Im Bundestag hat nun ein so genannter Hauptausschuss seine Tätigkeit aufgenommen. Dieser Super-Ausschuss soll bis auf weiteres sämtliche regulären Parlamentsausschüsse ersetzen. 47 Abgeordnete übernehmen jetzt also die Arbeit von 631 Parlamentariern.
Von der Organisation Abgeordnetenwatch
Warum ist ein einzelner Ausschuss problematisch?
Im parlamentarischen Alltag bearbeiten Ausschüsse festgelegte Fachbereiche, alle Abgeordneten des Bundestages sind in die Ausschussarbeit eingebunden. Aktuell haben diese Befugnis aber nur 47 Abgeordnete. Das bedeutet: Die große Mehrheit, 584 Abgeordnete, ist vom Kern der parlamentarischen Arbeit ausgeschlossen.
Drei Anträge der Linken wurden gar nicht behandelt
Die Themen sind nicht eindeutig geregelt. Das führt dazu, dass im Hauptausschuss alle Themen behandelt werden können, obwohl von den Oppositionsparteien unter Umständen gar kein Fachpolitiker in dem Gremium sitzt. Obwohl es bislang erst zwei Sitzungen gab, standen im Hauptausschuss bereits Steuergesetze, der ESM, der Bundeswehreinsatz im Mittelmeerraum, der NSA-Skandal und die Rentenbeiträge auf der Tagesordnung. Drei Anträge der LINKEN wurden aber mit Verweis auf die künftigen Fachausschüsse gar nicht behandelt.
Warum werden die regulären und teilweise im Grundgesetz vorgeschriebenen Ausschüsse nicht eingesetzt?
Laut der künftigen großen Koalition soll zunächst der Zuschnitt der Ministerien abgewartet werden, damit sich die Ausschüsse der Ressortverteilung anpassen können. Alternativ schlägt die Opposition vor, die gesetzlich vorgeschriebenen Ausschüsse Verteidigung, Haushalt, Petition, Auswärtiges sowie EU bereits einzusetzen. Vorsitzender des Hauptausschusses ist Bundestagspräsident Norbert Lammert. Den stellvertretenden Vorsitz übernehmen die sechs Bundestagsvizepräsidenten.
Alle Mitglieder des Ausschusses finden Sie im Internet auf folgender Seite:
http://www.abgeordnetenwatch.de/hauptausschuss-1122-1320.html
Weitere Informationen im Internet:
http://beta.abgeordnetenwatch.de/blog/2013-12-05/47-abgeordnete-ersetzen-jetzt-das-parlament#sthash.SOLcWXs2.dpuf
Bundestag beschließt Arbeitsverweigerung
Fast zwei Monate nach der Wahl ist der Bundestag noch immer nicht arbeitsfähig – und das wird auch vorerst so bleiben: Am Montag stimmten CDU/CSU und SPD für eine Fortsetzung des parlamentarischen Stillstands. Die Große Koalition lässt schon jetzt ihre Muskeln spielen.
Von der Organistation Abgeordnetenwatch
Noch immer Sommerferien?
„Ich wünsche Ihnen allen einen ruhigen und gesunden Sommer.“ Mit warmen Worten verabschiedete Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse die Abgeordneten bei der letzten regulären Parlamentssitzung vor der Wahl in die Ferien. Das war am 28. Juni 2013. Inzwischen neigt sich das Jahr seinem Ende zu, doch im Bundestag geht es noch immer recht gemächlich zu.
Seit fünf Monaten nicht mehr arbeitsfähig
Seit fast fünf Monaten ist die Volksvertretung nun schon nicht arbeitsfähig, weil es keine Ausschüsse gibt. Ohne Ausschüsse kein Gesetzgebungsverfahren. Und ohne Gesetzgebungsverfahren keine Gesetze, also: parlamentarischer Stillstand. Nach dem Willen von CDU/CSU und SPD soll sich daran erst einmal nichts ändern. Weil Schwarz und Rot hinter den Kulissen Gemeinsamkeiten für eine Koalition ausloten, soll der Bundestag keine Fakten schaffen können, indem er beispielsweise über einen Gesetzesantrag abstimmt.
7.500 Petitionen von Bürgern warten auf Bearbeitung
Am Montag scheiterte die Linkspartei mit einem Antrag auf Einsetzung von neun Bundestagsausschüssen. Dagegen stimmten: CDU, CSU und SPD. So kommt es, dass beispielsweise ein Grünen-Antrag über die Aufnahme von Edward Snowden in Deutschland derzeit ebenso feststeckt wie ein Entwurf der Linkspartei, der die Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung stabilisieren soll. Ganz nebenbei warten rund 7.500 Petitionen, also Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern, auf Bearbeitung – es gibt keinen Petitionsausschuss, der sich darum kümmern könnte.
Parlament kreist um sich selbst
Dabei ist es nicht so, dass im Bundestag derzeit keine Entscheidungen getroffen würden. Als es darum ging, sich je einen zweiten Vizepräsidentenposten zu genehmigen, führten Union und SPD in Windeseile eine Abstimmung herbei.
Ist Hauptausschuss rechtswidrig?
Doch was den parlamentarischen Alltag angeht, ist das schwarz-rote Gebaren bisweilen äußerst merkwürdig. Zwei Anträge zum NSA-Abhörskandal, die die Linkspartei und die Grünen zur Abstimmung vorgelegt hatten, schob die Große Koalition in spe am Montag in einen ominösen, zur damaligen Zeit noch gar nicht exisitierenden „Hauptausschuss“ ab. Einen solchen Hauptausschuss kennt weder das Grundgesetz noch die Geschäftsordnung des Bundestags. Aber Union und SPD bietet er die Gelegenheit, dort alles Unbequeme parken zu können, bis in ferner Zukunft einmal die regulären Ausschüsse eingesetzt werden.
Minderheiten kommen zu kurz
Unklar ist derzeit, wann ein solcher Hauptausschuss gebildet werden würde oder wer diesem angehört. Auf einer Sitzung der Parlamentarischen Geschäftsführer an diesem Mittwoch soll der weitere Fahrplan festgelegt werden. Politiker von Union und SPD hatten zwar in den vergangenen Wochen mehrfach betont, wegen ihrer erdrückenden 80 Prozent-Mehrheit die Opposition mit zusätzlichen Minderheitenrechten ausstatten zu wollen. Doch im Zusammenhang mit dem Hauptausschuss, der von Linken strikt abgelehnt und von den Grünen kritisch gesehen wird, kann davon keine Rede sein.
Selbstblockade des Parlaments
Das Beispiel zeigt, wie Union und SPD ihre Macht ausnutzen – sogar zur Selbstblockade des Parlaments. Wenn dies die ersten Anzeichen sind, könnte der parlamentarische Alltag in den nächsten vier Jahren zur Farce verkommen.
Roman Ebener, Martin Reyher
Update 21. November 2013:
Der von Union und SPD verlangte „Hauptausschuss“ soll bei einer Bundestagssitzung in der kommenden Woche eingesetzt werden, wie Parlamentspräsident Norbert Lammert gestern nach einem Treffen mit den Parlamentarischen Geschäftsführern mitteilte. Bis zur Einsetzung der regulären Bundestagsausschüsse (voraussichtlich im Januar 2014) soll der Super-Ausschuss Gesetzentwürfe und Anträge beraten sowie die aufgelaufenen Petitionen bearbeiten. Kritik kam von der Linkspartei. Eine fachliche Behandlung von Gesetzentwürfen und Initiativen in der ganzen Breite, wie sie das Grundgesetz als Regelfall vorsehe, sei in einem solchen Ausschuss nicht möglich.
Weitere Informationen im Internet:
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