„In einem stetigen inhaltlichen, gestalterischen und kaufmännischen Modernisierungsprozess“ befindet sich die Lokalzeitung Haller Tagblatt seit der Übernahme im Jahr 2002 durch den Verleger Claus Detjen. So heißt es im „Marketing-Sprech“ im Internetlexikon Wikipedia unter dem Stichwort Haller Tagblatt. Tatsache ist aber auch, dass seit der Übernahme des Haller Tagblatts durch Claus Detjen eine große Anzahl der damaligen Lokalredakteure nicht mehr im Beruf tätig ist. Zwei Todesfälle, stress- und krankheitsbedingte Berufsunfähigkeiten, krankheitsbedingter Vorruhestand sind wesentliche Ursachen für den ungewöhnlich starken Wechsel in der Lokalredaktion des Haller Tagblatts.
Kommentar von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Das Haller Tagblatt – kein gutes Pflaster für Gesundheitsbewusste
An einem Schlaganfall gestorben ist im Januar 2010 der erst 48-jährige Redaktionsleiter. An einem Herzinfarkt starb 2004 der damals erst 50-jährige Chef vom Dienst und Wirtschaftsredakteur. Überlastungs-Depressionen oder Herz- und Kreislaufprobleme führten bei Haller-Tagblatt-Redakteuren nach Insiderangaben seit 2002 in drei Fällen zur Berufsaufgabe, in einem Fall zum Vorruhestand. Zwei ehemalige Redakteure wechselten wegen unerträglicher Arbeitsbedingungen in der Lokalredaktion des Haller Tagblatt in andere Zeitungsredaktionen, auch um gesundheitlichen Schäden vorzubeugen. Insgesamt mussten nach Angaben von HaTa-Insidern seit 2002 acht von zwölf Redakteuren ersetzt werden – sechs davon aus gesundheitlichen Gründen. „Arbeitszeiten von 60- bis 80-Stunden pro Woche waren in der Redaktion keine Seltenheit – ohne Freizeitausgleich und ohne zusätzliche Vergütung“, berichten Firmen-Insider gegenüber Hohenlohe-ungefiltert. Zudem solle eine ehemalige Chefsekretärin „rausgemobbt“ worden sein. Auch der erst vor etwa zwei Jahren beim Haller Tagblatt eingestiegene Wirtschaftsredakteur ist dem Vernehmen nach bereits teilweise wieder dabei, sich aus der Redaktionsarbeit zurückzuziehen. Der nebenberufliche Multi-Unternehmer und bislang hauptberufliche HaTa-Wirtschaftsredakteur soll sich bei der Stuttgarter Zeitung als Korrespondent für die Region Heilbronn-Franken ins Gespräch gebracht haben.
Hohenlohe-ungefiltert hat bei Verleger und Geschäftsführer Claus Detjen wegen der Todesfälle und Krankheitsfälle nachgefragt. Seine Antwort im Wortlaut:
„Sehr geehrter Herr Garmatter, bei der Rückkehr von einer Auslandsreise fand ich diese Woche Ihre Fragen vom 1. April 2010 vor. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich darauf verzichte, auf die Unterstellungen, die Sie Ihren Fragen zugrunde legen, im einzelnen einzugehen. Ich bedauere, dass Sie versuchen, zwei tragische Todesfälle für eine Verleumdung unseres Hauses und seiner Mitarbeiter/innen zu instrumentalisieren. Mit freundlichen Grüßen Claus Detjen“.
Die Fragen an Claus Detjen vom 18. April 2010 lauteten:
In den vergangenen Jahren ist die Redaktion des Haller Tagblatts personell zwangsweise stark verändert worden. Dies hat unter anderem gesundheitliche Gründe. Es gab in der Redaktion mehrere Todesfälle, einige Mitarbeiter wurden krankheitsbedingt berufsunfähig (meist psychische Ursachen) oder gingen krankheitsbedingt in den Vorruhestand.
1. Worauf führen Sie als Geschäftsführer die weit überdurchschnittliche Zahl an Todesfällen und krankheitsbedingter Berufsunfähigkeit in der Redaktion des Haller Tagblatts zurück?
1.1. Wieviele Redakteure, die derzeit noch aktiv sind, haben bereits 2002 oder früher beim Haller Tagblatt gearbeitet?
1.2. Wieviele Todesfälle und krankheitsbedingte Berufsunfähigkeiten hat es in der Redaktion gegeben, seit Sie (Claus Detjen) das Haller Tagblatt gekauft haben?
2. Was wurde im Betrieb Haller Tagblatt umstrukturiert, nachdem Sie (Claus Detjen) das Haller Tagblatt übernommen haben?
3. Hat die Arbeitsbelastung für die einzelnen Redaktionsmitglieder durch Ihre Umstrukturierungsmaßnahmen zugenommen?
4. Wie hoch ist die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeitbelastung eines Redakteurs des Haller Tagblatts? Wird die tarifliche Arbeitszeit eingehalten? Werden alle in der Redaktion arbeitenden Journalisten nach dem Tarifvertrag bezahlt ?
4.1. Gibt es auch schlechter gestellte Pauschalisten oder Freie Mitarbeiter, die in der Redaktion arbeiten – wenn ja, wieviele?
5. Wie schätzen Sie das Betriebsklima innerhalb des Haller Tagblatts (Gesamtbetrieb und Redaktion) ein? Ein gesunder und zufriedener Mitarbeiter erbringt erfahrungsgemäß bessere Leistungen.
6. Welche Faktoren in der Redaktionsarbeit begünstigen Ihrer Ansicht nach die Zunahme gesundheitsbedingter Krankheits- und Todesfälle beim Haller Tagblatt?
7. Was hat der Betriebsrat bisher gegen die gesundheitlichen Belastungen der Redaktionsmitglieder und Freien Mitarbeiter durch die Redaktionsarbeit unternommen? Wie ist in diesem Punkt die Unterstützung des Betriebsrats durch die Geschäftsleitung?
8. Waren Aktionen und Inititativen des Betriebsrats zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen erfolgreich? Was konnte geändert und verbessert werden? Wenn nein, warum nicht?
9. Wird die Arbeitsbelastung für die Redakteure und die anderen Verlagsbeschäftigten besser, wenn es der Südwestpresse gelingt, das Haller Tagblatt zu übernehmen?
10. Gibt es Untersuchungen der Berufsgenossenschaft und/oder anderer Versicherungsträger beim Haller Tagblatt, um herauszufinden, warum es in der dortigen Redaktion in den vergangenen Jahren so überdurchschnittlich viele Todesfälle und krankheitsbedingte Berufsunfähigkeiten von Redakteuren gegeben hat?
11. Ihr Sohn Stephan Detjen ist Chefredakteur des Deutschlandfunks – ein journalistischer Fachmann also bei einem renommierten Radiosender. Was sagt ihr Sohn über die journalistische Qualität Ihrer Lokalzeitung Haller Tagblatt?
Auf mehrmalige Nachfragen bei den Betriebsratsmitgliedern Jochen Korte und Holger Ströbel erhielt Hohenlohe-ungefiltert vom Redakteur Jochen Korte folgende Antwort:
„Sehr geehrter Herr Garmatter, Sie stellen in ihrem suggestiven Fragenkatalog eine meiner Meinung nach völlig unzulässige Verbindung her zwischen den höchst bedauerlichen Todesfällen und den Erkrankungen einiger Kollegen. Diese Fälle mit den Arbeitsbelastungen in Verbindung zu bringen, verbietet sich meiner Meinung nach. Dass es in einer Redaktion mitunter stressig zugeht, dürfte Ihnen aus Ihrer Zeit als Mitarbeiter beim Hohenloher Tagblatt bekannt sein. Es gibt aber keinen ursächlichen Zusammenhang zu den Todesfällen und Erkrankungen. Zudem bin ich nicht gewillt öffentlich auszubreiten, was der Betriebsrat unternimmt, um die Arbeitsbelastung im üblichen Rahmen zu halten. Mit freundlichen Grüßen Jochen Korte, Redaktion“
Die Fragen von Hohenlohe-ungefiltert an die Betriebsratsmitglieder Jochen Korte und Holger Ströbel lauteten:
In den vergangenen Jahren ist die Redaktion des Haller Tagblatts personell zwangsweise stark verändert worden. Dies hat unter anderem gesundheitliche Gründe. Es gab in der Redaktion mehrere Todesfälle, einige Mitarbeiter wurden krankheitsbedingt berufsunfähig (meist psychische Ursachen) oder gingen in den Vorruhestand.
1. Worauf führen Sie als Betriebsräte die weit überdurchschnittliche Zahl an Todesfällen und krankheitsbedingter Berufsunfähigkeit in der Redaktion des Haller Tagblatts zurück? Wieviel Todesfälle und krankheitsbedingte Berufsunfähigkeiten hat es in der Redaktion gegeben, seit Claus Detjen das Haller Tagblatt gekauft hat?
2. Was wurde im Betrieb Haller Tagblatt umstrukturiert, nachdem der Verleger Claus Detjen das Haller Tagblatt übernommen hat?
3. Hat die Arbeitsbelastung für die einzelnen Redaktionsmitglieder durch diese Maßnahmen von Claus Detjen zugenommen?
4. Wie hoch ist die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeitbelastung eines Redakteurs des Haller Tagblatts? Wird die tarifliche Arbeitszeit eingehalten? Werden alle in der Redaktion arbeitenden Journalisten auch nach dem Tarifvertrag bezahlt?
5. Wie schätzen Sie das Betriebsklima innerhalb des Haller Tagblatts (Gesamtbetrieb und Redaktion) ein?
6. Welche Faktoren in der Redaktionsarbeit begünstigen Ihrer Ansicht nach die Zunahme gesundheitsbedingter Krankheits- und Todesfälle beim Haller Tagblatt?
7. Was hat der Betriebsrat bisher gegen die gesundheitlichen Belastungen der Redaktionsmitglieder und Freien Mitarbeiter durch die Redaktionsarbeit unternommen? Wie ist in diesem Punkt die Unterstützung durch und die Zusammenarbeit des Betriebsrats mit der Geschäftsleitung?
8. Waren diese Aktionen und Inititativen des Betriebsrats erfolgreich? Was konnte geändert und verbessert werden? Wenn nein, warum nicht?
9. Wird die Arbeitsbelastung für die Redakteure und die anderen Verlagsbeschäftigten besser, wenn es der Südwestpresse gelingt, das Haller Tagblatt zu übernehmen?
10. Gibt es Untersuchungen der Berufsgenossenschaft und/oder anderer Versicherungsträger beim Haller Tagblatt, um herauszufinden, warum es in der dortigen Redaktion in den vergangenen Jahren so überdurchschnittlich viele Todesfälle und krankheitsbedingte Berufsunfähigkeiten von Redakteuren gegeben hat?
Journalistengewerkschaften und Rentenversicherung (BfA) antworten trotz mehrfacher Nachfragen nicht
Keine Antwort auf Fragen zu den Todesfällen, den Krankheitsfällen, der Arbeitsbelastung beim Haller Tagblatt und was die Journalistengewerkschaften tun, um die Arbeitsbelastung für die dortigen Mitarbeiter zu verringern, hat Hohenlohe-ungefiltert trotz mehrfacher Nachfragen vom Deutschen Journalistenverband, Landesverband Baden-Württemberg (DJV) sowie von der Deutschen Journalistenunion in Stuttgart (dju in ver.di) erhalten. Ebenfalls keine Antwort auf entsprechende Nachfragen hat es von der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin (früher Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA)) gegeben.
Dokumentation I:
Antwort der Krankenkasse AOK auf Nachfragen von Hohenlohe-ungefiltert im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr …,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne möchte ich auf einige Ihrer Fragen eingehen. Bitte haben Sie aber auch Verständnis dafür, dass wir aus Datenschutzgründen nicht zu allen Punkten Stellung nehmen dürfen.
Der von Ihnen geschilderte Sachverhalt, dass in der Redaktion des Haller Tagblatts in der Vergangenheit eine überdurchschnittliche Zahl an Todesfällen vorgekommen sind, ist uns aus der Tagespresse bekannt. Über Krankheits- und Berufunfähigkeitsraten dürfen wir keine Auskünfte erteilen. Diese Daten sind geschützt.
Auf Ihre Frage, ob es Untersuchungen der Berufgenossenschaft zu Berufsunfähigkeitsdaten bei Redakteuren gibt, können wir keine Aussage treffen. Hier sind die Berufsgenossenschaften Ansprechpartner.
Auf Ihre Frage, ob es präventive Programme für Betriebe gibt, auch speziell auf die Belastungen an Bildschirmarbeitsplätzen zugeschnitten, kann ich mit einem eindeutigem JA antworten. Die AOK-Gesundheitskasse unterstützt seit 1995 Unternehmen bei der Einführung und Umsetzung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements. Unsere Produktpalette reicht von der Arbeitsplatzanalyse bis hin zur Umsetzung von praktischen Maßnahmen in den Bereichen Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung und Suchtprävention.
In den vergangenen Jahren wurde dem Haller Tagblatt mehrmals das Angebot zur Betrieblichen Gesundheitsförderung unterbreitet, weiterhin begleitete uns das Haller Tagblatt redaktionell auch bei verschiedenen großen Gesundheitsaktivitäten und Gesundheitsforen.
Schauen Sie doch mal auf unsere Internetseite www.aok-gesunde-unternehmen.de, hier erfahren Sie mehr zum Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement.
Ich stehe Ihnen auch gerne für weitere Fragen zur Verfügung.
Freundliche Grüße
Liane Pöhlmann, AOK – Die Gesundheitskasse Heilbronn-Franken, Koordinatorin für Betriebliches Gesundheitsmanagement
Telefon 0791 757-216
Telefax 0791 757-222
mailto: Liane.Poehlmann@bw.aok.de
http://www.aok-bw.de
Dokumentation II:
Antwort der Berufsgenossenschaft Berufsgenossenschaft, Handel und Warendistribution (BGHW) auf Nachfragen von Hohenlohe-ungefiltert:
Sehr geehrter Herr…,
Zu Ihrer Anfrage vom 23.03. zum Thema Haller Tagblatt: Wie bereits gesagt, fallen die meisten Ihrer Fragen, beispielsweise nach redaktionsinternen Vorgängen und verlagspolitischen Entscheidungen, nicht in den Zuständigkeitsbereich der BG.
Ansonsten können wir Ihnen nur mitteilen, dass uns im Zusammenhang mit dem Zeitungsverlag Schwäbisch Hall keine Auffälligkeiten bekannt sind. Für weitere Auskünfte benötigen wir die schriftliche Einwilligungserklärung der betroffenen Personen sowie des Mitgliedsunternehmens zur Weitergabe personen- sowie betriebs- und geschäftsbezogener Daten.
Mit freundlichen Grüßen, Siegrid Becker, Referat Kommunikation, Berufsgenossenschaft, Handel und Warendistribution (BGHW)
Hausanschrift: M 5, 7, D-68161 Mannheim, Postanschrift: D-68145 Mannheim
Wie sich das Haller Tagblatt sieht – eine Selbstdarstellung auf der Internetseite der Lokalzeitung:
http://www.hallertagblatt.de/region/hallertagblatt/Wir_ueber_uns/