Die DRK-Kurklinik Adelheidstift in KirchbergJagst, eine Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung für Mütter und Väter mit geistig und mehrfach behinderten Kindern schloss am 23. Oktober 2012 – nach 40 Jahren. Hohenlohe-ungefiltert dokumentiert die jüngste Geschichte in einem Artikel. Außerdem veröffentlicht Hohenlohe-ungefiltert Antworten von Politikern, Kirchbergs Bürgermeister Ohr und des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg auf Fragen der Redaktion.
Zusammengestellt von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Friedrich Bullinger (FDP) und Christian von Stetten (CDU) antworteten nicht
Die Fragen wurden allen Beteiligten am 29. Oktober 2012 geschickt. Wer zuerst antwortete steht oben, wer als Letzter antwortete steht unten. Die Antworten geben den jeweiligen Stand beim Eingang in der Redaktion wieder.
Es antworteten der DRK-Landesverband Baden-Württemberg, Annette Sawade (SPD-Bundestagsabgeordnete), Landtagsabgeordneter Rüeck (CDU), Kirchbergs Bürgermeister Stefan Ohr, das Sozialministerium Baden-Württemberg und der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. Nicht geantwortet haben der FDP-Landtagsabgeordnete Friedrich Bullinger und der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Stetten.
Der Artikel von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert:
„Kein Herz für behinderte Menschen“
DRK-Kurklinik Adelheidstift schließt aus wirtschaftlichen Gründen – Ein Investor ist nicht in Sicht
Die Kurklinik Adelheidstift in Kirchberg an der Jagst (Landkreis Schwäbisch Hall) ist Geschichte. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK), Landesverband Baden-Württemberg, hat die Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung für Mütter und Väter mit geistig und mehrfach behinderten Kindern aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Auch alleinreisende Behinderte konnten sich in den vergangenen vier Jahrzehnten im Adelheidstift erholen. Die letzten Kurgäste reisten am 23. Oktober 2012 ab. Viele waren traurig und enttäuscht. Manche von ihnen waren Stammgäste der Kureinrichtung in Kirchberg.
„Uns ist es total unverständlich, wie man so eine Entscheidung treffen kann“
Rund 40 Jahre lang existierte das Adelheidstift als Kurklinik für behinderte Menschen und deren Angehörige. Bundesweit gibt es jetzt nur noch eine Kurklinik für alleinreisende behinderte Menschen. Diese steht in Nordrhein-Westfalen. „Uns ist es total unverständlich, wie man so eine Entscheidung treffen kann“, sagt Sandy Heller (31), eine der letzten Kurgäste im Adelheidstift vor ihrer Abreise. „Das Adelheidstift ist ideal für Menschen mit Behinderung, da es über viel Platz und gute Hilfsmittel verfügt und rollstuhlgerecht ausgestattet ist“, so Heller. In einem offenen Brief, der bei einer Betriebsversammlung verlesen wurde, schrieb sie: „Leute, die pflegebedürftige Angehörige haben und diese zu Hause oft rund um die Uhr versorgen, gelangen schnell an die Grenze der Belastbarkeit.“ Deshalb sei es wichtig, einen Ort der Erholung und des Besinnens zu haben. „Mensch sein, heißt Herz haben und Herz zeigen“, erklärte die schwer körperlich behinderte junge Frau.
Restriktive Kurgenehmigungen der Krankenkassen
Das Aus für das Adelheidstift kommt nicht überraschend. Bereits seit einigen Jahren stand die Einrichtung immer wieder auf der Kippe. Durch restriktive Kurgenehmigungen der Krankenkassen sind die Belegungszahlen gesunken. Viele Kurgäste mussten ihre Kuren durch Widersprüche und gerichtliche Klagen durchsetzen. Dazu kommt ein großer Investitionsstau.
DRK-Landespräsidium drehte den Geldhahn zu
Am 19. Juli 2012 hatte das DRK-Landespräsidium in einer Pressemitteilung verkündet, den Geldhahn für das Adelheidstift zum Jahresende 2012 zuzudrehen. In den vergangenen zehn Jahren habe der Fehlbetrag bei über 300.000 Euro jährlich gelegen, begründete DRK-Landespräsident Dr. Lorenz Menz den Präsidiumsbeschluss. Um das Haus wirtschaftlich führen zu können sei eine Erhöhung der Bettenkapazität auf 120 Betten erforderlich. Der Ausbau würde etwa elf Millionen Euro kosten. Das Geld dafür habe das DRK nicht, so Menz. Einen Investor hat das DRK nicht gefunden. Deshalb müsse das Adelheidstift geschlossen werden.
Welle der Unterstützung für das Adelheidstift
Nachdem das DRK die Schließung angekündigt hatte, gab es eine Welle der Unterstützung für das Adelheidstift. Die Fraueninitiative Poststraße, die Stadt Kirchberg, die evangelische Kirchengemeinde und zahlreiche Einzelpersonen erklärten sich solidarisch und setzten sich für einen Erhalt des Kurheims ein. Auch einige Bundes- und Landespolitiker aus der Region schalteten sich ein. Der Betriebsrat des Adelheidstifts stellte eine offene Petition „Vielfalt leben – Gemeinsam für den Erhalt des Adelheidstifts“ ins Internet. Diese haben inzwischen über 3000 Menschen unterzeichnet (https://www.openpetition.de/petition/online/vielfalt-leben-gemeinsam-fuer-den-erhalt-des-adelheidstifts).
„Investition von zwei bis drei Millionen Euro würde reichen“
Die Schließung aus „infrastrukturellen Gründen“ müsste nicht sein, meint die Betriebsratsvorsitzende Michaela Strobel. Die Kurklinik sei noch „bis mindestens Ende des Jahres 2013 zertifiziert“. Für „viel zu hoch gegriffen“ hält die Betriebsratsvorsitzende die vom DRK-Präsidium genannten Investitionskosten von etwa elf Millionen Euro. „Eine Erweiterung um 20 Betten würde reichen“, meint Michaela Strobel. „Mit zwei bis drei Millionen Euro wäre das zu machen.“
Seit 2007 nur noch Saisonbetrieb
Seit 2007 wurde das Adelheidstift nur noch als Saisonbetrieb von März bis Oktober geführt. In den Wintermonaten war geschlossen, die Mitarbeiter bauten Urlaub und Überstunden ab und meldeten sich zwei Monate lang arbeitslos. Die Küche und Reinigungsarbeiten wurden schon vor einigen Jahren an eine externe Firma vergeben.
Enttäuscht von Eva Luise Köhler, der Gattin von Ex-Bundespräsident Horst Köhler
Die knapp 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Adelheidstifts kämpften jahrelang um das Überleben der Kurklinik mit 54 Betten. Enttäuscht sind sie von Eva Luise Köhler, der Gattin des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler. Als damalige Schirmherrin des Deutschen Müttergenesungswerks besuchte sie 2004 das Adelheidstift. „Ich bin begeistert von dieser wunderbaren Einrichtung“, schrieb die damalige Bundespräsidentengattin ins Gästebuch. „Doch außer warmen Worten ist nichts passiert, obwohl wir ihr 2006 nochmals schriftlich mitteilten, dass uns das Wasser bis zum Hals steht“, berichtet die Betriebsratsvorsitzende Michaela Strobel.
Rechtsanspruch auf Erholungsmaßnahmen geltend machen
Dieter Sudermann (59) kritisiert den DRK-Landesverband. Sudermann leitete das Adelheidstift von 1982 bis 2010. Seit 1996 habe sich das DRK nicht ausreichend um höhere Tagessätze bemüht, so Sudermann. „Mir ist nicht bekannt, dass der Landesverband in den letzten Jahren die Initiative ergriffen hat, die Tagessätze neu zu verhandeln.“ Sudermann hatte die Leitung vor zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen abgegeben und ist nicht mehr für das DRK tätig. „Schon vor Jahren hätte das Haus deutlich vergrößert werden und intensiv ein neuer Träger gesucht werden müssen“, meint der frühere Heimleiter. Nach dem Aus des DRK-Kurheims in Kirchberg ist es laut Sudermann wieder eine staatliche Aufgabe, Erholungsmaßnahmen für Mütter und Väter mit behinderten Kindern sicher zu stellen. „Diese haben sogar einen Rechtsanspruch darauf, den sie vor den Sozialgerichten einklagen können“, meint der frühere Leiter des Adelheidstifts.
DRK und Politiker schauten dem Niedergang zu lange nur zu
Viele Kritiker sind der Ansicht, dass von Seiten des DRK und der Politik dem schleichenden Niedergang des Adelheidstifts zu lange zugeschaut worden ist. Zu spät seien die Verantwortlichen aufgewacht. Jetzt ist der Jammer groß. Ein potenter Investor ist nicht in Sicht.
Eine kurzer Abriss der Geschichte des Adelheidstifts:
Im Jahr 1854 kaufte Fürstin Adelheid zu Hohenlohe-Kirchberg das 1779 erbaute Haus in Kirchberg-Tal. 1855 stiftete sie das Adelheidstift als Krankenhaus. Die Finanzierung des Abmangels übernahmen später die Stadt Kirchberg und das Oberamt Gerabronn. Zahlreiche Erweiterungen und Modernisierungen fanden über die Jahre statt. Bis 1956 wurde das Adelheidstift als Krankenhaus und Entbindungsklinik genutzt.
DRK ist seit 1956 Eigentümer
1956 kaufte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) das Krankenhaus und baute es zu einem Kurhaus für Kinder um, die vornehmlich aus dem Raum Berlin kamen. Zu Beginn der 1970er Jahre wurde der stattliche Neubau in Form eines riesigen Satteldaches errichtet. Von da an wurden vermehrt Mutter-Kind-Kuren angeboten. 1974 wurde das Kurheim vom Müttergenesungswerk anerkannt. Der Einbau einer neuen Küche, eines behindertengerechten Aufzugs und eines Hallenbads folgte. Der Schwerpunkt verlagerte sich über die Jahre hin zu Kuren für mehrfach-behinderte Menschen und deren pflegende Angehörige. Ein Brand zerstörte 1998 große Teile des Neubaus. Das Gebäude wurde innerhalb weniger Monate wieder instand gesetzt. Der Kurbetrieb wurde schnell wieder aufgenommen. Trotz Anerkennung als Vorsorge- und Reha-Einrichtung kam das Adelheidstift wegen rückläufiger Kurzahlen ab 2002 in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Ende 2012 wird die Kurklinik geschlossen. Die Gebäude stehen zum Verkauf. rag (Journalistisches Kürzel)
(Quelle: „Das Adelheidstift“ von Peter Gutöhrle, Reihe Kirchberger Hefte, Heft 4, 2007)
Fragen an den SPD-Landtagsabgeordneten Nik Sakellariou. Die Antworten hat Nik Sakellariou direkt unter die Fragen geschrieben:
1. Nach meinen Informationen haben Sie sich als Landtagsabgeordneter wegen der Schließung des Adelheidstifts an das Sozialministerium Baden-Württemberg gewandt. Um welche Art der Unterstützung haben Sie das Sozialministerium gebeten?
Um die Finanzierung eines Gutachten zur Wirtschaftlichkeit einer solchen Einrichtung vor dem Hintergrund des Bedarfs an Heimplätzen für alleinreisende Menschen mit Behinderung und älterer Mütter und Väter mit älteren (bis sehr alten) „Kindern“ mit Behinderung.
2. Wie haben Sie Ihre Bitte(n) um Unterstützung begründet?
Ich erhoffe mir so für Investoren eine wirtschaftlich interessante Perspektive durch die Begutachtung des „Marktes“ und der Refinanzierungsmöglichkeiten durch einen sachverständigen Gutachter.
3. Welche Unterstützung kann das Sozialministerium im Fall Adelheidstift leisten?
Ich hoffe es kann die Finnzierung dieses Gutachtens unterstützen.
4. Welche Antworten hat Ihnen das Sozialministerium gegeben?
Noch keine. Das Schreiben ist in Bearbeitung.
5. Nach Darstellung des DRK-Landesverbands sind die Tagessätze für Behindertenkuren im Adelheidstift seit Jahren nicht kostendeckend gewesen. Wie kann erreicht werden, dass die Tagessätze kostendeckend werden?
Durch die Investition in eine Erweiterung der Einrichtung um zahlenmäßig mehr Menschen aufnehmen zu können.
6. Wer handelt mit wem die Tagessätze aus? Wie heißen die beteiligten Institutionen?
Krankenkassen und Träger (DRK)
7. Welche Rahmenbedingungen seitens der Politik gibt es derzeit bei Kuren für Behinderte und Tagessätze in Kurkliniken?
Das weiß ich nicht.
8. Wie müssten die Rahmenbedingungen seitens der Politik verändert werden, um auskömmliche Tagessätze zu erreichen?
Die Versicherten du ihre Vertretungen müssten bereit sein, höhere Beiträge zu bezahlen, um diesen Bereich auskömmlich zu finanzieren.
9. Viele Betroffene mussten ihre Kuren durch Widersprüche und Entscheide von Sozialgerichten durchsetzen. Warum ist das so? Wie kann dies politisch verbessert werden?
Im Sozialrecht geht es um viel Geld und um Ermessensentscheidungen. Da wird häufig vor Gericht gestritten und bekommt man erst vor dem Sozialgericht Recht. Bei Krankenversicherungen und Rentenversicherungen ist aber immer ein Widerspruchsausschuss vorgeschaltet, in dem sowohl Arbeitnehmervertreter als auch Arbeitgebervertreter (jeweils als Beitragszahlervertreter) sitzen und den Beschluss zuvor geprüft haben.
10. Welche Institutionen sind für die restriktive Behandlung von Kuranträgen verantwortlich?
s.o.
11. Welche politischen Gremien können die aktuelle Genehmigungspraxis bei Kuranträgen für die Betroffenen verbessern?
Die Vertreterversammlungen der Krankenversicherungen und der Rentenversicherung die paritätisch besetzt sind.
12. Welche Gesetze oder Ausführungsbestimmungen müssten verändert werden?
§§ 24 ff SGB V
13. Könnte das Land Baden-Württemberg das Kurheim Adelheidstift in Kirchberg/Jagst kaufen oder pachten, in Eigenregie renovieren und weiter betreiben?
Nein.
14. Wer kontrolliert und überprüft eine Kureinrichtung wie das Adelheidstift hinsichtlich notwendiger Zertifizierungen?
Fachaufsicht – ich vermute die zahlenden Kassen und Versicherungen.
15. Welche Zertifizierungen sind aktuell notwendig, damit eine Kureinrichtung geistig und mehrfach behinderte Menschen und deren Angehörige (Mütter/Väter) aufnehmen kann?
Das weiß ich schlicht nicht.
16. Was kann jetzt noch getan werden, damit das Adelheidstift weiterhin als Kureinrichtung für behinderte Menschen und deren Angehörige erhalten bleibt?
Ich versuche mein Bestes. Wir brauchen aber einen (neuen) Träger, der bereit ist 11 Millionen zu investieren und der – das erhoffe ich mir von dem Gutachten – das auch gerne tut, weil er weiß, dass er dieses Investition durch den Bedarf auf der Strecke auch refinanziert bekommt.
17. Falls dies nicht möglich ist: Wie kann das Adelheidstift weiter genutzt werden?
Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht beantworten.
Fragen von Hohenlohe-ungefiltert an den DRK-Landesverband Baden-Württemberg. Die Antworten des DRK-Landesverbands stehen unter dem Fragenkatalog:
1. In welchem Jahr hat das DRK das Adelheidstift in Kirchberg übernommen? Mit welcher Zielgruppe wurde zunächst gearbeitet? Ab wann wurden Kuren für behinderte Menschen angeboten?
1.1.: Seit Jahren war das DRK-Kurheim Adelheidstift von der Schließung bedroht – Was hat der DRK-Kreisverband Schwäbisch Hall in den vergangenen Jahren unternommen, um die Schließung zu verhindern? Welche konkreten Aktivitäten des Kreisverbands gab es?
2. Als die Schließung in diesem Jahr konkret wurde (Juli 2012) – welche konkreten Aktivitäten hat der DRK-Kreisverband seither unternommen, um die Schließung noch abzuwenden?
3. Wie hat sich der inzwischen abgelöste Kreisvorsitzende Ulrich Stückle konkret für das DRK-Kurheim Adelheidstift eingesetzt? Welche konkreten Aktivitäten seitens Herrn Stückles gab es? Bitte nennen Sie die Aktivitäten.
4. Wie geht es mit dem Gebäude des Adelheidstifts und dem dortigen Inventar weiter? Muss sich ein Hausmeister darum kümmern, muss das Haus weiter geheizt werden? Welche Kosten entstehen dadurch pro Monat/ pro Jahr?
4.1.: Für welchen Preis würden Sie das Adelheidstift samt Grundstück und Inventar verkaufen? Wie ist Ihre derzeitige Verhandlungsbasis?
5. Wird das bewegliche Inventar (Pflegebetten, Kücheneinrichtung, Physiotherapie-Einrichtung etc.) separat verkauft? Welchen Erlös versprechen Sie sich davon?
6. Gibt es derzeit einen oder mehrere Interessenten, der/die das Adelheidstift kaufen wollen?
7. Versuchen Sie derzeit aktiv, das Adelheidstift zu verkaufen – oder warten Sie ab, wer auf Sie zukommt?
8. Ist es richtig, dass die Tagessätze für Kuren im Adelheidstift seit 1996 nicht mehr erhöht wurden? Wenn ja, warum? Wenn nein, wie haben sich die Tagessätze seit 1996 entwickelt?
9. Hat das DRK in den Jahren 1997, 1998, 1999, 2000, 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011 oder 2012 versucht, bei den Krankenkassen höhere Tagessätze auszuhandeln? Wenn ja, wie waren die Steigerungen?
10. Wie hoch waren die Tagessätze zuletzt für eine Mutter oder einen Vater?
10.1.: Wie hoch waren die Tagessätze zuletzt für einen behinderten Menschen, bei dem die Mutter oder der Vater mitreisten?
11. Wie hoch waren die Tagessätze zuletzt für eine/n alleinreisende/n behinderte/n Menschen?
12. Wie hoch hätten die Tagessätze im Jahr 2012 sein müssen, um kostendeckend arbeiten zu können?
13. Kann das DRK-Kurheim St. Ingbert (Saarland) kostendeckend arbeiten? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
14. Woran liegt es, dass die Kuren im DRK-Kurheim St. Ingbert (Saarland) derzeit bereits bis 23. April 2013 ausgebucht sind? Was wird dort besser gemacht als in Kirchberg/Jagst?
15. Wie viele Betten für Kurgäste gibt es in St. Ingbert?
16. Wieso hat der Geschäftsführer des Adelheidstifts zuletzt nicht mehr gearbeitet, obwohl noch Kuren stattgefunden haben? Ist er selbst gegangen oder wurde er entlassen?
17. Wann ist der Geschäftsführer des Adelheidstifts aus den Diensten des DRK ausgeschieden und aus welchen Gründen?
18. Wie hoch ist der aktuelle Gewinn oder das aktuelle Defizit im Adelheidstift im Jahr 2012 (von 1. Januar bis 23. Oktober 2012)? Wie sind die aktuellen Zahlen?
19. Ursprünglich waren noch zwei Kuren im Jahr 2012 geplant. Diese standen vor einigen Tagen sogar noch auf Ihrer Internetseite? Warum wurden diese Kuren nicht mehr gemacht?
20. Hängt die Schließung des Adelheidstifts inhaltlich mit dem verstärkten Engagement und den Investitionen des DRK in die neue Bildungseinrichtung zur Ausbildung von Rettungsassistenten in Stuttgart zusammen? Diese hat vor einigen Tagen ihren Betrieb aufgenommen.
Die Antworten von Udo Bangerter, Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit, des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg:
Zu 1.:
Der DRK-Landesverband übernahm 1956 das Gebäude, zunächst als Kindererholungsheim. Mit der Anerkennung durch die Elly Heuss-Knapp-Stiftung (MGW) und dem Anbau des Haupthauses in den Jahren 1971/72 bekam das Adelheidstift seine Zweckbestimmung als Mutter-Kind-Kurmaßnahmen für Frauen mit geistig bzw. mehrfach behinderten Kindern.
Zu 1.1 bis 3.:
Das Adelheidstift ist eine Einrichtung des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg e.V. mit Sitz in Stuttgart. Deshalb war und ist der DRK-Kreisverband Schwäbisch Hall für das Adelheidstift in keiner Weise zuständig, weder strukturell noch operativ. Selbstverständlich waren die zuständigen Gremien im DRK-Landesverband Baden-Württemberg regelmäßig über den Sachverhalt bezüglich des Adelheidstifts informiert worden.
Zu 4. bis 7.:
Auch nach dessen Schließung kommt der DRK-Landesverband Baden-Württemberg als Eigentümer des Adelheidstifts seiner Verantwortung sowohl für das Gebäude als auch für das Inventar nach und wird die dafür notwendigen Kosten tragen. Selbstverständlich hat der DRK-Landesverband Baden-Württemberg ein Interesse daran, dass das Haus nicht leer steht und steht daher sowohl Angeboten für eine neue Nutzung als auch Kaufangeboten offen gegenüber. Weitere Angaben sind derzeit nicht möglich.
Zu 8. bis 12.:
Die jeweils aktuellen Tagessätze für Kureinrichtungen wurden laufend vom DRK-Landesverband Baden-Württemberg geprüft. Hätten sich Spielräume für eine Erhöhung ergeben, wären diese ohne zu zögern sofort genutzt worden. Eine Kalkulation von „fiktiven“ kostendeckenden Tagessätzen liegt nicht vor. Bei Fragen bezüglich der Kriterien für die Festlegung von Tagessätzen für Kureinrichtungen bitten wir Sie, sich an das Müttergenesungswerk oder an die Krankenkassen zu wenden.
Zu 13. bis 15.:
Zu den Betriebsvorgängen im Kurheim St. Ingbert können wir keine Auskünfte erteilen. Bitte wenden Sie sich bei Fragen zu dieser Einrichtung an den dortigen Träger.
Zu 16. und 17.:
Der Einrichtungsleiter (nicht Geschäftsführer) Olaf Starke hat die Einrichtung auf eigenen Wunsch zum 30.9.2012 verlassen. Bis dahin hat er sich wie alle Mitarbeiter des Hauses mit voller Kraft für den Erhalt des Adelheidstifts eingesetzt.
Zu 18. bis 20.:
Die Prognose für 2012 zeigte keine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Adelheidstifts. Zu weiteren aktuellen betriebswirtschaftlichen Daten des laufenden Geschäftsjahres können wir keine Auskünfte erteilen. Bereits in den vergangenen Jahren wurde nicht jede angebotene Kur belegt bzw. durchgeführt. So verhält es sich auch mit den angebotenen Kurterminen ab dem 23. Oktober 2012. Ein Zusammenhang der Schließung mit weiteren Geschäftstätigkeiten des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg besteht nicht.
Die Fragen an die SPD-Bundestagsabgeordnete Annette Sawade:
1. Nach meinen Informationen haben Sie sich als Bundestagsabgeordnete wegen der Schließung des Adelheidstifts an das Sozialministerium Baden-Württemberg gewandt. Um welche Art der Unterstützung haben Sie das Sozialministerium gebeten? Haben Sie noch weitere Institutionen um Hilfe gebeten? Wenn ja, welche und mit welchem Ergebnis?
2. Wie haben Sie Ihre Bitte(n) um Unterstützung begründet? Wie schätzen Sie das Vorgehen des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg ein?
3. Welche Unterstützung kann das Sozialministerium im Fall Adelheidstift leisten?
4. Welche Antworten hat Ihnen das Sozialministerium gegeben?
5. Nach Darstellung des DRK-Landesverbands sind die Tagessätze für Behindertenkuren im Adelheidstift seit Jahren nicht kostendeckend gewesen. Wie kann erreicht werden, dass die Tagessätze kostendeckend werden?
6. Wer handelt mit wem die Tagessätze aus? Wie heißen die beteiligten Institutionen?
7. Welche Rahmenbedingungen seitens der Politik gibt es derzeit bei Kuren für Behinderte und Tagessätze in Kurkliniken?
8. Wie müssten die Rahmenbedingungen seitens der Politik verändert werden, um auskömmliche Tagessätze zu erreichen?
9. Viele Betroffene mussten ihre Kuren durch Widersprüche und Entscheide von Sozialgerichten durchsetzen. Warum ist das so? Wie kann dies politisch verbessert werden?
10. Welche Institutionen sind für die restriktive Behandlung von Kuranträgen verantwortlich?
11. Welche politischen Gremien können die aktuelle Genehmigungspraxis bei Kuranträgen für die Betroffenen verbessern?
12. Welche Gesetze oder Ausführungsbestimmungen müssten verändert werden?
13. Könnte das Land Baden-Württemberg oder der Bund das Kurheim Adelheidstift in Kirchberg/Jagst kaufen oder pachten, in Eigenregie renovieren und weiter betreiben?
14. Wer kontrolliert und überprüft eine Kureinrichtung wie das Adelheidstift hinsichtlich notwendiger Zertifizierungen?
15. Welche Zertifizierungen sind aktuell notwendig, damit eine Kureinrichtung geistig und mehrfach behinderte Menschen und deren Angehörige (Mütter/Väter) aufnehmen kann?
16. Was kann jetzt noch getan werden, damit das Adelheidstift weiterhin als Kureinrichtung für behinderte Menschen und deren Angehörige erhalten bleibt?
17. Falls dies nicht möglich ist: Wie kann das Adelheidstift weiter genutzt werden?
Die Antworten von Annette Sawade, SPD-Bundestagsabgeordnete:
zu 1.)
Mit dem Sozialministerium wird zurzeit ein Gesprächstermin abgestimmt. Es wird sich dabei um eine Gesprächsrunde mit der AOK, dem DRK und dem Müttergenesungswerk handeln und sich auch um die Tagessätze für Mutter-Kind-Kuren mit behinderten Kindern drehen und natürlich der Frage wie man die Arbeit im Adelheidstift fortsetzen könnte.
Vor etwa 4 Wochen hatte ich in Berlin auch Gespräche mit der Bundesgeschäftsführung des Müttergenesungswerks und des Bundesverbands des DRK mit der Bitte, Lösungen in den Landesverbänden zu suchen. Allen Gesprächspartnern war die Situation am Adelheidstift bewusst – jedoch kam bisher keine Reaktion.
Es gab auch ein Gespräch mit DRK Präsidenten in Stuttgart – ohne Ergebnis.
zu 2.a)
Ich habe es begründet mit der dringenden Notwendigkeit solcher Spezialkuren. Zudem gibt es sonst nur noch ein anderes Heim dieser Art in Deutschland.
zu 2.b)
Der DRK Landesverband hat, wie ich auch schon in einem öffentlichen Brief geschrieben hatte, wahrscheinlich zu lange gewartet, um noch Lösungen zu finden.
zu 3.+4.)
Das Gespräch mit dem Ministerium hat noch nicht stattgefunden.
zu 5.)
Ihre Formulierung ist richtig. Daher soll der AOK Landesvorsitzende Dr. Hermann, aus diesem Grund bei dem Gespräch dabei sein. Ihm ist die Problematik sehr wohl bewusst.
zu 6.)
Die Krankenkassen sind die Hauptakteure.
zu 8.)
Man müsste die Tagessätze erhöhen, bzw. den Bedingungen anpassen.
zu 13.)
Das müssten Sie die Landesregierung bzw. die Bundesregierung fragen. Vorstellbar wäre das.
zu 16./17.)
Auch hierzu muss ich das Gespräch mit der Ministerin abwarten. Und bin für gute Ideen immer offen.
Fragen an den Landtagsabgeordneten Helmut W. Rüeck (CDU), die Antworten wurden von Helmut W. Rüeck gleich unter die Fragen geschrieben:
1. Nach meinen Informationen haben Sie sich als Landtagsabgeordneter wegen der Schließung des Adelheidstifts nicht öffentlich geäußert. Was ist dort in den vergangenen Jahren falsch gelaufen?
Ob und wenn ja, was falsch gelaufen ist, das ist für einen Aussenstehenden schwer zu beantworten. Ich war beim Gespräch zwischen Stadt Kirchberg und DRK-Geschäftsführung/DRK-Präsident dabei. Ich habe dabei den Eindruck gewonnen, dass das DRK in den letzten Jahren viel unternommen hat um ein strukturelles Defizit abzubauen. Jetzt stünde wohl zwingend eine grundlegende Sanierung/Umbau in Millionenhöhe an. Diese Kosten aufzubringen scheint für das DRK ein unüberwindbares Problem darzustellen.
Welche Unterstützung könnte das Sozialministerium Baden-Württemberg leisten, damit in Kirchberg/Jagst Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige weiterhin eine Kur machen können?
Das SM hätte, sofern es frühzeitig eingeschaltet war, eine moderierende Rolle zwischen dem Träger und den Krankenkassen übernehmen können. Familien- und Mutter-Kind-Kuren sind gerade erst im Sommer durch die Bundesregierung aufgewertet worden – es ist künftig eher wieder mit einer Belebung der Auslastungen zu rechnen.
2. Nach Darstellung des DRK-Landesverbands sind die Tagessätze für Behindertenkuren im Adelheidstift seit Jahren nicht kostendeckend gewesen. Wie kann erreicht werden, dass die Tagessätze kostendeckend werden?
Betriebswirtschaftlich gesehen gibt ers nur zwei Möglichkeiten: Kosten senken oder Tagessätze erhöhen.
3. Wer handelt mit wem die Tagessätze aus? Wie heißen die beteiligten Institutionen?
Die Leistungserbringer, also die Einrichtungen selbst und die Kostenträger (Krankenkassen und Rentenversicherung).
4. Welche Rahmenbedingungen seitens der Politik gibt es derzeit bei Kuren für Behinderte und Tagessätze in Kurkliniken?
Reha-Maßnahmen sind in den allerwenigsten Fällen echte Pflichtleistungen der Kassen – vielmehr sind diese frei zwischen den Kassen und den Einrichtungen zu verhandeln. Es gibt keinen Belegungsanspruch, wie dies in Krankenhäusern der Fall ist und es gibt nach Expertenmeinungen 25% Überkapazitäten im Reha-Bereich. Umso wichtiger ist es, dass sich Einrichtungen rechtzeitig auf diese Marktsituation einstellen.
5. Wie müssten die Rahmenbedingungen seitens der Politik verändert werden, um auskömmliche Tagessätze zu erreichen?
Der Reha-Bereich ist ein „freier“ Markt – Angebot und Nachfrage regeln hier Erfolg oder Mißerfolg jeder Einrichtung. Die Bundespolitik hat – obwohl es ein Markteingriff ist – vor wenigen Monaten die Gesetzeslagezu Gunsten der Einrichtungen verändert – bei nicht auskömmlichen Pflegesätzen können die Einrichtungen nun die Schiedsstelle anrufen.
6. Viele Betroffene mussten ihre Kuren durch Widersprüche und Entscheide von Sozialgerichten durchsetzen. Warum ist das so? Wie kann dies politisch verbessert werden?
Solange weite Teile der Reha keine Pflichtleistung in der Gesetzl.Krankenversicherung darstellt, so lange wird sich an der aktuellen Lage wenig ändern – diese Thema ist seit Jahren – unabhängig, wer gerade das Gesundheitsministerium in Berlin leitet auf der Tagesordnung. Die Chancen guter Reha werden nach wie vor verkannt – dies wird sich bei immer älter werdenen Arbeitnehmern und Fachkräftemangel rächen.
7. Welche Institutionen sind für die restriktive Behandlung von Kuranträgen verantwortlich?
Krankenkassen und Rentenversicherungsträger.
8. Welche politischen Gremien können die aktuelle Genehmigungspraxis bei Kuranträgen für die Betroffenen verbessern?
Der Deutsche Bundestag und vor allem die Verwaltungsräte der Selbstverwaltung bei Krankenkassen und Rentenversicherung.
9. Welche Gesetze oder Ausführungsbestimmungen müssten verändert werden?
Das Sozialgesetzbuch und die Begutachtungsrichtlinien des MDK.
10. Könnte das Land Baden-Württemberg das Kurheim Adelheidstift in Kirchberg/Jagst kaufen oder pachten, in Eigenregie renovieren und weiter betreiben?
Nach meinen Informationen sucht das DRK einen Käufer. Das Land könnte das Adelheitstift kaufen – wie dies übrigens jede andere Institution, Kommune oder Private auch könnte. Ob das Land hierüber konkrete Überlegungen anstellt kann ich nicht beantworten, das müssen Sie die Grün/Rote Landesregierung fragen.
11. Welche andere Träger kommen als Betreiber in Frage?
Alle die ein sinnvolles und finanziell tragfähiges Konzept haben und bereit sind die notwendigen Investitionen auf sich zu nehmen.
12. Wer kontrolliert und überprüft eine Kureinrichtung wie das Adelheidstift hinsichtlich notwendiger Zertifizierungen?
Die Kostenträger, die eine Belegung verweigern, wenn die erforderliche Zertifizierung fehlt.
13. Welche Zertifizierungen sind aktuell notwendig, damit eine Kureinrichtung geistig und mehrfach behinderte Menschen und deren Angehörige (Mütter/Väter) aufnehmen kann?
Das unterscheidet sich – je nach Kostenträger werden unterschiedliche Zertfizierungen erforderlich.
14. Was kann jetzt noch getan werden, damit das Adelheidstift weiterhin als Kureinrichtung für behinderte Menschen und deren Angehörige erhalten bleibt?
Ich hoffe, im Interesse der Betroffenen und der Stadt Kirchberg, dass es dem DRK gelingt einen investitionsfreudigen Käufer aus diesem Bereich zu finden, der das Haus weiter, bzw. neu betreibt. Bisher scheint das leider nicht der Fall zu sein.
15. Falls dies nicht möglich ist: Wie kann das Adelheidstift weiter genutzt werden?
Die primäre Frage ist nicht WIE die Gebäude genutzt werden können sondern OB sich jemand findet der bereit und finanziell in der Lage ist die notwendigen Investitionskosten zu aufzubringen. Zu Profil und Infrastruktur von Kirchberg würde eine Einrichtung in den Bereichen Pflege/Betreuung/Reha/Erholung sehr gut passen. Es wäre ggf. alternativ zu prüfen, ob sich ein Hotel- oder Tagungsbetrieb tragen würde.
Fragen an Bürgermeister Stefan Ohr, Kirchberg an der Jagst. Die Antworten hat Bürgermeister Stefan Ohr gleich unter die Fragen geschrieben:
1. Nach meinen Informationen haben Sie sich als Bürgermeister der Stadt Kirchberg/Jagst wegen der Schließung des Adelheidstifts an das Sozialministerium Baden-Württemberg gewandt. Um welche Art der Unterstützung haben Sie das Sozialministerium gebeten?
1.1.: Haben Sie weitere Institutionen um Hilfe gebeten? Wie war deren Reaktion?
Das mit DRK, den Abgeordneten (insbesondere SPD), Gemeinderäten, Kirchengemeinde und Dekanat abgestimmte Vorgehen sieht vor, dass zunächst die wirtschaftliche Grundlage untersucht und verbessert werden muss, bevor konkrete Verhandlungen mit einem in Frage kommenden neuen Träger geführt werden können.
2. Wie haben Sie Ihre Bitte(n) um Unterstützung begründet?
Notwendigkeit der Einrichtung für die betroffenen Familien.
3. Welche Unterstützung kann das Sozialministerium im Fall Adelheidstift leisten?
Unterstützung und Förderung einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und Weitervermittlung der Problematik an die zuständigen Amts- und Mandatsträger.
4. Welche Antworten hat Ihnen das Sozialministerium gegeben?
Auf das Schreiben der Stadt Kirchberg vom 8.10.2012 erfolgte bislang aus dem Sozialministerium keine Rückmeldung. Auch die Politiker und kirchlichen Amtsträger erhielten bisher keine Antwort.
5. Nach Darstellung des DRK-Landesverbands sind die Tagessätze für Behindertenkuren im Adelheidstift seit Jahren nicht kostendeckend gewesen. Wie kann erreicht werden, dass die Tagessätze kostendeckend werden?
Die innerbetrieblichen Maßnahmen zur Ergebnissteigerung dürften spätestens mit der Einführung des Saisonbetriebs ausgereizt sein. Eine Kostendeckung könnte evtl. durch eine Kapazitätserweiterung der Einrichtung, im Idealfall mit einer angemessenen Anpassung der Tagessätze zu erreichen.
6. Wer handelt mit wem die Tagessätze aus? Wie heißen die beteiligten Institutionen?
Die Tagessätze der Krankenkassen sind bundesgesetzlich im Sozialgesetzbuch SGB V geregelt und unterliegen einer politischen Gesetzesinitiative.
7. Wie müssten die Rahmenbedingungen seitens der Politik verändert werden, um auskömmliche Tagessätze zu erreichen?
Anerkennung der Bedeutung von Mutter-Kind-Kuren und mehr Unterstützung von Menschen mit Behinderung.
8. Viele Betroffene mussten ihre Kuren durch Widersprüche und Entscheide von Sozialgerichten durchsetzen. Warum ist das so? Wie kann dies politisch verbessert werden?
Diese Frage bitte an die jeweilige Krankenkasse oder an das zuständige Sozialministerium richten.
9. Welche Institutionen sind für die restriktive Behandlung von Kuranträgen verantwortlich?
siehe Nr. 8
10. Welche politischen Gremien können die aktuelle restriktive Genehmigungspraxis bei Kuranträgen für die Betroffenen verbessern?
siehe Nr. 8
11. Könnte Ihrer Meinung nach das Land Baden-Württemberg das Kurheim Adelheidstift in Kirchberg/Jagst kaufen oder pachten, in Eigenregie renovieren und weiter betreiben?
Nein.
12. Was kann jetzt noch getan werden, damit das Adelheidstift weiterhin als Kureinrichtung für behinderte Menschen und deren Angehörige erhalten bleibt?
Über unsere Abgeordneten und das Sozialministerium in Stuttgart die Problematik des Adelheidstifts und damit das Problem der Unterfinanzierung von Mutter-Kind-Kuren weitervermitteln.
13. Falls dies nicht möglich ist: Wie kann das Adelheidstift weiter genutzt werden?
Das Adelheidstift wird mindestens noch ein halbes Jahr als Einrichtung erhalten bleiben. Es erfolgt keine Ausverkauf. Solange wird versucht den Mutter-Kinder-Kurbetrieb in Kirchberg zu retten.
Fragen an das Sozialministerium Baden-Württemberg:
1. Wie viele Kurheime für Menschen mit Behinderungen gibt es in Baden-Württemberg?
2. Wo sind diese Kurheime?
3. Können dort auch alleinreisende Kurgäste aufgenommen werden?
4. Seit wann weiß das Sozialministerium von der geplanten Schließung des DRK-Kurheims Adelheidstift in Kirchberg an der Jagst?
5. Nach meinen Informationen haben sich Politiker des Landtags und des Bundestags wegen der Schließung des Adelheidstifts an das Sozialministerium Baden-Württemberg gewandt. Meines Wissens waren dies der SPD-Landtagsabgeordnete Nik Sakellariou, die SPD-Bundestagsabgeordnete Annette Sawade und der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. Auch die Stadt Kirchberg/Jagst soll sich an das Sozialministerium gewandt haben. Um welche Art der Unterstützung wurde das Sozialministerium von den Politikern und der Stadtverwaltung gebeten?
6. Welche Unterstützung kann das Sozialministerium im Fall Adelheidstift leisten?
7. Nach Darstellung des DRK-Landesverbands sind die Tagessätze für Behindertenkuren im Adelheidstift seit Jahren nicht kostendeckend gewesen. Wie kann erreicht werden, dass die Tagessätze kostendeckend werden?
8. Wer handelt mit wem die Tagessätze aus? Wie heißen die beteiligten Institutionen?
9. Welche Rahmenbedingungen seitens der Politik gibt es derzeit bei Kurtagessätzen?
10. Wie müssten die Rahmenbedingungen seitens der Politik verändert werden, um auskömmliche Tagessätze zu erreichen?
11. Viele Betroffene mussten ihre Kuren durch Widersprüche und Entscheide von Sozialgerichten durchsetzen. Warum ist das so?
12. Welche Institutionen sind für die restriktive Behandlung von Kuranträgen verantwortlich?
13. Welche politischen Gremien können die aktuelle Genehmigungspraxis bei Kuranträgen für die Betroffenen verbessern?
14. Welche Gesetze oder Ausführungsbestimmungen müssten verändert werden?
15. Ist es geplant, dass das Land Baden-Württemberg das Kurheim Adelheidstift in Kirchberg/Jagst kauft oder pachtet und in Eigenregie renoviert und weiter betreibt?
16. Wer kontrolliert und überprüft eine Kureinrichtung wie das Adelheidstift hinsichtlich notwendiger Zertifizierungen?
17. Welche Zertifizierungen sind aktuell notwendig, damit eine Kureinrichtung geistig und mehrfach behinderte Menschen und deren Angehörige (Mütter/Väter) aufnehmen kann?
Die Antworten des Sozialministeriums Baden-Württemberg:
Im Fall des Behindertenkurheims „Adelheidstift“ wurden Gesprächswünsche und die Bitte um Moderation mit den Kostenträgern an das Sozialministerium herangetragen.
Das Sozialministerium hat die wichtigsten Kostenträger erneut um Stellungnahme gebeten, wie der Versorgungsbedarf Ihrer Versicherten für Mutter-Vater-Kind-Maßnahmen für Eltern mit behinderten Kindern nach Schließung des „Adelheidstift“ zum 31.12.2012 befriedigt werden kann.
Nach Kenntnis des Sozialministeriums hat das DRK als Träger der Einrichtung „Adelheidstift“ nach jahrelangen Bemühen einer Aufrechterhaltung nunmehr entschieden, die Einrichtung bis zum Jahresende 2012 zu schließen. Laut DRK genügt die Einrichtung „Adelheidstift“ mit teilweise über 90 Jahre alter Bausubstanz nicht mehr den aktuellen gesetzlichen und fachlichen Anforderungen an eine Kureinrichtung. Eine Renovierung oder Modernisierung der Einrichtung „Adelheidstift“ sei aufgrund des baulichen Zustandes und der geringen Bettenkapazität nicht möglich. Beratungen und Bemühungen um einen wirtschaftlichen Betrieb des Hauses inklusive der Prüfung eines neuen Betriebsmodells, eines möglichen Neubaus und der Suche nach einem Investor waren im Vorfeld nicht erfolgreich.
Krankenkassen sind Selbstverwaltungskörperschaften und treffen eigenverantwortlich Entscheidungen. Das Sozialministerium Baden-Württemberg führt über die landesunmittelbaren Krankenversicherungen die Rechtsaufsicht, jedoch keine Fachaufsicht. Im Rahmen dieser Rechtsaufsicht trägt das Ministerium dafür Sorge, dass die Krankenkassen die ihnen rechtlich gesetzten Grenzen – auch bei Kurbewilligungen – einhalten. Wenn eine Krankenkasse eine Entscheidung hinsichtlich einer Bewilligung trifft, kann diese von der Aufsichtsbehörde nur dann beanstandet werden, wenn sie offensichtlich rechtswidrig ist.
Das Sozialministerium hat keinen Überblick über „Kurheime“ für Menschen mit Behinderung. Für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gilt, dass Versorgungsverträge zwischen Reha- und Vorsorgekliniken und den Krankenkassen geschlossen werden. Es besteht – im Gegensatz zum Krankenhausbereich – keine staatliche Planung und die Verträge müssen auch nicht den jeweils zuständigen Aufsichten zur Genehmigung vorgelegt werden. Die Vergütung wird zwischen den Vertragsparteien verhandelt. Im Konfliktfall entscheidet eine Schiedsstelle, die in Baden-Württemberg eingerichtet ist. Die leistungsrechtliche Genehmigung einer Krankenkasse richtet sich nach den jeweiligen Verhältnissen des Einzelfalles. Im Rahmen der Rechtsaufsicht hat das Sozialministerium bereits auf die ihm unterstellten landesunmittelbaren Krankenkassen dahingehend eingewirkt, dass pauschalierte Ablehnungsgründe, wie beispielsweise ein Verweis auf vorrangig zu nutzende ambulante Angebote, nicht zulässig seien. Eine mögliche Zertifizierung einzelner Einrichtungen erfolgt freiwillig. Hierauf können die Krankenkassen als Vertragspartner gegebenenfalls einwirken.
Die Fragen an den Grünen-Bundestagsabgeordneten Harald Ebner. Harald Ebner hat die Antworten teilweise unter die Fragen geschrieben. Die restlichen Fragen stehen ganz unten:
1. Nach meinen Informationen haben Sie sich als Bundestagsabgeordneter wegen der Schließung des Adelheidstifts an das Sozialministerium Baden-Württemberg gewandt. Um welche Art der Unterstützung haben Sie das Sozialministerium gebeten? Haben Sie noch weitere Institutionen um Hilfe gebeten? Wenn ja, welche und mit welchem Ergebnis?
Ich habe mich in einem Brief direkt beim Deutschen Roten Kreuz für einen Erhalt des Adelheidstiftes eingesetzt und dabei angeregt, die Möglichkeiten für einen Erhalt des Stifts zusammen mit der Stadt Kirchberg und der Belegschaft des Stiftes zu prüfen. Dies umso mehr vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren steigenden Belegungszahlen und der großen sozialen Bedeutung des Adelheidstifts als Kureinrichtung für Mütter mit ihren behinderten Kindern, die in Süddeutschland in dieser Form einmalig ist. Leider zeigte sich in der Antwort des Deutschen Roten Kreuzes, dass die Schließung des Adelheidstifts bereits endgültig beschlossen war, da neben Zuschüssen von 500 Euro je Kurgast, die das Deutsche Rote Kreuz aus eigener Tasche aufgebracht hat, in Kürze Investitionen von etwa 11 Mio Euro für Umbau, Neubau zur Erweiterung der Kurplätze und Brandschutz anstehen würden. Diese Maßnahmen wären laut DRK die Voraussetzung für einen betriebswirtschaftlichen Weiterbetrieb des Stifts. Bei den Sitzungen des Sozial- und Verwaltungsausschusses des Gemeinderats in Kirchberg wurde ich durch die Mitglieder der UGL und teilweise auch von Grünen Kreisräten vertreten und über die Ergebnisse informiert. Leider ergaben sich auch hier keine Ansatzpunkte für einen weiteren Erhalt oder alternativen Betrieb des Stifts, das DRK hat lediglich seine Gründe erneut dargelegt und den Entschluss zur Schließung bekräftigt. Ein Hauptproblem im Betrieb des Stifts waren und sind ja gerade die viel zu geringen Pflegesätze was die Mutter-Kind-Kuren angeht, und daneben die fehlende Förderung von Kurreisen allein reisender, erwachsener Behinderter, die so als Zielgruppe und Kurbedürftige offenbar noch nicht in den Köpfen der Verantwortlichen angekommen sind. Um mir ein Bild von den notwendigen politischen Schritten auf Bundesebene zu machen, habe ich deshalb auch Gespräche mit Bundestagskollegen geführt, die Experten für Sozial-, Gesundheits- und Behindertenpolitik sind. Leider wurde mir dabei nicht viel Mut gemacht: eine Erhöhung der Tagessätze der Krankenkassen ist mit einem langwierigen politischen Prozess verbunden, der für das Adelheidstift in seiner jetzigen Situation zu spät käme.
2. Wie haben Sie Ihre Bitte(n) um Unterstützung begründet? Wie schätzen Sie das Vorgehen des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg ein?
Das Adelheidstift ist als Kureinrichtung für Mütter mit ihren behinderten Kindern einmalig im süddeutschen Raum, in ganz Deutschland gibt es nur drei solcher Einrichtungen. Daneben ist das Adelheidstift als Arbeitgeber von 35 Beschäftigten natürlich auch für die Stadt Kirchberg eine wichtige Einrichtung. Das Engagement der Beschäftigten, die schon vor Jahren eine Umstellung auf Saisonbetrieb mitgetragen haben, um das Stift zu erhalten, sowie die steigenden Belegungszahlen sind weitere Argumente, einen Weiterbetrieb des Adelheidstifts ernsthaft zu erwägen. Das DRK als sozial tätiger Einrichtung kommt hier eine besondere Verantwortung zum Erhalt zu, auch wenn betriebswirtschaftliche Gründe eine Schließung nahe legen.
3. Welche Unterstützung kann das Sozialministerium im Fall Adelheidstift leisten?
Das Land selbst hat keine Mittel, um das Adelheidstift selbst zu erhalten oder in Trägerschaft zu nehmen. Das Sozialministerium wurde von MdL Nikolaos Sakellariou um Unterstützung bei der Finanzierung eines Gutachtens gebeten, das für mögliche Investoren die Wirtschaftlichkeit der notwendigen Investitionen in Höhe von 9 bis 11 Milliarden Euro deutlich macht. Welche Antwort das Sozialministerium hierauf gegeben hat, ist mir nicht bekannt.
4. Welche Antworten hat Ihnen das Sozialministerium gegeben?
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5. Nach Darstellung des DRK-Landesverbands sind die Tagessätze für Behindertenkuren im Adelheidstift seit Jahren nicht kostendeckend gewesen. Wie kann erreicht werden, dass die Tagessätze kostendeckend werden? und die übrigen Fragen:
Der Landesverband des DRK erklärt laut Antwortschreiben vom 10. August 2012 an mich, ihre Pflegesätze seien prinzipiell nicht kostendeckend, und zwar unabhängig von der Größe der Einrichtung. Wenn das stimmt, ist es weder eine Frage der Belegung (und der Genehmigungspraxis der Kostenträger) noch eine Frage der Betriebsgröße (Erweiterungsbau/Erweiterung des Leistungsspektrums), sondern einzig der Vergütung. Dann muss also konkret über die Pflegesätze gesprochen werden. Die Pflegesätze sind Ergebnis der Verhandlungen mit den Krankenkassen und der Rentenversicherung, also den Kostenträgern. Die Bundespolitik hat hier kein Eisen im Feuer und kann auch keine Kureinrichtung aufkaufen oder in Eigenregie betreiben – gleiches gilt für die Landespolitik. Gespräche mit den Kassen und der Rentenversicherung zu suchen sind entsprechend der einzige Weg, eine wirtschaftlich rentable Finanzierungsgrundlage zu erhalten. Dem DRK ist das Zuschießen der Finanzierungslücke auf Dauer sicher nicht zuzumuten.
Die restriktive Bewilligungspraxis von Kuranträgen speziell für Mutter/Vater-Kind-Maßnahmen ist ein Umstand, den wir in den letzten Jahren leider vielfach beobachten mussten. Verantwortlich dafür waren nicht zuletzt die restriktiven Finanzierungsbedingungen im Gesundheitsfonds der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der Gesundheitsfonds wurde von der Großen Koalition eingeführt, dessen Finanzierungsgrundlagen rund um die Zusatzbeiträge der Kassen von Schwarz-Gelb zusätzlich verschärft. Dies löste einen enormen Spardruck bei den Kassen aus, u.a. an Mutter/Vater-Kind-Maßnahmen wurde einzusparen versucht und die Kuranträge z.T. willkürlich abgelehnt.
Großer politischer Druck auf die Krankenkassen in Verbindung mit einer überarbeiteten „Begutachtungs-Richtlinie Vorsorge und Rehabilitation“ mit Umsetzungsvorgaben für eine einheitliche Umsetzung und eine transparentere Bewilligungsstatistik haben die Situation inzwischen deutlich entschärft. So ist beispielsweise die Ablehnungsquote der Anträge bei den Krankenkassen im ersten Halbjahr 2012 auf 21% gesunken (Vorjahres-Halbjahr: 35%), wie das Müttergenesungswerk kürzlich mitteilte. Allerdings geht ein Großteil der abgelehnten Reha-Anträge insgesamt auch auf fehlerhafte Anträge bzw. unvollständige Unterlagen zurück.
Die restlichen Fragen 6 bis 17:
6. Wer handelt mit wem die Tagessätze aus? Wie heißen die beteiligten Institutionen?
7. Welche Rahmenbedingungen seitens der Politik gibt es derzeit bei Kuren für Behinderte und Tagessätze in Kurkliniken?
8. Wie müssten die Rahmenbedingungen seitens der Politik verändert werden, um auskömmliche Tagessätze zu erreichen?
9. Viele Betroffene mussten ihre Kuren durch Widersprüche und Entscheide von Sozialgerichten durchsetzen. Warum ist das so? Wie kann dies politisch verbessert werden?
10. Welche Institutionen sind für die restriktive Behandlung von Kuranträgen verantwortlich?
11. Welche politischen Gremien können die aktuelle Genehmigungspraxis bei Kuranträgen für die Betroffenen verbessern?
12. Welche Gesetze oder Ausführungsbestimmungen müssten verändert werden?
13. Könnte das Land Baden-Württemberg oder der Bund das Kurheim Adelheidstift in Kirchberg/Jagst kaufen oder pachten, in Eigenregie renovieren und weiter betreiben?
14. Wer kontrolliert und überprüft eine Kureinrichtung wie das Adelheidstift hinsichtlich notwendiger Zertifizierungen?
15. Welche Zertifizierungen sind aktuell notwendig, damit eine Kureinrichtung geistig und mehrfach behinderte Menschen und deren Angehörige (Mütter/Väter) aufnehmen kann?
16. Was kann jetzt noch getan werden, damit das Adelheidstift weiterhin als Kureinrichtung für behinderte Menschen und deren Angehörige erhalten bleibt?
17. Falls dies nicht möglich ist: Wie kann das Adelheidstift weiter genutzt werden?