaften auf, so geigt da ein metallenes Gerippe auf der Mauer sitzend, dem Tod ein stummes Lied.
Viele Freunde verloren
Paula stellte den Wagen ab, sie stiegen beide aus und liefen dann schweigend nebeneinander her. Nachdem sie die Kirche zur Hälfte umrundet hatten, setzte er sich auf eine Bank und bat Paula darum, sich neben ihn zu setzen. Carl Eugen Friedner rang mit sich, es fiel ihm schwer die richtigen Worte zu finden. Er bat Paula um
Geduld, er erklärte ihr, dass er so schnell, wie sie sich das vermutlich vorstellte, keine Erklärungen abgeben könne – zu sehr nehme ihn das Geschehene auch heute noch mit. Schließlich hatte er viele Freunde – auch vermeintliche – verloren und besonders schwierig sei es für ihn, Paula gegenüber zuzugestehen, was ihm misslungen sei.
Uneingeschränkte Gefolgschaft erwartet
Carl legte Paula seine Befürchtungen, sie zu verlieren oder gar in ihren Augen schlecht dazustehen, dar. Und er fragte sich still, ob sie ihm wohl glauben würde? Er wollte Paula damals nicht schaden, sondern ihr helfen. Gleichzeitig wollte er aber seine ganzen guten Verbindungen nicht aufs Spiel setzen. Die alten Freunde nicht
aufgeben und trotzdem zu ihr stehen. Aus heutiger Sicht ein unmögliches Unterfangen – erwarteten die früheren Kameraden doch eine uneingeschränkte Gefolgschaft. Es war verpönt, sich gegen die üblen Machenschaften mancher abzugrenzen. Ihm wurde es damals als Illoyalität ausgelegt, als erkannt wurde, dass
er dabei war, ihr den Rücken zu stärken. Und wenn er offen für Paula Engel Position bezog, ließ man ihn das spüren.
Betrug an ihrer Freundschaft
Sie schwieg noch immer, Paula hatte erwartet, dass er nun zügig zum Kern der Vergangenheit kommen würde und war enttäuscht über sein, in ihren Augen lapidares, Geständnis. Es leuchtete ihr nicht ein, warum sich Carl so umständlich anstellte und damals in seinem Wirkungskreis derart gefangen war, dass er sie sogar in aller Öffentlichkeit verraten hatte. Sie wollte die Wahrheit wissen, und vor allem wollte sie wissen, wer genau in welcher Funktion damals beteiligt war. Für sie war es Betrug, an ihrer beider Freundschaft, an ihrer Liebe zu ihm und vor allem fühlte Paula sich von einer hinterlistigen Bande um ihr Erbe betrogen – was letztendlich schlimmer wog, wusste sie nicht zu sagen. Jedenfalls war sie nicht bereit das Geschehene einfach so stehen zu lassen…. Fortsetzung folgt.
Beschreibungen der Kunst und des Wirkens von Pfarrer Sieger Köder befinden sich im Internet, unter anderem auf folgender Seite: http://www.gemeinde-rosenberg.de/index.php?id=360
Kontakt zur Autorin:
Sollte sich jemand aus der Leserschaft durch die Beschreibung der Machenschaften daran erinnert fühlen, wie eine Immobilie verloren gegangen ist, können sich diejenigen gern an die Autorin wenden.
E-Mail: b.haebich@web.de