Hohenlohe-ungefiltert hat die Direktkandidatin und die Direktkandidaten des Wahlkreises Schwäbisch Hall-Hohenlohe zur Bundestagswahl befragt. Wer oben erscheint, hat die Antworten als erstes geschickt. Die Kandidatin und die Kandidaten hatten für die Antworten eine Woche Zeit. Annette Sawade (SPD) war die Schnellste.
Interview von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Die Antworten von Annette Sawade (SPD):
1. Warum sollen die Wählerinnen und Wähler bei der Bundestagswahl 2013 Sie und Ihre Partei wählen? Was unterscheidet Sie positiv von den anderen Kandidatinnen und Kandidaten und was unterscheidet Ihre Partei positiv von den anderen Parteien?
Am besten lässt sich diese Frage wohl mit meinem Motto „Verlässlich. Kompetent. Sozial.“ beantworten: Ich bin kompetent, weil ich langjährige berufliche, politische und Familienerfahrung habe. Verlässlich, weil ich mich vor Ort um die Probleme der Menschen kümmere – und stets dran bleibe. Ich bin sozial, weil ich mich – zusammen mit meiner Partei! – für soziale Gerechtigkeit einsetze. Wir stehen für gute Arbeit und Betreuung, für echte Vereinbarkeit von Beruf und Familie, echte Gleichstellung und eine endlich für alle bezahlbare Infrastruktur.
2. Welche Projekte der jetzigen Regierung würden Sie persönlich stoppen, wenn Sie das könnten, und welche stattdessen an die vordersten Stellen der Dringlichkeitsliste setzen?
Das Betreuungsgeld gehört ganz klar wieder abgeschafft. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen für Entscheidungsfreiheit der Eltern, wenn es darum geht, wo und wie sie ihre Kinder betreuen lassen möchten. Dafür brauchen wir allerdings einheitliche Rahmenbedingungen. Mit den Ausgaben von zirka zwei Milliarden Euro pro Jahr für das Betreuungsgeld könnten jährlich etwa 6.000 ErzieherInnenstellen finanziert werden, um eine bessere Betreuung für unsere Kinder zu erhalten.
Darüber hinaus würde ich den gescheiterten Gesetzentwurf der SPD über die Einführung einer gesetzlich verankerten Frauenquote in Aufsichtsräten wieder auf die Tagesordnung setzen. Die Chance, tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in den Führungsetagen zu ermöglichen, wurde damit vom Bundestag vertan. Ganz besonders enttäuscht hat mich übrigens das Abstimmungsverhalten einiger Kolleginnen aus der Regierungskoalition – die entgegen ihrer eigenen, zuvor öffentlich geäußerten Meinung stimmten.
3. Im Gesundheitswesen klagen viele Menschen über eine sich immer stärker ausbildende Zweiklassen-Medizin. Auf der einen Seite die gewinnbringenden Privatpatienten, auf der anderen Seite die weniger lukrativen gesetzlich Versicherten. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass jeder Mensch in Deutschland die für ihn beste Behandlung bekommt? Wie wollen Sie zudem dafür sorgen, dass sich junge Ärzte im ländlichen Raum niederlassen?
Wir wollen eine Bürgerversicherung, die als Krankenvoll- und Pflegeversicherung für alle Bürgerinnen und Bürger eingeführt wird. Dazu werden wir für alle Kassen, die an der Bürgerversicherung in Gesundheit-und Pflege teilnehmen, einen einheitlichen und solidarischen Wettbewerbsrahmen schaffen. Mit der Bürgerversicherung halten wir an einem gegliederten, öffentlich-rechtlichen und selbstverwalteten Kassensystem als tragender Säule der gesetzlichen Krankenversicherung fest. Für alle Neu- und bislang gesetzlich Versicherten wird die Bürgerversicherung verbindlich eingeführt. Menschen, die bisher privat versichert sind, können für ein Jahr befristet wählen, ob sie wechseln wollen.
Darüber hinaus setzen wir uns für eine flächendeckende haus- und fachärztliche Versorgung ein. Gesetzlich geregelte finanzielle Anreize zur Steuerung der ärztlichen Niederlassung in unterversorgten Gebieten zeigen allerdings nur begrenzte Wirksamkeit. Die neue Generation von Ärztinnen und Ärzten hat andere Anforderungen an ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeit und Privatleben: im Vordergrund steht der Wunsch nach familienfreundlichen Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten. Die künftigen Ärzte sind offensichtlich immer weniger bereit, das hergebrachte Modell der freiberuflichen ärztlichen Niederlassung mit einer hohen Arbeitsbelastung und einem enormen finanziellen Risiko in Kauf zu nehmen. Gleiches gilt für die Akzeptanz der stark hierarchisch geprägten Strukturen in Krankenhäusern.
Um die Attraktivität des Arztberufs zu steigern und deutlich mehr Absolvent/innen der medizinischen Fakultäten den Übergang in die ärztliche Versorgung zu ermöglichen, bedarf es eines umfassenden Lösungsansatzes. Dafür müssen organisatorische, berufsständische und finanzielle Rahmenbedingungen daraufhin überprüft werden, ob sie den Herausforderungen an eine moderne Versorgungslandschaft gewachsen sind.
4. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass jeder Mensch in Deutschland auch im Alter menschenwürdig leben kann? Die Beiträge für private Rentenversicherungen sind für viele ältere Menschen nicht bezahlbar, weil diese für ältere Versicherte extrem hoch sind. Die Rentenvorausberechnungen für viele Menschen in Deutschland sehen düster aus. Viele sind von Altersarmut bedroht. Wie kann der Gefahr der Altersarmut wirkungsvoll entgegen getreten werden?
Um Altersarmut zu verhindern, müssen wir Erwerbsarmut bekämpfen. Das bedeutet, wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Menschen bereits heute daran arbeiten können, später von ihrer Rente zu leben. Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro/ Stunde, ausreichend vorhandene Betreuungsplätze und Ganztagsschulangebote sind dafür zwingende Voraussetzung. Wir wollen, dass es (jungen) Müttern und Vätern gemeinsam gelingt, Beruf und Familie zu vereinbaren.
Für uns als Sozialdemokraten gilt außerdem: Wer lange Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, muss eine Rente deutlich oberhalb der Grundsicherung erhalten. Deshalb stehen wir für die Einführung einer Solidarrente. Wer nicht bis zum 65. Lebensjahr arbeiten kann, dem wollen wir einen Übergang ins Rentenalter ohne große Einkommensverluste ermöglichen und schlagen differenzierte Angebote vor.
5. Immer mehr Menschen sind in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt, arbeiten in Minijobs, arbeiten im Niedriglohnsektor. Löhne von fünf Euro pro Stunde und weniger sind keine Seltenheit. Wie kann erreicht werden, dass jeder Mensch und jede Familie in Deutschland vom jeweiligen Arbeits- und Familieneinkommen menschenwürdig leben kann?
Tatsache ist – und das habe ich bereits in einigen Interviews verdeutlicht: 6,8 Millionen Menschen verdienen heute weniger als 8,50 Euro die Stunde. 1,4 Millionen Beschäftigte davon verdienen sogar weniger als fünf Euro! Von den sieben Millionen Minijobber/innen bekommen drei Viertel weniger als 8,50 Euro, für fünf Millionen von ihnen ist der Minijob die einzige Erwerbsquelle. 8,50 Euro sollte uns jede Arbeit wert sein, um nicht zusätzlich zum Vollzeitjob noch Sozialleistungen in Anspruch nehmen zu müssen – und Erwerbsarmut bedeutet Altersarmut.
Die SPD steht für eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die Arbeitslosigkeit verhindert, Arbeitsvermittlung verbessert und verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit aufbricht. Vollbeschäftigung ist unser Ziel. Konkret wollen wir einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einführen sowie – über eine Stärkung des Tarifsystems – gerechte Löhne ermöglichen. Für gleiche und gleichwertige Arbeit muss ein gleicher Lohn gezahlt werden. Dazu gehört auch, Frauen und Männer im Berufsleben gleichzustellen.
6. Bundeskanzlerin Merkel spricht sich gegen einen Mindestlohn aus. Sie verweist auf die Tarifparteien (Arbeitgeber und Gewerkschaften). Es ist aber auch in der Region Hohenlohe vielfach so, dass Arbeitgeber nicht oder nicht mehr Mitglied im Arbeitgeberverband sind. Demnach sind die abgeschlossenen Tarifverträge für diese Unternehmen auch nicht bindend. Wie kann dieser Missstand beseitigt werden?
Einheitliche Mindeststandards sind Voraussetzung für fairen Wettbewerb. Unserer Auffassung nach haben die Menschen Anspruch auf faire Löhne und gute Arbeit. Deshalb halten wir an unserer Forderung nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn fest, um wirksam gegen Missstände vorzugehen und wirkungsvoll soziale Verwerfungen zu verhindern.
Damit wird die Tarifautonomie nicht eingeschränkt, denn der Mindestlohn ist eine Lohnuntergrenze. Tarifparteien können darüber liegende Tarifverträge jederzeit vereinbaren. Man darf im Übrigen nicht vergessen, dass Mindeststandards nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Lohndumping schützen. Sie schützen auch die Unternehmen – und zwar insbesondere kleine und mittlere Betriebe – vor einem Vernichtungswettbewerb durch Konkurrenten, die mit Dumpinglöhnen arbeiten. Mindestlöhne sichern die Konkurrenzfähigkeit und das Überleben heimischer Betriebe.
7. Was muss getan werden, um den Pflegenotstand in Deutschland zu beenden? Es gibt einen Mangel an qualifizierten Pflegekräften, vermutlich weil die Arbeit schlecht bezahlt wird, die Arbeitsbelastung immer mehr zunimmt und es zudem wenig Anerkennung für die schwierige und nervenaufreibende Tätigkeit gibt.
Wir Sozialdemokrat/innen wollen gute Arbeit in Gesundheit und Pflege. Gute Ausbildung, Entwicklungsperspektiven, gute Bezahlung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und bessere Arbeitsbedingungen sind die Voraussetzungen, um die Attraktivität von Gesundheits- und Pflegeberufen zu steigern. Wir wollen eine gemeinsame Alten- und Krankenpflegeausbildung mit dem Berufsbild „Pflege“ einführen. Die demografische Entwicklung führt zu einem weiter steigenden Fachkräftebedarf in Pflegeberufen. Um diesen möglichst schnell zu decken, ist das Ausbildungsangebot staatlicher Berufsfachschulen zu stärken.
Die Einkommen der Pflegerinnen und Pfleger bilden heute deren Leistung und hohe gesellschaftliche Bedeutung in keiner Weise ab. Wer auch in Zukunft noch genug Fachkräfte in der Pflege haben will, muss sie besser bezahlen. Soziale Arbeit muss aufgewertet werden. Dem Lohndumping effektiv begegnet und die Arbeit der Beschäftigten im Sozial- und Pflegebereich gewürdigt werden.
8. Warum muss Abgeordnetenbestechung und Korruption bei Abgeordneten strenger geahndet und bestraft werden? Zitat des Nachrichtenmagazins Der Spiegel: (…) Achtmal lag dem Rechtsausschuss des Bundestages in dieser Legislaturperiode ein Gesetzentwurf mit strengeren Regeln zur Abgeordnetenbestechung vor. Achtmal wurde dieser von der Regierungskoalition abgeschmettert – zuletzt Mitte Juni (2013). Seitdem steht fest, dass es vor der Bundestagswahl kein neues Gesetz geben wird. Deutschland bleibt beim Thema Abgeordnetenbestechung Entwicklungsland. (…) Im Kampf gegen Abgeordnetenbestechung und illegale Parteienfinanzierung macht die Bundesregierung keine Fortschritte – und kassiert einen Rüffel aus Straßburg. Die Korruptionswächter des Europarats rügen den mangelnden Reformwillen. Doch Berlin sieht keinen Handlungsbedarf. (…) Was muss getan werden?
Wir halten eine umfassendere gesetzliche Regelung zur Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung für dringend erforderlich. Nach geltendem Recht ist nur der Stimmenkauf- bzw. -verkauf bei Wahlen und Abstimmungen gemäß § 108e StGB strafbar. Diese Vorschrift reicht jedoch nicht aus, alle strafwürdigen Verhaltensweisen von Abgeordneten zu erfassen.
Im Februar 2012 hat die SPD-Bundestagsfraktion einen Gesetzentwurf zur Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung (Drucksachennummer 17/8613) in den Bundestag eingebracht. Die Koalitionsfraktionen haben die Abstimmung im Plenum durch stetige Vertagung der abschließenden Beratung im Rechtsausschuss verhindert. Die Koalition wollte sich auf diese Weise der Diskussion um die Notwendigkeit einer strafrechtlichen Regelung entziehen. Nur durch einen Geschäftsordnungstrick konnten wir die Koalition kurz vor der Sommerpause und damit dem Ende der Legislaturperiode zu einer Positionierung im Plenum zwingen. Obwohl es auch in der Union vereinzelte Stimmen gibt, die eine strafrechtliche Regelung fordern, war die Fraktionsdisziplin stärker: es gab keine Zustimmung aus den Reihen der Union.
9. Stichwort Lobbyismus: Autokonzerne, Banken und Pharmafirmen beauftragen Lobbyisten, aber auch manche Umwelt- und Verbraucherorganisation: Lobbyisten, die den Regierenden ihre Sicht der Dinge nahelegen. In Berlin und Brüssel wetteifern sie zu Tausenden um die Aufmerksamkeit der Entscheider – und um Einfluss auf die Gesetzgebung. Manche haben sogar schon in Bundesministerien an Gesetzentwürfen mitgeschrieben. Das darf nicht sein. Wie wollen Sie den Einfluss von Lobbyisten aller Sparten auf ein absolut notwendiges Maß zurückschrauben? Wie stehen Sie zu einem Lobbyregister?
Die SPD hat schon im Februar 2012 ein Gesetz dazu vorgelegt. Wir fordern ein Lobbyregister und Transparenz beim Einsatz externer Mitarbeiter in Ministerien, außerdem Karenzzeiten für ausscheidende Regierungsmitglieder, bevor sie in die Wirtschaft wechseln können und mehr Transparenz bei Nebeneinkünften von Abgeordneten. Das Regierungsprogramm sieht zudem eine Höchstgrenze von Parteispenden bei 100.000 Euro vor.
Um das Vertrauen in die Demokratie und die Volksvertreter zu stärken, müssten politische Prozesse transparenter gestaltet werden. Die SPD-Bundestagsfraktion hat verschiedene Initiativen für mehr Transparenz und für eine bessere Korruptionsbekämpfung in den Bundestag eingebracht. Doch geschehen ist wenig. Neue Regelungen werden erst nach einem Regierungswechsel umgesetzt werden können. Die schwarz-gelbe Koalition blockiert das Antikorruptionsabkommen der UN, das eine Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung vorsieht.
10. Stichwort Nebentätigkeiten und wirtschaftliche Abhängigkeiten von Abgeordneten: Wie kann in Deutschland erreicht werden, dass Abgeordnete – wie beispielsweise in den USA – ihre Nebentätigkeiten und ihre Auftraggeber komplett offenlegen – auf Euro und Cent? Auch in Deutschland wollen die Menschen wissen, von welchen Firmen, Institutionen oder Verbänden die Tätigkeiten eines Abgeordneten beeinflusst werden.
Mit den von uns vorgenommenen Änderungen im Abgeordnetengesetz und in den Verhaltensregeln haben wir dem berechtigten Anspruch der Öffentlichkeit Rechnung getragen, genauer über Art und Umfang von Nebentätigkeiten und Nebeneinkünften von Abgeordneten informiert zu sein. Die Öffentlichkeit soll wissen, was ein Abgeordneter tut, bei wem er beschäftigt ist, wessen Interessen er vertritt.
Trotz des beharrlichen Widerstandes von CDU/CSU und FDP haben wir diese Regelungen für mehr Transparenz und Offenheit durchgesetzt. Denn wir sind der Auffassung, dass die Höhe der Nebeneinkünfte einen Hinweis darauf geben kann, ob ein Abgeordneter in der Wahrnehmung seines Mandats durch wirtschaftliche Abhängigkeiten beeinflusst werden kann. Unter Berücksichtigung der Grenzen der Verfassung haben wir die Regeln über die Anzeige von Tätigkeiten und Einkommen von Abgeordneten klarer gefasst und verschärft.
Klare, verbindliche und transparente Regeln für die Mitglieder des Bundestages stärken das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die parlamentarische Demokratie. Mit den von uns vorgenommenen Änderungen leisten wir unseren Beitrag zur Stärkung des Ansehens des Parlaments.
11. Woher soll das Geld für künftige Rettungspakete, Rettungsschirme etc. genommen werden – von den Banken, ihren Zockern, ihren Anteilseignern oder wieder von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern?
In der Finanzkrise mussten in Schieflage geratene Banken von den Staaten zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gerettet werden. Risiko und Haftung fielen damit auseinander. Die SPD will dafür sorgen, dass die Staaten von den Banken nicht mehr in Haftung genommen werden können. Um dies zu erreichen ist eine klare Regelsetzung für Banken und Finanzmärkte erforderlich. Wir haben die im Rahmen von Basel III eingeführten strengeren Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften unterstützt, durch die die Krisenfestigkeit von Banken gestärkt werden wird. Banken, die als systemrelevant gelten, sollen mit deutlich mehr Eigenkapital für Verluste vorsorgen.
Wir treten für eine klare Trennung von Investment- und Geschäftsbanken ein. Dadurch sollen mögliche Verluste aus dem Investmentbanking von dem weniger riskanten Bankgeschäft abgeschirmt werden. Die Haftung für Risiken soll dort liegen, wo auch die Gewinne aus den Risiken erzielt wurden.
12. Die Einkommen von Frauen liegen oft noch weit unter denen von Männern. Frauen bekommen für die gleiche Tätigkeit durchschnittlich etwa 22 Prozent weniger Geld als ein Mann. Wie kann erreicht werden, dass Frauen für die gleiche Tätigkeit genauso bezahlt werden wie Männer?
Wir wollen, dass Frauen und Männer im Berufsleben gleichgestellt sind. Dazu gehört auch, dass für gleiche und gleichwertige Arbeit gleicher Lohn gezahlt werden muss. Die vorhandene Geschlechterdiskriminierung in der Arbeitswelt muss beendet werden. Wir werden mit einem Entgeltgleichheitsgesetz die Betriebe verpflichten, Lohndiskriminierung aufzudecken und zu beseitigen. Dazu hat die SPD-Bundestagsfraktion bereits den „Entwurf eines Gesetzes zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebotes für Frauen und Männer“ in den Deutschen Bundestag eingebracht. Mit diesem Gesetz werden wir die strukturelle Lohndiskriminierung beenden.
Zuletzt wurde übrigens am 22. März 2013 über den SPD-Entwurf eines Gesetzes zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebotes für Frauen und Männer debattiert. Dieser wurde am 23.05.2012 in den Deutschen Bundestag eingebracht und erstmals am 14.06.2012 im Plenum diskutiert. Am 22. März 2013 wurde er dann nach abschließender Debatte mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt.
Erwähnt sei auch, dass meine Fraktion bereits am 16. März 2011 den Antrag „Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen gesetzlich durchsetzen“ (Drucksachennummer 17/5038) in den Deutschen Bundestag einbrachte. Über diesen wurde sowohl am 07. April 2011 als auch am 23. März 2012 im Plenum debattiert. Der Antrag wurde ebenfalls mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt.
13. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima hat Bundeskanzlerin Merkel eine schnelle Energiewende angekündigt. Diese scheint ins Stocken geraten zu sein. Wie kann die Energiewende (Ziel: 100 Prozent Energie aus erneuerbaren Rohstoffen) erreicht werden?
Ziel ist, den deutschen Energiebedarf bis 2050 vollständig aus Erneuerbaren Energien zu decken. Bei ihrem Zuwachs müssen Erneuerbare Energien auch mehr Verantwortung für eine stabile Versorgung übernehmen. Solange sie aber nicht in der Lage sind, Strom bedarfsgerecht zu liefern, brauchen wir weiterhin hocheffiziente regelbare fossile Kraftwerke. Auch Braunkohle muss sich in diesen gewollten Ausbau der Erneuerbaren einfügen. Bis zum Jahr 2020 sollen Erneuerbare bis zu 45 Prozent des Stroms liefern, bis 2030 schon 75 Prozent. Im Übrigen gelten die Bedingungen des CO2-Emissionshandels. Auch die CO2-Ziele stehen: Minus 40 Prozent bis zum Jahr 2020, -60 Prozent bis 2030 und -95 Prozent bis 2050.
14. Hohenlohe hat noch eine starke Landwirtschaft. Landwirte kämpfen darum, nicht mehr so stark von Großkonzernen – wie beispielsweise Monsanto – abhängig zu sein. Sie wollen zum Beispiel – wie seit Jahrhunderten – weiterhin eigenes Saatgut nachzüchten und dies nicht ausschließlich teuer von den Konzernen kaufen. Wie wollen Sie diese Landwirte im Kampf gegen die Großkonzerne unterstützen?
Ich bestärke die Landwirte darin, weiter zusammenzuarbeiten, um so selbstbewusst auftreten zu können. Wie man beispielsweise an der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall sieht, kann es gelingen, so ein Markenprodukt zu etablieren, das den Bauern gute Preise garantiert und dem Verbraucher gleichzeitig ein Gefühl für Lebensmittel vermittelt. Zudem müssen die Wettbewerbshüter auf der Hut sein: große Konzerne dürfen ihre Marktmacht nicht ausspielen und die Preise für Kleine drücken. Es muss dafür klare Grenzen geben. Mir ist bewusst – dies ist schwer nachzuweisen oder zu überprüfen. Aber irgendwo muss begonnen werden.
Patente auf Lebensmittel sehe ich sehr kritisch. Wenn eine Pflanze genetisch hochgezüchtet wird, hat dies auch Nachteile. Nicht nur für die Pflanzenvielfalt (Stichwort Biodiversität), sondern auch auf Geschmacksvielfalt. Der Geschmack sollte schließlich vom Lebensmittel an sich kommen und nicht von einem Nahrungsergänzungsmittel. Und wenn Landwirte von einem Produzenten abhängig sind was das Saatgut betrifft, befinden wir uns wieder im Bereich der Monopolkontrolle, den ich bereits erwähnte.
15. Welche Dinge müssen im Umweltschutz und Klimaschutz vordringlich geregelt werden?
Die SPD hat sich anspruchsvolle ökologische Ziele u.a. in den Bereichen Klimaschutz, biologische Vielfalt und Artenschutz, Flächenverbauch, Renaturierung von Flüssen und Umweltverträglichkeit in der Landwirtschaft gesetzt. Dabei soll die Rolle der Umwelt- und Naturschutzverbände gestärkt werden. Sie haben als Anwälte der Natur viel Erfahrung, Kompetenz und eine wichtige Bedeutung. Wir werden die Voraussetzungen dafür bieten, dass sie beim Umbau zur ökologischen Industriegesellschaft ihre Rolle moderierend und gestaltend erfüllen können. Das ist unser Weg, um die Ziele von Ombudsstelle durchzusetzen.
Für uns ist Umweltschutz immer auch eine zukunftsorientierte Investition in gesundheitliche Vorsorge und Lebensqualität. Luftreinhaltung (u.a. Schutz vor Feinstaub), Lärmschutz, gesunde Böden, saubere Gewässer, gesunde Lebensmittel und intakte Ökosysteme sind Voraussetzungen für Lebensqualität, auf die alle Menschen einen Anspruch haben. Umweltschutz ist damit kein Luxusthema, sondern eine Frage sozialer Gerechtigkeit.
Vor allem finanziell schwache Haushalte in einfachen Wohngegenden leiden beispielsweise häufig unter Lärm und Schadstoffeinwirkungen. Umweltschutz dient deshalb auch dem sozialen Ausgleich. Ziel unserer Umweltpolitik ist darum, insbesondere die Reduzierung von (Verkehrs-)Lärm und die Verringerung von Schadstoffen in Luft und Böden. Wir werden ministeriumsübergreifend ein Aktionsprogramm Lärmschutz mit dem Ziel umsetzen: Die Zahl der von Lärm gesundheitlich beeinträchtigten Menschen in Deutschland bis 2020 zu halbieren.
16. Wie wollen Sie im ländlichen Raum flächendeckend schnelles Internet verwirklichen? Es geht dabei auch darum, dass die hiesigen Unternehmen gegenüber Mitbewerbern in Ballungszentren nicht benachteiligt werden.
Eine moderne digitale Infrastruktur ist unverzichtbar für unsere demokratische Gesellschaft und eine positive ökonomische Entwicklung in Deutschland. Im Hinblick auf die Breitbandversorgung bietet Deutschland ein geteiltes Bild. Immer noch gibt es „weiße Flecken“. Und ganze Regionen drohen auch nach der von einzelnen Unternehmen angekündigten Nutzung der neuen „Vectoring“-Technologie im Festnetzbereich dauerhaft von hohen Bandbreiten ausgeschlossen zu bleiben. Die staatlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen müssen so gesetzt werden, dass private Investitionen möglichst schnell und umfassend erfolgen und das Ziel des flächendeckenden Breitbandausbaus mit hohen Bandbreiten in angemessener Zeit erreicht wird. Synergieeffekte müssen konsequent genutzt und Rechts- und Planungssicherheit durch eine innovations- und investitionsfreundliche Regulierung geschaffen werden.
Zusätzliche private Investitionen müssen durch eine abgestimmte Förderpolitik initiiert werden, die Mitnahmeeffekte vermeidet und den größtmöglichen Hebeleffekt für Unternehmensinvestitionen setzt. Bestehende Förderprogramme müssen sinnvoll aufgestockt und zielgenauer als bisher ausgestaltet werden. Dem Netzausbau in unterversorgten Gebieten ist besondere Bedeutung beizumessen. Auch eine Förderung des Highspeed-Breitbandausbaus ist vorzusehen. Durch ein neues Sonderfinanzierungsprogramm bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Zinsverbilligung könnten zusätzliche Breitbandinvestitionen angestoßen werden. Auch über „Breitbandfonds“, in die sowohl institutionelle Anleger als auch Bürgerinnen und Bürger investieren können, könnten zusätzliche Gelder mobilisiert werden. Denkbar wäre beispielsweise ein Modell, das Einzahlungen mit einem Aufschlag über den derzeitigen Sparzinsen verzinst.
17. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass der Flickenteppich im Bildungsbereich verschwindet? Für viele Menschen ist nicht nachvollziehbar, warum es beispielsweise keine einheitlichen Standards für das Abitur gibt. Außerdem klagen viele Menschen mit Kindern, bei Umzügen in ein anderes Bundesland, über völlig unterschiedliche Lehrpläne, die ihren Kindern einen guten Start am neuen Wohnort wesentlich erschweren.
Die großen Herausforderungen, vor denen wir in der Bildung stehen, erfordern daher neue Formen der Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen. Mit dem Kooperationsverbot in der Bildung ist die Politik einen Irrweg gegangen. Wir wollen es durch einen kooperativen Bildungsföderalismus ersetzen, indem wir das Kooperationsverbot bei der Bildung im Grundgesetz aufheben und sprechen uns für einen neuen Grundgesetzartikel 104c aus, in dem dauerhafte Finanzhilfen des Bundes für Bildung und Wissenschaft ermöglicht werden. Wir wollen die staatlichen Bildungsausgaben massiv erhöhen. Ab 2014 wollen wir schrittweise aufbauend jährlich 20 Milliarden Euro mehr für Bildung investieren. Davon soll der Bund 10 Milliarden Euro bereitstellen. Die Länder sollen in ihrer eigenen finanziellen Handlungsfähigkeit so gestärkt werden, dass sie weitere 10 Milliarden Euro in mehr in Bildung investieren können. So schaffen wir die Grundlage für einen neuen Bildungsaufbruch in Deutschland.
18. Was ziehen Sie vor: Ausreichend bezahlbare öffentliche Kinderbetreuung für alle oder Förderung der Kindererziehung zu Hause? Bitte nennen Sie Gründe dafür.
Ganz klar: Ich stehe für echte Wahlfreiheit (junger) Mütter und Väter. Um die Ziele beim Ausbau von Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege zu erreichen, den Rechtsanspruch für Kinder ab dem 1. Geburtstag in Kitas oder in Kindertagespflege zu sichern, Qualität weiter zu verbessern sowie mittel- und langfristig Ganztagsplätze auszubauen und stufenweise Eltern von Gebühren zu befreien, wollen wir das Betreuungsgeld wieder abschaffen und die dafür vorgesehenen Mittel in Höhe von bis zu zwei Milliarden Euro zur Verfügung stellen.
Wir halten eine Geldleistung für falsch, die für die Nichtinanspruchnahme einer öffentlich geförderten Kindertageseinrichtung oder einer öffentlich geförderten Tagespflege gezahlt werden soll.
Und wir wollen durch mehr und bessere Ganztagsangebote und längeres gemeinsames Lernen mehr Chancengleichheit erreichen. Ganztagskitas und Ganztagsschulen ermöglichen einerseits individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen, andererseits verbessern sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Eltern.
19. Warum soll sich Deutschland an einem drohenden Krieg in Syrien beteiligen/nicht beteiligen? Vor dem Irak-Krieg haben die USA ihre Verbündeten wegen angeblicher Massenvernichtungswaffen des Irak vorsätzlich und nachweislich belogen. Kritiker vermuten auch bei den Giftgasangriffen in Syrien Tarnen, Täuschen und Lügen… Was wäre zum Beispiel, wenn die Aufständischen selbst Giftgas eingesetzt haben, um die USA und die Nato zum Eingreifen in Syrien zu bewegen? Russland und China sind gegen ein militärisches Eingreifen in Syrien. Im schlimmsten Fall könnte es einen Weltkrieg geben.
Der Konflikt in Syrien birgt die ernste Gefahr, die gesamte Region in eine Spirale politisch und religiös motivierter Gewalt hineinzuziehen. Wir wollen, dass Deutschland bei der Lösung dieses Konflikts nicht länger abseits steht, sondern seine diplomatischen Möglichkeiten stärker als bislang nutzt, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Gleichzeitig müssen die Anstrengungen zur Hilfe für die syrischen Flüchtlinge verstärkt werden. Es ist nicht erkennbar, dass militärische Mittel in diesem Konflikt zu einer Lösung beitragen können.
20. Welches Thema ist Ihnen – außer den bereits angesprochenen – noch besonders wichtig? Beschreiben Sie kurz das Problem und machen Sie Lösungsvorschläge.
Als generationenverbindende Abgeordnete – bin ich doch zugleich Tochter, Mutter und Großmutter – liegt mir viel daran, das Miteinander der Generationen zu fördern. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen Chancen für alle Menschen in allen Lebensphasen organisieren. Es gilt, das Leitbild einer „sozialen und inklusiven Gesellschaft“ zu verankern sowie ziviles Engagement und Ehrenamt zu fördern.
Eine gerechte und solidarische Gesellschaft übernimmt Verantwortung für heutige und für künftige Generationen. Sie sorgt für wirtschaftlichen Wohlstand und friedliches Miteinander. Eine nachhaltige Politik berücksichtigt alle Politikfelder und überwindet Zuständigkeitsgrenzen z.B. zwischen den staatlichen Ebenen oder zwischen privater und öffentlicher Verantwortung. Nachhaltigkeit muss das verbindende Element sämtlicher politischer Aktivitäten werden. Sie erkennt an, dass die Stärkung der kommunalen Handlungsmöglichkeiten, eine geschlechtergerechte Politik, ein solidarisches Miteinander der Generationen und eine neue Ordnung für Arbeit ganz unmittelbar miteinander verbunden sind, einander bedingen und voraussetzen und kein Bereich ohne Schaden für den anderen vernachlässigt werden kann.
Für eine solche Politik machen wir uns stark!