Seine Enttäuschung über ein Radwegekonzept für den Landkreis Schwäbisch Hall äußert Hans-Joachim Feuchter, Vorsitzender der Fraktion Grüne/ödp im Haller Kreistag. In einem Offenen Brief an den Landrat kritisiert Feuchter Bezug die Sitzungsvorlage des Landratsamts für die Sitzung des Umwelt- und Technik-Ausschusses am Dienstag, 7. Februar 2012.
Von Hans-Joachim Feuchter, Vorsitzender der Fraktion Grüne/ödp im Kreistag Schwäbisch Hall
Sehr geehrter Herr Landrat,
das vorgelegte Radwegekonzept für die Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik am kommenden Dienstag hat uns sehr enttäuscht. Gerade dies wollten wir jedoch vermeiden, indem wir nach der Sitzung im Februar 2011 aus gutem Grund unsere konstruktive Begleitung des Konzepts angeboten und darüber hinaus die Zusage erhalten haben, Fachleute aus der Praxis und Betroffene (zum Beispiel den ADFC) zu beteiligen. Ich selbst habe mit Herrn Fernandez bezüglich unserer Einbindung gesprochen und eine generelle Bereitschaft und Offenheit wahrgenommen – offensichtlich jedoch eine Fehleinschätzung.
Nur eine bescheidene Tätigkeitsbeschreibung
Aus unserer Sicht ist das, was Sie vorgelegt haben kein Konzept, eher eine bescheidene Tätigkeitsbeschreibung. Für ein Konzept fehlt einiges. Wir wollen auflisten:
Dem Konzept fehlt das Ziel
Es fehlt ein Ziel. Ein Konzept benötigt aber ein Ziel, denn an ihm sollen sich Maßnahmen und ihre Realisierung orientieren. Das Land hat noch zu Zeiten der alten Landesregierung ehrgeizige Vorgaben dazu formuliert wie `BaWü soll Fahrradland Nr. 1 werden´ und ´der Anteil des Fahrradverkehrs soll auf 20 Prozent steigen´. Die neue Landesregierung ist hier sicher nicht bescheidener. Ein solches Landesziel muss auf die Kreisebene heruntergebrochen werden, um deutlich zu machen, was wir mit unserem Konzept erreichen wollen! Erst dann lässt sich auch beurteilen, ob das Konzept in der Lage ist, das Ziel zu erreichen.
Konzeptteile für den Alltagsverkehr fehlen
Es fehlen letztlich Konzeptteile für den Alltagsverkehr. Der spielt sich nicht nur innerhalb der Gemeinden ab. Nahezu durchgängig sind lediglich touristische Fahrradverbindungen dargestellt. Das ist zu wenig.
Seit einigen Jahren gibt es Fahrradkommunalkonferenzen
Das Vorgehen ist überwiegend am Bestand orientiert und selbst das nicht einmal gut. Sinnvoll wäre es jedoch ein Wunschliniennetz an Fahrradverbindungen (Verbindungsachsen) festzulegen und dann zu überlegen, was, wann, zu welchem Preis zu verwirklichen ist. Solche Wunschlinien könnten die Verbindungen zwischen den Gemeinden sein, oder (als Gemeindeaufgabe) die Verbindungen der Teilorte einer Gemeinde mit dem Hauptort, welche ja unterschiedlich relevant sein können. In diesem Zusammenhang dürfen wir anmerken, dass es seit einigen Jahren Fahrradkommunalkonferenzen gibt – wir liefern dazu gerne Kontaktmöglichkeiten – außerdem ist die Landeszentrale für politische Bildung hier aktiv.
Klassifizierung der Radwege ist wichtig
Es fehlt eine Klassifizierung der Radwege. Solche Kategorisierungen können sein: „asphaltiert“, „geschottert“, „entlang der Hauptverkehrsstraße“ oder ähnliches. Das ist nicht nur eine Nutzerinformation, sondern es wird dadurch auch festgelegt, ob und wo Verbesserungs- oder Änderungsbedarf in Abhängigkeit zum oben angegebenen Ziel besteht. Das geht über Ihre Mängelmarkierung hinaus.
Kooperation Bus und Fahrrad könnte auch dem Bus nützen
Will man, wie die Vorlage schreibt, zum Beispiel ÖPNV und Fahrrad miteinander verknüpfen, müssen Übergangs- und Verknüpfungsmöglichkeiten dargestellt werden, zum Beispiel auch Unterstell- und Mitnahmemöglichkeiten (bike & ride) für Fahrräder. Auf Seite 4 steht da nur lapidar, es gäbe „erste Überlegungen“, obwohl wir dies schon vor einem Jahr angestoßen haben. Eine Kooperation Bus und Fahrrad könnte auch dem Bus nützen, da Hinfahrten mit Rad oft einfach, mit Einkäufen bepackte Rückfahrten aber beschwerlich sind.
Bedarfszahlen müssen her
Für ein ordentliches Fahrradwegekonzept benötigt man Bedarfszahlen wie bei jedem anderen Verkehrsweg auch (daran haben wir zum Beispiel kürzlich die Hohenlohebahn aufgehängt). Die zum Teil auch gemeindeübergreifenden Bedarfszahlen (zum Beispiel von Schulen oder Betrieben) legen dann logischerweise ebenfalls Verbindungslinien und Mängel bei bestehenden Verbindungswegen fest. Auch dies wurde offensichtlich noch nicht angedacht.
Kreisverkehr sieht Fahrräder als Konkurrenz
Falsch konzipiert ist zudem die Arbeitsgruppe zur Entwicklung des Fahrradwegekonzepts. Zumindest der Kreisverkehr nimmt Fahrräder bisher eher als konkurrierende Verkehrsmittel wahr und bremst. Das wird zum Beispiel an der fehlenden Bereitschaft des Kreisverkehrs deutlich, an der Mitnahme von Fahrrädern erfolgversprechend zu arbeiten. Wir favorisieren daher eine Arbeitsgruppe (zumindest in der ersten Phase) ohne den Kreisverkehr.
Vor diesem Hintergrund möchten wir für den weiteren Fortgang mehrere Anträge stellen:
1. Vor der weiteren Entwicklung eines Fahrradkonzepts lässt sich der zuständige Ausschuss zum Beispiel von einem Vertreter des Landkreises Göppingen über das dortige Fahrradwegekonzept und das dazugehörige Vorgehen informieren.
2. Die bestehende Arbeitsgruppe zur Entwicklung des Radwegekonzepts wird durch Vertreter des ADFC , der Fahrradinitiative SHA oder ähnliches ergänzt. Der Kreisverkehr ist als Mitglied nur bei den Punkten notwendig, bei denen er wirklich helfen kann (zum Beispiel Fahrradmitnahme).
3. Der Landkreis setzt sich für die zukünftige Bedeutung des Fahrradverkehrs ein Ziel und legt Maßnahmen und Realisierungsschritte für die Erreichung dieses Ziels fest. Die Gemeinden müssen in die Realisierung dieses Ziels eingebunden werden.
4. Der vorliegende erste Konzeptentwurf muss durch Fahrradwege für den Alltag und entsprechende Vorgaben/Empfehlungen für die Gemeinden ergänzt werden. Wenn das Straßenverkehrsamt das arbeitsmäßig nicht leisten kann, sollten wir ein Fachbüro beauftragen.
Weitere Informationen und Kontakt:
Hans-Joachim Feuchter, Die Grünen/ödp im Kreistag Schwäbisch Hall, Bovenzenweiler 6, 74575 Schrozberg
Telefon: 07939-8025
Fax: 07939-8027
E-Mail: Fam-Feuchter@t-online.de