Die private Altersversorgung Riester-Rente, ein Produkt aus der Ära Schröder, galt seinerzeit als sichere Bank. Von wegen. Ein Lehrstück zum Thema Staat und Gemeinwohl.
Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert
Ein exzellenter Artikel in Le Monde diplomatique. Wir haben schon öfter über diese Thema geschrieben, in kürze wird es von mir zu diesem Thema auch eine Buchrezension geben (Diana Wehlau: Lobbyismus und Rentenreform)
Ausführlich wird in dem Artikel in Le Monde diplomatique der Zusammenhang zur Bankenkrise thematisiert:
„Besonders stark wurden jene Länder getroffen, die ihr Rentensystem schon sehr weitgehend auf die private Vorsorge umgestellt haben – also Großbritannien, die Niederlande, Kanada und Australien. Es ist völlig unklar, wie die dortigen Pensionsfonds jemals ihr Versprechen einhalten wollen, in Zukunft auskömmliche Renten an jene zu zahlen, die sich auf die private Rente verlassen mussten. (…)
Eigentlich hätte man erwarten müssen, dass die Finanzkrise zu einem Umdenken führt. Doch im Wahlkampf wurde eisern geschwiegen. Das weltweite Fiasko der privaten Altersvorsorge war kein Thema. Stattdessen investiert der deutsche Staat weiterhin Milliarden, um die Riester-Rente zu subventionieren. (…)
Die Finanzkrise hat erneut gezeigt, wie sicher die staatliche Rente ist. Sie blieb vom Crash verschont, weil sie auf einem ganz anderen Prinzip basiert: der Umlagefinanzierung. Die heutigen Arbeitnehmer zahlen für die heutigen Rentner. So einfach ist das. Angespartes Kapital entsteht dabei gar nicht erst, das in einer Finanzkrise vernichtet werden könnte.“
Ein weiterer Punkt in dem Artikel ist, wie die Versicherungskonzerne heute ihre Renditen erwirtschaften, nachdem sie sich von der Börse zurückgezogen haben:
„In immer neuen Interviews versichern die Konzernchefs daher, sie würden kaum noch Geld an den Börsen investieren. Tatsächlich dürfte der Aktienanteil in den Portfolios derzeit nur noch bei rund 7 Prozent liegen. Doch wirft diese sehr sicherheitsorientierte Strategie eine interessante Frage auf: Wenn die Versicherungskonzerne die Börsen scheuen – wo investieren sie dann?
Leicht ist es schließlich nicht, das viele Geld unterzubringen. Monatlich werden die Versicherungskonzerne mit Milliarden an Prämien überschwemmt. Wie immens die Herausforderung für die Versicherungskonzerne ist, diese Gelder sicher zu investieren, machen ein paar Zahlen deutlich: 95 Millionen Lebensversicherungen und Riester-Verträge haben sich die Deutschen inzwischen zugelegt – und dafür zahlen sie jährlich fast 80 Milliarden Euro an Prämien. (…)
Der Trick ist ganz einfach: Die Finanzkonzerne investieren direkt oder indirekt beim Staat – was allerdings kunstvoll verbrämt wird. So stellt die Allianz die Anlagepolitik für ihre Versicherungsprämien offiziell wie folgt dar: 15 bis 20 Prozent der Kundengelder steckten in Unternehmensanleihen, rund 50 Prozent seien in deutschen Pfandbriefen und deutschen Staatsanleihen untergebracht. Nur 5 Prozent wurden in Immobilien investiert. Zum Rest gab es keine Angaben.
Dieses Portfolio soll breit gefächert wirken, doch faktisch steckt fast immer der Staat dahinter. Bei den Staatsanleihen ist das offensichtlich.
Wie Parasiten leben die Versicherungen vom Staat – und behaupten doch gleichzeitig, die private Altersvorsorge wäre so besonders sicher, weil sie vom Staat unabhängig sei.
Tatsächlich entsteht jedoch nur ein sinnloser Kreisverkehr, der vereinfacht so aussieht: Erst zahlen die Steuerzahler Schuldzinsen für die Staatsanleihen, die dann als Guthabenzinsen wieder auf ihren Riester-Verträgen landen. Gewirtschaftet wird also von einer Tasche des Steuerzahlers in die andere – und die einzigen Profiteure sind die Versicherungskonzerne, die sich ihre überflüssige Dienstleistung mit teuren Provisionen vergüten lassen.“
http://www.taz.de/1/zukunft/wirtschaft/artikel/1/rente-muss-sich-wieder-lohnen/