„Die Politik der Koalition von CDU und FDP war in Baden-Württemberg so erfolgreich, wie in keinem anderen Bundesland“ – Interview mit Friedrich Bullinger (FDP)

Wenige Tage vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg hat die Redaktion von Hohenlohe-ungefiltert Kandidaten der Wahlkreise Schwäbisch Hall und Hohenlohe befragt. Den jeweiligen Fragenkatalog erhielten alle angefragten Kandidatinnen und Kandidaten am Sonntag, 20. März 2011, per E-Mail an Adressen, die sie auf ihren Internetseiten selbst angegeben haben. Die Fragen am schnellsten beantwortet hat Ute Oettinger-Griese (FDP/Wahlkreis Hohenlohe). Deshalb steht sie bei der Veröffentlichung an erster Stelle. Am drittschnellsten antwortete Friedrich Bullinger (FDP/Wahlkreis Schwäbisch Hall).

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Hohenlohe-ungefiltert: Die schon seit Jahren andauernden Proteste gegen Stuttgart 21 und auch gegen die Atomenergie zeigen, dass viele Menschen das Vertrauen in die Politik und die Politiker verloren haben. Was können Sie als Landtagsabgeordneter konkret tun, damit die Menschen Vertrauen in die handelnden Personen in Politik und Wirtschaft bekommen?

Friedrich Bullinger: Ich werde meine Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis so engagiert fortsetzen wie bisher. Jeder Wahlkreisabgeordnete hat die Verpflichtung, ein offenes Ohr für alle Bürgerinnen und Bürger zu haben. Nur im direkten Gespräch und durch gemeinschaftliche Problemlösung ist es möglich, mangelndem Vertrauen in die Integrität von Politikern entgegenzuwirken. Unser Landtagswahlrecht betont diese Aufgabe ausdrücklich und ich nehme sie gerne an.

Welche Position beziehen Sie als FDP-Mann bei den Themen Hartz-IV und Leiharbeit ?

Wir haben jetzt den Mindestlohn in der Zeitarbeit. Geregelt im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Somit kann die EU-Freizügigkeit ab 01.05.2011 für die „neuen“ Länder keine Verwerfungen mehr auslösen. Wir sind weiterhin gegen einen flächendeckenden branchenübergreifenden Mindestlohn und erst recht gegen ein „Tariftreuegesetz“, wie es die SPD kurz vor der Wahl noch reichlich effekthascherisch in den Landtag eingebracht hatte.

Die FDP ist als Partei für den Bau des Stuttgarter Tiefbahnhofs und das Immobilienprojekt (Stuttgart 21). Welche Vorteile bringt der Bau des Stuttgarter Tunnelbahnhofs für die Bürgerinnen und Bürger der Landkreise Schwäbisch Hall und Hohenlohe ? Welche Nachteile gibt es für die Bürgerinnen und Bürger dieser Landkreise beim Bau von Stuttgart 21 ?

Das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm ist ein Projekt für das ganze Land und keinesfalls ein rein städtebauliches Projekt der Landeshauptstadt. Es ist Ausdruck unserer Innovationskraft und unseres Fortschrittswillens.

Mit der Realisierung wird die Erreichbarkeit der Städte und Regionen in ganz Baden-Württemberg verbessert und ein dauerhafter Wertschöpfungszuwachs von rund 500 Mio. Euro pro Jahr erreicht. Gleichzeitig werden rund 10.000 Dauerarbeitsplätze geschaffen. Zu diesen dauerhaften Vorteilen treten enorme bauzeitliche Effekte: Mit dem Gesamtprojekt werden Investitionen in Baden-Württemberg ermöglicht, die das Vierfache des Engagements des Landes betragen. Bezogen auf die Beschäftigung sind damit mehr als 5.000 Vollerwerbsstellen pro Jahr während der Bauphase verbunden. Dazu kommen weitere wirtschaftliche Impulse mit Beschäftigungseffekten durch die städtebauliche Entwicklung in Stuttgart. Außerdem wird eine Steigerung der Immobilienwerte in Baden-Württemberg um 1,2 bis 3,3 Mrd. Euro prognostiziert.

Unter Umweltgesichtspunkten profitiert das Land von der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene. Die aus den mit der Fertigstellung des Projekts resultierenden deutlichen Verkürzungen der Reisezeiten im Fernverkehr sowie Angebotsverbesserungen und Fahrzeitverkürzungen im Nahverkehr führen zu einer Verlagerung sowohl des überregionalen als auch deslokalen Verkehrs auf die Schiene. Es wird prognostiziert, dass insgesamt rund 1 Mrd. Pkw-km pro Jahr eingespart werden, was zu einer jährlichen Minderung der CO2-Emissionen von rund 175.000 t führt.

Für den Landkreis Schwäbisch Hall ist von besonderer Bedeutung, dass die Einrichtung einer zweistündlichen schnellen Regionalverkehrslinie von Nürnberg nach Stuttgart mit Halt in Crailsheim, Eckartshausen/Ilshofen, Schwäbisch Hall-Hessental und – nach dem gegenwärtigen Planungsstand – in Gaildorf vorgesehen ist, die im Streckenabschnitt Schwäbisch Hall-Hessental–Stuttgart als zusätzliches Angebot die bestehenden stündlichen RE-Verbindungen ergänzen wird. Dadurch wird eine Reisezeit von Schwäbisch Hall nach Stuttgart von unter einer Stunde (konkret 55 Minuten) erreicht und es ergeben sich (einschließlich Kreuzungsbahnhof Fornsbach) aus dem Landkreis Schwäbisch Hall erhebliche Reisezeitgewinne zu vielen Zielen im Land. Beispielsweise reduziert sich die Reisezeit nach Waiblingen, Böblingen, Göppingen, Tübingen und Karlsruhe von Crailsheim und Schwäbisch Hall-Hessental durchschnittlich um 20 bis 30 Minuten.

Schwäbisch Hall wird außerdem vor allem von dem unmittelbaren Anschluss an den Flughafen Stuttgart profitieren. Die Reisezeit zum Flughafen beträgt von Schwäbisch Hall-Hessental mit Regionalexpress und S-Bahn heute 1 Stunde 49 Minuten. Künftig kann der Flughafen mit Regionalzügen umsteigefrei in nur 1 Stunde 16 Minuten erreicht werden. Für Crailsheim ist darüber hinaus vorgesehen, dass die ICE-Linie Zürich–Stuttgart über Aalen und Crailsheim nach Nürnberg durchgebunden wird und dabei die IC-Linie Stuttgart–Nürnberg ersetzt. Dadurch verkürzt sich die Reisezeit von Crailsheim zum Flughafen von heute über zwei Stunden auf künftig 1 Stunde 21 Minuten umsteigefrei im ICE. In der Relation Crailsheim–Heilbronn wird sich die Reisezeit um 2 Minuten reduzieren, jedoch wird künftig ein Umstieg in Schwäbisch Hall-Hessental notwendig. Durch die vorgesehene Durchbindung reduziert sich die Reisezeit von Schwäbisch Hall-Hessental zu Zielen entlang der Gäubahn erheblich, zum Beispiel nach Horb um 40 Minuten.

Sind Sie für einen Bürgerentscheid/Volksentscheid zum Immobilien- und Bahnprojekt Stuttgart 21 ? Meines Wissens ist dafür eine Zweidrittelmehrheit im Landtag erforderlich. Wie sollen diese über 66,6 Prozent der Abgeordnetenstimmen nach der Landtagswahl zusammenkommen?

Die FDP in Baden-Württemberg fordert ausdrücklich eine Stärkung der direkten Demokratie. Neben den von uns initiierten deutlichen Verbesserungen bei der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene fordern wir seit Jahren eine Absenkung der Quoren für Volksbegehren und Volksabstimmung. Es soll ausreichen, wenn ein Volksbegehren von mindestens 10 Prozent der Wahlberechtigten gestellt wird (Absenkung von derzeit 1/6). Ein zur Volksabstimmung gestelltes Gesetz soll beschlossen sein, wenn es die Mehrheit der abgegebenen Stimmen findet und diese mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten (derzeit 1/3) ausmacht. Diese Stärkung direktdemokratischer Elemente halte ich für sehr sinnvoll. Gerade bei großen Infrastrukturvorhaben sollte die Bevölkerung früh in die Entscheidungen einbezogen werden. Im Fall von Stuttgart 21 wird jedoch versucht Rechtsstaat und Demokratie gegeneinander auszuspielen.

Ein Volksentscheid zum jetzigen Zeitpunkt ist rechtlich unmöglich, da die Bauherrin Deutsche Bahn sich auf rechtsgültige Verträge und Baugenehmigungen berufen kann. Sollte das Land jetzt aus diesem Projekt aussteigen, wird dies mit erheblichen Schadenersatzforderungen verbunden sein, die letztendlich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler tragen müssten. Wir sprechen hier von Milliardenbeträgen, ohne dass Baden-Württemberg neue Schienen oder Bahnhöfe hierfür kriegen würde.

Die Katastrophe in den Atomkraftwerken im japanischen Fukushima erschüttert die Welt. Hat die Atomkraft in Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg noch eine Zukunft, oder sollen die AKWs möglichst schnell abgeschaltet werden? Falls Sie fürs schnelle Abschalten sind: Wie könnte ein realistischer Zeitplan aussehen? Wie kann die Versorgungssicherheit in Deutschland mit Strom gewährleistet werden ?

Wir brauchen eine wirtschaftliche und umweltfreundliche Energieversorgung weitgehend mit erneuerbaren Energieträgern. Bis dieses Ziel erreicht ist, muss ein bezahlbarer Energiemix aus fossilen Energieträgern, Kernkraft und erneuerbaren Energien gewährleistet werden. Ich stehe deshalb zu der zeitlich begrenzten Verlängerung der Laufzeiten sicherer Kernkraftwerke, da durch diese Brückentechnologie eine vermehrte Nutzung fossiler Energieträger und damit eine Gefährdung der nationalen Klimaschutzziele vermieden wird und AKW-Sicherheitsrisiken nicht in Nachbarländer transferiert werden.

Wie beurteilen Sie das derzeitige Verhalten der Regierungsparteien im Bund (CDU und FDP) – und deren Kurswechsel – beim Thema Kernenergie in Deutschland?

Ich halte es für notwendig und richtig angesichts dieser unvorstellbaren Geschehnisse in Japan noch einmal eine gründliche Überprüfung vorzunehmen um optimale Sicherheit unserer Reaktoren zu garantieren. Dies ist ein verantwortungsvoller Umgang mit dieser Situation und wird auch von vielen anderen Ländern derzeit so praktiziert.

Der CDU-Landtagsabgeordnete und CDU-Landtagskandidat Helmut W. Rüeck aus Crailsheim und die CDU im Land Baden-Württemberg brüsten sich mit dem ihrer Ansicht nach guten Abschneiden der Kinder und Jugendlichen aus Baden-Württemberg bei den Pisa-Tests. Welche Dinge liegen Ihrer Meinung nach beim Thema Bildung im Land im Argen ? Was muss besser werden und wie soll dies geschehen ? Bitte nennen Sie konkrete Beispiele und Begründungen.

Nicht nur PISA, alle Ländervergleichsstudien haben dem baden-württembergischen Bildungswesen ein gutes Zeugnis ausgestellt. Dabei berücksichtigt PISA nicht einmal, dass mehr als die Hälfte aller Hochschulzugangsberechtigungen in Baden-Württemberg nicht am allgemein bildenden Gymnasium erworben werden. Dieser Umstand verdeutlicht die funktionierende Durchlässigkeit unseres Schulwesens und ist vor allem eine Leistung der beruflichen Schulen. Diese müssen weiter ausgebaut werden. Einem Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft lässt sich am wirksamsten begegnen, indem eine individuelle Förderung möglichst früh im Kindesalter beginnt. Die FDP ist für eine flächendeckende Umsetzung des Orientierungsplans in den Kindergärten und für den Ausbau der Sprachförderung. Wir wollen auch mehr Freiheit und Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort. Die neue Werkrealschule muss so flexibel wie möglich ausgestaltet werden, vor allem was die Schulstandorte angeht.

Welche Position haben Sie beim Thema Ausbau der Autobahn 6 (A 6) ? Halten Sie diesen für notwendig oder gibt es bessere Alternativen ? Falls Sie den Ausbau für notwendig halten: Wie soll das Nadelöhr Kochertalbrücke bei einem sechsspurigen Ausbau (zuzüglich Standspur) bewältigt werden? Wie soll der Ausbau bezahlt werden?

Ich befürworte diesen Ausbau uneingeschränkt und werde mich mit der FDP dafür einsetzen, dass der Bund einen „Ausbau Südwest“ in seinen Investitionsplanungen für die nächsten Jahre verankert und sich mehr als in der Vergangenheit seiner Infrastrukturverantwortung für Baden-Württemberg stellt. Nur so können dringend erforderliche Ausbaumaßnahmen auf Bundesstraßen und Bundesautobahnen zeitnah realisiert werden.

Seit Langem will die FDP die Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur auf eine andere Grundlage stellen und setzt sich deshalb für die Einführung einer Nutzerfinanzierung durch eine Pkw-Maut ein, die die konjunkturanfällige Steuerfinanzierung weitestgehend ersetzt. Es darf dabei nicht zu einer Zusatzbelastung für die Bürgerinnen und Bürger kommen. Langfristig streben wir einen von öffentlichen Haushalten unabhängigen, geschlossenen Finanzierungskreislauf Straße an. So können zusätzliche Gelder generiert werden, die Nadelöhre wie die Kochertalbrücke beseitigen können.

Welchen Themen wollen Sie sich als Landtagsabgeordneter besonders intensiv widmen – und warum ?

Mein Wahlkreis und die Probleme des ländlichen Raumes liegen mir in besonderer Weise am Herzen.

Welche Parteien sind für Sie als Kandidat der FDP mögliche Koalitionspartner bei der Regierungsbildung im Land – welche nicht (und warum nicht) ?

Die Politik der Koalition von CDU und FDP war in Baden-Württemberg so erfolgreich, wie in keinem anderen Bundesland. Der frühere Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) hat einmal gesagt, es habe seither keine bessere Regierung in Baden-Württemberg gegeben. Die Ergebnisse sprechen für sich. In nahezu allen Bereichen, sei es Bildung, Wirtschaft, Umweltschutz, Tourismus liegen wir vor den anderen Bundesländern; vor allem vor den Rot/Rot/Grünen. Warum sollten wir diese erfolgreiche Politik nicht fortführen?

Nach eigenen Angaben sind Sie seit 1980 stellvertretender Kreisvorsitzender und Delegierter für Landes- und Bundesparteitage des FDP-Kreisverbandes Schwäbisch Hall, seit 1989 Gemeinderat in Rot am See, seit 1999 Mitglied des Kreistags Schwäbisch Hall. Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg seit 16. April 2006 und stellvertretender Vorsitzender der FDP/DVP-Landtagsfraktion. Außerdem sind Sie Mitglied des Umweltrats der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Mitglied des Vorstands der Umweltstiftung Westernach, Vorsitzender des Turngau Hohenlohe e. V. sowie Mitglied in zahlreichen Kuratorien und Fördervereinen in der Region Heilbronn-Franken. Doch damit nicht genug – Sie sind auch noch Verbandsdirektor beim vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., Mitglied des Beirats der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Schwäbisch Hall mbH und Mitglied des Beirats der Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg e. V.. Wie können Sie bei dieser Fülle von Aufgaben und Ämtern dem einzelnen Amt und dazu noch Ihrer Familie (Frau und drei Kinder) gerecht werden ?

Weil ich gelernt habe, mich gut zu organisieren, gute Mitarbeiter habe und ein Frühaufsteher bin.

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„Wir haben die bundesweit höchsten Ausgaben der Eltern für Nachhilfe – im Bildungsbereich liegt vieles im Argen“ – Interview mit Nikolaos Sakellariou (SPD)

Wenige Tage vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg hat die Redaktion von Hohenlohe-ungefiltert Kandidaten der Wahlkreise Schwäbisch Hall und Hohenlohe befragt. Den jeweiligen Fragenkatalog erhielten alle angefragten Kandidatinnen und Kandidaten am Sonntag, 20. März 2011, per E-Mail an Adressen, die sie auf ihren Internetseiten selbst angegeben haben. Die Fragen am schnellsten beantwortet hat Ute Oettinger-Griese (FDP/Wahlkreis Hohenlohe). Deshalb steht sie bei der Veröffentlichung an erster Stelle. Am viertschnellsten antwortete Nikolaos Sakellariou (SPD/Wahlkreis Schwäbisch Hall).

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Hohenlohe-ungefiltert: Die schon seit Jahren andauernden Proteste gegen Stuttgart 21 und auch gegen die Atomenergie zeigen, dass viele Menschen das Vertrauen in die Politik und die Politiker verloren haben. Was können Sie als Landtagsabgeordneter konkret tun, damit die Menschen Vertrauen in die handelnden Personen in Politik und Wirtschaft bekommen?

Nikolaos Sakellariou: Wir brauchen mehr Bürgerbeteiligung und müssen die Hürden für Volksbegehren senken – bisher 1/6 der Wahlberechtigten (Artikel 59 Absatz 2 der Landesverfassung). Ich habe in den letzten beiden Amtsperioden immer für Gespräche und Kritik zur Verfügung gestanden, um Menschen, die das Vertrauen verloren haben, wenigstens anzuhören und zu helfen, wo es ging. Das ist im Übrigen auch der Grund, weshalb ich so gerne im Petitionsausschuss des Landtags – als Stellvertretender Vorsitzender – gearbeitet habe. Hier kann ich konkret helfen und befasse mich konkret mit den Auswirkungen der im Landtag beschlossenen Gesetze auf die Menschen. Außerdem müssen wir als Politiker auch zur Kenntnis nehmen, dass unsere Medienlandschaft – und vor allem die privatisierten Fernsehsender – nicht zur Vertrauensbildung beitragen. Erklären dauert oft länger als Kritisieren – und Kritisieren bringt noch die bessere Quote. Medienkompetenz als Schulfach könnte hier für die Zukunft helfen.

Warum halten Sie die Hartz-IV-Gesetze für „keine Böswilligkeit“, sondern eine „Notwendigkeit“?

Die Frage verstehe ich nicht. Wer die Änderungen im SGB II als „Böswilligkeit“ bezeichnet, der muss zunächst wissen, dass er damit der gewählten Mehrheit im Bundestag unterstellt, sie hätten ein Gesetz aus reiner „Böswilligkeit“ beschlossen – ohne jegliche Notwendigkeit. Das ist schon ein sonderbares Verständnis nachdem doch jedem deutlich geworden ist, wie rasant sich die Welt in den vergangenen 15 Jahren geändert hat. Wer glaubt – oder verbreitet, dass vor diesen radikalen Änderungen (Globalisierung/Wiedervereinigung und EU-Erweiterung sowie demographischer Wandel) die Sozialversicherungssysteme unverändert bleiben konnten, wenn sie weiter bezahlbar bleiben sollten, der muss erklären, wie er auf diese Veränderungen reagiert hätte. Im Weiteren müsste diese Person genau sagen, welche Vorschrift er konkret meint. Dann könnte man im Einzelnen darauf eingehen – vor allem im Vergleich zu den bis dahin geltenden Regelungen der Sozialhilfe.

Durch die Zusammenlegung der Sozialhilfe und der Arbeitslosenhilfe wurde beispielsweise positiv erreicht, dass nunmehr auch Arbeitnehmer, die kein Arbeitslosengeld mehr bezogen haben, den vollen Vermittlungsanspruch gegen die Agentur für Arbeit erhalten haben und Zugang zu sämtlichen Förderangeboten erhalten haben, die sie vorher nicht hatten.

Sie pendeln häufig von Schwäbisch Hall nach Stuttgart. Sind Sie der Ansicht, dass der unterirdische Bahnhof Stuttgart 21 gebaut werden soll Welche Vorteile oder Nachteile bringt der Bau des Tunnelbahnhofs für die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Schwäbisch Hall ?

Die SPD hat sich in einem demokratischen Prozess mit einer Mehrheit von 80 Prozent für das Projekt Stuttgart 21 entschieden. Seit Februar 2010 wird nun gebaut – nachdem wir für die Durchführung eines Volksentscheids im Landtag keine Mehrheit für einen Baustopp bis dahin bekommen haben. Ich respektiere als Demokrat Mehrheitsentscheidungen. Das gilt erst Recht, wenn sie von einem Gremium getroffen wurden, dem ich selbst angehöre. Das gilt aber auch deswegen, weil ich als Demokrat weiß, dass uns die Demokratie nie versprochen hat, dass die Ergebnisse eines demokratischen Prozesses immer richtig sind. Im Gegenteil: Demokratie ist reines Verfahrensrecht, in dem sich die Mehrheit durchsetzt – unabhängig davon, wer die besseren Argumente hat. Deswegen lebt Demokratie von unablässigem Diskurs und dem unablässigen Austausch von Argumenten – immer mit dem Ziel, eine Mehrheit zu bekommen. Diese ist nach der Entscheidung aber auch zu respektieren (Rechtssicherheit).

Sind Sie für einen Bürgerentscheid/Volksentscheid zum Immobilien- und Bahnprojekt Stuttgart 21 ? Meines Wissens ist dafür eine Zweidrittelmehrheit im Landtag erforderlich. Wie sollen diese über 66,6 Prozent der Abgeordnetenstimmen nach der Landtagswahl zusammenkommen?

Die SPD ist für eine Volksabstimmung über Stuttgart 21 und den damit verbundenen Kosten für den Ausstieg. Ihr Wissen wegen der 2/3 Mehrheit im Landtag ist unrichtig. In der Landesverfassung ist in Artikel 60 Absatz 3 geregelt, dass ein Drittel der Mitglieder des Landtags genügt, wenn die Regierung ein solches Gesetz eingebracht hat und das dann im Landtag keine Mehrheit erhält.

Die Katastrophe in den Atomkraftwerken im japanischen Fukushima erschüttert die Welt. Hat die Atomkraft in Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg noch eine Zukunft, oder sollen die AKWs möglichst schnell abgeschaltet werden? Falls Sie fürs schnelle Abschalten sind: Wie könnte ein realistischer Zeitplan aussehen?

Ich bin für den schnellstmöglichen Ausstieg. Nachdem die schwarz-gelbe Bundesregierung den Ausstieg aus dem Ausstieg beschlossen und vollzogen hat, sind die Erneuerbaren Energien in Rückstand geraten. Firmen sind untergegangen und Technikvorsprünge verloren worden. Das muss mühsam wieder korrigiert werden. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich deshalb als Nichtfachmann hier keinen konkreten Zeitplan benennen kann. Ich verweise auf die Bücher von Herrmann Scheer, der – würde er noch leben – in einer rot-grünen Landesregierung sicher genau hierfür zuständig gewesen wäre. Aber seine Ideen leben in der SPD fort und werden auch in einer rot-grünen Landesregierung so schnell wie nur irgend möglich umgesetzt werden.

Wie beurteilen Sie das derzeitige Verhalten der Regierungsparteien im Bund (CDU und FDP) – und deren Kurswechsel – beim Thema Kernenergie in Deutschland?

Peinlich.

Ihr Landtagskollege Helmut W. Rüeck aus Crailsheim und die CDU im Land Baden-Württemberg brüsten sich mit dem ihrer Ansicht nach guten Abschneiden der Kinder und Jugendlichen aus Baden-Württemberg bei den Pisa-Tests. Welche Dinge liegen Ihrer Meinung nach beim Thema Bildung im Land im Argen ? Bitte nennen Sie konkrete Beispiele und Begründungen.

Wir haben 1,2 Millionen Stunden Unterrichtsausfall pro Jahr, die bundesweit höchsten Ausgaben der Eltern für Nachhilfe und den bundesweit höchsten Zuwachs an Privatschulen. Im Gegenzug verbietet die Landesregierung alle fortschrittlichen Schulmodelle (60) im Land. Das würden wir ändern. Ganztagsschulen müssten dringend ausgebaut werden und neben dem G-8 müsste ein G-9 Zug – wo gewünscht – angeboten werden dürfen. Skandalös finde ich, dass nicht alle Absolventen der Mittleren Reife einen Platz an einem beruflichen Gymnasium erhalten. Hier wollen wir einen Rechtsanspruch einführen. Was aber wirklich dramatisch ist: Nirgends in Deutschland hängt der Bildungserfolg der Kinder so sehr vom Elternhaus ab, wie in Baden-Württemberg.

Sie sprachen sich in der Vergangenheit für den Ausbau der Autobahn 6 (A 6) aus. Warum halten Sie diesen für notwendig? Wie soll er umgesetzt und bezahlt werden ? Wie könnte ein entsprechender Zeitplan aussehen? Wie soll das Nadelöhr Kochertalbrücke bei einem sechsspurigen Ausbau (zuzüglich Standspur) bewältigt werden?

Der Ausbau der A-6 ist notwendig, weil die Straße überlastet ist und somit ihre Funktion nicht mehr erfüllt. Unstreitig ist die Existenz der A-6 mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Region verknüpft. Zu meinen Schulzeiten im Schwarzwald war von Hohenlohe immer vom „Armenhaus Württemberg“ und von „schwäbisch Sibirien“ die Rede. Das ist jetzt vorbei. Wir haben inzwischen sehr niedrige Arbeitslosenquoten. Das hängt mit der A-6 zusammen und das freut einen Sozialdemokraten und Gewerkschafter. Die Finanzierung des Ausbaus muss aber vom Bund geleistet werden. PPP-Projekte lehne ich ab. Allein um den Druck aufzubauen und um Mittel für die Planung frei zu machen, halte ich derartige Überlegungen für zulässig. Die Kochertalbrücke ist im Übrigen kein „Nadelöhr“. Die Kochertalbrücke ist schon jetzt für den sechsspurigen Ausbau fertig – sagen die Experten. Wäre es nicht so, wäre das ganze Projekt nicht finanzierbar.

Welche Parteien sind für Sie als SPD-Mann mögliche Koalitionspartner bei der Regierungsbildung im Land – welche nicht?

Alle demokratischen Parteien sind mögliche Koalitionspartner. Und die eine Partei, die in der SPD ihren Hauptgegner sieht und überhaupt keine Regierungsbeteiligung wünscht, also die Linkspartei, die kommt nach ihren bisherigen Aussagen schon aus ihrem eigenen Selbstverständnis nicht als Koalitionspartner in Frage.

Sie haben eine Fülle von beruflichen Aufgaben (Landtagsabgeordneter, Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in Schwäbisch Hall) und ehrenamtliche Verpflichtungen (unter anderem Stadtrat in Schwäbisch Hall, Mitglied des Kreistags, Kreisvorsitzender der SPD, Landesvorsitzender der Naturfreunde und möglicherweise noch einige andere Ämter mehr…) und eine große Familie (5 Kinder). Wie können Sie bei so vielen Aufgaben den einzelnen Ämtern und auch Ihrer Familie gerecht werden?

Sie haben Recht. Ich habe viele Kinder und viel zu tun. Darin unterscheide ich mich nicht von anderen Familienvätern. Ich bin froh, dass ich im Studium viel Zeit für meine Kinder hatte aber bedauere – wie viele andere Väter auch – nicht häufiger Zeit zu haben. Ich gebe mir Mühe, mir zu anderen Zeiten Zeit zu nehmen. Und was meine Funktionen angeht, wurde ich bisher immer gebeten, diese fortzuführen und nicht, sie aufzugeben. Somit gehe ich davon aus, dass man insoweit nicht den Eindruck hat, dass ich meinen Aufgaben nicht gerecht werde.

 

 

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„Entscheidungen dürfen nicht auf Taktik und Klientelpolitik basieren“ – Interview mit Hermann-Josef Pelgrim (SPD)

Wenige Tage vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg hat die Redaktion von Hohenlohe-ungefiltert Kandidaten der Wahlkreise Schwäbisch Hall und Hohenlohe befragt. Den jeweiligen Fragenkatalog erhielten alle angefragten Kandidatinnen und Kandidaten am Sonntag, 20. März 2011, per E-Mail an Adressen, die sie auf ihren Internetseiten selbst angegeben haben. Die Fragen am schnellsten beantwortet hat Ute Oettinger-Griese (FDP/Wahlkreis Hohenlohe). Deshalb steht sie bei der Veröffentlichung an erster Stelle. Am fünftschnellsten antwortete Hermann-Josef Pelgrim (SPD/Wahlkreis Hohenlohe).

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Hohenlohe-ungefiltert: Die schon seit Jahren andauernden Proteste gegen Stuttgart 21 und auch gegen die Atomenergie zeigen, dass viele Menschen das Vertrauen in die Politik und die Politiker verloren haben. Was können Sie als Landtagsabgeordneter konkret tun, damit die Menschen Vertrauen in die handelnden Personen in Politik und Wirtschaft bekommen?

Hermann-Josef Pelgrim: Aussagen und Handeln müssen wieder in Übereinstimmung gebracht werden. Politik sollte sich nicht inszenieren, sondern wahrhaftig sein. Entscheidungen dürfen nicht auf taktischen Momenten und Klientelpolitik basieren, sondern müssen am Gemeinwohl orientiert sein.

Warum halten Sie die Hartz-IV-Gesetze für „keine Böswilligkeit“, sondern eine „Notwendigkeit“ – wie es Ihr Schwäbisch Haller SPD-Parteikollege Nikolaos Sakellariou einmal gegenüber einer Lokalzeitung ausgedrückt hat ?

Hartz IV war ein Bündel an Maßnahmen, zentral war die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Hier die Kompetenzen von Agentur für Arbeit und Landkreisbehörden zu bündeln war richtig und konsequent. Fordern und Fördern gehört zum Solidarprinzip einer Gesellschaft.

Warum wollen Sie als Oberbürgermeister der Stadt Schwäbisch Hall, Landtagsabgeordneter für einen anderen Wahlkreis (Hohenlohe) werden? Dies ist für viele Menschen in der Region und insbesondere für Bürgerinnen und Bürger der Stadt Schwäbisch Hall schwer zu verstehen.

Wir leben in einer Raumschaft, die unter anderem zwei Landtagswahlkreise und einen Bundestagswahlkreis umfasst. Die Verknüpfungen sind sehr intensiv, was sich auch in vielfältigen Wahlkreisgrenzen, überschreitenden Zusammenschlüssen von Kirchen (Diakonie, Freikirchen etc.), Verbänden (Bauernverband, Innungen, Sportverbänden etc.), Zentralen Einrichtungen (Flugplatz, Hochschulstandorte etc.) oder Unternehmensstrukturen (zum Beispiel Hohenloher Molkerei, BAG, etc.) zeigt. Angesicht der öffentlichen Haushaltslage von Bund und Land, ist eine gemeinsame Interessensvertretung zwingend geboten. Nur so besteht eine Chance, nicht zwischen den Metropolregionen zerrieben zu werden.

Sie fahren öfter von Schwäbisch Hall nach Stuttgart mit dem Zug. Sind Sie der Ansicht, dass der unterirdische Bahnhof Stuttgart 21 gebaut werden soll ? Welche Vorteile oder Nachteile bringt der Bau des Tunnelbahnhofs für die Bürgerinnen und Bürger der Landkreise Schwäbisch Hall und Hohenlohe ?

Am Projekt Stuttgart 21 manifestiert sich eine Vertrauenskrise in unsere Gesellschaft und in die sachgerechte Abwägungsentscheidung der gewählten Vertreterinnen und Vertreter unseres Landes. Gepaart ist dies mit der schleichenden Zerstörung zentraler Bahninfrastruktur (Bahnhöfe verrotten, Wagenmaterial im antiken Zustand) sowie unzureichenden Modernisierungsinvestitionen in das Schienennetz beziehungsweise gar Abbau des Schienennetzes anderenorts. So leidet zum Beispiel die Frankenbahn Heilbronn-Würzburg immer noch unter Kriegsfolgeschäden. Die Hohenlohebahn ist auf einem kleinen Teilstück nicht elektrifiziert. Die Murrbahn in Teilen einspurig. Angesichts derartiger Missstände ist es verständlich, wenn über die Prioritäten gestritten wird und Unverständnis über ein viele Milliarden in Anspruch nehmenden einzelnen Bahnprojektes entsteht.

Andererseits ist die Einbindung des Landes Baden-Württemberg in das transeuropäische Hochgeschwindigkeitsschienennetz eine zwingende Infrastrukturinvestition, die dem ganzen Land zugute kommt. Ein Verzicht auf diese zentrale Schienenverbindung würde dem Land erheblich schaden. Die damit gebundenen Bundes- und Bahnmittel würden anderen Bundesländern zufließen. Ob jedoch S 21 oder K 21 die bessere Alternative ist, vermag ich persönlich nicht zu beurteilen, hier muss ich mich auf die Expertise des Landes und der Bahn verlassen.

Vorteile bringt der Tunnelbahnhof für Bürgerinnen und Bürger der Landkreise Schwäbisch Hall und Hohenlohe nur sehr geringe, sollte der Finanzrahmen nicht zu halten sein, überwiegen sicher die Nachteile.

Sind Sie für einen Bürgerentscheid/Volksentscheid zum Immobilien- und Bahnprojekt Stuttgart 21? Meines Wissens ist dafür eine Zweidrittelmehrheit im Landtag erforderlich. Wie sollen diese über 66,6 Prozent der Abgeordnetenstimmen nach der Landtagswahl zusammenkommen?

Angesichts der breiten Diskussion im Land Baden-Württemberg – auch in unserem Wahlkreis – und den Auswirkungen auf das ganze Land, halte ich einen Volksentscheid für richtig. Es reicht die einfache Mehrheit des Parlaments: Die baden-württembergische Landesverfassung (LVerf BW) sieht in Art. 60 Absatz 3 vor, dass ein Gesetz, über das Landesregierung und Landtag kein Einvernehmen erzielen, auf Antrag eines Drittels des Landtags durch die Landesregierung dem Volk zur Abstimmung gestellt werden kann.

Die Katastrophe in den Atomkraftwerken im japanischen Fukushima erschüttert die Welt. Hat die Atomkraft in Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg noch eine Zukunft, oder sollen die AKWs möglichst schnell abgeschaltet werden? Falls Sie fürs schnelle Abschalten sind: Wie könnte ein realistischer Zeitplan aussehen?

Die Atomkraft hat keine Zukunft, weder in Baden-Württemberg, Deutschland, Europa noch der Welt. Auch Uran ist endlich. Die Atomkraftwerke gehören nach dem gefundenen Konsenz aus der rot-grünen Regierung eins nach dem anderen abgeschaltet. Die ältesten AKWs zuerst. Ein forcierter Ausbau erneuerbarer Energieen, eine Verstärkung des Stromüberlandnetzes, der Bau zusätzlicher Speicher, der Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplung, der Neubau von Gaskraftwerken als echte Brückentechnologie sind zum Beispiel geeignete Maßnahmen. In weniger als 10 Jahren wären ein vollständiger Verzicht auf Atomkraftwerke technisch und auch wirtschaftlich möglich.

Wie beurteilen Sie das derzeitige Verhalten der Regierungsparteien im Bund (CDU und FDP) – und deren Kurswechsel – beim Thema Kernenergie in Deutschland?

Ich glaube, dass auch in Teilen der CDU und FDP ein Kurswechsel in der Kernenergie sich abzeichnet. Leider kann ich auf Ebene des Wahlkreises diesen Kurswechsel nicht erkennen. Auf Ebene des Landes scheint mir der Kurswechsel des Ministerpräsidenten nicht glaubhaft, da er zu den entschiedenen Befürwortern der Kernenergie zählt und die beträchtlichen Risiken für die bundesdeutschen AKWs schon vor der Katastrophe in Japan bekannt waren.

Der Landtagsabgeordnete Helmut W. Rüeck aus Crailsheim und die CDU im Land Baden-Württemberg brüsten sich mit dem ihrer Ansicht nach guten Abschneiden der Kinder und Jugendlichen aus Baden-Württemberg bei den Pisa-Tests. Welche Dinge liegen Ihrer Meinung nach beim Thema Bildung im Land im Argen ? Bitte nennen Sie konkrete Beispiele und Begründungen.

Baden-Württemberg ist auch Spitzenreiter in den Ausgaben der Eltern für Nachhilfe. Die soziale Herkunft entscheidet immer noch maßgeblich über die Bildungschancen der Kinder, nicht das Talent. Die Unterrichtsausfälle sind beträchtlich, die Verlässlichkeit der Schule oftmals nur Dank kommunalen Engagements gegeben. Angesichts des demographischen Wandels stehen viele Schulstandorte bei Beibehaltung des vielfach gegliederten Schulsystems vor dem Aus. Schule im ländlichen Raum ist aber mehr als eine Bildungsstätte, sie ist oftmals Kristallisationspunkt des Gemeindelebens, deshalb setzen wir uns auch konzeptionell für den Erhalt wohnortnaher Schulen ein und räumen den Gemeinden die Möglichkeit von Gemeinschaftsschulen ein, die zu einem mittleren Bildungsabschluss führen. Die gesellschaftlichen Aufgaben der Integration und Inklusion wurden sträflich vernachlässigt, ebenso die Notwendigkeit der Einführung flächendeckender Ganztagsschulen. Fianziell werden die Gemeinden durch das Land nicht adäquat unterstützt, das Konnexitätsprinzip verletzt.

Welche Postition beziehen Sie beim immer wieder ins Gespräch gebrachten Ausbau der Autobahn 6 (A 6) ? Wenn Sie für den Ausbau sind: Wie soll er umgesetzt und bezahlt werden? Wie könnte ein entsprechender Zeitplan aussehen? Wie soll das Nadelöhr Kochertalbrücke bei einem sechsspurigen Ausbau (zuzüglich Standspur) bewältigt werden?

Der Ausbau der A 6 ist unerlässlich. Angesichts der vielfältigen Aufgaben und des hohen Verschuldungsgrades von Bund und Ländern werden wir aus meiner Sicht an einer PKW-Maut nicht vorbeikommen. Zur Belastbarkeit der Kochertalbrücke im Zusammenhang mit einem 6-spurigen Ausbau der A6 liegen mir keine Kentnisse vor.

Welche Parteien sind für Sie als SPD-Mann mögliche Koalitionspartner bei der Regierungsbildung im Land – welche nicht (bitte begründen) ?

Auf der Landesebene gibt es mit der Partei „Die Grünen/Bündnis 90“ die meisten Übereinstimmungen. Nachdem die „Linken“ ihr Verhältnis zur Freiheit und zum Kommunismus nicht geklärt haben, und ich persönlich vier Jahre in Lateinamerika in undemokratischen Gesellschaften gelebt habe, kann ich mir eine Koalition mit den Linken nicht vorstellen.

Das Einkaufszentrum Kocherquartier in Schwäbisch Hall (Kosten rund 100 Millionen Euro) soll in einigen Tagen mit einem „Halli-Galli-Fest“ eingeweiht werden. Was halten Sie von der Position von Händlern und Gewerbetreibenden in der Schwäbisch Haller Innenstadt, die sich darüber empörten, dass sie für die Einweihungfeierlichkeiten ihrer Konkurrenten von der Stadt Schwäbisch Hall oder einer ihrer ausgelagerten Eigenbetriebe auch noch zum Mitbezahlen (unter anderem durch kostenpflichtige Anzeigen, Werbebanner, Beleuchtung etc.) aufgefordert wurden?

Die historisch gewachsene Altstadt erweitert sich mit dem Kocherquartier, eine seit gut 170 Jahren geschlossene Fläche öffnet sich, bietet Chancen für die ganze Stadt, für die ganze Region. Auch die bisherigen Innenstadthändler werden davon profitieren, wenn sie mit Fachhandel und Beratungsqualität überzeugen. Die Stadt nimmt die Herausforderungen der Zukunft mit dem Haus der Bildung, Dienstleistung, Ärzteversorgung, Handel und Wohnen sowie einer Verknüpfung mit dem ÖPNV an. Wenn sich Einzelhändler an den Aktionen zur „Neueröffnung“ beteiligen, ist das auch im eigenen Interesse und unterstreicht die gewünschte Verzahnung innerhalb des Innenstadtgefüges.

Sie haben eine Fülle von beruflichen Aufgaben (Oberbürgermeister der Stadt Schwäbisch Hall) sowie zahlreiche weitere berufliche und ehrenamtliche Verpflichtungen und auch Familie. Wie können Sie bei so vielen Aufgaben den einzelnen Ämtern und Ihrer Familie gerecht werden?

Ehrenamt und vielfältige öffentliche Aufgaben gehen immer auch zu Lasten der Familie. Allerdings sind zwischenzeitlich die Kinder erwachsen. Verschiedene berufliche Herausforderungen miteinander zu koordinieren, ist eine ständige Aufgabe, die viele Vorgänger auch gelöst haben. Auch andere politisch verantwortliche Entscheidungsträger müssen politische Aufgabe und Wahlkreis in Übereinstimmung bringen, andere Menschen schaffen es, große Unternehmen mit vielen tausend Mitarbeitern zu führen.

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„Stuttgart 21 ist ein finanzieller Kannibale für den hiesigen Nahverkehr“ – Interview mit Barbara Bruhn (Bündnis 90/Die Grünen)

Wenige Tage vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg hat die Redaktion von Hohenlohe-ungefiltert Kandidaten der Wahlkreise Schwäbisch Hall und Hohenlohe befragt. Den jeweiligen Fragenkatalog erhielten alle angefragten Kandidatinnen und Kandidaten am Sonntag, 20. März 2011, per E-Mail an Adressen, die sie auf ihren Internetseiten selbst angegeben haben. Die Fragen am schnellsten beantwortet hat Ute Oettinger-Griese (FDP/Wahlkreis Hohenlohe). Deshalb steht sie bei der Veröffentlichung an erster Stelle. Am sechstschnellsten antwortete Barbara Bruhn (Bündnis 90/Die Grünen/Wahlkreis Hohenlohe).

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Hohenlohe-ungefiltert: Die schon seit Jahren andauernden Proteste gegen Stuttgart 21 und auch gegen die Atomenergie zeigen, dass viele Menschen das Vertrauen in die Politik und die Politiker verloren haben. Was können Sie derzeit als Landtagskandidatin und später als Landtagsabgeordnete konkret tun, damit die Menschen Vertrauen in die handelnden Personen in Politik und Wirtschaft bekommen?

Barbara Bruhn: Die Proteste belegen, dass ein Wahlsonntag alle paar Jahre nicht ausreichend ist. Gerade die gegenwärtige Atomdebatte der Bundes- und Landesregierung belegt, wie verzweifelt zu allen Mitteln – mögen diese auch noch so unredlich und unanständig sein – gegriffen wird, um Wählerstimmen „zu fangen“, um dann nach der Wahl im „alten Stil“ weiter zu machen. Die Menschen aber haben das Bedürfnis, in ihren Angelegenheiten mit zu bestimmen. Das ist einer der Hauptgründe für das verloren gegangene Vertrauen. Ich stehe dafür, dass wir mit einer vernünftigen Möglichkeit für direkte Demokratie, zumindest einen Teil dieser Entfremdung wieder rückgängig zu machen. Ein Volksentscheid, wie er beispielsweise in der bayrischen Landesverfassung vorgesehen ist, wäre auch für Baden-Württemberg aus meiner Sicht sinnvoll. Transparenz ist sehr wichtig, damit die Handlung der Regierung nachvollziehbar bleibt. Auf der anderen Seite müssen aber die Menschen wieder aktiver werden, sich einmischen und wählen gehen. Dazu gehört auch, dass man die Bürger anständig und vorurteilsfrei in den Medien unterrichtet.

Welche Position beziehen Sie bei den Themen Hartz-IV, Leiharbeit und Ein-Eurojobs ?

Die Grünen haben Hartz IV seinerzeit mitgetragen. Inzwischen wird die kritische Auseinandersetzung hierüber auch innerhalb der Partei geführt. Ich persönlich glaube, dass der Gedanke des Förderns und Forderns richtig ist. Bedauerlich ist, dass ganz offensichtlich der Bereich des Förderns nur unzureichend umgesetzt wurde. Ich stehe dafür, dass die ursprünglichen Ziele der Reform erreicht werden: eine armutsfeste Existenzsicherung und eine Politik des Förderns, der Motivation und Wertschätzung, die ohne Sanktionen auskommt.

Leiharbeit kann meiner Meinung nach daher nur akzeptabel sein, etwa um ungewöhnliche Spitzen bei der Produktion abzudecken. Hierbei kann es aber doch nicht darum gehen, Menschen in prekäre Arbeitsverhältnisse abzudrängen und die Leiharbeit zur Regel zu machen. Sie muss die absolute Ausnahme sein, mit dem Ziel einer Festeinstellung. Die Wirklichkeit sieht leider ganz anders aus.

Bei den Ein-Euro-Jobs ist es auf der einen Seite so, dass sie notwendige Stellen billig ersetzen, auf der anderen Seite aber auch Menschen helfen, zurück in den ersten Arbeitsmarkt zu finden. Im letzteren Fall halte ich diese für legitim. Zusammenfassend sind die ursprünglichen Ziele nicht erreicht worden. Die Maßnahmen dies zu ändern sind, die erheblichen Verschärfungen, welche die CDU/FDP 2003 mit der Bundesratsmehrheit durchsetzte sowie die weiteren Verschärfungen der Großen Koalition 2005 zurückzunehmen, denn die Würde der Erwerbslosen ist dadurch „höchst anstastbar“ geworden.

Die Grünen sind gegen den Bau des Stuttgarter Tiefbahnhofs (Stuttgart 21). Welche Nachteile bringt der Bau des Stuttgarter Tunnelbahnhofs für die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Hohenlohe ?

Stuttgart 21 ist ein finanzieller Kannibale für den hiesigen Nahverkehr. Die Mittel, die für den Ausbau oder auch nur Erhalt der Schieneninfrastruktur in der Fläche notwendig sind, werden über Jahre in einem unsinnigen Projekt gebunden. Die Infrastruktur vor Ort verrottet, wie überall zu besichtigen ist. Wenn die Bürgerinnen und Bürger aus Hohenlohe mit der Bahn nach Stuttgart fahren (was sie praktisch nicht tun, wie mir selbst CDU-Mitglieder versichern und zwar, weil die Anbindung nicht gut ist), glaube ich, dass es ihnen egal ist, ob sie oben oder unten in Stuttgart ankommen. Ihnen ist es wichtiger, dass sie vor Ort überhaupt in den Zug hinein kommen und dann vernünftiges Material vorfinden. Ich persönlich glaube auch nicht, dass die wirtschaftliche Fortentwicklung Hohenlohes an der Großbaustelle Stuttgart 21 hängt. Diese Großbauprojekte können auch für kleinere Betriebe, die dort als „x-ter“ Subunternehmer auftreten, zum Verhängnis und zur Insolvenz führen. Dies habe ich selbst als Rechtsanwältin in Insolvenzverwaltungen sowohl in Ost- als auch Westdeutschland (mit entsprechenden Großprojekten in Berlin und dem Großraum München) erlebt.

Sind Sie für einen Bürgerentscheid/Volksentscheid zum Immobilien- und Bahnprojekt Stuttgart 21 ? Meines Wissens ist dafür eine Zweidrittelmehrheit im Landtag erforderlich. Wie sollen diese über 66,6 Prozent der Abgeordnetenstimmen nach der Landtagswahl zusammenkommen?

Eine Änderung der Verfassung geht wohl nur mit den anderen im Parlament vertretenen Parteien. Der Wähler wird am 27. März 2011 also (auch) darüber entscheiden, ob er mehr Beteiligung möchte. Es wird insbesondere – etwa dem oben angesprochenen bayerischen Leitbild nach – darum gehen, Unterschriften außerhalb von Rathäusern sammeln zu können, das Quorum beim Volkbegehren abzusenken und bei einer Abstimmung ganz abzuschaffen. Manchmal – und so hier – ist es meiner Meinung nach notwendig, überhaupt erst einmal darüber aufzuklären, was möglich ist und welche Rechte ein Bürger haben kann. Das werde ich in jedem Fall tun. Denn es muss doch unabhängig von der parteipolitischen Einstellung jedem Bürger zu denken geben, dass ein Volkbegehren auf Landesebene in Baden-Württemberg seit 1974 verfassungsrechtlich möglich ist, es aber bislang – soweit es mir bekannt ist – keine einzige Initiative gab.

Die Katastrophe in den Atomkraftwerken im japanischen Fukushima erschüttert die Welt. Hat die Atomkraft in Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg noch eine Zukunft, oder sollen die AKW möglichst schnell abgeschaltet werden? Falls Sie fürs schnelle Abschalten sind: Wie könnte ein realistischer Zeitplan aussehen? Wie kann die Versorgungssicherheit in Deutschland mit Strom gewährleistet werden ?

Die Atomkraft hat in Baden-Württemberg keine Zukunft – ich denke, sie hat auch weltweit keine Zukunft. Es gibt Berechnungen, wonach der Ausstieg aus der Atomenergie in Baden-Württemberg bis 2017 gelingen kann – ohne dass die Lichter im Ländle ausgehen, wie uns ständig von der CDU/FDP erzählt wird. Die Versorgung werden die erneuerbaren Energien übernehmen, für eine Übergangszeit auch flexible Gaskraftwerke. Wir brauchen in Zukunft einen Energiemix. Wichtig für Baden-Württemberg und ganz Deutschland ist jetzt nicht ein Debattieren über die Gefahren oder die Ethik von Atomkraft, sondern ein klares Bekenntnis zu den erneuerbaren Energien und zur Energieeffizienz. Eine zugegeben große, aber nicht unüberwindbare Aufgabe, wenn man den Blick nach vorne richtet.

Alle Mittel, die wir in diese Technologie investieren, sind bestens angelegte Gelder. Es kann nicht sein, dass nach dem bisherigen Willen der CDU/FDP im Jahre 2020 gerade einmal 20 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammt, wenn deren Anteil doch bereits 2010 bundesweit rund 18 Prozent beträgt. Es geht also um eine Förderung und einen Ausbau dieser Technologie. Ähnlich wie vor 100 Jahren in der Automobilindustrie setzt sich Baden-Württemberg damit an die Spitze einer neuen Leitindustrie zum Wohle aller. Diese Chance dürfen wir nicht verpassen.

Wie beurteilen Sie das derzeitige Verhalten der Regierungsparteien im Bund (CDU und FDP) – und deren Kurswechsel – beim Thema Kernenergie in Deutschland?

Ich kann keinen Kurswechsel bei den Regierungsparteien erkennen. Es gilt nach wie vor der im Herbst letzten Jahres beschlossene Ausstieg aus dem Atomausstieg. Man beschäftigt sich weiterhin hauptsächlich mit dieser Industrie, anstatt dass man jetzt ein klares Bekenntnis zur ökologischen Erneuerung des Strommarktes abgibt. Das sogenannte Moratorium ist nicht mehr als eine Bitte an die AKW-Betreiber, einige AKW vom Netz zu nehmen und alle überprüfen zu lassen. Es ist – soweit man darin eine Abkehr vom beschlossenen Ausstieg aus dem Ausstieg sieht – ein Verfassungsbruch, denn ein Gesetz kann nicht durch die Regierung, sondern nur durch das Parlament ausgesetzt werden.

Es ist ähnlich wie mit der Einführung des Automobils: Entsprechend wäre es nach dem Willen der CDU/FDP so, dass das heutige Hauptverkehrsmittel das Pferdefuhrwerk wäre. Aus diesen Gründen halte ich den „Kurswechsel“ nicht nur für Wahlkampftaktik, sondern den Bürgern und Wählern gegenüber für unredlich und unanständig.

Der CDU-Landtagsabgeordnete und CDU-Landtagskandidat Helmut W. Rüeck aus Crailsheim und die CDU im Land Baden-Württemberg brüsten sich mit dem ihrer Ansicht nach guten Abschneiden der Kinder und Jugendlichen aus Baden-Württemberg bei den Pisa-Tests. Welche Dinge liegen Ihrer Meinung nach beim Thema Bildung im Land im Argen ? Was muss besser werden und wie soll dies geschehen ? Bitte nennen Sie konkrete Beispiele und Begründungen.

Es gibt allen Beteuerungen zum Trotz auch in Baden-Württemberg Dinge, die man an der Schule verbessern könnte. Zunächst geht es auch darum, dass Bildung auch wieder in der Schule stattfindet, denn in keinem Bundesland wird so viel für Nachhilfe ausgegeben, wie hier. Auch ist es für die Kinder Glück, ob sie Eltern haben, die ihnen bei den Hausaufgaben helfen können oder wollen. Neben der Tatsache, dass der vorhandene Stundenausfall reduziert werden muss, könnte eine Ganztagsschule diese Probleme auffangen. Ganztagesschule bedeutet dabei eine Schule, aus der die Kinder nach Hause kommen, ohne Hausaufgaben zu haben, denn ansonsten wäre das Problem ja dasselbe.

Mir liegt aber auch der Erhalt von Schulstandorten im ländlichen Raum am Herzen. Die örtliche Schule muss auch vor Ort entstehen, das heißt im Einvernehmen und auf Initiative der Menschen vor Ort (Kommunen, Eltern, Lehrer und Schüler). Neue Schulformen wollen wir ermöglichen. Das hat nichts mit den momentan allgegenwärtigen Plakate-Märchen der Regierungsparteien zu tun. Nein, dazu müsste man sich – entgegen der CDU/FDP – allerdings vorwärtsgerichtet – ein Stück weit vom jetzt bestehenden selektiven Schulsystem hin zu einer Schule mit längerem gemeinsamen Lernen bewegen. In Mulfingen beispielsweise wurde eine weiterführende Schule von der gegenwärtigen Landesregierung verhindert, so dass die Gemeinde eine Privatschule gründen musste, was zu viel Unruhe in der Gemeinde führte. Ich hätte mir gewünscht, dass man hier bürgernah, mit mehr Augenmaß agiert hätte.

Die Gemeinde Kupferzell hat sich mit der Gemeinde Neuenstein und einer weiteren Gemeinde für eine weiterführende Schule mit mittlerem Bildungsabschluss zusammengeschlossen. Obwohl das Projekt gut läuft und auch angenommen wird, schwebt beständig das Damoklesschwert einer abrupten Beendigung dieses Projektes über den Gemeinden und ihrer Schule. Das ist unbefriedigend, für die Schüler, Eltern, Lehrer, Gemeinden; das ist keine Politik, mit der man sich meiner Meinung nach „brüsten“ kann.

Welche Position haben Sie beim Thema Ausbau der Autobahn 6 (A 6) ? Halten Sie diesen für notwendig oder gibt es bessere Alternativen ? Falls Sie den Ausbau für notwendig halten: Wie soll das Nadelöhr Kochertalbrücke bei einem sechsspurigen Ausbau (zuzüglich Standspur) bewältigt werden? Wie soll der Ausbau bezahlt werden?

Ich halte den Ausbau der A6 für notwendig, nachdem die CDU/FDP andere Formen des Gütertransports vernachlässigt hat. Ich vermisse ein klares Bekenntnis zur Schiene, denn ich gehe davon aus, dass das Transportvolumen noch steigen wird. Aus meiner Sicht macht es keinen Sinn, alles auf der Straße zu transportieren, sonst ist der dreispurige Ausbau mit Abschluss der Planungsphase 2018 bereits überholt und wir müssen uns über den vier- oder fünfspurigen Ausbau unterhalten. Wie prekär diese Situation ist, in die uns die jetzige Regierung gebracht ist, zeigt uns die Frage, wie das Nadelöhr Kochertalbrücke bewältigt werden soll. Auf konkrete Antworten der in der Verantwortung stehenden Kandidaten bin ich äußerst gespannt. Soweit möglich, wird man (wohl) auf den Standstreifen verzichten.

Ich bin für eine öffentliche Finanzierung, da ein privater Investor natürlich eine Rendite erwartet, die der Bürger in der einen oder anderen Form tragen muss. Denkbar wäre eine Vignette wie in Österreich. Ich halte allerdings als Vertreterin des ländlichen Raumes eine PKW-Maut für unsozial. Man ist im ländlichen Raum auf das Auto angewiesen. Insbesondere in Hohenlohe, da Alternativen wie ÖPNV und Bahn fehlen – aufgrund der jahrelang anhaltenden verfehlten Verkehrspolitik von CDU/FDP, die sich hier, wie die Frage und das Ergebnis belegt, eben nicht ergebnisorientiert und umsetzungsstark für Hohenlohe eingesetzt haben.

Welchen Themen wollen Sie sich als Landtagsabgeordnete besonders intensiv widmen – und warum ?

Ich werde mich für Hohenlohe einsetzen, sonst hätte ich hier nicht kandidiert. Das bedeutete, dass die in den Fragen angesprochenen Probleme auch die Schwerpunkte für eine Politik sind. Es geht darum, sich für die Stärkung des ländlichen Raumes einsetzen, für den Erhalt der Infrastruktur in den Gemeinden. Die Schule muss vor Ort erhalten werden und von unten wachsen. Wir müssen die ökologische Wende in der Wirtschaft, insbesondere in der Energiewirtschaft anpacken und schnellstmöglich umsetzen. Die heimische Industrie wird hiervon profitieren. Ich werde mich für einen anderen Politikstil stark machen. Ich werde die Hohenloher zu Partnern der Landespolitik machen. Einer Politik, die dem Bürger auf Augenhöhe begegnet, denn niemand möchte von oben durchregiert werden.

Welche Parteien sind für Sie als Kandidatin der Grünen mögliche Koalitionspartner bei der Regierungsbildung im Land – welche nicht (und warum nicht) ?

Mögliche Koalitionspartner sind grundsätzlich alle demokratisch gewählte Parteien. Das muss für jede Partei gelten, anders geht es nicht. Eine andere Frage ist die der Umsetzung grüner Inhalte.

Sie haben eine Fülle von beruflichen Aufgaben – nach eigenen Angaben sind Sie „Mutter und Rechtsanwältin“. Sie sind verheiratet und haben drei Kinder. Seit 1997 sind Sie Mitglied der Grünen, Mitglied des Kreisvorstands im Grünen-Kreisverband Hohenlohe, im Planungskreis LAG ChristInnen; Delegierte und Planungskreis BAG ChristInnen. Als Hobbys geben Sie an Musik (Chor, Posaunenchor, Orchester), Wandern, Laufen und lebenslanges Lernen. Wie können Sie Ihrem Beruf sowie den einzelnen Ehrenämtern, Hobbys und auch Ihrer Familie bei der Fülle an Aufgaben gerecht werden ?

Meine Familie ist, wie bei allen, der innerste Zirkel. Meine Familie und ich leben das. Darauf bin ich besonders stolz. Aufgaben sind nicht synonym mit Einschränkungen. Es ist eine Frage des Einvernehmens. Dazu gehört vertrauensvolle gute Kommunikation, aus der dann die Organisation folgt. Leiden werden also bestenfalls die Hobbies.

 

 

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„Die Atomkraft darf keine Zukunft mehr haben“ – Interview mit Wilfried Kraft (Bündnis 90/Die Grünen)

Wenige Tage vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg hat die Redaktion von Hohenlohe-ungefiltert Kandidatinnen und Kandidaten der Wahlkreise Schwäbisch Hall und Hohenlohe befragt. Den jeweiligen Fragenkatalog erhielten alle angefragten Kandidatinnen und Kandidaten am Sonntag, 20. März 2011, per E-Mail an Adressen, die sie auf ihren Internetseiten selbst angegeben haben. Die Fragen am schnellsten beantwortet hat Ute Oettinger-Griese (FDP/Wahlkreis Hohenlohe). Deshalb steht sie bei der Veröffentlichung an erster Stelle. Wilfried Kraft (Bündnis 90/Die Grünen / Wahlkreis Schwäbisch Hall) hat die Fragen als Siebtschnellster eingesandt.

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Hohenlohe-ungefiltert: Die schon seit Jahren andauernden Proteste gegen Stuttgart 21 und auch gegen die Atomenergie zeigen, dass viele Menschen das Vertrauen in die Politik und die Politiker verloren haben. Was können Sie derzeit als Landtagskandidat und später als Landtagsabgeordneter konkret tun, damit die Menschen Vertrauen in die handelnden Personen in Politik und Wirtschaft bekommen?

Wilfried Kraft: Genau zuhören und ehrliche Antworten geben, zu denen ich auch stehe.

Welche Position beziehen Sie bei den Themen Hartz-IV und Leiharbeit ?

Ein auskömmliches Einkommen ist Grundlage für eine menschenwürdige Existenz –bei Leiharbeit gilt die Prämisse: gleicher Lohn für gleiche Arbeit.

Die Grünen sind gegen den Bau des Stuttgarter Tiefbahnhofs (Stuttgart 21). Welche Nachteile bringt der Bau des Stuttgarter Tunnelbahnhofs für die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Schwäbisch Hall ?

Es ist zu befürchten, dass der regionale Zugverkehr sich eher verschlechtert als verbessert. Ein Tiefbahnhof bindet aufgrund seiner hohen noch nicht abschätzbaren Kosten Finanzmittel, die besser in die Erhaltung von Bahnhöfen in der Fläche und zum Ausbau des Personen- und Güterverkehrs eingesetzt werden sollten.

Sind Sie für einen Bürgerentscheid/Volksentscheid zum Immobilien- und Bahnprojekt Stuttgart 21 ? Meines Wissens ist dafür eine Zweidrittelmehrheit im Landtag erforderlich. Wie sollen diese über 66,6 Prozent der Abgeordnetenstimmen nach der Landtagswahl zusammenkommen?

Ich kann im Moment, also vor der Wahl nur für mich sprechen und mit meiner Stimme werben – ein Bürgerentscheid ist dringend herbeizuführen. Einer Ablehnung von mehr Bürgerbeteiligung muss sich die CDU sehr genau überlegen. Ich denke, die erforderliche Mehrheit wird kommen.

Die Katastrophe in den Atomkraftwerken im japanischen Fukushima erschüttert die Welt. Hat die Atomkraft in Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg noch eine Zukunft, oder sollen die AKWs möglichst schnell abgeschaltet werden? Falls Sie fürs schnelle Abschalten sind: Wie könnte ein realistischer Zeitplan aussehen? Wie kann die Versorgungssicherheit in Deutschland mit Strom gewährleistet werden ?

In Berufung auf die Studie des Fraunhofer Instituts Freiburg (aufgegeben im Auftrag der derzeitigen Landesregierung), ist es für Baden Württemberg bereits jetzt möglich, die  Stromversorgung ohne Atomkraft zu sichern. Die Atomkraft darf keine Zukunft mehr haben. Also, packen wir´s an! Wir werden den schnellstmöglichen Ausstieg nehmen.

Wie beurteilen Sie das derzeitige Verhalten der Regierungsparteien im Bund (CDU und FDP) – und deren Kurswechsel – beim Thema Kernenergie in Deutschland?

Ich trete für meine Ziele und die meiner Partei ein, und die sind schon seit Gründungszeiten klar und deutlich formuliert – Ein Urteil über das Verhalten der Parteien CDU und FDP im Bund kann sich jeder selbst bilden.

Der CDU-Landtagsabgeordnete und CDU-Landtagskandidat Helmut W. Rüeck aus Crailsheim und die CDU im Land Baden-Württemberg brüsten sich mit dem ihrer Ansicht nach guten Abschneiden der Kinder und Jugendlichen aus Baden-Württemberg bei den Pisa-Tests. Welche Dinge liegen Ihrer Meinung nach beim Thema Bildung im Land im Argen ? Was muss besser werden und wie soll dies geschehen ? Bitte nennen Sie konkrete Beispiele und Begründungen.

Es stimmt, die Leistungen in Mathematik und bezüglich des Leseverständnisses haben sich wohl im Vergleich zu früheren Studien verbessert – an der Spitze sind sie deswegen noch lange nicht angekommen. Hingegen verbleibt die sogenannte Risikogruppe weiterhin vergleichsweise stark ausgeprägt – soziale Herkunft ist immer noch das entscheidende Merkmal für schulischen Erfolg. Das kann sich aber unsere Gesellschaft eigentlich nicht leisten!

Im Gegensatz dazu zeigt die IGLU-Studie vergleichsweise zufriedenstellende Ergebnisse auf – die IGLU-Studie bezieht sich auf Leistungen der Grundschule – hier wurde und wird gemeinsam gelernt – ein aussagekräftiges Indiz dafür, dass gemeinsames Lernen nicht zu schlechteren Lernergebnissen führt; im Gegenteil. Längeres gemeinsames Lernen wünschen sich nicht nur deshalb viele Eltern für ihre Kinder, sowie Lehrerverbände und Wissenschaftler.

Gute und erfolgreiche Schulpolitik kann aber nicht von „oben nach „unten“ einfach befohlen und angeordnet werden. Im Land gibt es bereits viele Ideen und Konzepte von „unten“, die diese Maßgabe in ihr Schulentwicklungskonzept schon aufgegriffen haben – bisher, unter der jetzigen Landesregierung wurden sie blockiert.

Das Zulassen von neuen Modellen, den Bedürfnissen der jeweiligen Standorte und Ressourcen angepasst ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Diese Initiativen bedürfen der Unterstützung, nicht der Verhinderung. Dabei sehe ich auch reale Chancen mehr kleinere Schulen auf dem Land zu erhalten.

Welche Position haben Sie beim Thema Ausbau der Autobahn 6 (A 6) ? Halten Sie diesen für notwendig oder gibt es bessere Alternativen? Falls Sie den Ausbau für notwendig halten: Wie soll das Nadelöhr Kochertalbrücke bei einem sechsspurigen Ausbau (zuzüglich Standspur) bewältigt werden? Wie soll der Ausbau bezahlt werden?

Wir denken, dass ein Ausbau ähnlich wie zwischen Öhringen und Kupferzell ausreichend ist. Also Standspur nutzen, einige Ausweichstellen schaffen und Tempolimit um den Verkehr zu verflüssigen und sicherer zu machen. Eine Finanzierung über PPP-Projekte lehnen wir grundsätzlich ab. Wohin das führt zeigt der Ausbau der A1 zwischen Bremen und Hamburg.

Siehe auch http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=sw&dig=2011%2F02%2F15%2Fa0077&cHash=22abf4ea38

Welchen Themen wollen Sie sich als Landtagsabgeordneter besonders intensiv widmen – und warum?

Sollte ich tatsächlich in den Landtag gewählt werden, so interessiert mich der Sozial- und Gesundheitsbereich besonders, da mir die Themen bereits jetzt sehr gut vertraut sind. Ich bin da aber flexibel.

Welche Parteien sind für Sie als Kandidat der Grünen mögliche Koalitionspartner bei der Regierungsbildung im Land – welche nicht (und warum nicht) ?

Statt zu spekulieren will ich lieber die konkreten Wahlergebnisse abwarten – nur dann ergeben sich konkrete Verhandlungsdispositionen.

Sie haben eine Fülle von beruflichen Aufgaben (Leiter des Sozialdiensts in den Weckelweiler Gemeinschaften) und ehrenamtliche Verpflichtungen (unter anderem Stadtrat in Crailsheim und möglicherweise noch einige andere Ämter mehr…). Wie können Sie Ihrem Beruf sowie den einzelnen Ehrenämtern und auch Ihrer Familie gerecht werden?

Die Entscheidung für die Grünen im Landtag zu kandidieren, habe ich bewusst getroffen – ich war mir im Klaren, dass damit viel zusätzliche Arbeit auf mich zukam und kommt. Ich habe das Glück, dass von meiner Familie wie auch von meinem Arbeitgeber das notwendige Verständnis entgegengebracht wird.

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„Gegen Gesundheitsgefährdung und Überwachung durch den neuen Mobilfunkstandard LTE (Long Term Evolution)“ – Bürgerinitiative protestiert am Donnerstag in Stuttgart

Gegen Gesundheitsgefährdung und Überwachung durch den neuen Mobilfunkstandard LTE (Long Term Evolution), protestiert die Bürgerinitiative Mobilfunk Stuttgart-West am Donnerstag, 24. März 2011, um 12.30 Uhr, vor dem „Alten Feuerwehrhaus“ in Stuttgart-Heslach. Ihre Forderung lautet: Ausbau des Glasfasernetzes statt LTE.

Von Peter Hensinger, Bürgerinitiative Mobilfunk Stuttgart West, Mitglied bei Diagnose-Funk e.V.

LTE wurde nicht auf Gesundheitsverträg­lichkeit geprüft

Anlass der Protestaktion: Das IZMF (Informationszentrum Mobilfunk), die Public-Relation Agentur der Mobilfunkindustrie, veranstaltet einen Workshop für kommunale Entscheidungsträger zu LTE (Long Term Evolution). LTE soll noch in diesem Jahr den derzeitigen Handystandard UMTS ergänzen und ablösen. Der BUND lehnt diese Technologie als hochgradig gesundheitsschädlich ab. LTE wurde nicht auf Gesundheitsverträg­lichkeit geprüft. Deshalb protestierten die GRÜNEN nach einer Bundestagsanfrage gegen die LTE-Einführung. Ihre Zulassung sei ein totales Versagen des Strahlenschutzes. Wiederum hat der Staat für 4,4 Milliarden Euro Lizenzeinnahmen die Gesundheit verkauft. Peter Hensinger, Sprecher der Bürgerinitiative sagt: “Die Strahlenbelastung wird sich durch die Aufstellung tausender neuer LTE-Mobilfunkmasten enorm erhöhen. Die Bürgerinitiative fordert den Ausbau des zukunftsfähigen Glasfasernetzes statt der Verstrahlung durch LTE. Der drohende weitere Antennenwildwuchs erfordert endlich ein Mobilfunk-Vorsorgekonzept für Stuttgart. In Israel haben aktuell sowohl das Umwelt- als auch das Gesundheitsministerium die Einführung von LTE blockiert, weil die LTE-Strahlung nicht auf Verträglichkeit mit der Gesundheit überprüft wurde. Einen solchen Stopp fordern wir auch für Deutschland.“

Lückenloses Überwachungssystem – die Lobby ist am Werke

LTE bedeutet aber noch mehr: mit ihm wird durch die geplante digitale Vernetzung des Autoverkehrs ein lückenloses Überwachungssystem eingeführt. Dass LTE ein großes Datenschutzproblem ist, wird fast nicht wahrgenommen. Um eventuelle Kritik aus Kommunen abzufangen, veranstaltet die Industrie mit Unterstützung des Städtetages unter dem Mantel der Neutralität diese Werbeveranstaltungen (Anmerkung: wie in Stuttgart-Heslach). Peter Hensinger dazu: „Wir kritisieren, dass auch der Städtetag zu dieser Veranstaltung einlädt, ohne darauf hinzuweisen, dass hier die Lobby am Werke ist. Hier wird informiert nach der Methode: Rauchen ist gesund, gez. Prof. Dr. Marlboro, Mobilfunk ist unschädlich, gez. Prof. Dr. V. Odafone.“

Die Bürgerinitiative ruft gegen diese Werbeveranstaltung zum Protest auf. Detaillierte Informationen zu LTE und ein Flugblatt zu der Veranstaltung im Internet auf der Seite http://www.der-mast-muss-weg.de/index04.htm, der Homepage der Bürgerinitiative Mobilfunk S-West.

 

 

Peter Hensinger

 

Bürgerinitiative Mobilfunk Stuttgart West

 

Mitglied bei Diagnose-Funk e.V.

 

 

 

Kontakt: 0711-63 81 08

 

 

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Deutsche Lehrer: Überlastet und falsch ausgebildet

In einem Gutachten fordern namhafte Bildungsforscher stärkere Qualitätskontrollen in Schulen und Kindergärten – und mehr Praxis im Lehramtsstudium. Die Lehrer selbst sehen das anders.

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Bei der Ausbildung von Lehrern gibt es in Deutschland noch große Defizite. Das beklagt der „Aktionsrat Bildung“ in seinem neuen Jahresgutachten, das am Dienstag in München vorgestellt wurde. Die Aus- und Weiterbildung der Pädagogen müsse stärker an den Erkenntnissen der Unterrichtsforschung ausgerichtet werden, heißt es in der Expertise. Die Praxisphasen im Studium sollten weiter ausgebaut werden. Für das Referendariat würden zudem Standards und Evaluationsverfahren fehlen.

Der Rat übe keine Kritik an Lehrern, sondern am System ihrer Ausbildung, sagte Lenzen. Wegen der vielen Veränderungen an den Schulen gebe es bei Pädagogen ein großes „Überlastungsrisiko“.

Deutschland liege bei der Finanzierung in fast allen Bildungsbereichen am unteren Ende der Industrienationen, bemängelte der Aktionsrat.

Bezeichnend wieder einmal ist die Reaktion des Deutschen Lehrerverbands auf das Gutachten.

SÜDDEUTSCHE

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„Groteske Punkte im Programm“ – „Partei der Vernunft“ (PDV) gründet Sektion Hohenlohe-Tauber-Schwäbisch Hall

Zur Sektionsgründung Hohenlohe-Tauber-Schwäbisch Hall lädt die Partei der Vernunft (PDV) am Sonntag, 27. März 2011, um 14.30 Uhr ins Café am Markt in Öhringen ein.

Zugesandt von Roland Heuschmann

Mit dabei: Professor Dr. Norbert Geng, Mitglied im Bundesvorstand der PDV.

Weitere Informationen im Internet:

www.parteidervernunft.de

Ende der Pressemitteilung.

Als Postadresse gibt die PDV in ihrem Kurzprogramm eine Adresse in 78247 Hilzingen an. Hilzingen liegt bei Singen am Hohentwil – zwischen Bodensee, Schwarzwald und Alpen.

Anmerkungen von Ralf Garmatter, Redaktion Hohenlohe-ungefiltert:

Einige Dinge, die mich bei der Partei der Vernunft nachdenklich stimmen:

Die PDV wirbt auf ihrer Homepage (Stand 22. März 2011) mit einem Bild des Rassisten und mit zustimmenden Worten für den Rassisten Thilo Sarrazin. Außerdem verharmlost die Partei in ihrem Kurzprogramm den von Menschen verursachten Kohlendioxidausstoß als Mitverursacher der Erderwärmung. Zitat aus dem PDV-Programm: „CO2 kann keine Energie aus dem Nichts erzeugen, also auch nicht die Erde erwärmen.“

Bedenklich finde ich auch folgende Punkte aus den Bereichen Arbeit und Soziales:

1. Langfristig will die PDV das gesetzliche Rentensystem in ein privates Rentensystem überführen.

2. Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit und Teilhabe am Sozialsystem erst nach zehn Jahren Arbeit.

Zu Punkt 2:

Soll das heißen, dass ein in Deutschland geborener junger Mensch, 18 Jahre alt, mit zwei deutschen Elternteilen, kein deutscher Staatsbürger sein kann, weil er noch die 12. Klasse eines deutschen Gymnasiums besucht und deshalb noch keine zehn Jahre gearbeitet hat ? Wenn dieser junge Mensch dann auch noch beispielsweise fünf Jahre studiert, würde sich seine Wartezeit auf die deutsche Staatsangehörigkeit nochmals um fünf Jahre verlängern. Dann könnte er frühestens im Alter von 33 Jahren deutscher Staatsbürger werden.

Soll das zudem heißen, dass dieser junge Mensch – wenn er beispielsweise mit 25 Jahren unverschuldet arbeitslos, krank, hilfsbedürftig, sozial oder wirtschaftlich bedürftig wird – möglicherweise niemals die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, weil er vielleicht niemals die zehn Jahre arbeiten kann, welche die PDV zur Bedingung für Unterstützung aus dem Sozialsystem und zur Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft macht. Das ist grotesk.

Auch ein Jugendlicher mit zwei deutschen Elternteilen, der mit 16 Jahren die Schule verlässt und eine Ausbildung beginnt, könnte nach dem PDV-Programm wohl erst frühestens im Alter von 26 Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen (nach zehn Jahren Arbeit). Wenn es sich bei seiner Berufsausbildung vor allem um eine schulische Ausbildung handelt, bei der er selbst keine sozialversicherungspflichtigen Leistungen in Sozialkasse einbezahlt, würde sich seine „Deutsch-Werdung“ noch einmal um die Dauer seiner Ausbildungszeit verlängern. Das könnte dann je nach Ausbildung noch einmal etwa zwei bis fünf Jahre länger dauern. Dieser Mensch wäre dann 28 bis 31 Jahre alt, ehe er deutscher Staatsbürger werden könnte. Das ist absurd.

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„Kontext“ – Neue Zeitung berichtet kritisch aus dem Musterländle

Josef-Otto Freudenreich, 60, Ex-Chefreporter der „Stuttgarter Zeitung“, und fünf Mitstreiter planen ein der kritischen und investigativen Berichterstattung verpflichtetes Medium für Baden-Württemberg: Sie starten am 6. April „Kontext“, eine Internet-Zeitung, aus der einmal pro Woche auch eine vierseitige „taz“-Regionalbeilage entstehen soll.

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Zum Start darf man sich u.a. auf Berichte über die Lage nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg sowie die Atompolitik im Ländle gefasst machen. Die Rubrik „Überm Kesselrand“ führt weit über die Landesgrenzen hinaus: „Kontext“ dokumentiert etwa das Leben von Jugendlichen in südafrikanischen Townships in Bildern. „Wir sind aber nicht nur bierernst, sondern haben, bei Gott, auch etwas zum Schmunzeln“, verspricht Freudenreich. So beschäftigt sich „Kontext“ etwa mit dem Stuttgarter „Weinberghäusle“, wo sich auf Einladung der örtlichen IHK gerne Wirtschaftsgrößen oder auch Chefredakteure zum Plausch treffen.

Kontext

http://kress.de/tagesdienst/detail/beitrag/109274-im-internet-und-als-taz-beilage-neue-zeitung-berichtet-kritisch-aus-dem-musterlaendle.html

http://blogs.taz.de/hausblog/2011/03/18/die_macher_der_neuen_taz-regionalbeilage/

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