Inszenierter Jubel bei Hitlers Fahrt durch Crailsheim 1933 – Vortrag des Historikers Giselher Technau

Mit der „Machtergreifung“ Adolf Hitlers im Januar 1933 und der nachfolgenden Gleichschaltung der Gemeindevertretungen kam die NSDAP auch in Crailsheim in eine beherrschende Stellung. In einem Vortrag unter dem Titel „Die `Machtergreifung´ in Crailsheim und die NSDAP vor Ort“ befasste sich der Satteldorfer Historiker Giselher Technau am 25. November 2009 in der Crailsheimer Volkshochschule mit den lokalen Geschehnissen Ende der 1920er und Anfang der 1930er Jahre.

Zusammengestellt von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Vorträge über „Machtergreifung lokal – Crailsheim 1933“ erscheinen 2010 als Buch

Hohenlohe-ungefiltert dokumentiert unten wichtige Passagen aus Giselher Technaus Vortrag. Die Quellen für die hochgestellten Ziffern sind am Ende jedes Abschnitts angegeben.

Bis zu seiner Pensionierung arbeitete Giselher Technau als Geschichtslehrer am Crailsheimer Albert-Schweitzer-Gymnasium (ASG). Alle Vorträge des Themenschwerpunkts „`Machtergreifung´ lokal – Crailsheim 1933“ erscheinen im Jahr 2010 in einem Buch, das vom Crailsheimer Stadtarchiv herausgegeben wird.

NSDAP im Huckepack-Verfahren in den Gemeinderat

Im Herbst 1931 standen in Crailsheim Bürgermeisterwahlen an, und es war für die NSDAP aussichtslos, einen geeigneten Kandidaten zu finden, der dem seit zwanzig Jahren amtieren-den Amtsinhaber, Friedrich Fröhlich, gewachsen gewesen wäre. Deshalb richtete Ortsgruppenleiter Häfner ein Schreiben an den Bürgermeister, „das er als Anerkennung und Vertrauensbeweis für sich“ gebucht habe. Nach der Auffassung von Heinrich Schöller habe der Brief aber nur “Höflichkeitsfloskeln“ enthalten, „denen keine Bedeutung beizumessen ist“.1 Während das Verhältnis zum Bürgermeister in der Nazi-Partei umstritten war, herrschte bezüglich der Gemeinderatswahlen am 6. Dezember 1931 Konsens: Um für das Bürgertum wählbar zu sein, wurde eine gemeinsame Liste der rechten Gruppierungen – Stahlhelm, DNVP und NSDAP – aufgestellt, die ihrer „Kampffront“ den zugkräftigen Titel <Deutsche Zukunft>2 gaben. Auf diese Weise brauchte die NSDAP keine zehn Kandidaten3, sondern nur drei, die dann per Huckepack auch mit den Stimmen der Koalitionsparteien in den Gemeinderat gelangen konnten.

Bäckermeister Fritz Scheck erster Handwerksmeister in der Crailsheimer NSDAP

Bäckermeister Fritz Scheck war der erste Handwerksmeister, der sich von den Überredungskünsten des Ortsgruppenleiters überzeugen ließ und am 1. Juli 1931 der Partei beitrat.4 Als populärer Vertreter des bürgerlichen Mittelstands war er für die Crailsheimer NSDAP ein großer Gewinn. Scheck war geschäftlich gut situiert, hielt sich aber auch gerne in geselliger Vereins-Runde auf, war leutselig und zu Scherzen – auch auf Kosten anderer – aufgelegt, außerdem ein großer Sänger vor dem Herrn. Als weiteren Kandidaten konnte Häfner den Hauptlehrer Eugen Kübler aufbieten. Kübler, dem gleichen Jahrgang 1898 wie Scheck angehörig, war am 1. Dezember 1931 wieder in die Partei eingetreten. Als Schwerkriegsbeschädigter sah er „die Möglichkeit, durch seine Mitarbeit zu zeigen, dass er trotz seiner Verwundung noch etwas für die Allgemeinheit leisten konnte“.5 Außerdem habe er „die Überzeugung gewonnen (..), dass nur eine große Partei, die sowohl national wie sozial ist, Deutschland retten kann. (…) Die beiden Programmpunkte hatte aber nur die NSDAP in sich vereinigt.“ Dritter im Bunde war ein Neubürger, der Kürschner und Präparator Emil Gärtner, der das Gebäude des ehemaligen Textilgeschäfts Landauer am „Schwanenplatz“ in der Stadtmitte erworben hatte, in dem er einen Pelzhandel betrieb. Gärtner wurde ebenfalls am 1. Dezember 1931 Parteimitglied und avancierte zum Truppführer der neugegründeten „Motor-SA.-Einheit“, die etwa 30 Mann umfasste. Während der zahlreichen Wahlkämpfe des Jahres 1932 erhöhte sie die Mobilität der NSDAP, da sie in den Oberämtern hohenloheweit eingesetzt werden konnte.

1 StAS, E 140 Bü 95 (Brief Schöllers vom 11.11.1933)
2 Schreiben von Leonhard Brenner an Theodor Rosenfeld, 20.01.1932 (Privatbesitz)
3 Da bei der Gemeinderatswahl zehn Stadträte zu wählen waren, konnte jede Liste zehn Kandidaten aufstellen.
4 BAB BDC Personalkartei Fritz Scheck
5 StAL EL 905/5 Bü3102
Von NSDAP-Parteigenossen angeödet, weil er mit dem Juden Stein am Tisch saß

Die Crailsheimer NSDAP, die einen dritten Weg – die gemeinsame Liste – gewählt hatte, fühlte sich durch die Haller Großveranstaltungen ermutigt, beim Turnverein Crailsheim vorstellig zu werden: man wolle den noch im März verweigerten Zutritt zur Turnhalle wie andere bürgerliche Vereine auch. Der Vorsitzende des Turnvereins, Otto Hilpert, gab gegenüber der Aufforderung der NSDAP nach. So konnte am 5. Dezember „neben anderen Rednern Pg. Schwede, der damalige 1. nationalsozialistische Bürgermeister von Coburg“1, sich über die „deutsche Zukunft“ auslassen. Wie in Crailsheim war Franz Schwede in Coburg eine Listenverbindung mit bürgerlichen Parteien eingegangen, wodurch er eine Mehrheit im Gemeinderat erhielt. Er wurde bereits 1929 dritter Bürgermeister, 1931 zunächst zweiter, dann erster Bürgermeister, da sich sein Vorgänger „den nervlichen Belastungen, die die ständigen Angriffe von Seiten der NSDAP mit sich brachten, nicht gewachsen zeigte“.2 Der Aufwand, den die Nationalsozialisten vor Ort betrieben, lohnte sich: „die Parteigenossen Kübler, Gärtner und Scheck zogen auf dem Crailsheimer Rathaus ein“.3 Sie schlossen sich der „bürgerlichen Fraktion“ an, was den Stadträten nach Küblers Ansicht einige Unannehmlichkeiten mit sich brachte: „Gleich, nachdem ich in den Gemeinderat gewählt wurde, wurde ich von einigen Pg. angeödet, weil ich mit dem Juden Stein an einem Tisch saß“.4

1 FG, 24.12.1937
2 Hambrecht, Der Aufstieg der NSDAP, S.351
3 Wie Anm. 68
4 StAL EL 902/5 Bü 3102

Die Wahlerfolge 1932

In Crailsheim gab es nur wenige Personen, die bereit waren, vor 1933 Führungsaufgaben innerhalb der NSDAP zu übernehmen. Dies zeigte sich besonders dann, wenn ein Personalwechsel anstand. Im August 1931 verließ Robert Walter, der Kassier der Ortsgruppe, Crailsheim und kehrte nach Wiesenbach zurück, weil er arbeitslos geworden war. Doch seine Kontakte zu Crailsheim rissen nicht ab, weil er die Kassengeschäfte der Ortsgruppe bis 1933 weiterführte. Im September 1931 ging der Führer der Ortsgruppe, Oskar Häfner, aus Crailsheim fort, da seine Firma, die Motorenfabrik Keidel, infolge der Weltwirtschaftskrise in Konkurs gegangen war. Häfner blieb auch nach seinem Umzug nach Stuttgart „seinem SA-Sturm“ verbunden, indem er „jede Woche noch einmal nach Crailsheim“ kam.1 Aber inzwischen hatte die Führung des SA-Sturms 13/121 Ulrich Veil, Oelhaus, übernommen, der zum Sturmführer befördert worden war. Die Leitung der Ortsgruppe wurde einem „alten Kämpfer“ übertragen, Heinz Schöller. Den Wegzug des Führers der Hitlerjugend, Karl Faber, im Februar 1932 konnte die NSDAP nur verkraften, weil sich Hermann Reinhardt als HJ-Gefolgschaftsführer und Unterbannführer zur Verfügung stellte. Die Zusammenarbeit des neuen lokalen Spitzentrios, zu dem sich noch als weiteres Mitglied der Führer der NSDAP-Gruppe im Gemeinderat, Eugen Kübler, gesellte, ging nicht reibungslos vonstatten. Besonders Heinz Schöller entwickelte eine sehr eigenwillige Auffassung von Parteiarbeit.

Zustimmung der Crailsheimer Bürger zur NSDAP im Frühjahr 1932 überwältigend hoch

Abgesehen davon war die Zustimmung der Crailsheimer Bürger zur NSDAP im Frühjahr 1932 überwältigend hoch: Vom ersten Wahlgang zur Reichspräsidentenwahl im März 1932 bis zum zweiten im April 1932 steigerte sich der Anteil der Stimmen für Adolf Hitler im Oberamt von 41,9 Prozent auf 53,6 Prozent, so dass Crailsheim unter den 64 Oberämtern des Gaues Württemberg-Hohenzollern eine Spitzenposition einnahm. Nur die hohenlohischen Nachbarkreise Gerabronn und Öhringen hatten eine größere Zustimmung aufzuweisen, während Gaildorf und Hall knapp hinter Crailsheim lagen. Bezeichnend ist, dass in den Oberämtern Mergentheim und Künzelsau wegen ihres hohen katholischen Bevölkerungsanteils bedeutend weniger Stimmen für Hitler abgegeben wurden.2

1 StAL EL 902/21 Bü 4479
2 StAL 501 II Bü 436
Im Geschäft sollten keine Juden beschäftigt werden

Bei den Reichstagswahlen vom 31. Juli 1932 entschieden sich in der Stadt Crailsheim 43,9 Prozent für die NSDAP, im Oberamt Crailsheim bereits mehr als die Hälfte: 51,3 Prozent. Weitaus an der Spitze stand allerdings das Oberamt Gerabronn, wo die NSDAP fast eine 2/3-Mehrheit verbuchen konnte: 64 Prozent. Für den Mittelstand gab es nun kein Halten mehr; im August konnte die Gauleitung in Stuttgart einen regelrechten Ansturm registrieren. 13 Handwerksmeister traten in die Partei ein, darunter befanden sich sowohl Handwerke mit starrem Bedarf wie Bäcker, Metzger, Frisör, aber mehr noch mit elastischer, also konjunkturbedingter Nachfrage wie Schneider, Maurer, Zimmerer, Schreiner und technische Berufe wie Elektromonteur, Mechaniker.1 Dagegen meldete sich nur ein Kaufmann an. Denn den Parteibeitritt „konnte man sich aus Geschäftsgründen nicht leisten“2, wenn nicht jüdische Kunden verloren gehen sollten. Schwierigkeiten wurde den Kaufleuten aber nicht in erster Linie von den jüdischen Bürgern gemacht, sondern von den eigenen Leuten in der Partei. So erhielt der Lebensmittelhändler Wilhelm Bauer, Parteimitglied seit Sommer 1931, am 2. Januar 1933 ein geharnischtes Schreiben von Hermann Reinhardt3, in welchem er „aus Gründen der Disziplin und Sauberkeit unserer Bewegung“ monierte, „dass Sie in Ihrem Geschäft einen Juden beschäftigen“. Reinhardt forderte eine Erklärung dafür und teilte weiterhin das Gerücht mit, „dass Sie der Lieferant der Firma Stein (Jude) sein sollen“. Dieser Umstand errege „nicht nur innerhalb unserer Partei, sondern auch in neutralen Kreisen“ Aufsehen. Reinhardt drohte an, die Partei werde, falls nicht Abhilfe geschaffen werde, „die Konsequenzen ziehen und Sie aus unserer Bewegung ausschließen“.

1 Vgl. Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, S. 271 ff.
2 Interview mit Hermann Reinhardt, 30.11.1985
3 StAL EL 902/5 Bü 3102
Fackelzug in Crailsheim am 30. Januar 1933

Kaum war Hitler am 30. Januar 1933 von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt worden, sah SA- Sturmbannführer Ulrich Veil endlich seine Stunde gekommen. Ohne vorherige Anmeldung bei der Stadtverwaltung organisierte die SA eine „spontane“ Begeisterungs-Kundgebung: „Am Abend des denkwürdigen Tages fanden sich die Kameraden der Bewegung zu einem Fackelzug zusammen.“1 Auch der Wahlkampf für die Neuwahl des Reichstags am 5. März 1933 wurde maßgeblich durch die SA bestritten: „Am 5. März 1933 wollte der Führer sich vom deutschen Volk selbst die Bestätigung geben lassen. Propagandamärsche durch den ganzen Kreis wurden durchgeführt, die Stimme des Führers durch den Aether erfasste die Herzen unserer Volksgenossen.“2 Für Bürgermeister Fröhlich war die Kanzlerschaft Hitlers jedoch kein Grund, darauf zu verzichten, die wahlkämpfenden Parteien auf die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften zu kontrollieren. Wieder war es Kreisleiter Schöller, der im Oktober 1933 sich bitter beklagte, Fröhlich habe ihn vor der Reichstagswahl vom März 1933 in übler Manier bürokratisch abgefertigt: „Am 25.2.33, also eine Woche vor der Wahl, habe ich einen S.A.-Propagandamarsch anstatt 48 Stunden vorher nur 16 Stunden vorher angemeldet. Ich war der Meinung, der S.A.-Führer habe ihn schon angemeldet. Dieser aber war der Meinung, ich hätte ihn angemeldet. Sobald ich wusste, dass die Anmeldung noch nicht erfolgt sei, rannte ich aufs Rathaus und holte dies nach. Wegen dieser zu späten Anmeldung hat Fröhlich mich bei der Staatsanwaltschaft (Ellwangen, der Verf.) – noch 8 Tage vor der Wahl ! – angezeigt. (…) Kein Bürgermeister im Bezirk (…) hat uns derartige Schwierigkeiten ständig gemacht wie Fröhlich.“3 Die Anzeige erging auch gegen den Sturmbannführer, denn Veil vermerkte als zweite und letzte „Strafe für die Bewegung“ in der „Kampfzeit“: „Verfolgung durch Staatsanwaltschaft Ellwangen wegen Durchführg. eines Propagandamarsches bzw. Fahrt im Bereich meines damal. Stubas. III/122 (Gerabronn, Hall, Crailsheim, Mergentheim)“4

Rechtsradikale Parteien bekamen am 5. März 1933 knapp 70 Prozent der Stimmen

Die Reichstagswahl vom 5. März erbrachte in der Stadt bei einer Wahlbeteiligung von 90,7 Prozent eine Zustimmung von 69,7 Prozent für die beiden rechtsradikalen Parteien NSDAP und DNVP.5 Durch diese klare Entscheidung gegen die Demokratie waren dem Bürgermeister die Ordnungsmittel des Rechtsstaats aus der Hand geschlagen. Dabei waren sich die Wähler durchaus im Klaren, dass die Nazis die demokratischen Institutionen abschaffen bzw. verändern wollten und dass die „Volksgemeinschaft“ nicht mehr gleiches Recht für alle Bürger bedeuten würde. Manche Bürger waren sogar schon kurz nach der „Machtergreifung“ enttäuscht, wenn die Abrechnung mit den „Volksfeinden“ zu mäßig oder überhaupt nicht erfolgte. So schrieb eine Bürgerin im August an den in Tiefenbach geborenen Karl Waldmann, der im Juli 1933 zum Staatssekretär beim Staatsministerium aufgestiegen war und als Vertrauter des Reichsstatthalters Murr galt, einen Brief6, in dem sie unter anderem ausführte: „Am 3. März d. J. hielt hier Minist. Mergenthaler die letzte Wahlrede vor der Reichstagswahl, verschiedene Pg. u. Bekannte von mir waren uns einig, dass nach dem Sinne des Redners besonders auch in Crailsheim in den Ämtern gesäubert gehört, u. ich habe dann ein diesbezügl. Schreiben an Minist. Mergenthaler gerichtet mit der Unterschrift: <Viele Wähler>. Als sich jedoch darauf keine Änderung zeigte, richtete ich an Minist. Mergenthaler nochmals ein Schreiben mit der Bitte, mich doch zu empfangen. Auch das blieb ohne Antwort.“

„Dankkundgebung“ vor der Johanneskirche nach dem Wahlsieg

Der Triumph der NSDAP am 5. März bot dem SA-Sturmbannführer erneut willkommenen Anlass, die Präsenz seiner SA-Stürme der Öffentlichkeit vorzuführen. Diesmal reichte ein bloßer Fackelzug nicht mehr: „Der Sieg des 5. März 1933 wurde mit einer großen Dankkundgebung auf dem Platz vor der Johanniskirche gefeiert.“7 Als nächsten Schritt vollzog die SA symbolisch, was immer das Ziel der NSDAP gewesen war: die Besitzergreifung der Stadt Crailsheim. Im „Vaterlandsfreund“, der Gerabronner Zeitung, erschien dazu am 10. März ein passend verfertigter Artikel, der den historischen Augenblick in konzentrierter Form festhielt. „Gestern abend 7.30 Uhr marschierte (!) die SA und der Stahlhelm mit klingendem Spiel der Stahlhelmkapelle Onolzheim8, des SA-Spielmannszugs und der Kapelle Glück vor dem Rathaus auf, wo die Hakenkreuzfahne, die Flagge schwarz-weiß-rot und die Stahlhelmfahne gehisst wurden. SA.-Sturmführer Veil hielt eine zündende Ansprache. Während der Flaggenhissung wurde (!) das Deutschland-Lied und das Horst-Wessel-Lied gesungen. Eine tausendköpfige Menge wohnte der Kundgebung bei. Anschließend marschierten die nationalen Verbände nach dem Schloss, wo ebenfalls die Hakenkreuzfahne gehisst wurde.“9 Nicht nur für den SA-Führer, auch für Kreisleiter Schöller bedeutete der 9. März eine Genugtuung, konnte er doch endlich die „Neutralität“ des Bürgermeisters durchbrechen und sie als „politische Gesinnungs- und Überzeugungslosigkeit“ entlarven. „Selbst bei der durch die S.A. vorgenommenen Flaggenhissung war weder von Fröhlich noch von sonst einem Rathausan-gestellten oder Schutzmann etwas zu sehen“10, monierte Schöller und erblickte in dieser Zurückhaltung ein weiteres Indiz dafür, dass Fröhlich als Bürgermeister der Stadt nicht mehr geeignet sei.

Zäher politischer Überlebenswillen des Bürgermeisters Fröhlich

Zunächst aber bestand in Crailsheim ein Machtvakuum. Hätte Schöller sich durchsetzen können, so wäre Fröhlich eher heute als morgen seines Amtes verlustig gegangen. Doch der Kreisleiter unterschätzte den zähen politischen Überlebenswillen des Bürgermeisters, der in den bewegten zwei Jahrzehnten seiner Amtszeit schon andere, ihn außerordentlich strapa-zierende Gefahrenlagen überstanden hatte. Außerdem stand Schöller allein auf weiter Flur. Kein weiterer maßgeblicher Repräsentant der lokalen NSDAP wollte am Stuhl des Stadt-oberhaupts sägen. Zwar war die Ablösung Fröhlichs zur Debatte gestanden, aber die pragmatisch denkenden Nazis um Hermann Reinhardt und die Gemeinderäte beschlossen, „alles beim alten zu lassen“.11 Diese Entscheidung dürfte durch den brutalen Überfall der SA-Trupps aus Heilbronn und Crailsheim auf Crailsheimer Bürger, wie er am 21. März 1933 unter Führung des für Crailsheim zuständigen SA-Standartenführers Fritz Klein geschah, eher bekräftigt als abgeschwächt worden sein. Denn eine Absetzung des Bürgermeisters in diesen chaotischen, von der SA beherrschten Tagen, hätte einen Garanten für die Kontinuität in der städtischen Verwaltung beseitigt und damit gegenüber dem gerade erst in Scharen zur NSDAP übergelaufenen Bürgertum kontraproduktiv gewirkt.

Kreisleiter Schöller ließ die SA-Schläger gewähren

Gegenüber den Umtrieben der SA erwies sich der Kreisleiter als machtlos. Am 21. März versuchte er nicht einmal sich über den Ablauf des SA-Überfalls ein eigenes Bild zu machen, geschweige denn mit der Autorität seines Amtes den Aktionen Einhalt zu gebieten. Schöller wohnte im vorletzten Haus der Haller Straße, weit vor der Stadt. 1946 erklärte er sein Ver-halten folgendermaßen: „In meiner Wohnung war auch das Geschäftszimmer der Kreisleitung. Am 21.3. vorm. 10.00 Uhr sagte mir der Hausbesitzer L., er habe in der Stadt erfahren, es sei ein Kommando Schupo angekommen, das bei verdächtigen Elementen nach Waffen suchen solle. Ich erwiderte, das gehe den S.A.-Kommissar an.“12 Während sich der Kreisleiter regelrecht in seiner Wohnung vergrub, herrschte in der Stadt ein reges Treiben. Denn anlässlich des „Tages von Potsdam“, an dem sich angeblich die Tradition des alten Preußen mit der Dynamik der jungen NS-Bewegung verband, waren die öffentlichen Gebäude beflaggt, es war unterrichtsfrei, und am Abend sollte die SA, wie inzwischen gewohnt, mit einem Fackelzug eine öffentliche Kundgebung einleiten. Wer sich in der Stadt aufhielt, konnte das Geschehen vor Ort beobachten, ohne allerdings den ganzen Umfang der SA-Übergriffe wahrnehmen zu können. „Am 21. März (…) saß ich auf einem Lastwagen vor der Drogerie Reinhardt/Helfferich. Wir sollten zum Arbeitsdienst in Richtung Mergentheim gefahren werden, wozu wir uns – weil arbeitslos – freiwillig gemeldet hatten. Gegenüber – vor dem „Falken“ – sahen wir in lockerer Ordnung eine Gruppe von Crailsheimer Juden laufen, darunter Dreyfuß und Siegfried Stein, umgeben von Crailsheimer SA-Leuten. Niemand wusste, was das zu bedeuten hatte. Eigentlich schenkte auch kaum jemand dem Trupp größere Beachtung. Es waren keine Zwangsmaßnahmen erkennbar. (…) Von den Ereignissen später im Schloss habe ich nichts gewusst. Unser LKW fuhr kurz darauf aus Crailsheim heraus.“13

Adolf Stein: „Herr Fröhlich, schützen Sie mich!“

Für Hermann Reinhardt boten die Vorgänge des 21. März Anlass zur Kritik, die allerdings das Nazi-System nicht in Frage stellte: „Es kamen Dinge vor, die mir selbst sehr peinlich waren.“14 Besonderen Anstoß nahm er daran, dass ein hochdekorierter Offizier im Weltkrieg, der Kaufmann Ludwig Dreyfuß, öffentlich von SA-Leuten vorgeführt und kommandiert wurde, die zu jung waren, um im Weltkrieg gekämpft zu haben. Das widerspreche der Achtung vor dem Soldatentum. Aber seine Bemühungen, den Kreisleiter zum Eingreifen zu bewegen, scheiterten schon daran, dass er „telefonisch nicht erreichbar“ gewesen sei und „kein Auto zur Verfügung stand“. Dieser Zustand sei „unmöglich“ gewesen.15 Im Gegensatz zu Schöller war Fröhlich informiert und erreichbar, wusste aber, dass er gegen den Heilbronner Standartenführer und seine Crailsheimer Gehilfen nichts ausrichten konnte. So richtete der angesehene jüdische Geschäftsmann Adolf Stein, der stellvertretender Vorsitzender des Handels- und Gewerbevereins war, an ihn die dringliche Bitte: „Herr Fröhlich, schützen Sie mich!“ Der Bürgermeister konnte nur antworten: „Tut mir leid, ich kann es nicht!“16

Fröhlich wollte nach dem Fackelzug zur Bevölkerung sprechen

Fröhlich blieb tagsüber weiterhin aktiv und war bestrebt, wenigstens am Abend des „Tages von Potsdam“ auf der Parteiveranstaltung die Gelegenheit zu erhalten, an die Bevölkerung Crailsheims das Wort richten zu können. Dieses Bemühen bestätigte Schöller, wenn er dem Bürgermeister nachträglich mit dem Vorwurf überzog: „ Sind Sie ein Mann von Charakter, Herr Fröhlich, wenn Sie im Februar 33 Ihre Gehässigkeit der N.S.D.A.P. gegenüber durch diese Anzeige dokumentieren und am 21. März ds. Js. dreimal im Lauf des Tages selber und durch Vermittlung von Stadträten an die Partei herantreten und winseln, man solle sie doch nach Schluss des Fackelzuges die „Festrede“ halten lassen, damit, wie Sie wörtlich sagten, Sie mit der Bevölkerung wieder in Verbindung kämen.“17

Von Judenmisshandlungen berichtet

Obwohl Schöller die Annäherungsversuche Fröhlichs den Tag über registriert hatte, wollte er von den eigentlichen Vorgängen im Schloss erst später erfahren haben: „Abends traf mich Herr L. wieder u. berichtete mir, (…) dass es sich um Judenmisshandlungen u. nicht um Waffendurchsuchungen gehandelt habe.“18 Schöller verfasste noch am gleichen Abend ein Schreiben an die Gauleitung19, in dem er Auskunft darüber verlangte, inwieweit die Parteiführung mit dem gewalttätigen Auftreten der SA konform gehe. Dass dies noch am Abend des 21. März geschehen sein soll, muss verwundern, weil Schöller mit den Vorbereitungen der Kundgebung hätte beschäftigt sein müssen und dort die SA-Führer hätte selbst befragen können. Das Antwortschreiben der Gauleitung datierte erst vom 29. März 1933, nachdem sich die SA-Standarte bereits in Hohenlohe ausgetobt hatte und Reichskommissar von Jagow seines Amtes enthoben worden war.20 „Wir bestätigen Ihr Schreiben vom 21. März und teilen Ihnen mit, dass das Vorgehen gegen die Juden in Crailsheim weder mit Wissen noch auf Anordnung der Gauleitung geschehen ist. – Die Grundlagen für weitere, derartige Vorkommnisse sind inzwischen beseitigt worden.“21

1 Wie Anm. 136
2 Wie Anm. 136
3 Wie Anm. 127
4 Wie Anm. 128
5 Vgl. Fastnacht, S. 36
6 HStAS E 140 Bü 95
7 Wie Anm. 136
8 Die Stahlhelmkapelle Onolzheim trat kurze Zeit später komplett in die SA ein und wurde zur SA-Standarten-kapelle umfunktioniert.
9 VF, 10.3.1933
10 Wie Anm. 126
11 Interview mit Hermann Reinhardt, 30.11.1985
12 StAL EL 903/3 Bü 438
13 Interview mit Otto Ludwig, 8.04.1987
14 StAL EL 902/5 Bü 4359 (Spruchkammer-Protokoll, 12.4.1948)
15 Wie Anm. 149
16 Interview mit Richard Stähle, 9.02.1989
17 Wie Anm. 126
18 Wie Anm. 150
19 Dieses Schreiben vom 21.3.1933 ist nicht erhalten. Hier ist eine Kurzfassung rekonstruiert, die mit dem Antwortschreiben der Gauleitung korrespondiert. Schöller zitierte 1946 seine Version des Schreibens mehrmals und behauptete, er habe sich über die „körperliche Züchtigung“ der Juden beschwert und mit seinem Partei-austritt gedroht. Aber in Schöllers weiteren z. T. umfangreichen schriftlichen Äußerungen der Jahre 1933/34 ist von diesem Schreiben nie mehr die Rede.
20 Die Führer, S.279 f.
21 Wie Anm. 150
Von ehemals 17 Gemeinderäten blieben nach der Gleichschaltung nur noch zwei übrig

Die zweite Stufe der Machtübernahme beruhte auf dem „Vorläufigen Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“ vom 31. März 1933.1 Es verfügte die Neubildung der Gemeinderäte auf der Grundlage der Stimmen, die die Parteien bei der Reichstagswahl vom 6. März bekommen hatten. Da Bürgermeister Fröhlich im Amt verblieben war, konnte er im April die Stadtgemeinde in alleiniger Verantwortung nach außen vertreten und ihre inneren Angelegenheiten verwalten.2 Erst am 4. Mai trat der neue Gemeinderat zur „Einführung und Beeidigung der Stadträte“ zusammen. Von den 17 ehemaligen Stadträten der bürgerlichen Gruppe und der SPD waren nur zwei übrig geblieben. Dagegen gesellten sich zu den drei alten Nazi-Stadträten acht weitere Parteimitglieder. Die Fraktion vertrat den städtischen Mittelstand. Zwei Stadträte waren Beamte, fünf Kaufleute, sechs Handwerker und nur einer Arbeiter. Weder Ortsgruppenleiter Engelhardt noch Kreisleiter Schöller saßen im Gemeinderat. Im Mittelpunkt der konstituierenden Sitzung stand stattdessen der Bürgermeister, dem seine Unersetzlichkeit in der Stadtverwaltung bestätigt worden war. Im Gegenzug zu der ihm gegebenen Beschäftigungsgarantie war Fröhlich bereit, seine ganze Arbeitskraft bedingungslos in den Dienst des neuen Staates zu stellen, so wie er es schon im Kaiserreich und in der Weimarer Republik getan hatte.

1 Vgl. Stuckart u. a., Neues Staatsrecht, S. 17 ff.
2 Vgl. Fastnacht, S. 37
Oberamtssparkassier Otto Hilpert wurde beruflich zurückgestuft

Weil Oberamtssparkassier Otto Hilpert, 1. Vorsitzender des Turnvereins, nicht Parteimitglied war, musste er es erdulden, dass der neue Kassier ihm vor die Nase gesetzt wurde. „Ich musste auf den Platz des vierten Beamten zurückweichen.“1 Das war die Rache der Nazis dafür, dass er und sein Verein ihnen gegenüber in den Jahren 1931 und 1932 nicht immer gefügig gewesen war. Aber auch um den Bestand seines Lebenswerkes, des Turnvereins Crailsheim, musste Hilpert fürchten: „Nach dem Umsturz begann für mich die Zeit des Hoffens und Bangens.“ In vorauseilendem Gehorsam hatte der Verein das Berufsbeamten-Gesetz vom 7. April 1933 sinngemäß schon für seine Mitglieder angewandt. Im Protokollbuch wurde am 27. April vermerkt:2 „Infolge Einführung des Arierparagraphen sind die jüdischen Mitglieder bis auf 3 freiwillig ausgetreten. Die restl. 3 wurden aus der Mitgliederliste gestrichen.“ Zu den aktiven Mitgliedern, die den Verein verlassen mussten, gehörte Theo Stein,3 der damit zum zweiten Mal ein Opfer des Nazi-Terrors wurde. Für die Crailsheimer SA war dieses bereitwillige Einknicken des Turnvereins noch nicht ausreichend, da sie die neue Turnhalle uneingeschränkt benutzen wollte. Auf Otto Hilpert wurde Druck ausgeübt. „Offen sprachen die Führer in meiner Gegenwart davon, die Halle dem Verein wegzunehmen, ihn aufzulösen.“ Erst als Hilpert im Herbst 1933 in die SA-Reserve eingetreten war, gewann er „allmählich wieder Oberhand in der Verwaltung der Halle wie des Vereins und bei der sogenannten Gleichschaltung des Vereins im Jahre 1933 wurde mir von der Parteikommission, infolge des Eintretens des Ortsgruppenleiters Kübler, nach längerer Beratung sogar gestattet, den Turn- und Sportverein weiterzuführen.“

1 Privatbesitz (Schreiben Otto Hilperts an die Spruchkammer Crailsheim, 16.3.1947)
2 Fastnacht, S. 39
3 Vgl. 125 Jahre TSV Crailsheim, S. 37 (Abbildung)
Fünf jüdische Vereine wurden aufgelöst

Als vierte Stufe der Machtübernahme lässt sich die Auflösung oder Umwandlung der nicht-staatlichen und nichtstädtischen „Vereine, Gesellschaften, Genossenschaften, Innungen, Verbände usw.“1 bezeichnen. Das Adressbuch der Stadt von 1931 zählte 111 von ihnen auf. Der Auflösung unterlagen die fünf Vereine der jüdischen Minderheit. So wurde der Vorstand des „Einklang Crailsheim“, des jüdischen Geselligkeitsvereins, der Kaufmann Josef Böhm, am 21. März von der SA brutal misshandelt. Auch der Vorstand des „Israelitischen Jugend-vereins Crailsheim, der Kaufmann Siegfried Stein, wurde am gleichen Tag im Schloss ausgepeitscht. Der Vorstand des „Israelitischen Wohltätigkeits- und Krankenpflegevereins Crails-heim“, der Kaufmann und Stadtrat David Stein, verlor auch seine Ämter als Stellvertreter und Schriftführer der „Freiwilligen Sanitätskolonne Crailsheim“ und als Schriftführer der „Frei-willigen Feuerwehr Crailsheim“. Damit wurden diese städtisch unterstützten Einrichtungen „gleichgeschaltet“. Aufgelöst waren seit dem 1. Mai die neun im Adressbuch verzeichneten Gewerkschaftsverbände. Dagegen konnten die kirchlichen Vereine, von denen das Adressbuch vierzehn aufführte, zunächst weiterexistieren.

Wenig Probleme sich anzupassen, hatten die sechs Vereine der Krieger bzw. Kriegsbeschädigten. Im Gegensatz dazu hatte der „Reichsbund jüdischer Frontsoldaten, Ortsgruppe Crailsheim“ keine Überlebenschance.

1 Adress- und Geschäfts-Handbuch, S. 154 ff.
„Massenrausch“ bei der Durchfahrt Adolf Hitlers durch Crailsheim

Als fünfte Stufe der Machtübernahme in Crailsheim lassen sich drei spektakuläre Vorgänge im Juni und Juli 1933 bezeichnen, die sich vom Anlass her und in der Durchführung voneinander abheben, aber ein gemeinsames Ziel hatten: den Einzelnen in der „Volksgemeinschaft“ aufgehen zu lassen. Es waren der „Massenaufmarsch“ der Hitlerjugend, der „Massenrausch“ bei der Durchfahrt Adolf Hitlers, schließlich die Vereinnahmung des „Massenmediums“ Zeitung durch die NS-Presse. An allen drei von der Gauleitung geplanten und überwachten Aktionen war der ehemalige Volksschullehrer Friedrich Schmidt (geboren in Wiesenbach) maßgeblich beteiligt oder treibende Kraft gewesen. Er stieg in Württemberg zum stellvertretenden Gauleiter auf.

Am 1. Mai 1933 hatten – wie SA-Führer Veil feststellte – „Tausende von Volksgenossen“ aus Crailsheim ihre Bereitschaft erwiesen, sich auf dem Volksfestplatz zu versammeln, und am 11. Juni waren wiederum „Tausende gekommen, um an dem Tage der deutschen Jugend teilzunehmen“. Doch die Möglichkeiten, die Bevölkerung in Massen in Bewegung zu versetzen, waren durchaus noch nicht ausgeschöpft. Eine weitere Gelegenheit hierzu ergab sich mit der Absicht des „Volkskanzlers“ Adolf Hitler, sich im Anschluss an die Wagner-Festspiele von Bayreuth über Nürnberg nach Stuttgart zu begeben, wo das Deutsche Turnfest vom 22. bis 30. Juli stattfand.1 Hitler hatte mit der Zusage für eine Rede auf dem Abschlusstag des „Reichsturnfests“ lange gezögert. Aber als seine Teilnahme feststand, ergriff der stellvertretende Gauleiter Friedrich Schmidt die Initiative, um Hitler nicht erst in Stuttgart, sondern schon an der württembergischen Landesgrenze einen angemessenen Empfang zu bereiten. Schmidt kannte sich mit den Verhältnissen in den Oberämtern Crailsheim und Gerabronn bestens aus und wusste auch, wie er mit Hilfe von SA und Partei in kurzer Zeit große Menschenmassen mobilisieren konnte. Nachdem Hitlers Durchfahrt durch das Grenzstädtchen Crailsheim tags zuvor für den 30. Juli Gewissheit geworden war, konnte Schmidt – selbstredend nicht ohne das Einverständnis von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels2 – vor Ort die Leitung des Geschehens selbst in die Hand nehmen. Oberster Grundsatz war, dass keiner der am Sonntagmorgen angerückten SA-Leute bzw. Parteimitglieder eine Uniform tragen durfte; denn der Auftrieb der Massen sollte spontan und herzlich wirken.

Der Ablauf der nur wenige Minuten dauernden Durchfahrt Hitlers war soweit als möglich vorgeplant. Über die östliche Stadteinfahrt – zwischen der Gewerbeschule auf der rechten und der Leonhard-Sachs-Schule auf der linken Seite – prangte ein großes Transparent, das die „Turnerkameraden“ angebracht hatten. Auf ihm stand geschrieben, verfasst von einem bekannten „Heimatdichter“: „Vom ersten schwarz und roten Pfosten – Heil Hitler und von Tschammer-Osten“. Vom Jubel und den Heil-Rufen der an der Straße stehenden Zuschauer begleitet, fuhr das Kanzler-Auto in Richtung Innenstadt. Vor dem zentral gelegenen Frankschen Brunnen hatte sich eine „Menschenkette“ aus Frauen und Kindern, bewaffnet mit Blumensträußen, gebildet, die das Gefährt kurzzeitig zum Stehen zwang. Eine der Frauen ging auf Hitler zu, griff ungeniert ins offene Auto, schüttelte ihm die Hand und überreichte ihm einen Blumenstrauß.3 Der „Volkskanzler“ war auf diese Art von Sympathie nicht eingestellt, erhob sich daraufhin und verbrachte das nächste Teilstück seines Weges bis zur „Drehscheibe“ stehend. Nun schirmten die SS und Helfer den Wagen links und rechts besser vor der Menge ab.4 Dennoch kam es auch hier zu einem kurzen Zwischenstopp, wobei sich ein Jugendlicher erkühnt haben soll, auf den Autokühler zu steigen. Nach Klärung dieser Situation reichte es den Fahrgästen vollends, der Wagen verschwand mit dem „Volkskanzler“ über den Vorort Altenmünster und die Stadt Gaildorf ohne weiteres Aufhebens nach Stuttgart, wo Hitler „am frühen Nachmittag“ ankam.

Menschen warteten bis zu fünf Stunden auf Hitlers Durchfahrt – Kein Wort in den Zeitungen

Nach Aussage eines Augenzeugen seien die Leute bereits seit 8 Uhr morgens in Crailsheim herumgestanden und hätten gewartet. Hitler sei gegen ein Uhr durchgefahren. Dann hätten die Leute zum Teil bis zwei Uhr morgens abgewartet, weil sie meinten, Hitler werde auf der Rückfahrt wieder durchkommen.5 In der überörtlichen, aber auch in der lokalen Presse wurde die Durchfahrt Hitlers durch Crailsheim mit keinem Wort erwähnt. Sicherlich war die von oben herbeigeführte und gelenkte Episode propagandistisch kaum auszuwerten; dass aber die Presse sich jeder Meldung enthielt, demonstrierte, wie sehr sie den Vorschriften der Partei-Zensur bereits unterworfen war.

Den „Fränkischen Grenzboten“, die „Crailsheimer Tageszeitung“, der in selbst verantwortlicher Berichterstattung über Hitlers Durchfahrt am 31. Juli hätte berichten können, gab es seit dem 1. August 1933 schon nicht mehr. Er erschien von diesem Tag an mit dem Untertitel: „Nationalsozialistisches Amtsblatt sämtlicher Behörden für den Oberamtsbezirk Crailsheim“, und außerdem mit dem unauffälligen Zusatz versehen: „Redaktion und Verlag der NS.-Presse Württemberg G.m.b.H.“6 Noch kleiner war vermerkt: „Druck von A. Richter in Crails-heim“.7 Als Begründung für die zwangsweise Vereinnahmung führten die Vertreter der „NS.-Presse Württemberg“, Verlagsleiter Dr. Weiß und Presseleiter Overdyck, an, dass „das deutsche Volk (…) klar und deutlich dem Führer der Revolution das Vertrauen ausgesprochen“ habe. Nun erwarte „das deutsche Volk (…) von seiner Presse (…), dass sie sich voll und ganz für den Staat einsetzt, dem es (…) gläubig und zukunftsfroh vertraut.“ Dagegen forderten „gewisse bürgerliche Zeitungen (…) <Geistesfreiheit>“, die aber nur „geistiger Egoismus war, den man als <öffentliche Meinung> herausgab“.

„Fränkischer Grenzbote“ wurde gleichgeschaltet

Auf den beiden vorderen Seiten des „Fränkischen Grenzboten“ vom 1. August brachte fast die gesamte Parteispitze des Gaus Württemberg und des Kreises Crailsheim unter dem stabreimenden Motto: „Dem Fränkischen Grenzboten zum Geleit!“ ihre Verlautbarungen zu der Gleichschaltung der Lokalzeitung zu Papier. Den Anfang machten Reichsstatthalter Wilhelm Murr und Ministerpräsident Christian Mergenthaler sowie Innenminister und Justizminister Dr. Jonathan Schmidt. Alle drei gehörten der „Frontkämpfergeneration“ des Weltkriegs an. Typische Formulierungen , die sie gebrauchten, waren z.B.: „Sammlung“, „innere Einheit“, „Dienst am Vaterland“. Ihnen folgten der stellvertretende Gauleiter Friedrich Schmidt und der „Führer der Gruppe Südwest“, Gruppenführer Ludin, beide Angehörige der „Kriegsjugendgeneration“. Schmidt betrachtete die Presse als „ein dienendes Werkzeug des Staates“, die Zeitung solle „Mittler sein zwischen Führer und Volk“. Ludin war sich sicher, die Presse sei „besonders geeignet, die Bewegung in allen Volksschichten zu verankern“.

1 Vgl. Stuttgart im Dritten Reich. Die Machtergreifung, S. 433 ff.
2 Friedrich Schmidt hatte als Gaupropagandaleiter seit 1931 häufiger Kontakte zu Joseph Goebbels.
3 Es handelte sich angeblich um die Schwester des Cafe-Besitzers. „So eine Freche!“ Zitat einer Augenzeugin, die in der „Menschenkette“ stand. Interview mit Rosine Leiberich, 19.11.1985
4 Vgl. das „offizielle“ Foto: Hitler mit Blumenstrauß in der linken Hand. Fastnacht, S. 128
5 Interview mit Helmut Deißer, 13.12.1985
6 FG, 1.8.1933
7 Vgl. Fastnacht, S. 137
Lokalzeitung sollte neue Kampfgenossin der Partei sein

Als nächste in der Reihenfolge brachten fünf führende NS-Funktionäre der Stadt ihre Standpunkte zur Kenntnis. Kreisleiter Heinrich Schöller übertrug der Lokalpresse die Aufgabe, „Sprachrohr der Regierung, Bildungs- und Erziehungswerkzeug für das Volk zu sein“. Der „Führer der Standarte 478“, Ulrich Veil, sprach seine „S.-A.-Kameraden“ direkt an und erklärte: „Der Kampf um die Neugestaltung Deutschlands ist in seinen Hauptteilen beendet.“ Die SA bleibe aber die „unerschütterliche Kampftruppe Eures Führers Adolf Hitler“. Den „Fränkischen Grenzboten begrüße er „als neuen Kampfgenossen“. Ortsgruppenleiter Robert Engelhardt sah die „uneingeschränkte Pressefreiheit“ als eine „Errungenschaft der Novem-berrevolte von 1918“. „Die Presse (…) war ein Mittel zu dem Zweck, die Volksgenossen einander zu entfremden, leidenschaftlichen Hass zu säen, der vor dem Ungeheuerlichsten, dem Brudermord, nicht zurückschreckte. Über 300 Kämpfer unserer Bewegung mussten ihr Leben lassen, weil ein Teil der Presse versteckt und offen zum Mord am Volksgenossen aufforderte, während die sogenannten anständigen Zeitungen kaum ein Wort der Entrüstung fanden.“ Der „Volkskörper“ werde wieder gesunden, „wenn wir dafür Sorge tragen, dass unsere Zeitung in keinem Hause, in keiner Familie fehlt.“ Der Kreisobmann des NS.-Lehrerbundes Eugen Kübler forderte die „Heimatzeitung“ auf, „nach dem Grundgedanken des <Nationalsozialistischen Lehrerbundes>“ zu arbeiten: Die Begriffe Internationalismus, Pazifismus, Demokratie und Gottlosigkeit müssen im Volk wieder ersetzt werden durch die Begriff Rasse, Wehr, verantwortungsbewusstes Führertum und Religiosität. Heil Hitler!“ Den Abschluss bildete der „Führer der Hitler-Jugend im Oberamt Crailsheim“, Gefolgschaftsführer Otto Lauth. Er sah sich als Vertreter der jungen Generation, der der Kampf wichtiger war als die Lektüre der Zeitung. „Die Hitler-Jugend will kämpfen! (…) Wir werden die Ausschließlichkeit der nationalsozialistischen Weltanschauung herbeiführen, genauso wie die SA. die Totalität der politischen Macht errungen hat.“

Kreisleiter: „Marxisten am nächsten Laternenpfahl aufhängen“

Die Beiträge der NS-Funktionäre belegten eindrucksvoll, welche ideologischen Vorstellungen sie mit der Rolle der Presse im Führerstaat verbanden. Zum ersten und letzten Mal trat die Spitze der Crailsheimer NSDAP demonstrativ gemeinsam vor die Öffentlichkeit, so dass sich durchaus der Höhepunkt und zugleich der Abschluss der Machtübernahme feststellen ließe. Das letzte Wort bekam Kreisleiter Schöller zugeteilt, der sich auf zwei Spalten gesondert über das Thema: „Die Presse im nationalsozialistischen Deutschland“, äußern durfte. Schöller befasste sich nur kurz mit der Beschreibung dessen, was „eine deutsche Presse“ kennzeichnete. Fast die Hälfte seines Beitrags behandelte die „geradezu schrecklichen Zustände, die in Sowjetrussland herrschen“ und er wies auf das „Unheil“ hin, dass „die sozdem.-marxistische Lehre“ in Deutschland angerichtet habe. Er zog die Schlussfolgerung: „Wer heute (…) noch mit marxistischen Parteien liebäugelt, der verdient, am nächsten Laternenpfahl aufgehängt zu werden.“ Nachdem Schöller nochmals gedroht hatte, „Elemente“, die Träger „marxistischer Gedanken“ seien, würden „rücksichtslos unschädlich gemacht werden“, kehrte er zur „Aufgabe der Presse“ zurück. Sie müsse Ungeduldigen „immer wieder klar (…) machen“, dass „der nationalsozialistische Staat“ erst entstehen könne, „wenn die heutige Jugend einmal das erwachsene Deutschland sein wird“. „Die Erziehung der Jugend im nationalsozialistischen Sinn ist deshalb eine der Hauptaufgaben des nationalsozialistischen Staates.“ Als Ergebnis werde ein „Volk“ entstehen, dass „die Sklavenketten, die ihm unsinnige und unmoralische Verträge auf ewig glaubten, aufzwingen zu können, eines Tages abschütteln und sich den Platz unter den Völkern der Erde erobern (werde), der ihm auf Grund seiner Leistung zusteht“.

„1945 ist ohne 1933 nicht denkbar“

Allen schriftlichen Äußerungen der NS-Funktionäre schien eine ungebrochene Siegeszuversicht zugrunde zu liegen, die sich als ein Ergebnis der erfolgreichen „Machtergreifung“ ausbildete. Daraus abzuleiten wäre die auffallende Diskrepanz zwischen den flott formulierten ideologischen Vorstellungen und der daraus möglicherweise zu folgernden Realität. Da keiner der NS-Führer konkrete, alltägliche Schritte zur Umsetzung seiner gewünschten radikalen Veränderungen von Volk und Staat benennen konnte, wirkten alle Gedankengänge wie Freibriefe für das totalitäre Regime, das sie Schritt für Schritt nach eigenem Gutdünken in die Tat umsetzen konnte. „1945 ist ohne 1933 nicht denkbar.“ Mit anderen Worten: Nur einer der Crailsheimer Funktionäre benutzte das Wort vom „verantwortungsvollen Führertum“; aber er lehnte nach 1945 genauso wie alle anderen NS-Führer seine Verantwortung für das sich seit 1933 ausbreitende und schließlich die halbe Welt in Not und Elend stürzende NS-Unrechtssystem ab.

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Schwer körperbehinderter Fußballfunktionär soll einen Schiedsrichter geschlagen haben – Staffelleiter Karl-Heinz Leuschner abgesetzt

Gegen seine Absetzung als Fußball-Staffelleiter der Kreisliga B3 Hohenlohe wehrt sich Karl-Heinz Leuschner aus Obersteinach (Stadt Ilshofen). Leuschner soll nach Ansicht des Sportgerichts des Württembergischen Fußballverbands (wfv) nach dem Landesligaspiel Sportfreunde Schwäbisch Hall – TSG Backnang (Endstand: 1:3) am 26. September 2009 den Schiedsrichter Stefan Wais aus Esslingen mit der Hand leicht an den Hals geschlagen haben.

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Körperkontakt im Gedränge

Das damalige Spitzenspiel der Landesliga war hitzig geführt worden. Beim Spielstand von 1:1 schickte Schiedsrichter Wais den Schwäbisch Haller Stürmer Redouane Bouidia mit der gelb-roten Karte vom Platz, weil dieser in der Erregung den Ball weggeworfen hatte. In Unterzahl verloren die Haller die Partie mit 1:3. Nach dem Schlusspfiff ging es weiter heiß her. Fünf bis sechs Platzordner begleiteten das Schiedsrichtergespann durch die aufgebrachte Menge in die Umkleidekabine. In diesem Gedränge soll der nach einem Schlaganfall seit dem Jahr 2000 schwer körperbehinderte Karl-Heinz Leuschner den Schiedsrichter geschlagen haben. Offizielle Zeugen für diesen Schlag gibt es bis heute nicht. Das Urteil des Sportgerichts beruht allein auf der Aussage des Schiedsrichters.

Leuschner: „Ich habe den Schiedsrichter nicht geschlagen“

Nach Auskunft des 71-jährigen Karl-Heinz Leuschner hat er den Schiedsrichter nicht geschlagen. Er sei in dem Gedränge von der Zuschauertribüne in Richtung Stadionausgang an einem Treppenabsatz ins Stolpern geraten, habe sich dann wegen seiner halbseitigen Lähmung nicht mehr richtig auf den Beinen halten können und sei nach vorne gefallen. Es sei möglich, so Leuschner, dass er dabei den Schiedsrichter berührt habe. Noch am gleichen Abend rief Leuschners Tochter bei Schiedsrichter Wais an, um sich im Namen ihren Vaters für den Vorfall zu entschuldigen. Sie tat dies, weil Karl-Heinz Leuschner seit seinem Schlaganfall beim Sprechen nur noch sehr schwer zu verstehen ist. So führt beispielsweise auch seine Frau Anita die sonstigen Telefongespräche für ihren Mann.

Leuschner hatte nach eigenen Angaben auch nichts getrunken

„Ich habe auf dem Sportplatz nichts getrunken“, beteuert Leuschner im Rückblick. „Ich habe auch noch nie einen Menschen geschlagen.“ Obwohl er sich für unschuldig hält, wäre der Ex-Staffelleiter mit der zunächst verhängten Geldstrafe des Sportgerichts vom 16. Oktober 2009 in Höhe von 75 Euro zuzüglich 7,50 Euro Bearbeitungsgebühr einverstanden gewesen. Auch der Platzverein Sportfreunde Schwäbisch Hall hatte eine Geldstrafe erhalten (50 Euro zuzüglich 7,50 Euro Bearbeitungsgebühr).

Gegen das Urteil für Leuschner ging der Württembergische Fußballverband in die Berufung. Das wfv-Sportgericht verurteilte den ehemaligen Staffelleiter, der dieses Amt rund 20 Jahre lang ohne Beanstandungen geführt hatte, zu einer Amtsenthebung als Verbandsmitarbeiter und belegte ihn mit einer Sperre für wfv-Ämter bis einschließlich 30. Juli 2010. Noch im Jahr 2008 war Leuschner für seine langjährigen Verdienste vom wfv mit der Silbernen Verbandsehrennadel ausgezeichnet worden.

Schiedsrichter: „Einer der Zuschauer schlug mich mit der Faust leicht gegen den Hals“

Nach Darstellung des Schiedsrichters gegenüber dem Sportgericht hatte sich in Schwäbisch Hall folgendes abgespielt: „Unmittelbar nach Spielschluss war die Situation aufgeheizt. Wir warteten zirka drei Minuten auf dem Platz, bevor wir in Richtung Schiedsrichterkabine gingen. Zirka vier gekennzeichnete Ordner begleiteten uns dorthin. Beim Gang über die „Stehwälle“ waren zirka 20 bis 30 aufgebrachte Zuschauer. Einer von diesen schlug mich mit der Faust leicht gegen den Hals.“

Wichtiger Lebensinhalt genommen

In einem Leserbrief im Hohenloher Tagblatt vom 21. November 2009 wirft eine Tochter von Karl-Heinz Leuschner den verantwortlichen Fußballfunktionären „fehlende Menschlichkeit“ vor. Ihrem „schuldbewussten“ Vater sei ein wichtiger Lebensinhalt genommen worden, so dessen Tochter weiter. In einem Rückblick hat der betroffene Schiedsrichter gesagt, die Verletzung sei nicht schlimm. Ihn wundere es nur, dass „der Täter als Fußballfunktionär tätig ist“.

Wo waren die Platzordner?

Gerd Horlacher, der Vorsitzende der Sportfreunde Schwäbisch Hall, schrieb in einer Stellungnahme, dass eine „solche Person“ nicht auf der Sportanlage geduldet werde. Ob der Schiedsrichter von den Platzordnern ausreichend geschützt wurde, bleibt aber ziemlich unklar. Vom Sportgericht hatten die Sportfreunde Schwäbisch Hall eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro erhalten. Es mutet schon reichlich seltsam an, wenn es einem schwer körperbehinderten 71-Jährigen möglich gewesen sein soll, gegen vier bis sechs Platzordner zum Schiedsrichter vorzudringen und diesen schlagen zu können. Nach den bisher vorliegenden Informationen hat auch keiner der Platzordner vor dem wfv-Sportgericht gegen Leuschner ausgesagt.

Hecker wollte den Hergang von Leuschner nicht hören

Was Karl-Heinz Leuschner traurig stimmt, ist, dass der Bezirksvorsitzende Wolfgang Hecker von sich aus erst nach Ablauf der Berufungsfrist (26. Oktober 2009) am 27. Oktober 2009 persönlich mit ihm sprechen wollte. Dabei habe Hecker nicht einmal wissen wollen, was aus Sicht von Karl-Heinz Leuschner nach dem Spiel in Schwäbisch Hall vorgefallen war. „Wolfgang Hecker sagte mir lediglich, dass es besser wäre, wenn ich von meinem Amt als Staffelleiter zurücktreten würde. Er habe mit Friedrich Mayer schon einen neuen Staffelleiter gefunden“, berichtet Leuschner. Freiwillig wollte Leuschner seinen Platz aber nicht räumen. Wenige Tage später brachte ihm der Bezirksvorsitzende persönlich einen Brief in Obersteinach vorbei, in dem Hecker Leuschner mitteilte, „dass deine Mitarbeit im Bezirk als Staffelleiter mit Ablauf des 27. Oktober 2009 beendet ist. Ein Einspruch beim wfv ändert an dieser Entscheidung nichts.“ Gegen diese Amtsenthebung setzte sich Leuschner auch aus formellen Gründen zur Wehr. Nach seiner Ansicht hätte er laut wfv-Satzung (Paragraph 25) zunächst abgemahnt werden müssen. Eine korrekte Amtsenthebung sei danach nur mit schriftlicher Begründung möglich, so Leuschner. Beides habe in seinem Fall gefehlt. Der Fußballbezirk Hohenlohe schaffte dann aber Fakten: Am Ende Oktober 2009 sperrte er für Leuschner den Zugang zum Staffelleiterprogramm im DFB-Net.

Entscheidung des wfv-Sportgerichts ist endgültig

Das Berufungsurteil des wfv vom 30. November 2009 (Nr. 58-09/10) machte endgültig den Sack zu: „Staffelleiter Karl-Heinz Leuschner wird wegen sportwidrigen Betragens (…) das Recht aberkannt, eine Verbandsfunktion bis einschließlich 30. Juli 2010 auszuüben.“ Die in erster Instanz verhängte Geldstrafe in Höhe von 75 Euro wurde zurückgenommen und wieder zurücküberwiesen. „Diese Entscheidung ist endgültig“, heißt es in dem Urteil. Nach Ansicht des Verbandsgerichts hat ein Staffelleiter eine besondere Vorbildsfunktion. „Das Verhalten des Staffelleiters, die Treppe der Tribüne herunterzugehen und sich in die Menge der aufgebrachten Zuschauer zu begeben, war in hohem Maße verwerflich“, heißt es in dem Urteil.

Leuschner würde gerne weiter als Staffelleiter arbeiten

Karl-Heinz Leuschner ist mit der aktuellen Situation nicht zufrieden. „Ich habe die Arbeit als Staffelleiter gerne gemacht und würde es auch gerne wieder machen.“ Seit 1975 wohnt Leuschner in Obersteinach bei Ilshofen. 1978 übernahm er beim TSV Dünsbach den Posten des Trainers, später übte er dieses Amt für einige Zeit beim SC Wiesenbach aus. Viele Jahre war er beim TSV Dünsbach stellvertretender Vereinsvorsitzender, einige Zeit auch Jugendleiter. Was Leuschner auffällt: Die Neuwahl des Staffelleiters der Kreisliga B3 Hohenlohe ist  nach Leuschners Angaben für den 6. Juli 2010 vorgesehen, rund drei Wochen bevor seine Verbandssperre endet (31. Juli 2010). Damit habe er keine Chance für das Amt des Staffelleiters zu kandidieren. Einige Vereine der Kreisliga B3 Hohenlohe hätten ihm ihre Unterstützung signalisiert, berichtet Leuschner.

Hecker: „Er hätte sich von sich aus bei mir melden müssen“

Nach Ansicht des Bezirksvorsitzenden Wolfgang Hecker hätte sich Karl-Heinz Leuschner nach dem Vorfall in Schwäbisch Hall von sich aus beim Bezirksvorsitzenden melden müssen. „Ich laufe ihm doch nicht hinterher“, sagt Hecker auf Nachfrage von Hohenlohe-ungefiltert. Zu Leuschner habe er all die Jahre ein gutes Verhältnis gehabt. „Gewalt gegen Schiedsrichter können wir aber nicht tolerieren“, so Hecker. Da müsse eine klare und harte Linie gefahren werden. Für Hecker steht fest, dass Karl-Heinz Leuschner den Schiedsrichter „aktiv geschlagen“ hat. Hecker räumt aber ein, dass es fraglich sei, ob es neben dem Schiedsrichter noch weitere Belastungszeugen gebe.

Stellungnahme von Frank Thumm, Rechtsabteilung des Württembergischen Fußballverbands (wfv) von Montag, 21. Dezember 2009:

Nach den Feststellungen des Verbandsgerichts hat der Staffelleiter Karl-Heinz Leuschner als Zuschauer den Schiedsrichter der Partie Spfr. Schwäbisch Hall – TSG Backnang am 26.09.2009 nach dem Spiel auf dem Weg zur Kabine mit der Faust leicht gegen den Hals geschlagen. Das Verbandsgericht hat dabei durchaus berücksichtigt, dass Karl-Heinz Leuschner motorisch eingeschränkt ist. Unter Berücksichtigung der eingeholten Stellungnahme, insbesondere auch der des Betroffenen, stand für das Verbandsgericht aber außer Frage, dass das Verhalten von Karl-Heinz Leuschner nicht auf dessen Behinderung zurückzuführen ist.

Eine Amtsenthebung durch den wfv-Vorstand fand nicht statt. Die Sanktionierung sportwidrigen Verhaltens anlässlich eines Spiels ist Sache der Sportgerichtsbarkeit (§ 2 lit. a wfv-RVO). Die zeitliche oder dauernde Aberkennung des Rechts, eine Verbands- oder Vereinsfunktion auszuüben, ist eine der nach § 20 StB in Verbindung mit § 17 lit. e wfv-RVO möglichen Strafen. Die Dauer der Sanktion liegt im Ermessen des zuständigen Rechtsorgans. Im vorliegenden Fall war aus Sicht des Verbandsgerichts eine Befristung bis 30.07.2010 schuldangemessen.

Die Angelegenheit ist mit der Entscheidung des Verbandsgerichts abgeschlossen. Die handelnden Verbandsorgane und -mitarbeiter haben sich entsprechend unserer Statuten korrekt verhalten. Weitere Maßnahmen werden wir nicht ergreifen, dafür gibt es keine Veranlassung.“

Frank Thumm, Abteilungsleiter wfv-Rechtsabteilung

Stellungnahme des hohenlohischen Bezirksschiedsrichterobmanns Klaus Lahr zum Vorfall des ehemaligen Staffelleiters Karl-Heinz Leuschner:

Der letzte Bericht (Anmerkung: Des Hohenloher Tagblatts von Samstag, 19. Dezember 2009) kann so aus Sicht der Schiedsrichter in Hohenlohe nicht stehen bleiben. Vermittelt er doch den Eindruck, dass man Schiedsrichter einfach körperlich angreifen kann, wenn man sich hinterher dann anonym entschuldigt, ist die Sache dann vergessen und vergeben. Wer einen Schiedsrichter schlägt oder versucht ihn zu schlagen, bespuckt oder versucht dies zu tun, handelt nicht nur unsportlich, sondern auch rechtswidrig. Bei Schiedsrichtern handelt es sich nicht um Freiwild, mit dem man nahezu alles machen kann, nur weil man mit seiner Regelauslegung nicht einverstanden war.

Eine solche Tat kann mit nichts aber auch gar nicht entschuldigt werden. Gerade ein Verbandsmitarbeitern, ein Staffelleiter, der sich um den Fußballsport kümmert, darf sich in keiner Weise zu solch einem Vergehen hinreisen lassen, tut er es doch, muss er mit harten Konsequenzen rechnen. H. Leuschner hat hier dem Fußballsport in Hohenlohe geschadet und dies weiß er auch. Eine Entschuldigung ist beim Schiedsrichter wohl erfolgt, aber das ist auch das mindeste, was man erwarten muss, das hat nichts mit der verdienten Sperre in seinem Amt zu tun. Ein Spieler würde bei einer solchen Tätlichkeit ebenso hart bestraft und würde auch sofort der Vorsperre unterliegen, bevor das Strafmaß durch das Sportgericht festgelegt wird. Wieso sollte in diesem Fall dies anders laufen ?

Ich kann unserem Bezirksvorsitzenden Wolfgang Hecker nur danken. Er hat sich hier vollkommen richtig verhalten und hat so uns Schiedsrichtern, die wirklich keine leichtes Amt ausüben den Rücken gestärkt. Stellen sie sich vor, sie pfeifen ein Spiel, versuchen den Regeln Geltung zu verschaffen und nach dem Spiel greift sie ein Mann tätlich an, der noch dazu beeinträchtigt ist in seiner Gesundheit und man dies deutlich erkennen kann und der Schiedsrichter muss das über sich ergehen lassen. Wie erniedrigt kommt man sich da vor. Denn hätte der Schiedsrichter in Notwehr zurückgeschlagen und H. Leuschner wäre zu Boden gegangen, hätte ich die Schlagzeilen nicht lesen wollen, die dann durch die Presse gegangen wären.

In diesem Jahr (2009) haben im Verbandsgebiet Württemberg allein bis November über 50 tätliche Übergriffe auf Schiedsrichtern stattgefunden und dies teilweise mit erheblichen Verletzungen der Schiedsrichterkameraden. Allein aus dieser Tatsache heraus muss man den Anfängen wehren und dabei spielt es nur eine sekundäre Rolle wie stark hier der Schiedsrichter tatsächlich getroffen wurde.

Wir Schiedsrichter sind froh, dass unser Bezirksvorsitzender, der übrigens in der Kommission des WFV (Württembergischer Fußballverband) gegen Gewalt fungiert, sich so aktiv in diese Angelegenheit eingeschaltet hat und damit in Hohenlohe ein Zeichen gegen Gewalt gesetzt hat.

Klaus Lahr, Bezirksschiedsrichterobmann

Pressemitteilung Fußballbezirk Hohenlohe auf Internetseite des Fußballbezirks vom 30. November 2009:

Wie schon in einer Presseerklärung des Fußballbezirk Hohenlohe veröffentlicht, ist Karl-Heinz Leuschner kein Staffelleiter der Kreisliga B3 Hohenlohe mehr. Er wurde durch ein Urteil des Verbandsgerichtes von seinem Amt als Staffelleiter entbunden und das Recht aberkannt, eine Verbandsfunktion bis zum 31. Juli 2010 auszuüben.

Doch was ist überhaupt vorgefallen? Der Schiedsrichter meldete, beim Spiel der Sportfreunde Schwäbisch Hall – TSG Backnang der Landesliga, Staffel 1 am 26. September 2009, habe der als Zuschauer anwesende Karl-Heinz Leuschner den Schiedsrichter nach dem Spiel auf dem Weg in die Kabine mit der Faust leicht gegen den Hals geschlagen. In erster Instanz wurde Leuschner vom Sportgericht der Verbands- und Landesligen zu einer Geldstrafe verurteilt. Aufgrund der Vorkommnisse wurde er jedoch als Staffelleiter vom Bezirksvorsitzenden Wolfgang Hecker abgesetzt. Doch Karl-Heinz Leuschner legte Berufung gegen die Absetzung als Staffelleiter ein. Nun hat das Verbandsgericht des Württembergischen Fußballverbandes ein Urteil gesprochen. Demzufolge darf Karl-Heinz Leuschner bis zum 30. Juli 2010 keine Verbandsaufgaben mehr wahrnehmen. Die in erster Instanz verhängte Geldstrafe wurde aufgehoben. Der Schlag gegen den Schiedsrichter wurde als Tätlichkeit und sportwidriges Verhalten gewertet. Nach Einschätzung des Verbandsgerichtes hat ein Staffelleiter eine besondere Vorbildfunktion und hätte in einer solch aufgeheizten Situation beruhigend einwirken müssen. Die Entscheidung des Urteils ist endgültig. Rechtsmittel dagegen sind demnach nicht mehr möglich. Zum neuen Staffelleiter der Kreisliga B3 Hohenlohe wurde Friedrich Mayer berufen. (dali/Anmerkung: Daniel Limbacher)

Stellungnahme von Karl-Heinz Leuschner vom 13. November 2009 zu seiner Amtsenthebung:

„Zur Sache: Ich stehe sporadisch auf den Sportplätzen der höherklassig spielenden Vereine Crailsheim, Hollenbach, Untermünkheim und  Schwäbisch Hall.

Am 26. September 2009 war ich in Schwäbisch Hall: In meiner Stellungnahme vom 8. Oktober 2009 habe ich bewusst nichts von der Schiedsrichterleistung ausgesagt. Der SR hat sehr einseitig gepfiffen, so habe ich das noch nie gesehen. Mit Tatsachenentscheidungen hatte das nichts mehr zu tun, er hat dem Fußballsport keinen guten Dienst erwiesen. Auch die Stellungnahme der Sportfreunde Schwäbisch Hall hat auf die Kritik des SR nach dem Spiel verzichtet. Sie haben auch nicht geschrieben, dass die Ordnungskräfte den SR nach dem Spiel aufgefordert haben, auf dem Platz zu bleiben. Nach dem Spiel bin ich die Treppe von der Tribüne heruntergegangen. Mein Weg wurde von den aufgebrachten Zuschauern versperrt. Als die Ordnungskräfte mit den SR in die Menge traten, kam Bewegung in die erregten Zuschauer. Aufgrund meines schweren Schlaganfalls bin ich nicht mehr sehr standfest. Bei dem heftigen Gedränge und Geschiebe wäre ich umgefallen, wenn ich nicht noch das Geländer im Rücken gehabt hätte.

Ich habe noch nie einen Menschen geschlagen. Ich kann mich nicht erinnern, wie es zu er Berührung mit dem Schiedsrichter gekommen ist. Mein Begleiter hat mich auf dem weiteren Weg über den Vorfall informiert. Daheim habe ich von dem Vorkommnis berichtet und meine Tochter gebeten, bei den Sportfreunden anzurufen und sich nach dem Namen des SR zu erkundigen. Der SR war am Samstag nicht mehr zu erreichen, es wurde aber eine Nachricht auf Band hinterlassen. Meine Tochter hat es noch mehrmals versucht, den Schiedsrichter zu erreichen, doch ohne Erfolg. Am 29. September 2009 rief Herr Wais an, er hat die Entschuldigung angenommen.

Verfahren: Am 16. Oktober 2009 wurde das Urteil Nr. 61-09/10 an mich verschickt. Meine Frau rief den BVS (Anmerkung: Bezirksvorsitzenden) Herr Hecker vor dem Ablauf der Berufungfrist an und wollte wissen, ob die Angelegenheit damit erledigt ist. Er hat ausgeführt, er weiß es nicht.

Am 27. Oktober 2009 hat der BVS Herr Hecker mich in meiner Wohnung aufgesucht.  Zufällig war ein Staffelleiter, ein Abteilungsleiter und meine Frau anwesend, die das Gespräch mitgehört haben. Herr Hecker hat mich gebeten, mein Amt zur Verfügung zu stellen, er habe auch schon einen Vertreter für mich. Schon am 8. Oktober 2009 hat Herr Hecker bei einer Dienstbesprechung für den Bezirk vor etwa 30 Leuten gesagt „Dann müssen wir uns von dem Mitarbeiter trennen.“ Darum habe ich mein Amt nicht zur Verfügung gestellt. Ich glaube, dass der wfv meine 20-jährige Arbeit im Ehrenamt mit in die Waagschale legt und es mit einer Abmahnung bewenden lässt.

Am 29. Oktober 2009 hat der BVS Herr Hecker meiner Frau ein Schreiben übergeben. Er hat seinen Vortrag von vor zwei Tagen schriftlich wiederholt und meine Mitarbeit im Bezirk als Staffelleiter mit Ablauf des 27. Oktober 2009 beendet. Erwähnt ist nicht, dass ich mein Amt als Staffelleiter nicht zur Verfügung gestellt habe. Ich wollte Rechtsklarheit haben und meine Frau hat drei Mitarbeiter des Bezirks angerufen, leider waren alle nicht unterrichtet. Daraufhin hat Herr Grün am 30. Oktober 2009 an die Herren Thumm, Hecker und Fiedler geschrieben, um Rechtsklarheit zu bekommen. Eine Antwort fehlt bis heute.

In der Homepage und in der Zeitung stand, dass ich nicht mehr Staffelleiter bin. Gleichzeitig wurde die Kennung für das Staffelleiterprogramm abgeschaltet. Den gutgemeinten Rat von Herrn Kurler, mein Amt ruhen zu lassen wurde wie oben geregelt. Der BVS hat mich dreimal vorverurteilt. Ich wehre mich, in die Ecke von gewaltbereiten Schlägern und Hooligans gestellt zu werden. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Sie die Fakten, die der BVS geschaffen hat, jetzt sanktionieren sollen. Der Beauftragte des Verbands für die Sportrechtsprechung hat Berufung eingelegt, weil er festgestellt hat, dass das Urteil nicht ausreichend ist. Er beantragt, mir das Recht abzuerkennen, eine Verbandsfunktion (Hat Herr Hecker in der Zeitung schon veröffentlicht) auszuüben. Im Umkehrschluss: Wie hoch sollte die Strafe sein, dass kein Verfahren zum Ausschluss angestrengt wird?

Mehrere Vereine des Bezirks Hohenlohe haben die Maßnahmen als übertrieben bezeichnet und möchten mich weiterhin als  Staffelleiter sehen.“

Mit sportlichem Gruß

Karl-Heinz Leuschner

Der Stellungnahme vorangestellt, sind folgende Informationen von Karl-Heinz Leuschner:

Zur Person: Geboren 1938, verheiratet, drei Kinder, Diplom-Ingenieur, Technischer Leiter im Ruhestand bei einem Energieversorgungsunternehmen.

Sport: Seit 60 Jahren mit dem Sport verbunden. Erst als Spieler, dann als Schiedsrichter, dann als Trainer und zuletzt 20 Jahre Staffelleiter und etwa zehn Jahre Leiter der externen Trainerschulung. 50 Jahre Vereinsarbeit in verschiedenen Positionen, mehrere Ehrennadeln und einmal Ehrenmitglied.

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Wikileaks will Missstände aufdecken – Brisante Regierungs- und Konzerndokumente im Internet

Wikileaks möchte helfen, Missstände aufzudecken: Die vor zwei Jahren gegründeten Website veröffentlicht brisante Regierungs- und Konzerndokumente, deren Glaubwürdigkeit geprüft wird. So kamen Journalisten und Bürger durch Wikileaks schon manchem Betrug und Skandal auf die Schliche.

Gefunden von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Artikel zu Wikileaks auf der Internetseite von Deutschlandradio:

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/marktundmedien/1091030/

Als Audio-Datei zum Nachhören: http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2009/12/19/dlf_20091219_1714_c2438b19.mp3

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Silvesterfeuerwerk in unmittelbarer Nähe von Fachwerkhäusern verboten

Am Jahreswechsel 2008/2009 hat ein Feuerwerkskörper einen verheerenden Brand in der historischen Altstadt von Tübingen ausgelöst. Um derartige Schäden zu vermeiden, hat der Gesetzgeber mit einer Änderung des Sprengstoffgesetzes bundesweit ein Verbot ausgesprochen: In „unmittelbarer Nähe von Fachwerkhäusern“ ist es aus Brandschutzgründen zum Jahreswechsel 2009/2010 erstmals generell verboten, Silvesterfeuerwerke abzubrennen. Verstöße können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

Pressemitteilung der Stadtverwaltung Schwäbisch Hall

Feuerwerksverbot in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen

Die Stadtverwaltung Schwäbisch Hall weist zur Klarstellung darauf hin, dass somit in der Haller Innenstadt und auch in alten Stadtteilen mit Fachwerkhäusern das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen überall verboten ist, wo ein Fachwerkhaus in erreichbarer Nähe getroffen werden könnte. Das bisher schon aus Gründen des Lärmschutzes geltende Feuerwerksverbot in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen bleibt auch künftig bestehen.

Nur zugelassene Feuerwerkskörper dürfen verkauft und verwendet werden

Die Feuerwehr weist auf die Gefahren hin, die durch unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerkskörpern entstehen können. Besonders, wenn die Feuerwerkskörper nicht von der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) auf sichere Verwendung geprüft sind. Meist stammen sie aus dubiosen Quellen. An jedem zugelassenen Feuerwerkskörper ist das Zulassungszeichen der BAM angebracht. Andere dürfen in Deutschland weder verkauft noch verwendet werden.

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Mitbestimmung: Betriebsratswahlen am 16. März 2010 – Wichtige Fristen zum Herunterladen

Oft schlecht gewerkschaftlich organisiert und wenig kampf- und streikbereit sind Redakteure und freie Journalisten. Am Dienstag, 16. März 2010, werden die Betriebsräte und Personalräte in den Zeitungs- und Zeitschriftenbetrieben gewählt.

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Zeitpläne für Betriebsratswahlen hier zum Herunterladen

Damit es in den Unternehmen einen Betriebsrat geben kann, sind wichtige Fristen zu beachten. Hohenlohe-ungefiltert hat dazu am Ende dieses Artikels zwei Info-Dokumente des Deutschen Journalistenverbands Baden-Württemberg (DJV) zum Herunterladen bereit gestellt.

Der Deutsche Journalistenverband Baden-Württemberg schreibt zu den anstehenden Betriebsratswahlen: „Die betriebliche Mitwirkung und Mitbestimmung ist unser verfasstes Recht und wichtiger als zuvor. Die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise sind bekannt. Sie müssen in den nächsten Monaten bewältigt werden. Für die Zukunftssicherung der Medien, auch im Verhältnis zu den Onlinemedien, ist die Kompetenz und das betriebliche Engagement von Journalisten dringend notwendig.

Schließlich geht es auch um die journalistischen Arbeitsplätze, ihren sozialen Standard und das Einkommen. Nicht vergessen werden wir, es geht um journalistische Inhalte – weil sie die unersetzlichen Investitionen in die Betriebe sind. Ohne diese Investitionen geht nichts. Auch kein Erlös kommt ohne sie – ob mit Papier, im Radio oder im Netz. Mit dieser „Primärinvestition“ in jedes Medium kann erst bei den Lesern oder Hörern und in der Werbung abkassiert werden.

Wir wollen, dass die Medienunternehmen erfolgreiche Geschäftsmodelle, auch im Netz finden. Wir haben dabei mitzubestimmen und mitzuwirken. Journalisten können das. Was in den vergangenen kritischen Monaten bewiesen wurde (…).“

Wichtige Fristen und Termine für die Betriebsratswahlen am Dienstag, 16. März 2010, zum Herunterladen:

Betriebsratswahl Terminplan Normales Verfahren

BR Wahl Vereinfachtes Verfahren

Weitere Informationen zu den Betriebsratswahlen:

http://br-wahl.verdi.de/vor_der_wahl

http://br-wahl.verdi.de/die_wahl

http://br-wahl.verdi.de/rechtsprechung

https://mitbestimmung.verdi.de/

http://www.verdi-bub.de/brwahl/ablauf/vor_der_wahl/faq/

http://br-wahl.verdi.de/werbe-materialien

Weitere Infos:

Sitz des verdi-Bezirks Heilbronn-Neckar-Franken
Geschäftsstelle Heilbronn
Gartenstr. 64
74072 Heilbronn
Tel.: 07131/9616-0
Fax.: 07131/9616-199
E-Mail: bz.heilbronn@verdi.de
Bezirksgeschäftsführer/in: Marianne Kugler-Wendt

Internet: http://heilbronn.verdi.de/

verdi-Geschäftsstelle Buchen
Walldürner Straße 4
74722 Buchen
Tel.: 06281/5234-0
Fax.: 06281/5234-22

Internetseite des DJV Baden-Württemberg:

http://www.djv-bw.de/



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In Brasilien wurden neun Ureinwohnerreservate gesetzlich gesichert – Kampf gegen Naturzerstörung

Zwischen dem enttäuschenden Klima-Gipfeltreffen in Kopenhagen und Weihnachten hat der brailisianische Präsident Lula da Silva neun Ureinwohnerreservate gesetzlich gesichert.

Von Silvio Meincke, Schwäbisch Hall

Ureinwohner zerstören die Natur nicht

Zusammen messen die Reservate eine Fläche von fünf Millionen Hektar (Anmerkung: Ein Hektar entspricht 10.000 Quadratmeter), das überragend grösste Teil im Amazonasgebiet. Die Ureinwohnerreservate sind auch zur gleichen Zeit Naturschutzgebiete, weil die Ureinwohner den Wald nicht roden, die Natur nicht zerstören. Das größte der neun Reservate ist das von Trombetas Maquera im Amazonaswald, in dem zehn verschiedene Indiovölker leben.

Weitere Informationen zum Amazonasgebiet und den dortigen Ureinwohnern:

http://www.greenpeace.de/themen/waelder/urwaelder_mittel_und_suedamerikas/artikel/der_regenwald_am_amazonas/

http://www.amazonas.de/amazonas/literatur_garve_indianer.html

http://www.amazonas.de/amazonas/portal_regenwald.html

http://www.3sat.de/dynamic/sitegen/bin/sitegen.php?tab=2&source=/nano/news/64883/index.html

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,533034,00.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Indigene_Bevölkerung_Brasiliens

http://de.wikipedia.org/wiki/Amazonasbecken

http://de.wikipedia.org/wiki/Tropischer_Regenwald

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Meinungsvielfalt in Hohenlohe nimmt stetig ab: Hohenlohe Trends ist nun Tochterfirma des Haller Tagblatts – Eppinger Verlag an Heilbronner Stimme-Konzern verkauft

Die Meinungsvielfalt in der Region Hohenlohe schwindet immer mehr. „Das Monatsmagazin Hohenlohe trends erscheint ab Januar in einer Tochterfirma des Zeitungsverlags Schwäbisch Hall, dem Verlag des Haller Tagblatts“, schreibt die Schwäbisch Haller Tageszeitung am Mittwoch, 23. Dezember 2009, auf seiner Internetseite. Erst vor wenigen Tagen war der Schwäbisch Haller Eppinger-Verlag an den Konzern verkauft worden, der auch die Tageszeitungen Heilbronner Stimme und Hohenloher Zeitung herausgibt.

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Frank Szyddat soll Hohenlohe Trends bis Ende 2010 leiten

Nach Angaben der Internetseite Hall-one (www.hall1.de/news/news.html) vom 24. Dezember 2009 hat die Trends-Herausgeberin Ute Urbat-Szyddat ihre monatlich kostenlos erscheinende Zeitschrift an den Verlag Hohenlohe Trends GmbH & Co. KG verkauft, der vom Verleger des Haller Tagblatts, Claus Detjen, eigens zu diesem Zweck gegründet worden war. Detjen will die Zeitschrift, mit einer monatlichen Auflage von 22.500 Exemplaren vom bisherigen Chefredakteur und Ehemann der Herausgeberin, Frank Szyddat, unter dem Motto „total regional“ weiterführen lassen. Szyddat hat die Zeitschrift Hohenlohe Trends vor über 20 Jahren gegründet. Er soll bis zum Jahresende 2010 als Chefredakteur der Zeitschrift tätig bleiben und dem neu gegründeten Verlag als Berater zur Verfügung stehen. „Die Anschrift von Redaktion und Anzeigenberatung in Neuenstein bleiben unverändert“, schreibt Hall-one weiter.

Bevor Frank Szyddat die Zeitschrift Hohenlohe Trends gründete, war der im Rheinland aufgewachsene Journalist laut Kress Report verantwortlicher Redakteur für die Sonderhefte von „DM“ und später Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Hornschuch AG in Weißbach bei Künzelsau.

Monatsmagazin „Pro“ und „Der Gemeinderat“ künftig vom Verlag der Heilbronner Stimme

Auch das im Schwäbisch Haller Eppinger Verlag erscheinende Monatsmagazin „Pro“ und die Fachzeitschrift „Der Gemeinderat“ sollen mitsamt einem Gesellschaftsanteil von 50,1 Prozent am Eppinger Verlag an einen Investor in Heilbronn verkauft worden sein, meldet Hall-one unter der Überschrift „Pressemarkt in Bewegung“ weiter.

Die Eppinger-Verlag OHG mit Firmensitz in Schwäbisch Hall kooperiert laut einer Pressemitteilung von Mitte Dezember 2009 (veröffentlicht unter http://heilbronn-franken-wirtschaft.de/?s=Eppinger) ab dem 1. Januar 2010 mit der Druck & Medien Heilbronn GmbH, die auch die Tageszeitungen Heilbronner Stimme und die Hohenloher Zeitung herausgibt. Das Heilbronner Medienunternehmen will sich mit 50,1 Prozent an der Eppinger-Verlag OHG beteiligen, die ab Januar 2010 als Eppinger-Verlag GmbH & Co. KG am Markt auftritt. Das mittelständische Familienunternehmen aus Schwäbisch Hall mit elf Mitarbeitern gibt seit rund zehn Jahren die Monatszeitschriften „pro – Magazin für die Region Heilbronn-Franken“ und seit über 50 Jahren das bundesweit erscheinende kommunale Fachmagazin „der gemeinderat – Das unabhängige Magazin für die kommunale Praxis“ heraus. Geschäftsführer der neuen Gesellschaft Eppinger-Verlag GmbH & Co. KG ist der 53-jährige Jürgen Eppinger. Unternehmensgründer und Verleger Hans Paul Eppinger (82) soll bis Mitte 2011 als Berater tätig sein. Der Unternehmenssitz bleibt in Schwäbisch Hall. Die Mehrheitsbeteiligung der Druck & Medien Heilbronn GmbH am Eppinger-Verlag muss erst noch vom Bundeskartellamt genehmigt werden.

Aufklärerischer Anspruch wird nicht stärker

Die Zeitschriften Hohenlohe Trends, „Pro“ und „Der Gemeinderat“ sind zwar in der Vergangenheit nicht als besonders aufklärerische Medien hervorgetreten. Durch die Medienkonzentration in der Region Heilbronn-Franken wird sich dieser Zustand aber keinesfalls bessern. Dies führt vielmehr dazu, dass immer stärker Einheitsmeinungen verbreitet werden. Hohenlohe Trends hat zumindest bei einigen Themen hin und wieder einmal erfrischende Positionen vertreten. Ob sich der 20 Jahre lang als selbstständig arbeitender Redaktionsleiter Frank Szyddat diese eigene Meinung auch als Quasi-Angestellter des Haller Verlegers Claus Detjen zu äußern wagt, scheint eher fraglich.

Weitere Informationen zu Hohenlohe Trends:

Hohenlohe Trends
Seewiese 12
74632 Neuenstein
Telefon 07942 946240
Telefax 07942 9462420
E-Mail: frank.szyddat@hohenlohe-trends.de

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Kampf ums Klima forcieren – Kommentar der Grünen Hohenlohe zur Klimakonferenz in Kopenhagen

Bei genauerem Hinsehen und Innehalten, sowie der Reflexion über die Entwicklung der Lebensgrundlagen unserer Menschheit über die letzten Jahrzehnte, sollten jedem leidlich bewusst durchs Leben gehenden Bürger die Grenzen des Wachstums klar werden.

Kommentar von Reinhard Janoschitz, Grünen-Kreisverband Hohenlohe

Menschen sehen die Notwendigkeit von Selbstbeschränkungen noch immer nicht

Selbigen Titel trug bereits im Jahre 1972 eine vom Club of Rome in Auftrag gegebene Studie, die eine Reihe von global relevanten Konsequenzen in Aussicht stellte, falls die Menschheit sich den ‚Grenzen des Wachstums‘ nicht stellen und entsprechende Maßnahmen zum Erhalt einer stabilen und lebenswerten Umwelt ergreifen würde. Heute – fast 40 Jahre, dutzende IPCC-Berichte und Klimakonferenzen später, lässt sich zum Ende des Ringens um weltweite Klimagerechtigkeit, um ppm, Kohlendioxid, Zehntelgrad Celsius weiterer Klimaerwärmung und Milliarden Dollar Umwelt-Entwicklungshilfe, weiterhin nur feststellen, dass bei aller Deutlichkeit der sich immer konkreter abzeichnenden Folgen der Klimaerwärmung die Bereitschaft der Nutznießer und Profiteure der bisherigen, fatalen Entwicklung, sich zum Wohle der gesamten Erde und einer halbwegs annehmbaren Perspektive für unsere Nachkommen, auf ein vernünftiges Maß einzuschränken, bei weitem noch nicht vorhanden ist.

Profitorientiertes Denken durchbrechen

Der ‚ausgehandelte‘ Minimalkonsens von Kopenhagen ist ein weiterer Nachweis für das Unvermögen der Weltgemeinschaft, selbst angesichts dieser bedrohlichen Entwicklungen, die bestehenden Strukturen des kurzgreifenden, profitorientierten Denkens zu durchbrechen und eine nachhaltig ausgerichtete, global-gerechte Lebensgrundlage für die gesamte Menschheit zu schaffen.

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Schwäbisch Haller Schalmeienkapelle spielt auf Kulturfest die Internationale – Auf Youtube zum Nachhören

Die Schalmeienkapelle Schwäbisch Hall ist bei einem internationalen Kulturfest in Stuttgart aufgetreten. Ein Fernsehbeitrag über die Veranstaltung wurde am Sonntag, 20. Dezember 2009, auf Hayat TV ausgestrahlt.

Information von Siegfried Hubele, Schwäbisch Hall

Ein gut fünf Minuten langer Beitrag über das Kulturfest ist auf Youtube zu sehen. Die Schwäbisch Haller Schalmeienkapelle spielt dabei die „Internationale“ der Sozialisten.

http://www.youtube.com/user/hayattv09#p/u/2/FE3QmYoGC3k

Deutscher Text der Internationale nach Emil Luckhardt (1910):

Wacht auf, Verdammte dieser Erde,
die stets man noch zum Hungern zwingt!
Das Recht wie Glut im Kraterherde
nun mit Macht zum Durchbruch dringt.
Reinen Tisch macht mit dem Bedränger!
Heer der Sklaven, wache auf!
Ein Nichts zu sein, tragt es nicht länger
Alles zu werden, strömt zuhauf!

|: Völker, hört die Signale!
Auf zum letzten Gefecht!
Die Internationale
erkämpft das Menschenrecht. 😐

Es rettet uns kein höh’res Wesen,
kein Gott, kein Kaiser noch Tribun
Uns aus dem Elend zu erlösen
können wir nur selber tun!
Leeres Wort: des Armen Rechte,
Leeres Wort: des Reichen Pflicht!
Unmündig nennt man uns und Knechte,
duldet die Schmach nun länger nicht!

|: Völker, hört die Signale!
Auf zum letzten Gefecht!
Die Internationale
erkämpft das Menschenrecht. 😐

In Stadt und Land, ihr Arbeitsleute,
wir sind die stärkste der Partei’n
Die Müßiggänger schiebt beiseite!
Diese Welt muss unser sein;
Unser Blut sei nicht mehr der Raben,
Nicht der mächt’gen Geier Fraß!
Erst wenn wir sie vertrieben haben
dann scheint die Sonn‘ ohn‘ Unterlass!

|: Völker, hört die Signale!
Auf zum letzten Gefecht!
Die Internationale
erkämpft das Menschenrecht. 😐

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