„Was ist links?“ – Kritische Anmerkungen zur Veranstaltung mit der Juso-Bundesvorsitzenden Franziska Drohsel in Hall

Der Autor dieses Textes war einer der Zuhörer der Veranstaltung mit der Juso-Bundesvorsitzenden Franziska Drohsel mit dem Titel „Was ist heute links?“ im Alten Schlachthaus in Schwäbisch Hall. Seine Bewertung fällt ganz anders aus als die in der Presseerklärung des Juso-Kreisverbandes Schwäbisch Hall vorgestellte (siehe www.hohenlohe-ungefiltert.de/?p=4172).

Kommentar von Paul Michel, Schwäbisch Hall

Laut Franziska Drohsel soll „Demokratischer Sozialismus“ auch im Grundsatzprogramm der SPD stehen

Eine Gesellschaft jenseits des Neoliberalismus, so Franziska Drohsel, beruhe auf drei Prinzipien: „Freiheit, Gleichheit, Solidarität“. Als weitere Punkte, die heute für Linke wichtig sind, nannte Franziska Drohsel zusätzlich: Gleichstellung der Geschlechter, Antifaschismus und Internationalismus. Auf Konkretisierung der genannten Begriffe wartete man/frau vergebens. Franziska Drohsel ging über eine Aufzählung der Begriffe leider nicht hinaus. Seltsamerweise schaffte das Thema Ökologie nicht die Aufnahme in die Liste der Franziska Drohsel wichtigen Themengebiete. Dafür erwähnte Franziska Drohsel den „demokratischen Sozialismus“, der sich, wie Franziska Drohsel lobend hervorhob, auch im Grundsatzprogramm der SPD zu finden sei. Das war es auch schon, was die Zuhörer darüber erfahren konnten, was heute „Links“ ist. Wahrlich ein bisschen dünn. Auch bei niedrigem Anspruch hätte „mensch“ sich das Ganze ein wenig konkreter gewünscht. Wohlgesonnene linke Geister mögen Franziska Drohsel immerhin bescheinigen, dass sie mit diesen Allgemeinplätzen nichts grundsätzlich Falsches gesagt hat (sieht mensch einmal vom demokratischen Sozialismus und dem SPD-Parteiprogramm ab).

Der Kapitalismus produziert ständig neue Krisen und größere soziale Ungleichheit

Der nächste Satz ließ aufhorchen, weil er (überraschend) kämpferisch ausfiel: Wer und was die Durchsetzung dieser Prinzipien behindert, so die Juso-Bundesvorsitzende, müsse bekämpft werden. Konkret benannte die Referentin als Gegner den Kapitalismus, der ständig neue Krisen und immer größere soziale Ungleichheit produziert. Weitere negative Bestandteile dieses Kapitalismus seien:
· Die Globalisierung, die sich in Gestalt einer Entgrenzung von Transport und Kommunikation äußere.
· Eine Deregulierung und Liberalisierung in der Wirtschaft.
· Der Trend zu immer stärkerer Prekarisierung bei den Arbeitsverhältnissen (Leiharbeit, „1 Euro-Jobs, Niedriglöhne), auf die auch die Gewerkschaften keine Antwort gefunden hätten.
· Soziale Polarisierung, die bereits 14-Jährige sich als Ausgegrenzte empfinden lässt.

Die Agenda 2010 war ein Fehler

Unter der Überschrift „Strategie“ war folgende Positionsbestimmung der Jusos zu erfahren: Sie, die Jusos pflegen ein Doppelverständnis (oder sollte mensch sagen „Doppelstrategie? ): Einerseits sind die Jusos, so Franziska Drohsel, die Parteijugend der SPD, andererseits sind sie ein eigenständiger Verband. Sie sind innerhalb und außerhalb der SPD tätig. Sie hob hervor, dass gesellschaftliche Veränderungen auch über Bewegungen erreicht werden können. Letzten Endes brauche es für die Durchsetzung von Veränderungen aber immer Mehrheiten. Und wenn die Juso-Vorsitzende von Mehrheiten spricht, hat sie vor allem Mehrheiten innerhalb der SPD vor ihrem inneren Auge.
Aktuell sieht Franziska Drohsel die SPD auf einem guten Weg. Die Partei habe erkannt, dass die Agenda 2010 ein Fehler war. Sie habe aber aus diesen Fehlern gelernt. Als Beispiele für diesen Lernprozess nennt Franziska Drohsel die (minimale) Verlängerung des Arbeitslosengeld I (ALG I) für ältere ArbeiterInnen. Gleichzeitig räumt sie aber ein, dass es für die Aussetzung von Hartz IV keine Mehrheit in der SPD gibt. Das gilt auch für die von ihr persönlich vertretene Forderung nach Aussetzung der Sanktionsmaßnahmen gegen ALG II BezieherInnen. Auch beim Thema Rente ab 67 kann Drohsel nicht erkennen, dass die SPD hierbei zum Umsteuern bereit wäre. Beim Thema Leiharbeit erklärt Franziska Drohsel auf Nachfrage, dass sie die gegenwärtige Regelung für schlecht hält. Aber auch dabei kann sie keinen konkreten Beleg für ein Umdenken seitens ihrer Mutterpartei vorbringen. Irgendwann im Verlauf der Diskussion erwähnt Franziska Drohsel richtigerweise, dass seit dem Ausbruch der Finanzkrise keine einzige politische Maßnahme korrigiert wurde, die die ungehemmte Spekulationspraxis des Finanzsektors ermöglichte. Dass in dieser Zeit immerhin die SPD Regierungspartner ist und sogar den Finanzminister stellt, erwähnt Franziska Drohsel nicht. Insgesamt bleibt der Eindruck, dass das von ihr festgestellte Umdenken seitens der SPD wohl eher Wunschdenken seitens Franziska Drohsel ist und sich weniger um einen realen Prozess handelt.

Dienstleisterverhältnis gegenüber den wirtschaftlichen Eliten aufkündigen

Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie Franziska Drohsel selbst mit ihrem Juso-„Doppelverständnis“ umgeht: Am Anfang habe sie sich aktiv an den Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV beteiligt. Nachdem diese Proteste nicht die Rücknahme der Hartz Gesetze durchsetzen konnten, habe sie ihren Schwerpunkt darauf verlegt, die Meinungen innerhalb der SPD zu verändern. Völlig ausgespart bleibt bei dieser Herangehensweise, dass die Verabschiedung von Hartz IV unter dem Brioni-Kanzler Gerhard Schröder nicht von ungefähr kam, sondern es sich dabei unverkennbar um Auftragsarbeit für das Unternehmerlager handelte. Die SPD war damals äußerst bemüht darum, es den Unternehmern Recht zu machen – und ist es auch heute noch. Es ist in der großen Koalition nicht erkennbar, dass die SPD im Begriff wäre, dieses Dienstleisterverhältnis gegenüber den wirtschaftlichen Eliten aufzukündigen und auf Konflikt mit dem Kapital umzuschalten. Klar ist jedoch: Die Hartz-Gesetze sind für das Kapital ein Essential, von dem es nur abrückt, wenn es durch massive Proteste („soziale Unruhen“) dazu genötigt wird. Wer also etwas für die Rücknahme der Agenda 2010 tun will, dem stellt sich die Aufgabe, eine entsprechend machtvolle außerparlamentarische Protestbewegung der Betroffenen zu organisieren. Für Franziska Drohsel liegen die Prioritäten offenbar woanders: Anstatt das zu tun, was sie zu Beginn ihres Referats noch gefordert hatte („Wer und was die Durchsetzung der Prinzipien Freiheit, Gleichheit, Solidarität behindert, muss bekämpft werden“), setzt sie darauf, eine Partei, die sich längst auf Wettbewerb mit CDU/ FDP eingelassen hat, wer der bessere Dienstleister für die wirtschaftlichen Eliten ist, vom Gegenteil zu überzeugen. Das ist bestenfalls naiv. Politisch ist es ein Fortschreiten auf einem Holzweg, der zur Folge hat, dass die Jusos als politische Strömung inzwischen zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken sind. Der einzige „Erfolg“ der Jusos ist, dass einige ihrer früheren Führungsfiguren in der SPD Karriere machen konnten – allerdings um den Preis der völligen Abkehr ihrer früheren politischen Ansprüche. Gerhard Schröder ist dafür das beste Beispiel. Die Feststellung des Juso-Kreisverbandes Schwäbisch Hall-Hohenlohe („Die SPD ist die Heimstatt der Sozialdemokratie und die Jusos sind ihr unverbrauchter Nachwuchs“) gilt allenfalls in letzterem Sinne.

Zwischen Jusos und Linkspartei gibt es viele inhaltliche Gemeinsamkeiten

Franziska Drohsel befindet sich in einem Zwiespalt. Will sie in der SPD etwas werden, muss sie von den meisten ihrer bisherigen Ziele Abschied nehmen. Bisher hat sie sich durchaus noch die Fähigkeit zu eigenständigem Denken bewahrt. In der Frage des Afghanistankrieges spricht sie sich zwar nicht für den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus dem Land aus, weil das eine sehr komplizierte Angelegenheit sei, auf die sie jetzt auch keine Antwort wisse. Andrerseits schließt sie sich auch nicht der Meinung des anwesenden SPD-Landtagsabgeordneten Nik Sakellariou an, der flugs den Kriegseinsatz der Bundeswehr zu einem Akt der Solidarität der NATO mit der afghanischen Bevölkerung erklärte. Auch zum Jugoslawienkrieg, der ja bekanntlich der erste Nachweis der Regierungstauglichkeit seitens der Schröder/Fischer-Regierung war, nimmt Drohsel eine kritische Position ein. Die damals abgegebenen Begründungen hätten sich überwiegend als nicht zutreffend erwiesen. Im Verhältnis zur LINKS-PARTEI lässt die Jungsozialistin ein weniger feindschaftliches Verhältnis erkennen als die Führungsgestalten ihrer „Mutterpartei“. Sie betont, dass es zwischen Jusos und Linkspartei wohl viele inhaltliche Gemeinsamkeiten gebe, die hektische Abgrenzungsbemühungen nicht rechtfertigen.

Zusammenfassung:
Der Eindruck, der von der politischen Person Franziska Drohsel bleibt, ist ein zwiespältiger: Als Person machte Franziska Drohsel einen durchaus sympathischen Eindruck. Sie ist gewiss belesen, so dass mensch unterstellen darf, dass sie ihre eingangs besprochenen allgemeinen Theorien auch konkretisieren könnte. Sie ist auseinandersetzungswillig und diskussionsbereit. Kritischen Fragen entzieht sie sich nicht mit Hohlformeln oder durch Umgehen der Frage.
Auffällig ist der Widerspruch zwischen theoretischen Höhen und den Niederungen konkreter Politik. Während sie „theoretisch“ eine durchaus kapitalismuskritische Position einnimmt, bleibt davon kaum noch etwas übrig, wenn es um konkrete Fragen geht.

Beim Zwiespalt zwischen – wie die Jusos sagen „visionärer, vielleicht auch utopischer“ – Theorie und realpolitischer Alltagspraxis („Werk der kleinen Schritte“ in der Diktion der Jusos) bleibt letztendlich von ersterem kaum etwas übrig. Die Schwäbisch Haller Jusos sind dafür ein gutes Beispiel. Von ihnen hört und sieht man nichts – außer zu Wahlkampfzeiten. Da findet mensch sie als Materialverteiler am SPD-Stand oder – wie bei den Kommunalwahlen – irgendwo auf der SPD-Liste, bemüht vielleicht doch einen Posten zu ergattern. Dazwischen sind sie öffentlich nicht wahrnehmbar. Kritische Interventionen jenseits der Parteilinie? Fehlanzeige.

Im Unterschied zu den Schwäbisch Haller Jusos setzt Franziska Drohsel zumindest ab und zu noch eigene inhaltliche Akzente, die nicht mit den aktuellen Leitlinien des SPD-Parteivorstands konform gehen. Interessant ist es also, den weiteren Werdegang von Franziska Drohsel zu verfolgen. Sie ist zweifellos rhetorisch und inhaltlich beschlagen genug, um in der SPD Karriere zu machen. Das geht freilich nicht ohne Aufgabe der „theoretisch“ von ihr heute noch vertretenen linken Inhalte. Sind ihr diese Inhalte wichtig, wird sie wohl immer stärker in Konflikt zu ihrer Mutterpartei geraten und ihre Karrierechancen werden sich verschlechtern. Sie wird sich dann vielleicht in jenen sozialen Bewegungen engagieren, die heute gegen die Auswirkungen der Agenda 2010 des SPD-Kanzlers Gerhard Schröder kämpfen. Die SPD-Führung wird sie dabei nicht als Bündnispartner, sondern als Gegner erleben. Welchen Weg Franziska Drohsel da beschreiten wird, ist jetzt noch offen. Schaut mensch sich die Lebensläufe früherer Juso-Vorsitzenden an, so spricht vieles für die erste Variante – leider.

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Kulturprogramm Niederstetten Oktober 2009 bis Januar 2010

Das Kulturprogramm in Niederstetten für Herbst und Winter 2009/10 bietet wieder den gewohnt abwechslungsreichen Mix aus Theater, Folk, Jazz, Vorträgen – mit lokalen, regionalen und internationalen Künstlern.

Vom Kulturamt Niederstetten

Erneut startet das Programm mit dem Russland-Deutschen Theater Niederstetten. Die Komödie „Der letzte der feurigen Liebhaber“ geriet im ersten Halbjahr beim Publikum im Amtshaus Niederstetten zum vollen Erfolg. Neil Simons sprühender Wortwitz, sein treffsicheres Gespür für Situationskomik und zündende Pointen sorgen für ein äußerst kurzweiliges Theatererlebnis. Das Stück über einen Ehemann in der Midlife-Krise, der sein (Sex-)Leben mit einem Seitensprung aufpeppen möchte, ist wieder am 3. und am 17. Oktober zu sehen. Es wird empfohlen Karten über Familie Warkentin, Tel. 07932 – 60286, zu reservieren!

Im November gibt es wieder Theater, wenn das Saaltheater, ein Seitenprojekt des Freilichttheaters im Tempele, auftritt. „Der nackte Wahnsinn“ heißt die Komödie, die ab 20. November auf der Bühne zeigt, was sich im schlimmsten Fall hinter der Bühne bei Proben und Auftritten abspielt: Allüren und Affären. Ein Alptraum für Theatermacher, geschähe es wirklich; ein Hochgenuss für Zuschauer, denn noch mehr Turbulenz, Irrwitz und Chaos, kurz: Noch mehr Theater geht nicht auf einer Bühne.

Und wer schon mal wissen möchte, was das Freilichttheater im Tempele im nächsten Juli vorhat: eine augenzwinkernde, leicht ironische Version von „Im weißen Rössl“ steht auf dem Spielplan. Nach den eher schweren Stoffen der letzten Jahre will man dem Publikum vergnügliche Unterhaltung bieten. Musik und Gesangsnummern entstehen in Zusammenarbeit mit der Musikschule Hohenlohe.

Doch zurück zum Herbst: Ein Muss für Fans schottischer und irischer Folklore ist das Konzert mit Malinky am 15. Oktober! Die Band aus Schottland hinterließ vor einigen Jahren bei ihrem ersten Konzert im KULT einen tiefen Eindruck: Großartige Musik und hervorragende Musiker!

Am 24. Oktober gibt es ein Wiedersehen mit der „Oldie“-Band Les Vampires. Die Kultband as den 60-er und 70er Jahren treten noch mal an einer ihrer liebsten Wirkungsstätten auf, der Alten Turnhalle in Niederstetten. Der Auftritt der Les Vampires passt auch bestens zum 10-jährigen Jubiläum der neuen „Alten Turnhalle“.

Am 13. November kommt der SWR samt Aufnahmeteam in den KULT, um das SWR NEWJazz Meeting 2009 zu veranstalten. Im Mittelpunkt steht die Avantgarde der improvisierenden Szene Australiens mit einer eigens zusammengestellten Gruppe.

Am 18. November wird die amerikanische Sängerin Laura Gibson mit ihrer Band auftreten. Ihre Stimme passt perfekt zu ihren langsamen, unter die Haut gehenden Balladen. Laura Gibson lässt in ihre Musik Folk und Country einfließen, Inspirationen kommen von der Ausdrucksweise klassischer Jazzsängerinnen.

Am 5. November wird Hobbyastronom Joachim Schröder passend zum Jahr der Astronomie einen Mulitmedia-Vortrag zum Sternenhimmel über Hohenlohe halten. Eigenproduktionen wie das Konzert der Musikschule Hohenlohe am 11. Oktober unter dem Titel „Kids go Pop“ bereichern das Programm.

Am Winterprogramm wird noch fleißig gestrickt. Ein paar Termine stehen bereits: Am 16. Januar gibt es ein Wiedersehen mit Ars Vitalis, die ein konkurrenzloses Gesamtkunstwerk aus Musik unterschiedlichsten Richtungen, Clownerie, absurden Theater und lustvollen Sprachspielen bieten. Am 22. Januar kann man im KULT Bekanntschaft mit Rembetiko, dem griechischen Gegenstück zum Blues, machen. Kostas Antoniadis und sein Ensemble bieten griechische Musik der Extraklasse! Freuen darf man sich auch auf den Auftritt der a-cappella-comedy-Gruppe LaLeLu, die am 25. März zum 5. Mal zu Gast in Niederstetten sind.

Die Eintrittspreise haben wir wieder so niedrig wie möglich gehalten. Zu allen Veranstaltungen können Karten über die Städtische Mediothek, Tel. 07932 – 600 32, reserviert werden. Weitere Infos gibt es im Internet unter http://www.niederstetten.de/fruku/fruku.html -> ‚Kulturprogramm‘

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Was wollen die Grünen? Alpha Press-Interview mit Harald Ebner, Bundestagskandidat der Grünen

Die Schwäbisch Haller Monatszeitschrift Alpha Press befragte in ihrer Doppelausgabe Juli/August 2009 Harald Ebner aus Kirchberg/Jagst, Bundestagskandidat der Partei Bündnis 90/Die Grünen.

Alpha Press-Interview mit Harald Ebner, Bundestagskandidat von Bündnis 90/Die Grünen

Mit welchen Problemen werden wir uns vorrangig nach den Wahlen konfrontiert sehen?

HARALD EBNER: Wir müssen die Krisen überwinden. Wir haben nicht nur eine Finanz- und Wirtschaftskrise, wir haben auch eine Klimakrise und eine weltweite Armuts- und Gerechtigkeitskrise. Dafür braucht es ein Gesamtkonzept, statt die eine gegen die andere Krise auszuspielen. Ich will es konkret machen: die Energiefrage ist eine extrem wichtige Zukunftsfrage. Bei der Atomkraft darf es keinen Ausstieg aus dem Ausstieg geben. Wir haben ein Konzept, das uns bis spätestens 2040 auf 100 Prozent erneuerbare Energien bringt und gleichzeitig Arbeitsplätze schafft. Wege aus der Wirtschaftskrise lassen sich nicht mit Strohfeuern a la Abwrackprämie finden. Das ist wirklich Geldverschwendung. Was jetzt an Geld ausgegeben wird, fehlt später, man kann es ja nicht zweimal ausgeben. Es wird damit die Chance vertan, bessere Autos mit weniger CO2-Emissionen zu fördern. Unser Ansatz ist: Wenn wir investieren, investieren wir in technologische Innovation und Nachhaltigkeit. Wir wollen eine Million neue Jobs in der mittelständischen Industrie im Bereich Umwelttechnologie, regenerative Energietechnologie, aber auch in den Bereichen Bildung und Soziales schaffen.

Möchten Sie, dass die Grünen das aus der Regierung heraus in Gang setzen? Das wirft die Frage nach den künftigen Regierungskonstellationen auf.

Grün kann auch aus der Opposition auf die gesellschaftlichen Prozesse wirken. Die Grünen waren die letzten vier Jahre in der Opposition und aus dieser Position haben wir die Zukunfts- und Lösungsthemen der gesellschaftlichen Diskussion gesetzt. Schauen wir doch beispielsweise auf die Parteiprogramme: Alle versuchen, etwas von dem grünen Kuchen abzuhaben. Die SPD hat Teile ihres Programms fast wörtlich aus dem der Grünen abgeschrieben. Das ist gut so, solange wenigstens die Druckfehler nicht auch noch übernommen werden. Das zeigt, dass man auch aus der Opposition heraus wirken kann. Es macht keinen Sinn, jetzt hinsichtlich der möglichen Konstellationen Sandkastenspiele zu machen. Wir haben unsere GRÜNEN Inhalte und Ziele, für die wir uns einsetzen. Jegliche Koalitionsverhandlungen müssen sich daran messen.

Nun wird ja das Kohlekraftwerk Morsburg in Hamburg mit grüner Zustimmung gebaut…

Falsch! Als die Grünen in Hamburg in die Regierung einstiegen, war das Genehmigungsverfahren schon so weit gediehen, dass da rechtlich nichts mehr dran zu drehen war. Wir sagen deshalb: Wir brauchen ein anständiges Umweltgesetzbuch. Es gibt im jetzigen Bundes-Immissionsschutzgesetz keine Festlegung des erlaubten CO2-Ausstoßes und damit keine Handhabe, die Genehmigung auf Grund der Klimaschädlichkeit zu versagen. Deshalb muss der Klimaschutz in ein Umweltgesetzbuch, das seinen Namen verdient, verbindlich aufgenommen werden.

Nun, das sehe ich etwas anders. Aber das können wir jetzt nicht weiter vertiefen. Kommen wir noch mal auf die letzte rot-grüne Regierung zurück. Die zeichnet bekanntlich für die Hartz-Gesetze, Ausweitung der Leiharbeit, Kriegseinsätze der Bundeswehr verantwortlich. Halten Sie es für möglich, dass eine künftige Bundesregierung mit Beteiligung der Grünen abermals Kürzungen im Sozialbereich beschließt?

Nein. Erstens: Wir haben gelernt aus Hartz IV und den Folgen.

Was?

Dass es nicht zumutbar ist. Hartz IV, so wie es gekommen ist, war nie grüner Wunsch. Wir sagen: Es darf nicht passieren, dass der Staat hier auf Kosten der„kleinen Leute“ weiter spart. Die Sätze sind zu niedrig und wir fordern in unserem Programm, dass sie auf 420 Euro (Anmerkung: pro Monat) erhöht werden. Wir setzen uns für eine Kindergrundsicherung für alle Kinder und eine Garantierente für alle ein. Dazu müssen wir das System vom Kopf auf die Füße stellen und eine solide Finanzbasis schaffen, was mit der Bürgerversicherung gelingen kann. Hier sollen nicht nur die Lohnempfänger, sondern jeder und jede einzahlen: Alle Einkommensarten, auch Kapitaleinkommen und das der Selbstständigen trägt dazu bei. Bei der Krankenversicherung haben wir den gleichen Ansatz. Jetzt sind wir in einer Situation, wo wir eine irre Staatsverschuldung haben. Deutschland hat eine Nettoneuverschuldung von 90 Milliarden Euro in diesem Jahr und Bürgschaften von 480 Milliarden Euro, das ist der doppelte Bundeshaushalt. Dieses Geld muss natürlich irgendwann zurückgezahlt werden. Wer jetzt angesichts dieser Situation von Steuersenkung redet, muss den Menschen sagen, womit er es finanzieren will. Das geht ja nur über Kürzungen bei den Sozialsystemen. Das machen wir nicht mit.

Meiner Meinung nach brauchen wir Steuererhöhungen – fragt sich nur für wen?

Wir wollen den Spitzensteuersatz auf 45 Prozent erhöhen, um eine gewisse Umverteilung von reich nach arm zu erreichen.

Was ist mit der Vermögenssteuer?

„Ja“ zur Vermögenssteuer – wobei wir sagen „begrenzt“.

Was heißt das?

Bündnis 90/DIE GRÜNEN wollen die Vermögenssteuer nicht jetzt einführen und bis Ultimo beibehalten, sondern eine Vermögensabgabe, die verfassungskonform ist. Mir persönlich wäre eine Vermögenssteuer lieber, aber sie ist verfassungsrechtlich fragwürdig. Die Vermögensabgabe hingegen nicht. Es geht darum, den jetzt angehäuften außergewöhnlichen Schuldenberg generationengerecht zu finanzieren. Langfristig wollen wir ein Steuersystem schaffen, das gerecht ist, in dem diejenigen mehr beitragen, die in guten Zeiten vom bisherigen System überdurchschnittlich profitiert haben. Dazu gehört auch eine angemessene und gerechte Erbschaftssteuer.

Bei jenen, die eine Vermögenssteuer befürworten, ist ein Prozent im Gespräch. Da bekommt der Milliardär, der sein Vermögen auf dem Sparbuch anlegt ja schon mehr raus!

Wenn er das Geld „auf dem Sparbuch“ hat, hat er Zinsgewinne und genau diese sind zu versteuern. Geht er aber mit seinem Vermögen in die Steueroase, bekommt der Staat ja auch über die Vermögenssteuer nichts. Das ist sowieso der GAU. Wenn wir die Steueroasen nicht austrocknen, haben wir ohnehin ein Problem. Also noch mal: Vermögenssteuer haben wir in unserem Programm – zeitlich begrenzt, als Vermögensabgabe. Und dann wollen wir eine Finanzumsatzsteuer. Das ist eine Art Mehrwertsteuer auf Finanztransaktionen. Das hat zwei Wirkungen: zum Einen wird Geld abgeschöpft, zum Anderen wird die Umschlaghäufigkeit solcher finanziellen Transaktionen verringert.

Nehmen wir mal an, die neue Bundesregierung macht eine erneute Runde des Sozialabbaus. Was machen Sie, wenn eine Regierung mit grüner Beteiligung die Hartz IV-Sätze nicht auf 420 Euro erhöht, sondern diese halbiert – so wie es ein paar Professoren schon gefordert haben?

Jeder von uns weiß, dass die gegenwärtigen Hartz IV-Sätze zu niedrig sind. Wenn ich sozialen Frieden will, muss ich auch für soziale Gerechtigkeit sorgen.

Und wenn ein grüner Regierungspartner dennoch eine Politik des Sozialabbaus mitträgt?

Die Gerechtigkeitsfrage ist eine der zentralen Zukunftsfragen unserer Gesellschaft. Die Lasten der Krise müssen gerecht verteilt werden, statt sie auf die Wehrlosen des Gesellschaft abzuwälzen. Das ist für uns genauso eine rote Linie wie der Atomausstieg.

Fordern Sie dann, dass die Grünen eine solche Regierung verlassen?

Das wird sicher zu einer solchen Situation führen.

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„Regierungsbeteiligung ist keine Option“ – Alpha Press-Interview mit Silvia Ofori, Direktkandidatin der Partei „Die Linke“

Die Schwäbisch Haller Monatszeitschrift Alpha Press befragte in ihrer Doppelausgabe Juli/August 2009 Silvia Ofori aus Schwäbisch Hall, Direktkandidatin der Partei DIE LINKE für die Bundestagswahl.

Alpha Press-Interview mit Silvia Ofori, Schwäbisch Hall, Bundestagskandidatin der Partei DIE LINKE

Was werden die vorrangigen Fragen sein, mit denen wir uns nach den Wahlen konfrontiert sehen?

SILVIA OFORI: In allererster Linie die Folgen der wirtschaftlichen Krise. Es ist ja noch nicht abzusehen, was tatsächlich passieren wird. Eines der nächsten Probleme wird sein, dass die Betriebe keine Kredite mehr bekommen. Die Existenz vieler Betriebe wird bedroht sein. Entlassungen werden anstehen. Die Entlassenen bekommen dann ein Jahr lang Arbeitslosengeld. Und dann kommt Hartz IV. Das ist der totale Absturz. Das stürzt Familien in Armut, stürzt Kinder in Armut, verschärft die Bildungsmisere und insgesamt gesehen verschärft es die Krise des Kapitalismus. Und die Regierung wird versuchen, die Kosten der Krise auf die Menschen abzuwälzen, die sowieso schon Einkommenseinbußen haben.

Wie sehen Sie die Zukunft der sozialen Systeme?

Die Linke kann durch ein gutes Wahlergebnis zusätzlichen Druck aufbauen und einen weiteren Sozialabbau verhindern. Die künftige Regierung, ob große Koalition oder schwarz/gelb, wird versuchen, die Staatseinnahmen, also Steuern zu erhöhen, aber nicht die der Reichen, sondern eher die Mehrwertsteuer, Kfz-Steuer, Tabaksteuer usw. Auf der anderen Seite wird sie die Staatsausgaben kürzen – und auch das wird eher die Menschen mit wenig Einkommen treffen. Das heißt, die bisherige Entwicklung wird verschärft werden: weniger Geld für soziale Systeme, jeder soll gefälligst noch mehr für sich selbst sorgen, noch mehr private Altersvorsorge, noch weniger Leistung von der Krankenkasse, noch mehr Zuzahlungen.

Was ist Ihre Meinung und die der Partei „Die Linke“ zu diesen Problemen?

Der Kapitalismus ist in der Krise. Dies muss als Chance für Veränderung genutzt werden. Das heißt zum Beispiel, die Finanzmärkte zu regulieren. Die Wirtschaft muss den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Warum ist es möglich, ein Bauspargesetz zu erlassen, das vorschreibt, welche Geldgeschäfte eine Bausparkasse tätigen darf? Und warum ist dies für private Banken nicht möglich? Warum müssen Manager eine Million Euro und mehr verdienen? So viel Geld kann doch keiner ausgeben, das ist doch pervers. Die Börsenumsatzsteuer muss eingeführt werden und riskante Wertpapiergeschäfte gehören verboten. Die Körperschaftssteuer beträgt heute 15 Prozent und betrug früher 25 Prozent. Also: gerechtere Steuerpolitik muss her. Ein wichtiger Punkt ist das Zukunfts- und Investitionsprogramm, das „Die Linke“ vorschlägt. Das beinhaltet die Forderung, dass 100 Milliarden Euro pro Jahr für zwei Millionen Arbeitsplätze in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Klimaschutz, Infrastruktur und Verkehr eingesetzt werden müssen.

Was denken Sie über die Zukunft der Sozialsysteme?

Wir als DIE LINKE. meinen: Hartz IV muss weg. Die Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen muss weiter geführt werden. Mehr Menschen müssen in Normalarbeitsverhältnisse gebracht werden, aus meiner Sicht durch massive Arbeitszeitverkürzung. Mehr Menschen in Arbeit und vor allem in sozialversicherungspflichtiger Arbeit. Wenn alle Erwerbstätigen einzahlen würden, würden die Sozialversicherungssysteme am meisten entlastet. Auch die Fragen der Finanzierbarkeit der Renten, des Renteneintrittsalters und der Altersarmut hätten dadurch eine andere Dimension. Gesundheitspolitik ist ein eigenes großes Thema, zu dem interessante Veranstaltungen der Bürgerinitiave in Hall stattgefunden haben. Kurz gesagt: Gesundheit ist keine Ware. Medizinische Versorgung muss für alle gleich zur Verfügung stehen. Ich halte nichts von Zweiklassenmedizin und mich packt die blanke Wut, wenn ich daran denke, dass sich Menschen in Deutschland keinen Zahnersatz leisten können oder keine neue Brille.

In der Partei DIE LINKE vollzieht sich ein nur mühsam verdeckter Richtungsstreit über die Frage der Regierungsbeteiligung. Sehen Sie die Übernahme von Regierungsverantwortung als eine Option für die Partei „Die Linke“ nach den Wahlen im September?

Ich kann mir das im Moment überhaupt nicht vorstellen. Dass man sich irgendwann an der Regierung beteiligt – diese Frage stellt sich jede Partei, aber im Moment für uns – nein. Die theoretischen Koalitionspartner müssten so viel Zugeständnisse machen; das halte ich im Moment für völlig undenkbar.

Aber Gregor Gysi und die Realos in der Partei können sich das auch im Moment vorstellen…

Die können sich das vielleicht vorstellen. Für mich ist es nicht realistisch, nicht auf Bundesebene. Für mich hat die Linke ihre Funktion in der Opposition.

Die Realos in Ihrer Partei werden da so ähnlich argumentieren wie die Grünen oder etwa Müntefering: Opposition ist Mist. Da kann ich nichts mitgestalten und so weiter…

Sicher gibt es in der Linken verschiedene Strömungen. In Ostdeutschland sind die Realos stärker vertreten als in Westdeutschland. Die Linke ist im Osten in Regierungen vertreten, in Berlin z.B. oder in Sachsen. Das Wahlergebnis in Sachsen-Anhalt bei der Landtagswahl 2006 lag bei 24,1 Prozent, das der SPD bei 21,4 Prozent. Regierungsbeteiligungen sind extrem kompliziert für die Partei. Ich persönlich habe kein Verständnis für das, was die Regierungskoalition in Berlin teilweise gemacht hat: Privatisierung, Absenkung von Tarifverträgen usw. Das nimmt Vertrauen und schadet der Glaubwürdigkeit. Taten statt Worte ist meine Devise. Die Wählerinnen und Wähler werden uns an dem messen, was wir tun und das ist auch richtig. Nach meiner Einschätzung werden Alleingänge wie in Berlin oder Sachsen nicht mehr so leicht möglich sein. Eine Regierungsbeteiligung komplett abzulehnen, halte ich auf der anderen Seite auch für schwierig, denn unter den richtigen Voraussetzungen bzw. Zugeständnissen des Koalitionspartners sollte man aus meiner Sicht die Verantwortung übernehmen und eine Regierung bilden. Diese Zugeständnisse sind Bundeswehr raus aus Afghanistan, keine Rente mit 67, gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 10 Euro, weg mit den Hartz-Gesetzen, weg mit der Agenda 2010.

Was steht in den Monaten nach den Wahlen für die Menschen im Land an?

Das Problem ist, dass die Menschen viel zu wenig aktiv sind und auf die Straße gehen. Der deutsche Michel, aber auch die deutsche Michelin, lassen sich ja bekanntlich vieles gefallen von der “Obrigkeit”. Mein Wunsch ist, dass die Leute sich nicht mehr alles gefallen lassen: wenn die Energiepreise steigen, die Steuern erhöht werden, das Rentenalter steigt, junge Männer in den Krieg geschickt werden. Andersherum gesagt: ich denke, es wird einen weiteren Einbruch geben, was die Lebens- und Arbeitsbedingungen abhängig Beschäftigter, Arbeitsloser und Einkommensschwacher angeht. Meine Befürchtung ist, dass sich die Mehrheit der Menschen das weiter gefallen lassen wird, sich nicht mit gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzen will und dann die FDP wählt. Fast genauso schlimm sind für mich die vielen Nichtwähler. Ich kann nur immer wieder sagen: Je stärker die Linke, desto sozialer das Land! Davon bin ich überzeugt und darum bin ich aktiv.

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Atomares Endlager bald in Baden-Württemberg?

CDU-Forschungsministerin Annette Schavan verhindert einem Zeitungsbericht zufolge, dass eine neue AKW-Studie vor der Wahl an die Öffentlichkeit gelangt. Forscher plädieren in dem Papier für den Bau neuer Kernkraftwerke – und die Suche nach Alternativen zum Atomlager Gorleben.

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Interessant ist der Teil, der Baden-Württemberg betrifft und der erklärt, warum die Studie vorerst unter Verschluss bleibt:
„In der Endlagerfrage erklären die Autoren des Gutachtens: „Für ein Endlager in Tongestein liegen umfangreiche wissenschaftliche Erkenntnisse aus Frankreich, Belgien und der Schweiz vor.“ Unerwähnt bleibt im Gutachten allerdings eine Tatsache, die Schavans geringes Interesse an dieser Alternative erklären könnte: Die meisten Tonformationen liegen in Baden-Württemberg – Schavans politischer Heimat. Schavan hatte sich wiederholt für den Salzstock Gorleben als Endlager ausgesprochen.“

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,649292,00.html

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Weitere Einschnitte bei Sozialleistungen? Alpha Press befragte Nik Sakellariou, den Landtagsabgeordneten der SPD

Die Schwäbisch Haller Monatszeitschrift Alpha Press befragte in ihrer Doppelausgabe Juli/August 2009 den SPD-Landtagsabgeordneten Nikolaos Sakellariou aus Schwäbisch Hall zum Thema „Einschnitte bei den Sozialleistungen“. Auch die SPD-Bundestagskandidatin Annette Sawade sollte zum gleichen Themenkomplex befragt werden. Doch nach Angaben der Alpha Press-Redaktion hat Annette Sawade trotz zweimaliger Aufforderung nicht geantwortet.

Alpha Press-Interview mit Nikolaos Sakellariou, SPD-Landtagsabgeordneter aus Schwäbisch Hall

Durch Bankenrettungsmaßnahmen und krisenbedingten Rückgang bei den Steuern, sind die Staatsschulden deutlich angestiegen. Erfordert der Umgang mit den Schulden von der künftigen Bundesregierung Einschnitte bei den Sozialversicherungssystemen?

Richtig ist, dass durch die unbestreitbar notwendige Rettung des Bankensystems erhebliche Steuergelder geflossen sind. Dies war erforderlich, um auch kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu frischem Kapital zu geben und so zu verhindern, dass ausgerechnet in diesem Bereich Arbeitsplätze wegfallen. Die Refinanzierung dieser Maßnahmen erfolgt einmal durch die Banken selbst, die für diese Bürgschaften bezahlen müssen, auf der anderen Seite durch Nichtabsenkung von Steuern. Bei den Sozialversicherungssystemen, die ja allesamt beitragsfinanziert sind, kann ich nicht erkennen, wo hier weiter gekürzt werden könnte. Beim Krankenversicherungswesen ist es so, dass die Beitragsfinanzierung schon heute nicht ausreicht und derzeit schon 7,2 Milliarden Euro pro Jahr steuerfinanziert ins System gebracht werden und diese Zuschüsse auf 12 Milliarden ansteigen werden. Lediglich bei der Pflegeversicherung ist die Situation zwischen Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen. Jedoch steigt die Zahl der Personen, die Pflegeleistungen erhalten werden, von heute etwa 2,1  Millionen Menschen auf rund 3,4 Millionen Menschen im Jahr 2030. Bei der Arbeitslosenversicherung ist es so, dass derzeit die Rücklagen bald aufgebraucht sind durch die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes. Diese absolut sinnvolle Maßnahme ist zwingend erforderlich, um gerade kleineren und mittleren Betrieben zu ermöglichen, Mitarbeiter auch in der Krise zu halten. Um dies zu finanzieren, werden neben den Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber bis zum Jahr 2013 zusätzliche Bundeszuschüsse von insgesamt 52 Milliarden Euro fließen müssen. Bei der Rentenversicherung ist es ohnehin so, dass derzeit 80 Milliarden Euro Steuergeld jedes Jahr zugeschossen werden müssen, um die Ausgaben für die aktuellen Rentenbezieher finanzieren können.

Wie stehen Sie dazu, wenn die neue Bundesregierung mit SPD-Beteiligung weitere Kürzungen bei Arbeitslosen, Kranken- oder Rentenversicherungen beschließt?

Nach dem, was ich vorher geschildert habe, ist es so, dass wir bei den Sozialversicherungssystemen die Probleme nicht durch weitere Kürzungen bei den Leistungen lösen können, sondern wie wir es längst fordern, über eine Verbesserung der Einnahmesituation. Diese Einnahmesituation könnte durch eine Verbreiterung der Einkommensarten, die Beiträge zu den Sozialversicherungssystemen leisten, gelingen. Die Bürgerversicherung im Krankenversicherungsbereich ist ein solches Modell. Wenn wir auch Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung beziehungsweise aus Vermögen zur Finanzierung der Sozialversicherungssysteme heranziehen, würde dies zum einen die Finanzierung gerechter gestalten und zum anderen das Überleben der Sozialversicherung gewährleisten. Zugleich würde die breitere Finanzierungsbasis dazu führen, dass sich der Faktor „Arbeit“ nicht weiter verteuert und so Arbeitsplätze gehalten und auch geschaffen werden können. Das ist mein Ziel.

Annette Sawade auf Tauchstation?

Eigentlich sollte beim Thema Bundestagswahlen die Kandidatin der SPD die erste Adresse für Fragen von Alpha Press sein. Deshalb haben wir die obigen Fragen auch Annette Sawade zukommen lassen. Auf eine Antwort warten wir heute noch. Offenbar zog es Frau Sawade vor, gegenüber Alpha Press auf Tauchstation zu gehen. Die Gründe dafür sind der Alpha Press-Redaktion bis heute nicht bekannt. Dass sie die Anfrage „übersehen“ hat, schließen die Alpha Press-Mitarbeiter aus. Denn der Empfang der ersten Anfrage per E-Mail wurde von ihr bestätigt. Nachdem sie nicht reagierte, ließ die Redaktion Alpha Press „Frau Sawade eine erneute Anfrage zukommen – wieder keine Reaktion“.

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Was wollen die Parteien zum Thema Lobbyismus tun? – LobbyControl hat nachgefragt

Welche Positionen vertreten die deutschen Parteien zum Thema Lobbyismus? Und was tun sie für mehr Transparenz und Schranken für Lobbyisten? LobbyControl hat sie gefragt – hier sind die Antworten!

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Mit Blick auf die Bundestagswahl am 27. September hat LobbyControl die fünf Bundestags-Parteien um Stellungnahme gebeten. Sie sollten sagen, was sie zu den Themen Einführung eines Lobbyregisters, Karenzzeiten (”Abkühlphasen”) für scheidende Politiker, Lobbyisten in Ministerien und Nebeneinkünfte von Abgeordneten nach der Wahl tun werden.

Aufschlussreich ist das Fazit von LobbyControl zur Antwort der CDU/CSU und der FDP (auch wenn das nicht überrascht):
>Mit Transparenz und Schranken für Lobbyisten hat die CDU/ CSU nicht viel im Sinn. Die Regulierungsvorschläge von LobbyControl hält sie entweder für nicht praktikabel oder für unnötig.< >Mit der FDP ist Transparenz über die Nebeneinkünfte von Abgeordneten nicht zu haben. Eine sehr weiche und eng gefasste Regelung von fliegenden Wechseln wird angestrebt. Zu den anderen Themen hält sie sich mit klaren Standpunkten zurück und will vor allem „Fragen prüfen“.< http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2009/09/wahlpruefsteine-was-wollen-die-parteien-zum-thema-lobbyismus-tun/

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Ist der Verfassungsschutz verfassungsfeindlich? – Bundesregierung gibt geheime Überwachungsmaßnahmen gegen Linksfraktion zu

Der Verfassungsschutz setzt bei der Überwachung der Linksfraktion im Bundestag auch geheime Ermittlungsmethoden ein. Das hat die Regierung jetzt eingeräumt. Betroffen sind auch parteilose Mitarbeiter und Beschäftigte in Wahlkreisbüros. Die dabei gewonnenen Daten werden möglicherweise an eine Vielzahl in- und ausländischer Stellen weitergegeben.

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Bisher hatte es stets geheißen, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) lege in einer »Sachakte« ausschließlich Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Zeitungen und Homepages der Abgeordneten ab. In einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke präzisiert die Regierung nun: »Dies schließt jedoch nicht aus, daß sich in der Sachakte des BfV auch im Einzelfall mit nachrichtendienstlichen Mitteln gewonnene Informationen befinden.« Diese könnten entweder »im Rahmen einer auf andere Beobachtungsobjekte abzielenden Informationsbeschaffung des BfV oder im Rahmen der Beobachtungstätigkeit der Länder angefallen sein«. Soll heißen: Wenn eine Abgeordnete mit Menschen spricht, die ihrerseits heimlich abgehört werden, landen auch diese Informationen in der Akte. Dabei scheinen weder das Telekommunikationsgeheimnis noch der Status der Abgeordneten eine Rolle zu spielen. Inwiefern die Dienste der Bundesländer geheime Überwachungsmethoden einsetzen, will das Bundeskabinett nicht offenlegen.

Gegenüber der jungen Welt bezeichnete Jelpke die Maßnahmen als verfassungsfeindlich: »Wenn gewählte Abgeordnete damit rechnen müssen, daß der Geheimdienst ihre Telefonate abhört oder E-Mails mitliest, unterminiert das sowohl ihre Unabhängigkeit als auch die Glaubwürdigkeit des ganzen Parlaments.«

http://www.jungewelt.de/2009/09-16/029.php

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Beängstigende Dreistigkeit – Nachlese zum TV-Duell

Die Realität ausgeblendet – so die treffende Analyse von Harald Schumann im Tagesspiegel. Mit beängstigender Dreistigkeit verweigerten die beiden Kandidaten und ihre Parteien die Antwort auf die mit Abstand wichtigste Frage: Wem wollen sie die 100 Milliarden Euro jährlich wegnehmen, die auf Jahre hinaus in der Staatskasse fehlen werden?

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Mit 85 Milliarden Euro Mindereinnahmen rechnen die Steuerschätzer allein schon für das Jahr 2010. Gleichzeitig wird die Zahl der Arbeitslosen um mindestens eine Million anwachsen und mit ihnen das Defizit in den Sozialkassen. Die Verheerungen, die die Krise in den öffentlichen Haushalten anrichten wird, könnten daher auch gut doppelt so groß ausfallen. Vor diesem Hintergrund ist jedes Versprechen auf pauschale Steuersenkungen eine simple Verweigerung der Realität.

Stattdessen müsste offen darüber gestritten werden, wer die Zeche fürs „Komasaufen auf den Finanzmärkten“ zahlen soll, wie es der manchmal noch sozialdemokratische Finanzminister Peer Steinbrück so schön plastisch nannte. Dabei war er immerhin ehrlich genug, „harte Verteilungskämpfe“ anzukündigen. Nur auf welcher Seite er dabei stehen will, sagte er lieber nicht.

http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/Wahlkampf-TV-Duell-Angela-Merkel-Steinmeier;art141,2899955

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