Vollkommen überraschend haben die Bundestagsabgeordneten in Sachen Abgeordnetenbestechung doch noch Farbe bekennen müssen: Die SPD erzwang vor einigen Tagen in letzter Minute eine namentliche Abstimmung im Bundestag. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht wie die Bundestagsabgeordneten aus der Region Hohenlohe-Franken abstimmten.
Von dem Verein Abgeordnetenwatch.de
Durch Verfahrenstricks achtmal von der Tagesordnung genommen
Das Ergebnis ist beschämend: Korruption bei Abgeordneten bleibt hierzulande weiterhin so gut wie legal, weil CDU/CSU und FDP ihre Zustimmung verweigerten. Damit kann die UN-Konvention gegen Korruption – anders als in 167 Ländern auf der Welt – in Deutschland nicht umgesetzt werden. Seit zehn Jahren schon verhindern unsere Abgeordneten die Umsetzung der Konvention, allein in den letzten Monaten hat Schwarz-Gelb das Thema durch Verfahrenstricks achtmal von der Tagesordnung genommen.
Hartnäckige Blockierer in Sachen Abgeordnetenbestechung
Wir versprechen Ihnen, dass wir bei der Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung nicht locker lassen werden. Das wird, wie die Abgeordneten von CDU, CSU und FDP mit ihrem Abstimmungsverhalten gezeigt haben, sehr viel Arbeit und Durchhaltevermögen erfordern – und am Ende nur möglich sein, wenn uns viele Menschen dabei auch finanziell unterstützen. Aktuell hat abgeordnetenwatch.de 1.509 Fördermitglieder. Das aber ist zu wenig, um bei den hartnäckigen Blockierern in Sachen Abgeordnetenbestechung unnachgiebigen Druck zu erzeugen – notfalls über mehrere Jahre.
Wie stimmten die Abgeordneten aus der Region beim Thema „Schärfere Regeln gegen Abgeordnetenbestechung“?
Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe:
Christian von Stetten (CDU): Nein
Annette Sawade (SPD): Ja
Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen): Ja
Wahlkreis Odenwald-Tauber (dazu gehören der Main-Tauber-Kreis und Neckar-Odenwald-Kreis):
Alois Gerig (CDU): Nein
Wahlkreis Heilbronn:
Thomas Strobl (CDU): Nein
Josip Juratovic (SPD): Ja
Michael Georg Link (FDP): Nein
Ulrich Schneider (Grüne): Ja
Wahlkreis Backnang-Schwäbisch Gmünd:
Norbert Barthle (CDU): Nein
Christian Lange (SPD): Ja
Schärfere Regeln gegen Abgeordnetenbestechung
CDU/CSU und FDP haben schärfere Regeln gegen Abgeordnetenbestechung abgelehnt. SPD und Grüne stimmten für einen entsprechenden Änderungsantrag, die Linke enthielt sich der Stimme.
Vom Verein Abgeordnetenwatch.de
Wie kam die namentliche Abstimmung zustande?
Überraschend hatte die SPD in der vorletzten Parlamentssitzung vor der Bundestagswahl eine Abstimmung über schärfere Strafen bei Abgeordnetenbestechung herbeigeführt (hier mehr zum Zustandekommen der namentlichen Abstimmung). Der SPD-Änderungsantrag sieht bei Bestechung und Bestechlichkeit von Abgeordneten und Kommunalvertretern eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Dafür soll der bestehende Paragraph 108e im Strafgesetz entsprechend geändert werden. Nach geltendem Recht ist nur der Stimmenverkauf und -kauf im Vorfeld von Abstimmungen strafbar.
Der Linken-Fraktion gehen die Vorschläge nicht weit genug
Nach den Vorstellungen der SPD sollen unter anderem „parlamentarische Gepflogenheiten“ wie Einladungen zu sportlichen und kulturellen Veranstaltungen von der Strafbarkeit ausgenommen werden. Der Fraktion Die Linke gehen die Vorschläge nicht weit genug. Die Abgeordnete Halina Wawzyniak kritisierte im Bundestag, dass unter anderem „Dankeschön-Spenden“ an Abgeordnete weiterhin erlaubt blieben. Sie forderte eine Begatellgrenze. Nur Geschenke und Einladungen, deren Wert unter einer solchen Grenze lägen, sollten von der Strafbarkeit ausgeklammert werden.
Tief in die Trickkiste gegriffen
Überraschung im Bundestag: Am vorletzten Sitzungstag werden die Abgeordneten morgen auf Antrag der SPD doch noch über die Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung abstimmen. Für ihr Mannöver drei Monate vor der Wahl greifen die Sozialdemokraten tief in die Trickkiste.
Via Twitter vermeldete die SPD-Bundestagsfraktion:
Nachdem Union und FDP in den letzten Monaten eine Abstimmung zu dem Thema mehrfach blockiert hatten, müssen ihre Abgeordneten am vorletzten Sitzungstag vor der Bundestagswahl nun also doch noch öffentlich Farbe bekennen: Sind sie für eine Verschärfung der Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung – oder nicht.
Um Abgeordnetenbestechung ergänzt
Die SPD greift dafür tief in die Trickkiste: In der morgigen Bundestagssitzung steht gegen 15 Uhr die zweite und dritte Lesung über ein „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ auf der Tagesordnung. In dem Antrag der schwarz-gelben Bundesregierung geht es gar nicht um Abgeordnetenbestechung, sondern um dubiose Telefonwerbung und Abmahnanwälte. Trotzdem wird die SPD hierzu einen Änderungsantrag zur Abstimmung stellen, der im Kern auf ihrem eigenen Gesetzentwurf zur Bestrafung von Abgeordnetenbestechung beruht. Abgestimmt wird also über die Frage, ob das Strafgesetzbuch um den SPD-Vorschlag zur Abgeordnetenbestechung ergänzt wird.
Gesetz „gegen unseriöse Geschäftspraktiken“
Nachdem es den Koalitionsfraktionen bislang erfolgreich gelungen war, ein Votum in dieser Sache zu verhindern, können sie sich der morgigen Abstimmung nur noch auf drastische Weise entziehen. Dazu müssten Union und FDP ihr Gesetz „gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ opfern, indem sie dieses von der Tagesordnung nehmen. Dann wäre der eigene Entwurf in dieser Wahlperiode gescheitert und der Änderungsantrag der SPD entsprechend obsolet.
Lobbyreport 2013 der Organisation LobbyControl
Dass die SPD zu diesem Zeitpunkt den Versuch unternimmt, mit dem Thema Abgeordnetenbestechung öffentlich zu punkten, dürfte kein Zufall sein. Gestern hatte der Lobbyreport 2013 der Organisation LobbyControl für einiges mediales Aufsehen gesorgt – das Thema Abgeordnetenbestechung geriet erneut in die Schlagzeilen:
Parlamentarische Mehrheit für eine Gesetzesverschärfung erzielen
Mit ihrem Mannöver setzt die SPD augenscheinlich nicht darauf, eine parlamentarische Mehrheit für eine Gesetzesverschärfung zu erzielen. Dafür hätte sie den Parlamentariern von Union und FDP eine Brücke bauen können, um mit vereinzelten Stimmen aus dem Koalitionslager nach Jahren der parlamentarischen Auseinandersetzung endlich eine gesetzliche Regelung zu beschliessen. Ein SPD-Fraktionssprecher erklärte auf abgeordnetenwatch.de-Anfrage, dass von seiner Fraktion nicht erwogen worden sei, statt des eigenen Entwurfs eine überparteiliche Gesetzesinitiative zur Abstimmung zu stellen, an der neben dem Rechtsausschussvorsitzenden Siegfried Kauder (CDU) auch der SPD-Rechtsexperte Burkhard Lischka mitgewirkt hat.
Kauder ist mit Initiative gegen Abgeordnetenbestechung gescheitert
Nachdem abgeordnetenwatch.de im Oktober einen eigenen Gesetzesvorschlag an Kauder übergeben hatte, startete der CDU-Politiker zusammen mit den Rechtsexperten von SPD, Grünen und Linken eine Initiative gegen Abgeordnetenbestechung. Damit war Kauder aber in den eigenen Reihen gescheitert.
Weitere Informationen im Internet:
Wie stimmten die Abgeordneten aus der Region beim Thema „Schärfere Regeln gegen Abgeordnetenbestechung“?:
Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe:
Christian von Stetten (CDU): Nein
Annette Sawade (SPD): Ja
Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen): Ja
Wahlkreis Odenwald-Tauber (dazu gehören der Main-Tauber-Kreis und Neckar-Odenwald-Kreis):
Alois Gerig (CDU): Nein
Wahlkreis Heilbronn:
Thomas Strobl (CDU): Nein
Josip Juratovic (SPD): Ja
Michael Georg Link (FDP): Nein
Ulrich Schneider (Grüne): Ja
Wahlkreis Backnang-Schwäbisch Gmünd:
Norbert Barthle (CDU): Nein
Christian Lange (SPD): Ja