„Demokratie – ich bin dabei!“ – Veranstaltung vor dem Jugendpavillon in Öhringen

Tausende junge Menschen engagieren sich in ganz Baden-Württemberg an der landesweiten Kampagne „Demokratie – ich bin dabei!“. In Öhringen gibt es am Samstag, 19. September 2020, von 11 Uhr bis 13 Uhr eine Aktion zum „Tag der Demokratie“. Veranstaltungsort ist das Gelände vor dem Jugendpavillon in Öhringen (Am Cappelrain 32). Der Hohenlohekreis lädt zum Mitmachen ein.

Vom Jugendreferat des Hohenlohekreises

Menschenrechten und Demokratie

Veranstalter ist die regionale Beratungsstelle „Kompetent vor Ort – gegen Rechtsextremismus“ des Demokratiezentrums Baden-Württemberg, die im Kreisjugendreferat des Hohenlohekreises angesiedelt ist. Kooperationspartner sind der Kreisjugendring Hohenlohe e.V., das Jugendpavillon-Team, die Respekt-Coaches des DRK Hohenlohekreis sowie der „Arbeitskreis für Demokratie – gegen Faschismus“. Anlass des Aktionstages ist der Internationale Tag der Demokratie, den die UN 2007 auf den 15. September festgelegt hat. Rund um diesen Gedenktag finden in 20 verschiedenen Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg Aktionen statt, die Menschen dazu ermuntern sollen, sich aktiv mit Menschenrechten und Demokratie auseinander zu setzen.

Für eine weltoffene Gesellschaft

Gerade heute ist es mehr denn je vonnöten, sich für eine weltoffene Gesellschaft und einen demokratischen Austausch einsetzen. Gemeinsame Werte und ein menschenfreundlicher Umgang stehen im Mittelpunkt. Statt Hass und Hetze werden demokratische Haltung und gegenseitiger Respekt beworben. Seid mit dabei, kommt am Samstag, 19. September 2020 einfach in Öhringen vorbei und werdet Teil des Aktionstages.

Gerne könnt ihr auch vorab online mitmachen – nähere Infos dazu findet ihr auf folgender Internetseite:

www.online.tag-der-demokratie.de

Für Rückfragen und weitere Infos steht das Kreisjugendreferat unter der E-Mail-Adresse jugendreferat@hohenlohekreis.de zur Verfügung.

Corona-Informationen: Die Aktion findet unter freiem Himmel und natürlich unter Berücksichtigung der Corona-Auflagen statt. Wir bitten alle Teilnehmenden, eine Mund-Nase-Bedeckung mitzubringen. Für ausreichend Platz und Desinfektionsmittel vor Ort ist gesorgt. Die Kontaktdaten aller Teilnehmenden werden vor Ort erfasst und 4 Wochen lang im Kreisjugendreferat des Hohenlohekreises gespeichert, um eine Rückverfolgung und Kontaktaufnahme im Fall einer Infektion ermöglichen zu können.

Informationen für Rollstuhlfahrer*innen: Der Veranstaltungsort und die im Jugendpavillon befindlichen sanitären Anlagen sind barrierefrei zugänglich.

Parkmöglichkeiten: es gibt ausreichend Parkplätze auf dem Schotterparkplatz „Parkplatz am Rendelbad“ (siehe Anhang). Von diesem Parkplatz führt eine kleine Fußgängerbrücke direkt zum Jugendpavillon. Der Weg vom Parkplatz zum Jugendpavillon ist ebenfalls barrierefrei.

Weitere Informationen und Kontakt:

Yasemin Serttürk, Landratsamt Hohenlohekreis, Jugendamt, Jugendhilfeplanung/Jugendreferat, Allee 16, 74653 Künzelsau

Telefon: 07940 18-432

Fax: 07940 18-505

Mobil: 0172/6420744

E-Mail:

serttuerk@hohenlohekreis.de

jugendreferat@hohenlohekreis.de

Internet: www.hohenlohekreis.de

   Sende Artikel als PDF   

„Lang beschattete Täler“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden neunzehnter Teil

„Lang beschattete Täler“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden neunzehnter TeilDie geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig und sind weder gewollt noch beabsichtigt.

Von Birgit Häbich

XIX Isolation

… Paula schwieg, sie hatte an Carls Stimme erkannt, dass sie ihn getroffen hatte. Die kurze Befriedigung, ihn mit ihrer Fragentirade mundtot gemacht zu haben, tat ihr zwar gut, aber ihr dämmerte langsam, dass sie Carl Eugen im Grunde wegen etwas anderem, als seinem vermeintlichen Schweigen zu einem Schweinestall attackierte: Als ihr Freund sollte er schließlich nicht nur seine Verfehlung von vor zwanzig Jahren offen zugeben und sich bei ihr entschuldigen, sondern auch zu einer ernsthaften Wiedergutmachung bereit sein. Paula Engel wollte Genugtuung für das, was Carl Eugen Friedner ihr damals in betrügerisch anmutender Art und Weise angetan hatte.

Zärtliche Gefühle

Ihn aber offen und direkt darauf anzusprechen, wagte Paula immer noch nicht. Sie spürte deutlich ihre widersprüchlichen Gefühle. Ihre Zuneigung zu Carl war noch lange nicht erloschen. Paula hatte immer noch liebevolle, ja sogar zärtliche Gefühle für ihn übrig; obwohl er ihr damals geradezu vernichtend geschadet hatte. Über die immer wieder auftauchenden Liebesgefühle zu ihm wurde Paula wütend. Gleichzeitig hegte sie verdeckte Rachegelüste gegen ihn. Ihr Zorn über ihre eigene Unfähigkeit, Carl mit den Auswirkungen seiner hinterlistigen Tat schlagfertig zu konfrontieren, stieg in ihr ins unermessliche. Paula holte tief Luft, um ihre Hilflosigkeit zu verbergen; sie war wie gelähmt.

Herumhacken

Carl schwieg weiterhin, so hatte er sich das Wiedersehen mit Paula nicht vorgestellt – Vorwürfe und dumpfes Schweigen anstatt einer möglichen Annäherung standen nun zwischen ihnen im Raum und von dem gemütlichen Essen in alter Vertrautheit war jetzt scheinbar nichts mehr übrig. Warum hackte Paula derart auf ihm herum? Er war ratlos.
„Weißt Du Paula“, setzte er behutsam an, „ich versuche alles zu tun, um niemandem zu schaden und ein anständiges Leben zu führen“. Und nachdem Paula keine Widerworte anbrachte, erklärte er weiterhin: „Und du hast recht, man muss dieser üblen Massentierhaltung etwas entgegensetzen. Nur meine ich, es mit meinem eigenen Konsumverhalten sinnvoller zu tun, als mit öffentlichem Protest.“

Feindselig

Paula konnte seiner Argumentation zwar folgen, aber da sie innerlich noch immer mit ihrem kochenden Zorn beschäftigt war, den sie jedoch um keinen Preis offen zeigen wollte, bemühte sie sich weiterhin darum, sich nichts anmerken zu lassen und setzte eine gleichgültige Miene auf. Carl jedoch nahm sehr wohl scharfsichtig das feindselige Glitzern in ihren dunkelgrün gewordenen Augen zur Kenntnis und besann sich auf beschwichtigende Worte: „Paula, hör bitte zu: Die Sammlung der Unterschriften ist ja für etwas gedacht und nicht gegen etwas. Die Initiatoren wollen Hohenlohe eine tragbare Zukunft verschaffen. Es wird von vielen Menschen und von größeren und kleineren ökologisch orientierten Betrieben die Umsetzung der Bio-Modellregion Hohenlohe* angestrebt. Sauberes Wasser in Flüssen und gesundes und Essen auf dem Tisch fängt bei den Landwirten an und hört nicht bei den schmackhaften Ergebnissen auf den Märkten, oder auf unseren privaten Tellern auf. Die Region spürt die höheren Erträge des sich durchsetzenden Biolandbaus nämlich auch in den entstandenen kleinen Manufakturen und über den sanften Tourismus in den Geldbeuteln der kleinen Nischenhändler und Gastronomen. Wenn wir es zulassen, dass in unserer Idylle die Lebensgrundlagen kaputt gemacht werden, sind nicht nur langfristig die Böden und das Wasser vergiftet, sondern wir vertreiben uns schon allein mit dem Gestank umgehend alle Touristen und Genießer, die unsere edlen Schnabulationen genießen wollen.“ Paula seufzte hörbar; Carl nahm diesen Schnaufer als Zustimmung zu seinen Ausführungen und schlussfolgerte: „Stell Dir vor Paula, da ist eine ganze Geniesserregion* entstanden.“

Selbsterfahrungsorte

Paula ging innerlich widerstrebend auf Carls Argumente ein, deren Folgerichtigkeit sie aber faszinierte und ergänzte daher: „Die Biobranche und alles was sich da drum herum bewegt, ist zur Wachstumsbranche* geworden und die jetzt durch die >Karinakrise< gestiegene Nachfrage nach gesunden regionalen Produkten, kann gar nicht gedeckt werden.“ Sie runzelte ihre Stirn und resümierte lächelnd: „In den letzten vierzig Jahren hat sich auch in der Kunst und im kulturellen Bereich viel getan. Ich lebe ja von dem gestiegenen Interesse, sich an der Kunst auszuprobieren.“ Mit erhobenen Armen eine fließende Bewegung andeutend, ergänzte sie mit einem sanften ironischen Klang in der Stimme: „Da schwappen ganze Wohlfühlwellen durchs Ländle.“ „Du meinst die entstandenen schicken Wellnessoasen für größere Geldbeutel und die ganzen Selbsterfahrungsorte an denen man seine Persönlichkeit und den guten Bezug zur Natur wieder entdecken und weiterentwickeln kann und die überaus beliebten Yogazentren, Paula?“, erkundigte sich Carl zustimmend.

Sanfte Heilmethoden

Er war erleichtert, dass Paulas Gesichtszüge wieder einen entspannten Ausdruck zeigten und ihr Zwiegespräch sich nun zu einem anregenden Austausch entwickelte. Und so vertraute Carl ihr auch seine Vermutungen an: „In einem Artikel* habe ich über die Spekulation gelesen, dass genau wegen dieser guten Entwicklung, bei der sich Menschen friedlich und kooperativ ihrer Selbstbestimmung bewusst werden und die Zusammenhänge zwischen ihrem Lebensstil und der Natur kennenlernen, die Hysterie um die >Karinakrise< geradezu gefördert wird. Die Umsätze und Gewinne der auf die Landwirtschaft konzentrierten Pharmaindustrie sind weltweit genauso kontinuierlich zurückgegangen, wie die des so genannten Biolandbaus und der an natürlichen Lebensweisen orientierten Branchen angestiegen sind; Dienstleistungen im Umfeld der vielen sanften Heilmethoden und bewussten Ernährungsweisen verzeichnen ganz außerordentliche Wachstumszahlen.

Angstmacherei

Weil aber die industrielle Produktion von Giften, wie Glyphosat*, und sinnlos überdosierten Medikamenten, wie zum Beispiel Antibiotika, in den dezentralen Strukturen einer globalen lebensnahen Denk- und Handlungsweise keine Profite mehr macht, will man mit einer staatlich verordneten Impfpflicht, wo fragwürdige Seren verwendet werden, die guten Umsätze der Pharmaindustrie wieder sichern. Und um die direkte unkontrollierbare Kommunikation zwischen den Menschen zu unterbinden, sei man langfristig bestrebt durch noch mehr Angstmacherei und unsinnige Bestimmungen, die jetzt so gut funktionierende Isolation der Menschen weiter zu kultivieren – auch auf die Gefahr hin, dass Menschen dann an den Folgen von Medikamenten, die sie nicht vertagen, und einer durch Einsamkeit verursachten Immunschwäche und nicht an verteufelten Viren sterben.“ … Fortsetzung folgt

Erläuterungen:

*Biomusterregion Hohenlohe: https://mlr .baden-wuerttemberg.de/de/unsere-themen/landwirtschaft/oekologischer- landbau/bio-musterregionen/

*Genießerregion: https://www.hohenlohe.de/Typisch/Geniesserregion-Hohenlohe.html

*Wachstum in Baden-Württemberg: https://www.statistik-bw.de/Service/Veroeff/Monatshefte/20200104

*Gifte in unserer Umwelt: https://www.bund.net/umweltgifte/glyphosat/

*Ansichten: https://ichbinanderermeinung.de/

Berichtigung aus Episode achtzehn wegen unzugänglicher Links:
https://www.uvp-verbund.de/trefferanzeige?docuuid=126C5978-B42B-4C28-8D57- CBF8D523D818&plugid=/ingrid-group:ige-iplug-bw&docid=126C5978-B42B-4C28- 8D57-CBF8D523D818
ist leider nicht funktionsfähig, daher muss man sich in der Seite des UVP-Verbund selbst durchklicken bis man dort die Unverträglichkeitsprüfung, z.B. für den Standort „Nesselbach“ anschauen kann.

Weiterhin ist der Link: https://freiraum-bw.de/blog/reiseinspiration/erholsames-wochenende-mit- %20einmaligem-ausblick/ nicht verwendbar, dort auf der Seite kann man sich zwar informieren und findet mit viel Aufwand schließlich diese Seite und dort das dritte Foto, welches im Hintergrund einen idyllischen Ausblick freigibt: https://www.hohenlohe-schwaebischhall.de/erlebnis/reiseinspiration/

Kontaktaufnahme zur Autorin ist möglich unter der E-Mail-Adresse:

b.haebich@web.de

   Sende Artikel als PDF   

„Unregulierte Finanzwirtschaft gefährdet den Wohlstand“ – Vortrag von Finanzexperte Gerhard Schick in Schwäbisch Hall

Einen Vortrag über die Folgen einer unregulierten Finanzwirtschaft hält der Finanzexperte Gerhard Schick am Mittwoch, 16. September 2020, um 19.30 Uhr in Schwäbisch Hall im Haus der Bildung (Dachgeschossraum). Veranstalter ist die Akademie der Weltmarktverlierer Schwäbisch Hall.

Von der Akademie der Weltmarktverlierer Schwäbisch Hall

Willfährige Wirtschaftsprüfer

Die Weltwirtschaftskrise 2008 hat es verdeutlicht. Unregulierte Finanzwirtschaft gefährdet den Wohlstand. Und bringt den Staat um Milliarden an Steuereinnahmen, siehe Cum-Ex-Geschäfte. Eine unrühmliche Rolle spielte hier die Beraterfirma KPMG. „Willfährige Wirtschaftsprüfer sind Erfüllungsgehilfen der Firmen“, titelte die Süddeutsche Zeitung dazu.

   Sende Artikel als PDF   

„Nichts war vergeblich – Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ – Ausstellung in Schwäbisch Hall

Die Ausstellung „Nichts war vergeblich – Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ wird am Dienstag, 1. September 2020, um 17 Uhr im Rathaus Schwäbisch Hall eröffnet. Die Rede zur Eröffnung hält Anne Rieger vom Friedensratschlag Kassel.

Von der Stadtverwaltung Schwäbisch Hall

Nicht mit dem NS-Terror abgefunden

Der Beitrag von Frauen zum Widerstand gegen die Nazi-Diktatur ist wenig erforscht und gewürdigt. Die neue Wanderausstellung des Studienkreises Deutscher Widerstand 1933-1945 zeigt die Lebensläufe von achtzehn mutigen Frauen, die sich nicht mit Gleichschaltung und Terror abfinden wollten. Sie halfen Verfolgten, verfassten Flugblätter und setzten bei gefahrvollen Aktionen ihr Leben aufs Spiel.

Ausstellung geht bis 19. September 2020

Die Ausstellung im Rathaus Schwäbisch Hall ist bis zum 19. September 2020 zu den Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen.

Weitere Informationen und Kontakt:

https://www.schwaebischhall.de/de/kultur-tourismus/veranstaltungen/veranstaltungskalender?tx_hwveranstaltung_hwveranstalt%5Baction%5D=show&tx_hwveranstaltung_hwveranstalt%5Bcontroller%5D=VeranstaltungFrontend&tx_hwveranstaltung_hwveranstalt%5Bid%5D=2796&cHash=e897044819f7c448c8ca388b128e0e74

   Sende Artikel als PDF   

„Protest gegen Rassismus“ – Kundgebung in Schwäbisch Hall

Eine „Kundgebung gegen Rassismus“ findet am Freitag, 28. August 2020, um 17.30 Uhr auf dem Bonhoeffer-Platz in Schwäbisch Hall statt. Vor 57 Jahren – am 28. August 1963 – hielt der US-amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King seine berühmte Rede „I have a dream“.

Von Willi Maier, Schwäbisch Hall

Für Gleichstellung der Afroamerikaner

In seiner Rede in Washington D.C. fasste er die wichtigsten damals aktuellen Forderungen der Bürgerrechtsbewegung für die soziale, ökonomische, politische und rechtliche Gleichstellung der Afroamerikaner in Form einer Zukunftsvision für die Vereinigten Staaten zusammen. Zum Gedenken an diese Rede und als Protest gegen Rassismus findet am Freitag, 28. August 2020, die Kundgebung in Schwäbisch Hall statt. Beginn: 17.30 Uhr auf dem Bonhoefferplatz.

Folgende Gruppen und Parteien rufen zur Teilnahme auf:

Dritte-Welt-Laden, SPD, DKP, VVN, Solidarität International und MLPD. Jede/r kann am offenen Mikrophon einen Redebeitrag halten. Der Redebeitrag kann angemeldet werden unter der Telefonnummer 0791-6681 oder direkt bei der Kundgebung. Es besteht Masken- und Abstandspflicht.

   Sende Artikel als PDF   

„Lang beschattete Täler“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden achtzehnter Teil

„Lang beschattete Täler“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden achtzehnter Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig und sind weder gewollt noch beabsichtigt.

Von Birgit Häbich

XVIII Schwein

… Carl Eugen Friedner öffnete die Türe. Mit der lapidaren Bemerkung: „Gedichte konnte ich noch nie leiden“ begrüßte Paula Engel ihn mit einem gleichzeitig heftigen Glitzern in ihren grünen Augen. Er musste sehr tief durchatmen, aber immerhin: Sie war gekommen. Das telefonisch vorgetragene Gedicht hatte Paula vor zwei Tagen nicht mehr weiter kommentiert, sie nahm die Einladung zum Abendessen mit dem knappen Satz „Bin um achte bei Dir, bis dahin Tschüss“ an, und als kein weiterer Ton mehr aus dem Apparat kam, legte Carl den Hörer auf die Gabel. Wenn ich sie schon zum Essen einlade, könnte sie doch wenigstens ihre Freude darüber Ausdruck bringen, dachte sich Carl verstimmt und haderte kurz mit der ihm überheblich erscheinenden Umgangsform Paulas. Und jetzt begrüßte sie ihn unvermittelt in der selben Manier sogar an seiner eigenen Haustüre – Carl wiederholte konzentriert seine Atemübungen und verlegte seine Widerworte auf später. Nach einem Glas Wein und dem feinen Essen von Knolleries würde sie sicher sanfter gestimmt sein.

Gunst erringen

Paula trat ein und er führte sie direkt in seine Küche. „Darf ich Dir einen Honigwein anbieten? Nur ein Glas, bis Du nach Hause fährst, ist der Alkohol verflogen.“ Paula runzelte ihre Stirn, „Honigwein?“ „Ja, neuer Met vom Jagwald. Eignet sich vorzüglich als Aperitif!“, rief Carl nun wieder gut gelaunt und in der Hoffnung, Paulas Unmut damit beschwichtigen zu können. Diese nickte zustimmend und blickte sich unauffällig in der Küche um; Carl hielt Ordnung. Und sie sah, dass er alles gut vorbereitet hatte. Sogar an ein weißes Tischtuch und einen kleinen Strauß Wiesenblumen in einer schlichten Vase und an Kerzen auf dem hübsch gedeckten Tisch hatte er gedacht. Nachdem Carl ihr ein Glas von dem duftenden Wein überreicht hatte, holte er das Essen aus dem Warmhaltebehälter und fing an aufzutischen. „Nimm doch bitte Platz Paula“, forderte Carl sie höflich lächelnd auf. Und Paula ging ohne Bemerkungen auf seine Bitte ein. Als Carl sich ebenfalls hingesetzt hatte, erhob er sein gefülltes Glas und prostete ihr symbolisch zu. „Auf uns!“, und machte ein abwartendes Gesicht. Paula erwiderte: „Aus was auch immer das >uns< besteht“, wobei Carl meinte, aus dem Wort >uns< eine leicht ironische Note heraushören zu können. Atmen, dachte sich Carl, atmen, und ruhig bleiben; schließlich wollte er heute ihre Gunst erringen. „Was darf ich Dir schöpfen?“, fragte Carl, um abzulenken, „magst Du zuerst ein Kräutercremesüppchen mit frischem Brot?“ „Ja, gern“, erwiderte Paula, deren Miene sich nun etwas aufhellte, „und guten Appetit wünsche ich Dir Carl.“

Ferkelzuchtanstalt

Als Carl vor dem nächsten Gang die tiefen Teller und die Suppenschüssel abräumte, herrschte zu seiner Beruhigung eine harmonische und friedliche Stimmung in der Küche. Sie unterhielten sich über allerhand und Paula brachte zu Carls großem Erstaunen mit keinem Wort die Sprache auf die alte unselige Geschichte, die ja noch zu bereinigen war. Auch streifte Paula nicht mit einer Silbe ihr letztes Wiedersehen vor sechs Jahren und seinen damaligen Heiratsantrag. Und sie erwähnte auch nicht den hinterhältigen lebensbedrohlichen Überfall der auf sie verübt wurde. Sondern erzählte ihm, wie früher, unermüdlich unterhaltsame kleine Geschichten. Um diesen Frieden auch ja nicht zu stören, schöpfte er ungefragt aus den Schüsseln den Hauptgang auf ihre Teller. Carl fragte sich dabei innerlich, was Paula im Schild führte, aber bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, hub sie mit sanfter Stimme an: Carl? Bei dem herrlichen Schweinegeschnetzelten fällt mir ein, was ich Dich unbedingt fragen wollte: Was hältst du eigentlich von der Ferkelzuchtanstalt im Rahmen der geplanten Schweinestallerweiterung in Brauneck? Man hat da letzthin in den Haller Kirchen Unterschriften gegen diese Massentierhaltung gesammelt, welche vom Braunecker Gemeinderat befürwortet wurde.“

Sauerei

Mit diesem unappetitlichen Thema hatte Carl überhaupt nicht gerechnet. Wollte Paula jetzt allen Ernstes, über die dampfenden Teller, mit dem feinsten Geschnetzelten von Schweinen aus biologischer Haltung und den edlen Dinkelspätzle und der guten Soße hinweg, mit ihm über stinkende Massentierhaltung diskutieren? Er atmete abermals regelmäßig und wickelte mit dem Messer elegant ein paar Spätzle, von denen die glänzende Rahmsoße tropfte, um seine Gabel, um diese dann möglichst schnell in den Mund zu schieben. „Was meinst Du zu dieser Sauerei Carl?“, und setzte nach: „Bei Deiner soliden bäuerlichen Herkunft? Und gerade du, als heimatliebender Hohenloher, musst da doch zu bald zehntausend Schweinen, die man in engen Verschlägen halten wird, eine Meinung haben.“ Carl kaute derart bedächtig auf seinen Spätzle herum, als wolle er die genaue Bodenbeschaffenheit vom regionalen Anbaugebiet des Dinkels herausschmecken.

Stinkendes Abwasser

„Und, Carl, was ist? Oder fällt dieses Thema ebenfalls unter das unsinnige Schweigegelübde aus der Bubengymnasiumszeit?“ Und weil Carl weiterhin schwieg, setzte Paula nach einer Weile nach: „Stecken da etwa auch welche von den Brüdern aus der guten alten Zeit dahinter?“ Ohne Pause ergänzte sie mit der nächsten Frage: „Ist etwa das stinkende Abwasser, das dann den Schattenbach hinunterlaufen wird, besonders liberal und schützenswert?“ Die letzte Frage Paula Engels galt nun Carl persönlich: „Wozu eigentlich sagst du mir inbrünstig ein liebliches Heimatgedicht auf, wenn die beschriebene Idylle in Wahrheit nun schon wieder ernsthaft und dieses Mal aber unwiederbringlich von der Zerstörung bedroht ist?“

Kurzer Weg vom Dulden zum Verschulden

Es fiel ihm ein Zitat* aus dem Deutschunterricht am Bubengymnasium der Kreisstadt ein: „Vom Dulden zum Verschulden führt häufig nur ein kurzer Weg.“ Und Carl bekam ein schlechtes Gewissen. Er erinnerte sich an die verheerende Vergiftung der Jagst vor fünf Jahren. Die Jagst hatte sich zwar scheinbar gut davon erholt, doch der ständige Zufluss nährstoffreicher und mit Giften angereicherter Oberflächengewässer aus der mit chemischer Keule geführten Landwirtschaft, schadete nicht nur ihr erheblich. Auch waren längst noch nicht alle Kläranlagen der anliegenden Gemeinden und Städte auf dem neuesten Stand der Technik und so flossen zusätzlich sämtliche Medikamentenrückstände in die Flüsse Hohenlohes – Bühler und Kocher erlitten ja in dieser Hinsicht durchweg dasselbe Schicksal, wie der bei sanften Touristen überaus beliebte *Silberfluss. „Paula, ich weiß nicht was ich sagen soll“, gab Carl unumwunden mit leiser Stimme zu. … Fortsetzung folgt.

Erläuterungen:

*Sanfter Tourismus in Hohenlohe:
https://freiraum-bw.de/blog/reiseinspiration/erholsames-wochenende-mit- einmaligem-ausblick/

https://kocher-jagst-trail.de/content.php?cont_id=1&src=1&la=de

*Berichterstattung: https://www.swp.de/suedwesten/landkreise/lk-schwaebisch-hall/buerger- befuerchten-den-garaus-fuer-nesselbach-23590945.html

*Zulassungsverfahren: Erweiterung und Neubau einer Schweinemastanlage: https://www.uvp-verbund.de/trefferanzeige?docuuid=126C5978-B42B-4C28-8D57- CBF8D523D818&plugid=/ingrid-group:ige-iplug-bw&docid=126C5978-B42B-4C28- 8D57-CBF8D523D818

*Zitat von Erich Limpach: https://gutezitate.com/autor/erich-limpach

*Silberfluss – So nennt die Autorin Agnes Günther in ihrem Roman „Die Heilige und ihr Narr“ die Jagst.
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.100-todestag-von-agnes-guenther-das- auflagenwunder-der-pfarrersfrau.28e5ae57-6693-4690-8f8c-e0194fbb1e22.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Heilige_und_ihr_Narr

Kontaktaufnahme zur Autorin ist möglich unter der E-Mail-Adresse:

b.haebich@web.de

   Sende Artikel als PDF   

„Wir reden schon von Faschismus“ – Susan Neiman nach Einsatz von US-Bundespolizei gegen Demonstranten in Portland (USA)

Auf einen Radiobeitrag des Südwestrundfunks „SWR2“ vom 28. Juli 2020 hat ein Hohenlohe-ungefiltert-Leser hingewiesen. Es geht um den Einsatz der US-Bundespolizei gegen Demonstranten in den USA. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht den Link zu der SWR2-Sendung.

Informationen zusammengestellt von Hohenlohe-ungefiltert

Autoritär ist ein zu schwacher Ausdruck

Während man in deutschen Medien im Zusammenhang mit Trumps Vorgehen gegen „Black Lives Matter“-Demonstranten noch von „autoritär“ reden würde, sei man in den USA da wesentlich deutlicher. „Wir reden schon von Faschismus“, sagt Susan Neiman, Direktorin des Berliner Einstein-Forums in SWR2 am Morgen. „Und wenn ich ‚wir‘ sage, meine ich überhaupt nicht irgendein linkes Blatt.“

Link zu dem Beitrag von Susan Neiman, US-Philosophin und Vorstandsvorsitzende des Berliner Einstein-Forum, nach Einsatz von US-Bundespolizei gegen Demonstranten: „Wir reden schon von Faschismus“:

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/wir-reden-schon-von-faschismus-trump-entsendet-bundespolizei-in-amerikanische-staedte-100.html

„Sturmtruppen“

Auch die US-Demokratin Nancy Pelosi, Vorsitzende des Repräsentantenhauses, hätte nach dem von Trump angeordneten Einsatz von US-Sicherheitskräften in Portland getwittert: „Trump und seine Sturmtruppen müssen weg.“ Das hätte schon etwas zu bedeuten, wenn eine Demokratin wie Nanci Pelosi von „Sturmtruppen“ spreche. Sie wisse, dass es in Deutschland tabu sei, das Wort „Faschismus“ auf ein anderes Land anzuwenden, so Neimann. Aber die Diskussion über Faschismus in den USA liefe dort schon seit langem. Und jetzt, mit diesem Angriff auf Portland, habe sie einen Punkt erreicht, wo man das wirklich ernst nehmen müsse.

„Es ist jedem klar, der diese Präsidentschaft verfolgt hat, dass Trump kein Interesse hat an einer demokratischen Gesellschaft. Er hat so viele Versuche (unternommen), diese Demokratie auszuhöhlen, dass ich ihm alles zutraue.“
Susan Neiman in SWR2

Gesellschaftliche Proteste

Trotz gesellschaftlicher Proteste hat US-Präsident Donald Trump angekündigt, auch weiterhin schwere Einsatzkräfte der US-Bundespolizei in amerikanische Städte zu entsenden.

Link zu dem Beitrag von Susan Neiman, US-Philosophin und Vorstandsvorsitzende des Berliner Einstein-Forum, nach Einsatz von US-Bundespolizei gegen Demonstranten: „Wir reden schon von Faschismus“:

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/wir-reden-schon-von-faschismus-trump-entsendet-bundespolizei-in-amerikanische-staedte-100.html

   Sende Artikel als PDF   

„Lang beschattete Täler“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden siebzehnter Teil

„Lang beschattete Täler“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden siebzehnter Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig und sind weder gewollt noch beabsichtigt.

Von Birgit Häbich

XVII Jagst

… Als er gerade die letzten Zeilen der Transformationsforscherin gelesen hatte und mit sich und der Welt zufrieden das Buch schloss, läutete es. Das müsste jetzt Paul sein, dachte sich Carl und ging an die Haustür, um dem Freund die Tür zu öffnen. Paul Malibo lächelte ihn freudig an und Carl breitete seine Arme aus, um den Freund fest an sich zu drücken. Paul erwiderte die freundschaftliche Umarmung herzlich, und noch bevor sie in der Küche angekommen waren, diskutierten sie bereits heftig die politischen Neuigkeiten und die derzeitige wirtschaftliche Lage – Paul war als weit Gereister stets über alles im Bild was sich in Deutschland, in Europa und auf der Weltbühne tat. Den intellektuell anregenden Austausch mit Paul als ebenbürtigem Diskussionspartner genoss Carl in vollen Zügen. In Hoheitshausen beschränkten sich die gewöhnlichen Wortwechsel mit seiner Schwiegermutter auf alltägliche Rituale, und seit Gisléne nicht mehr da war, brachte ihn niemand mehr mit erfrischenden Wortgewittern zum Lachen, geschweige denn auf andere Gedanken.

Weggelaufene Tochter

Carl Eugen machte seine obligatorische Kanne Melissentee und stellte die feinen skandinavischen Süßigkeiten auf einem Teller zusammen. Als sie dann zusammen das Geschirr, den Tee und den großen beladenen Teller auf dem Gartentisch platziert hatten und sich gemütlich zurücklehnten, ging ihr reger Gedankenaustausch zu persönlichen Dingen über. „Und, Paul, wo ist Deine Gisléne?“, fragte Carl irgendwann, als Paul nicht von sich aus die Rede auf seine weggelaufene Tochter brachte. Abrupt veränderte sich Pauls offener Gesichtsausdruck. Sein Blick erstarrte zu einer unbeweglichen Maske und seine Stimme war rau und hart, als er antwortete: „Morgen fahre ich zum Ältesten meiner Söhne nach Nürnberg.“ Carl fiel auf, dass Paul noch immer seinen Erstgeborenen in der Rangfolge seiner ihm nachfolgenden männlichen Linie benannte, und nach alter Sitte nicht seinen Namen, sondern seine Funktion in der Familie benannte. „Dort gibt es einen Familienrat. Yann wird auch dabei sein, seine Schwester bereitet unserer Familie Schande.“ Als keine weiteren Erklärungen folgten und Paul seine steinerne Haltung beibehielt, insistierte Carl weiter: „Hat Gisléne sich bei Dir gemeldet?“ „Nein“, erwiderte Paul, „Yann hat angerufen.“ Auf weitere Fragen Carls antwortet Paul nicht mehr und blickte nur noch mit kalten Augen und stumm vor sich hin.

Traditionelle Haltung

Diesen Wesenszug kannte Carl bei Paul nur zu gut. Über familiäre Themen war nicht mit ihm zu reden. Pauls Verhalten in Bezug auf seine traditionelle Haltung stand im krassen Gegensatz zu seinen sonstigen liberalen Ansichten, welche er freudig und mit einer schier unglaublich heiteren Sanftmut predigte. Carl würde warten müssen, bis Paul sich ihm wieder von alleine zuwenden und sich mit ihm unterhalten würde. Also räumte er den Tisch ab, spülte das Kaffeegeschirr und brachte die Küche in Ordnung. Als Carl nach einer Stunde mit zwei Gläsern und einer Kanne Wasser wieder zu Paul an den Tisch trat, sah er, dass das Gesicht des Freundes sich etwas erhellt hatte.

Unvermittelte Frechheit

Mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung setzte er sich zu Paul an den Tisch. Sie klärten kurz ab, wann sie morgen früh aufstehen und wie Paul zum Bahnhof kommen würde, und verbrachten noch ein paar Minuten bei belanglosem Geplauder über das Wetter. Paul verabschiedete sich bald, um früh ins Bett zu gehen, er wollte morgen früh ausgeruht sein.
Und so nützte Carl die Gelegenheit, um noch bei Paula anzuläuten, unter anderem wollte er auch das geplante Treffen am Wochenende konkretisieren. Sicherlich saß die nachtaktive Frau noch an ihrem Computer bei einer Bildbearbeitung; und tatsächlich erreichte er Paula Engel, wie erwartet, zu dieser späten Stunde bei bester Laune. „Engel?“, tönte ihre Stimme fragend an Carls Ohr und er lächelte: „Friedner, wenn es erlaubt ist?“ „Ah Carl, du bist es. Treibt dich dein schlechtes Gewissen um und kannst Du nicht einschlafen?“ Diese unvermittelte Frechheit ließ Carl Eugen verstummen, er hatte nicht damit gerechnet, dass Paula ihm als allererstes sein einstiges Versagen vorhalten würde – er hätte es angemessen gefunden, wenn sie sich in liebevollem Tonfall nach seinem Befinden erkundigt hätte.

Unselige Gerichtsverhandlungen

Wie, so fragte er sich, sollte er dieser Frau nur begegnen? Ständig änderte sie ihre Art mit ihm umzugehen und jetzt so eine entmutigende Frage; Carl wollte ihr eigentlich ein Gedicht vorlesen. Er hatte sich so viel Mühe gegeben, Verse in Mundart zu finden, welche nicht nur seinen aufrichtigen Liebesgefühlen ihr gegenüber, sondern auch ihrer beider treuer Heimatverbundenheit Ausdruck verlieh. Enttäuscht und unfähig etwas zu antworten, kamen ihm auch noch unvermittelt die unseligen Gerichtsverhandlungen in Heilbronn in den Sinn und er schloss die Augen.
„Carl? schallte es nun wesentlich sanfter aus dem Hörer, „Carl, bist du noch da?“, erkundigte sich Paula Engel nochmals vorsichtig. Carl Eugen Friedner atmete noch ein paar Mal deutlich hörbar ein und aus – diese Atemtechnik hatte er sich einst in der Herzklinik in Hoheitshausen angewöhnt, um in belastenden Situationen besser zu bestehen. Zwar konnten sehr aufmerksame Menschen – zu denen auch Paula gehörte – seine gefühlsmäßige Betroffenheit erahnen, aber Carl nahm dies eben billigend in Kauf; ersparte ihm diese Umgangsform doch, den Unmut in sich hinein zu fressen. Er wollte weder einen Herzinfarkt noch ein Magengeschwür riskieren.

Ein Gedicht

„Carl, was ist?“, Paulas Stimme klang jetzt derart besorgt, dass Carl sich aufraffte, ihr eine gescheite Antwort zu geben: „Ja Paula, ich war irritiert über deine Frage. Eigentlich wollte ich Dir etwas sagen“, und er schwieg abermals. „Was wolltest du mir denn sagen, Carl? fragte sie nach einer weiteren Pause erneut. Er beschloss ihr zu vertrauen und hub an, ohne weitere Erklärung, Paula das romantische Gedicht vorzutragen:

D ́Jogscht

„Was for de Schwob dr Necker isch, fors deitsche Reich dr Rhei,
des is for uns halt unser Jogscht: sou ischs un sou muß ́s sei!
A so e sauwers Flüßle geits
Sunscht nerchends uf dr Welt,
un wenn erscht d ́Sunne einischeint no glänzts wie Silwergeld.
Die schene Renkli guck d`r ou, die Schlößli uf dr Höh,
die sauwre Höft im grüne Dool, mei Liewer, des muscht seh!

Der Kocher schlupfet gar zu gern noch näher zure nou; er denkt: Zu soner schiene Fraa ghört aa en schiener Mou.
Am Summer pfuddle dBouwe drin Mit dene Gensch um dWett,
die Kerli schlooche Borzelbeem wie klaane Borsch im Bett.
Un Schwälwli fliecha driwer her, un unde schnalzet dFisch; des geit e Bild, soe friedlich schee, daßs net zom Sooche isch.
Drum hörsch du bei uns iwerool, wud gehsch und schtehsch un hockschd, s schönst Flüßle uf der ganze Welt isch unscher liewe Jogschd!*

… Fortsetzung folgt.

Erläuterungen:

* Gedicht von N. Landwehr 1932,
Seite 160 in „Die Jagst von der Quelle bis zur Mündung“ von Bernhard H. Lott erschienen im Swiridoff Verlag

https://de.wikipedia.org/wiki/Jagst#Die_Urspr%C3%BCnge_der_Jagst

Kontaktaufnahme zur Autorin ist möglich unter der E-Mail-Adresse:

b.haebich@web.de

   Sende Artikel als PDF   

„Bei Zwangssterilisierung gestorben“ – Frida Grüb aus Obersteinach wurde 1935 im Haller Diakonissen-Krankenhaus umgebracht

Schon bald nach der Machtübergabe 1933 haben die Nationalsozialisten damit begonnen, Kranke, Behinderte, Nicht-Angepasste, Fürsorge-Empfänger, Alkoholiker und andere Menschen zu diskriminieren. Ein wichtiges Ziel: Diese Menschen sollten keine Kinder bekommen. Auch in der Region Hohenlohe wurden viele von ihnen „unfruchtbar gemacht“. Im heutigen Landkreis Schwäbisch Hall geschah dieser ärztliche Eingriff im Krankenhaus Crailsheim, in der Diakonissen-Anstalt Schwäbisch Hall oder im Krankenhaus in Gaildorf.

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Eltern sollten Kosten bezahlen

Ein Beispiel von vielen – aber auch ein ganz besonderes – gibt es aus Obersteinach bei Ilshofen: Frida Grüb starb am 17. Januar 1935 bei dem ärztlichen Eingriff im Diakonissen-Krankenhaus Schwäbisch Hall. Sie war zum Zeitpunkt ihres Todes 26 Jahre alt. Frida Grüb war Tochter des Zimmermanns Georg Grüb und seiner Frau Magdalena Grüb, geborene Vogel. Frida Grüb wurde auf Anordnung des Mergentheimer Oberamtsarztes Dr. Friedrich Förstner „zwecks Unfruchtbarmachung in die Diakonissenanstalt Hall eingewiesen“, steht im Protokoll der Gemeinderatssitzung Obersteinach vom 31. Januar 1935. „Infolge der Operation“ ist die junge Frau im Krankenhaus gestorben. Die Diakonissenanstalt wollte die Kosten für die „Einsargung und Überführung der Verstorbenen nach Obersteinach“ von den Angehörigen bezahlen lassen. Die Kosten sind „bei Abholung der Leiche zu bezahlen“, steht im Sitzungsprotokoll des Obersteinacher Gemeinderats. Der Vater von Frida Grüb erklärte dem Bürgermeisteramt Obersteinach, dass er „zur Zeit nicht in der Lage sei, diese Kosten aufzubringen“. Er bat die Gemeinde, ob die Kosten vorläufig von der Gemeindekasse übernommen werden könnten. Die Gemeinderatsmitglieder erkannten die „Vermögenslosigkeit der Eltern der Frida Grüb“ an und beschlossen, die Kosten in Höhe von 58 Reichsmark (RM) vorläufig durch die Ortsfürsorgebehörde (Gesamtgemeindepflege) zu übernehmen. „Gegebenenfalls zu geeignetem Zeitpunkt“ sollten die Kosten aber von der Familie Grüb ersetzt werden.

DIAK machte weitere Kosten geltend

Doch damit nicht genug. Das Diakonissenkrankenhaus in Hall machte weitere Kosten geltend. Damit befasste sich der Obersteinacher Gemeinderat in seiner Sitzung vom 4. April 1935. Es seien „außer den Kosten für die Einsargung und Überführung der an der Unfruchtbarmachung verstorbenen Frida Grüb auch 32,25 RM Verpflegungskosten in Hall und 54,82 RM Arztkosten für die Unfruchtbarmachung, zusammen also 87,07 RM entstanden.“ Weiter ist im Sitzungsprotokoll zu lesen: „Die Verstorbene war in keiner Krankenkasse, hat keinerlei verwertbaren Nachlass hinterlassen und die unterhaltspflichtigen Angehörigen selbst sind auch nicht in der Lage diese Kosten zu bezahlen. Nach dem Reichsgesetz über die Unfruchtbarmachung hat in solchen Fällen der zuständige Fürsorgeverband einzugreifen. Als solcher kommt nur der Ortsfürsorgeverband Obersteinach in Betracht.“ Die Gemeinderäte fassten deshalb den Beschluss „Die weiter durch die Unfruchtbarmachung der Frida Grüb entstandenen Kosten mit 87,07 RM auf den Ortsfürsorgeverband zu übernehmen.“

In Obersteinach beerdigt

In den Kirchenbüchern der Evangelischen Kirchengemeinde Obersteinach wird das Todesdatum von Frida Grüb mit 17. Januar 1935 angegeben. Todesursache: „Nach Sterilisierungsoperation“. In die Spalte „Ort und Zeit des Todes“ hat Pfarrer Gerhard Fritz geschrieben: „Sch.-Fall (Diakonissenanstalt)“. Was ein „Sch-Fall“ ist, kann nur vermutet werden. Frida Grüb wurde am 20. Januar 1935, um 13.30 Uhr in Obersteinach beerdigt. Pfarrer Fritz hat über Jesaja 42,2+3 und Matthäus 12, 19 +20 die Trauerpredigt gehalten. Das Grab von Frida Grüb existiert heute nicht mehr.

In Obersteinach geboren

Im Stadtarchiv Schwäbisch Hall gibt es andere Daten zur Verstorbenen. Dort ist die junge Frau ein Jahr älter und ihr Vorname wird auf der archivierten Sterbeurkunde mit „Frieda“ angegeben und nicht mit „Frida“ wie in den Gemeinderatsprotokollen von Obersteinach und den Einträgen in den Kirchenbüchern der örtlichen Kirchengemeinde. Schwäbisch Halls Stadtarchivar Andreas Maisch antwortete auf eine Anfrage: „Die Sterbeurkunde von Frieda Grüb, geb. 23. April 1907 in Obersteinach, gestorben am 17. Januar 1935 in der Diakonissenanstalt Schwäbisch Hall (StadtA Schwäb. Hall 74/303, Nr. 6) liegt hier vor. Die Anzeige des Todes erfolgte durch den Leichenbesorger Johann Roth. Weitere Angaben (etwa zur Todesursache) sind nicht enthalten.“
Die Angaben des Stadtarchivs Schwäbisch Hall decken sich mit den Dokumenten im Kreisarchiv Schwäbisch Hall. Das Kreisarchiv nennt als Quelle das „Sterbenebenregister 1935“.

In Obersteinach konfirmiert

Wer war Frida Grüb? Warum sollte sie sterilisiert werden? Darüber ist außer den genannten Dokumenten in Archiven und Kirchenbüchern nichts bekannt. Auch ortskundige Obersteinacher, mit denen der Autor seit Herbst 2019 gesprochen hat, wissen nichts über das Schicksal von Frida Grüb. Im Taufregister der Kirchengemeinde Obersteinach steht, dass sie am 23. April 1908 in Obersteinach geboren ist. Auf der Sterbeurkunde, die im Schwäbisch Haller Stadtarchiv vorliegt, heißt sie Frieda (mit e in der Mitte) Grüb und ist am 23. April 1907 in Obersteinach geboren. Laut Obersteinacher Kirchenbüchern wurde Frida Grüb am 23. April 1908 geboren, am 17. Mai 1908 getauft und 1922 in Obersteinach konfirmiert.
Die Familie Grüb hat in Obersteinach in einem so genannten Armenhaus gewohnt. Das Haus an der Orlacher Straße stand Anfang der 1960er Jahre noch, berichtet ein Zeitzeuge aus Obersteinach.

„Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“

Grundlage für die Zwangssterilisierungen von Männern und Frauen durch die Nazis war das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933. Es trat am 1. Januar 1934 in Kraft. Auf Grund des Gesetzes entstanden Erbgesundheitsgerichte, die den Amtsgerichten angegliedert wurden. „Dem Richter wurden ein beamteter Arzt und ein weiterer, mit der Erbgesundheitslehre besonders vertrauter Mediziner beigegeben“, schreibt der Schwäbisch Haller Stadtarchivar Andreas Maisch in dem Buch „Ausmerzen – Eugenik, Zwangssterilisierung und Krankenmord in Schwäbisch Hall 1933-1945“. Das Buch hat Maisch 2009 zusammen mit Heike Krause veröffentlicht.

Auch Alkoholabhängige waren in Gefahr

Dem Richter und die beiden Ärzte hatten die Vollmacht, Erbkrankheiten im Sinne der gesetzlichen Definitionen festzustellen. Zu den Erbkrankheiten rechnete der NS-Staat „angeborenen Schwachsinn, Schizophrenie, zirkuläres (manisch-depressives) Irresein, erbliche Fallsucht, erblichen Veitstanz (Huntingtonsche Chorea), erbliche Blindheit, erbliche Taubheit und schwere erbliche Missbildung“. Wer als erbkrank in diesem Sinne galt, konnte sterilisiert werden. Unfruchtbar gemacht werden konnten auch Personen, die an schwerem Alkoholismus litten. (…) Alle am Verfahren Beteiligten wurden zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Anträge auf Sterilisierung konnten die Betroffenen selbst stellen, ebenso ihre gesetzlichen Vertreter, die Amtsärzte und die Leiter von Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten sowie von Strafanstalten für ihre Insassen. Vom Verfahren blieb die Öffentlichkeit ausgeschlossen, Zeugen konnten gehört werden (…). Überstiegen die Kosten eine Obergrenze mussten die Sterilisierten die Kosten selbst tragen.

Familien mit vielen Kindern lebten gefährlich

„Das Fürsorgeamt Schwäbisch Hall schlug relativ wahllos Personen mit vielen Kindern vor, die von ihm unterstützt werden mussten. Die ersten Listen datierten vom 14. September 1933“, berichtet Stadtarchivar Maisch. Darauf standen 63 Haller Familien, in denen Vater und/oder Mutter zwangsweise sterilisiert werden sollten. „Alkoholismus, Geschlechtskrankheiten, Bettelei, Gefahr bei Geburten, Taubheit, Sittlichkeitsvergehen, Lungenkrankheiten, Geisteskrankheiten, geistige Beschränktheit, Operationen wegen Stirnhöhlenvereiterung und körperliche Behinderung wurden als Gründe genannt.“ Andere schienen dem Fürsorgeamt einfach zu viele Kinder zu haben und sollten keinen weiteren Nachwuchs bekommen. „Bei vielen Menschen fehlte selbst dem NS-Amtsarzt jede gesetzliche Grundlage“, schreibt Maisch weiter.

360.000 Menschen sterilisiert

Im Gebiet des Deutschen Reiches wurden ungefähr 360.000 Menschen auf Grund des Gesetzes von 1933 zeugungsunfähig gemacht. Im Dezember 1934 wurden die Bürgermeisterämter aufgefordert, Verzeichnisse von Personen anzulegen, die auf Erbkankheiten hin untersucht worden waren. Im Bezirk des Gesundheitsamts Hall (Oberämter Hall und Gaildorf) zeigten Haller und Gaildorfer Ärzte und Anstalten zwischen 1935 und 1941 mehr als 2000 ihrer Patientinnen und Patienten an, weil sie glaubten, die betreffenden Personen fielen unter das Zwangssterilisierungsgesetz. Über 50 Prozent der Anzeigen stammte von den Amtsärzten selbst, etwa 20 Prozent von den Anstalten im Gebiet der beiden Kreise und 17 Prozent von den frei praktizierenden Ärzten. 303 Anträge – überwiegend von den Amtsärzten – wurden an das Erbgesundheitsgericht weitergeleitet. Zwei Drittel der Anträge wurden mit „angeborenem Schwachsinn“ (202) begründet, etwa 20 Prozent mit Schizophrenie (58), einige mit „erblicher Fallsucht“ (14), „zirkulärem Irresein / manisch-depressiv“ (8), „erblicher körperlicher Missbildung“ (7), „erblicher Taubheit“ (6), „schwerem Alkoholismus“ (5) und „erblicher Blindheit“ (3).
Nach dem Gesetz von 1933 zwangsweise im Bereich des Haller Gesundheitsamts bis 1941 sterilisiert wurden 205 Menschen, 109 Frauen und 96 Männer. „Elf Menschen mussten mit Zwangsmaßnahmen zur Sterilisierung geschleppt werden“, berichtet Maisch.

Chirurgischer Eingriff, später Röntgenstrahlen

In der Diakonissen-Anstalt Hall hatte der Chirurg Dr. Wilhelm Dürr am 6. April 1934 „die Ermächtigung erhalten, die unter das Gesetz fallenden Frauen und Männer zu sterilisieren. Unterstützung erhielt er seit November 1937 durch den neu im Diak angestellten Gynäkologen Dr. med. Hellmut Teichmann, der künftig für die Sterilisation von Frauen zuständig war, während Dr. Dürr nun ausschließlich Männer operierte.“ In den ersten Jahren wurden die Menschen im Diakonissen-Krankenhaus unfruchtbar gemacht, indem ihnen durch einen chirurgischen Eingriff die Ei-, beziehungsweise Samenleiter unterbunden wurden. Später wurden aus Kostengründen Röntgenstrahlen verwendet. Diak-Leiter Pfarrer Wilhelm Breuning sprach in einem Brief vom 4. Oktober 1937 an das Württembergische Innenministeriums bei dieser Methode der Unfruchtbarmachung von „Röntgentherapie“.

Noch einmal 141 Frauen unfruchtbar gemacht

Eine Gesetzesänderung wurde am 26. Juni 1935 beschlossen. Auf Grundlage dieses geänderten Gesetzes wurden im Bezirk des Haller Gesundheitsamts bis 1943 noch 141 Frauen unfruchtbar gemacht. Insgesamt waren es im Bereich des Haller Gesundheitsamts zirka 346 Menschen, die von den Nazis verstümmelt wurden.
Für den Altkreis Crailsheim wurde die „genaue Anzahl der betroffenen Männer und Frauen noch nicht erhoben“, berichtet Crailsheims Stadtarchivar Folker Förtsch auf Nachfrage. Im Krankenhaus Crailsheim habe es aber „definitiv Zwangssterilisationen nach dem `Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses´ gegeben. Nach Schätzungen, die sich aus den Quoten anderer Landkreise errechnen lassen, müsse von mindestens 200 bis 300 Personen im Altkreis Crailsheim ausgegangen werden, so Förtsch. „Namentlich bekannt sind bisher knapp 20 Personen aus einem einzigen heutigen Crailsheimer Stadtteil, in dem ein Teil der einschlägigen Akten erhalten geblieben ist.“ Die Kreise Hall und Gaildorf zählten 1938 zusammengenommen knapp 52000 Einwohner. Im Landkreis Crailsheim lebten bei der Volkszählung 1939 mit rund 51500 Menschen fast genausoviele.

0,8 Prozent der Gesamtbevölkerung sterilisiert

Das Gesundheitsamt Mergentheim war zum Zeitpunkt des Todes von Frida Grüb für das Oberamt Gerabronn zuständig. Zum Oberamt Gerabronn gehörte auch die Gemeinde Obersteinach (Quelle: Staatshandbuch von 1936). Das verantwortliche Erbgesundheitsgericht müsste demnach dem Amtsgericht Langenburg angegliedert gewesen sein. Genaue Zahlen aus dem Zuständigkeitsbereich des Erbgesundheitsgerichts Langenburg liegen dem Autor nicht vor.
Im Bereich des Gesundheitsamts Hall wurden 0,8 Prozent der Gesamtbevölkerung sterilisiert, angezeigt wurden 4,5 Prozent. „Enorme Zahlen, die belegen, wie massiv die Rassenideologie in den Alltag der Bevölkerung eingriff“, fasst Halls Stadtarchivar Andreas Maisch zusammen. Eines der zahlreichen Opfer im heutigen Landkreis Schwäbisch Hall war Frida Grüb aus Obersteinach. Sie soll nicht vergessen werden.

Der Schreibtischtäter: Oberamtsarzt Dr. Friedrich Förstner

Der Oberamtsarzt Dr. Friedrich Förstner (geboren 1893 in Obergröningen), der die todbringende Sterilisierung von Frida Grüb angeordnet hatte, überlebte den Zweiten Weltkrieg. Von 1928 bis 1931 war Förstner Amtsarzt des Oberamts Gerabronn, von 1931 bis 1939 Amtsarzt und Leiter des Staatlichen Gesundheitsamts in Bad Mergentheim, ab 1936 auch Verwaltungsstellenleiter des dortigen Amts für Volksgesundheit.
Der NSDAP gehörte Förstner von 1933 bis 1945 an, der SA ab 1933. Von 1939 bis 1945 war er Amtsarzt und Leiter des Staatlichen Gesundheitsamts Esslingen/Neckar und Kreisamtsleiter des Rassenpolitischen Amts.

Mitglied des evangelischen Kirchengemeinderats Mergentheim

In Mergentheim wurde Förstner Mitglied des evangelischen Kirchengemeinderats, 1934 als Abgeordneter zum Württembergischen Landeskirchentags berufen. Kurz darauf ist er aus der Evangelischen Landeskirche ausgetreten. 1935 Beitritt zur Glaubensbewegung Deutsche Christen (DC), die den Nationalsozialisten nahestand. Den DC gehörte Förstner nach eigener Darstellung in seinem Entnazifizierungsverfahren bis 1939 an. Zu den DC sei er übergetreten, weil er „in dieser Bewegung zunächst eine Erneuerung des christlichen Glaubens im Sinne größerer Weitherzigkeit erwartete. Als er erkannte, dass diese Richtung religiösen Unsinn brachte, trat er aus“, schrieb Förstners Rechtsanwalt in einem Brief an die Spruchkammer Esslingen.

In Berufungsverhandlung nur noch „Mitläufer“

In der Spruchkammerverhandlung am 19. Januar 1948 wurde Förstner als Minderbelasteter (Stufe 3 von 5 Stufen eingruppiert). Er sollte 500 Reichsmark in Sachwerten in den Wiedergutmachungsfonds bezahlen. In der Berufungsverhandlung vom 28. Juni 1948 wurde er nur noch als Mitläufer (Stufe 4 von 5 Stufen) eingruppiert und musste eine Geldstrafe von 100 DM bezahlen.

Arztpraxis 1948 eröffnet

Bereits im Herbst 1948 eröffnete Friedrich Förstner wieder eine Arztpraxis. Im August 1949 wohnte er in Esslingen-Mettingen. Frida Grüb, die er zwangsweise sterilisieren ließ, lag seit dem 20. Januar 1935 in einem Grab des Friedhofs in Obersteinach. Das Grab existiert heute nicht mehr.

   Sende Artikel als PDF