„Corona-Lockerungen“ – Spielplätze und Stadtmuseum in Crailsheim wieder geöffnet

Nachdem das Land wenige Stunden vor der offiziellen Freigabe der Spielplätze die Hygienevorgaben festgelegt hatte, konnte die Stadt am Mittwoch, 6. Mai 2020, nahezu sämtliche Anlagen in Crailsheim wieder öffnen. Für die Aufrechterhaltung der Lockerung ist die Beachtung des Abstandsgebotes die wichtigste Regel. Auch das Stadtmuseum Crailsheim ist wieder geöffnet.

Von der Stadtverwaltung Crailsheim

Kurze Vorbereitungszeit

Erst wenige Stunden bevor die Spielplätze im Stadtgebiet durch die Corona- Rechtsverordnung am Mittwoch wieder freigegeben worden sind, hat das Land die offiziellen Hygienevorgaben hierfür verschickt. Ursprünglich hatte die Landesregierung am Wochenende die zum 6. Mai 2020 leicht verzögerte Öffnung damit begründet, dass sie den Kommunen genug Zeit zur Umsetzung geben wollte. „Leider sind diese von den Städten und Gemeinden sehnsüchtig erwarteten Hygieneempfehlungen nun erst am späten Dienstag durch das Ministerium mitgeteilt worden“, bedauert Crailsheims Oberbürgermeister Christoph Grimmer die geringe Vorlaufzeit.

Abstandsgebot von 1,5 Meter

Noch in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch wurden erste Maßnahmen zur Umsetzung getroffen. So galt es für alle 74 Anlagen die Quadratmetergröße zu ermitteln, da sich daran die maximale Zahl an erlaubten Kindern orientiert. Nach Ministeriumsvorgaben ist auf zehn Quadratmetern ein Kind zugelassen. Was wenig klingt, erweist sich in der Realität als eine Größe, die nur selten, selbst an gut besuchten Tagen, erreicht wird. Wesentlich entscheidender ist, dass sich die Besucher an das Abstandsgebot von 1,5 Metern halten. Das gilt nicht nur für den Nachwuchs, sondern auch für die Aufsichtspersonen selbst, wenn sie sich beispielsweise auf einer Bank niederlassen möchten. Zudem dürfen Kinder nicht alleine, sondern müssen immer in Begleitung eines Erwachsenen die Spielanlagen aufsuchen.
Durch einen Kraftakt in der Verwaltung und im Baubetriebshof ist es gelungen, sämtliche städtischen Spielanlagen bis Mittwochabend freizugeben und mit den entsprechenden Hygienehinweisen zu versehen. Spielgeräte oder -plätze an Schulen oder im Gebrauch von Kinderbetreuungseinrichtungen sind von der öffentlichen Nutzung zunächst ausgenommen.

Degenbachsee bleibt gesperrt

Weiterhin gesperrt bleibt indes der Degenbachsee samt dem dortigen Spielplatz. Hier laufen noch Sanierungsarbeiten am Kiosk, die wegen Verzögerungen durch die Corona-Krise nicht fristgerecht fertiggestellt werden konnten. Zudem hofft die Stadtverwaltung noch auf eine Klärung seitens des Landes, wie mit Badeseen künftig verfahren werden kann. Badeseen sind derzeit, wie Hallen- und Freibäder, noch gesperrt.

Stadtmuseum wieder geöffnet – Aber: Maskenpflicht

Seit dem 6. Mai 2020 kann das Stadtmuseum Crailsheim zu den gewohnten Öffnungszeiten wieder besucht werden. Allerdings müssen Besucher eine Maske tragen und nur eine begrenzte Zahl an Gästen kann gleichzeitig in die Räume. Neben den regulären Ausstellungen ist auch die regionale Schulkunstausstellung weiterhin zu sehen. Diese musste im März 2020 bereits nach kurzer Zeit aufgrund der Corona-Lage unterbrochen werden. Daher wurde die Ausstellung nun bis zum 27. Mai 2020 verlängert. Allerdings mussten die Hygienevorgaben verschärft werden. Besucher müssen in den geschlossenen Räumen des Museums künftig eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Zudem muss überall der Mindestabstand von 1,5 Meter eingehalten werden. Deshalb dürfen sich nur acht Gäste gleichzeitig in den jeweiligen Gebäuden aufhalten. Dadurch kann es zu Wartezeiten kommen.

Weitere Informationen und Kontakt:

www.crailsheim.de

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„Was wirklich wichtig ist“ – ATTAC-Gruppe ist solidarisch mit Forderungen der Beschäftigten im Diakonie-Krankenhaus Schwäbisch Hall

Auf eine Fotoaktion der Schwäbisch Haller Regionalgruppe von Attac macht Christian Kümmerer aufmerksam. Wie in diesen ungewöhnlichen Zeiten üblich, mit einer Besenlänge Abstand und Mund-Nase-Schutz, beteiligte sich die Attac-Gruppe an der bundesweiten Fotoaktion mit dem Motto „Was wirklich wichtig ist“.

Von Christian Kümmerer, Attac-Gruppe Schwäbisch Hall

Fahnen ausgerollt

Wir haben an unterschiedlichen Orten in Schwäbisch Hall Fahnen mit
den entsprechenden Forderungen ausgerollt und werden die anderen Bilder
in Kürze auf unserer Attac-Internetseite veröffentlichen.

Mehr Pflegepersonal auf die Stationen

Die „Heldinnen des Alltags“ sind auch die Betrogenen des Alltags. Statt großer Worte brauchen die Beschäftigten auch hier im Diakonie-Krankenhaus Schwäbisch Hall (Diak) eine deutliche Verbesserung ihrer Einkommen und eine entschiedene Entlastung durch Verbesserung des Personalschlüssels. Das heißt mehr qualifizierte Ärztinnen und Pflegepersonal auf die Stationen, um den zeitlichen Umfang der Schichten und die Wochenarbeitszeit zu verringern.

Mehr „Heldinnen des Alltags“

Und was für das Pflege und Gesundheitswesen gilt, ist ebenso für andere „Heldinnen des Alltags“ wichtig. Egal, ob bei der Müllbeseitigung, im Einzelhandel, Energieversorgung, Busfahrerinnen oder anderen Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge. Damit unterstützt Attac-Schwäbisch Hall die Forderungen der Gewerkschaft Ver.di und des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).

Weitere Informationen und Kontakt:

Christian Kümmerer, Kirchstraße 25, 74547 Untermünkheim-Enslingen

Zur Internetseite von Attac-Schwäbisch Hall:

https://www.attac-netzwerk.de/schwaebisch-hall/startseite/

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„Crailsheim: Auferstanden aus Ruinen…“ – Wiederaufbau nach 1945

Es gibt wahrscheinlich keinen gravierenderen Einschnitt in der Crailsheimer Stadtgeschichte als die Kriegszerstörung 1945. Von 1.799 Gebäuden in der Stadt Crailsheim waren im April 1945 1.152 von Kriegseinwirkungen betroffen. 444 davon waren total zerstört, 192 schwer, 77 mittelschwer und 439 leichter beschädigt. Zwei Drittel der Häuser in Crailsheim waren demnach nicht mehr oder nur noch eingeschränkt für Wohnzwecke nutzbar. Am verheerendsten war die Crailsheimer Innenstadt getroffen. Hier lag der Zerstörungsgrad bei zirka 95 Prozent.

Von der Stadtverwaltung Crailsheim

Tausende waren obdachlos

„Die Innenstadt bot das Bild einer einzigen Ruine“. So beschrieben die beiden für den Wiederaufbau hauptverantwortlichen Planer, Baurat Gustav Schleicher und der Ingenieur Ludwig Schweizer, rückblickend die Situation in Crailsheim. Die Ereignisse der letzten Kriegswochen hatten Tausende von Crailsheimerinnen und Crailsheimern obdachlos gemacht. Sie hausten teilweise in den Kellern ihrer zerstörten Häuser, suchten Unterschlupf in den umliegenden Dörfern, bei Verwandten und Bekannten, oder wurden in noch bewohnbare Häuser eingewiesen, in denen man entsprechend enger zusammenrücken musste.

Katastrophaler Baustoffmangel – Bauboom erst ab 1949

Aus Sicht der betroffenen Menschen ging der Wiederaufbau zunächst sehr schleppend voran. Ende 1945 waren erst 13 neue Wohnungen fertig gestellt. Die Zahlen für 1946 (mit 50) und 1947 (mit 30 neuen Wohnungen) waren ebenfalls noch recht bescheiden. Erst 1948 und vor allem 1949 setzte mit 92 bzw. 183 bezugsfertigen Wohneinheiten ein größerer Bauboom ein.
Für diesen nur langsam in Gang kommenden Wiederaufbau gab es eine Reihe von Ursachen: Ein wesentlicher Grund lag im katastrophalen Baustoffmangel. In einer Bürgerversammlung im März 1947 machte Regierungsbaumeister Stoll folgende Rechnung auf: Der Wiederaufbau würde bei den aktuellen Liefermengen an Dachziegeln 22 Jahre, bei Zement 44, bei Kalk 52, bei Holz 93, bei Backsteinen 130 und bei Eisen, sage und schreibe, 504 Jahre in Anspruch nehmen. Erst mit der Währungsreform von 1948 und der Aufhebung der Bewirtschaftung für fast alle Baumaterialien kam mehr Dynamik in den Wiederaufbau.

Trümmer wurden bis 1951 wieder verwertet

Eine weitere zeitraubende Notwendigkeit war die Enttrümmerung der zerstörten Innenstadt. Aus finanziellen Gründen und um von Baumateriallieferungen unabhängiger zu werden, wurde, anders als in vielen anderen Städten, in Crailsheim nur ein geringer Teil des Trümmerschutts vor die Stadt gekarrt, um ihn dort abzulagern. Vielmehr wurden die Trümmer Straße für Straße, Grundstück für Grundstück abgeräumt und größtenteils einer sogenannten Trümmerverwertung zugeführt. Im Bereich des Rathauses richtete man dazu eine entsprechende Werkstätte ein, in der der Schutt zerstoßen und zermahlen und daraus neue Steine und Betonsplitt gewonnen wurden. Diese Trümmersteine bildeten in den ersten Jahren den wichtigsten Baustoff für den Wiederaufbau Crailsheims. Fünf Jahre – von Mitte 1946 bis Mitte 1951 – nahm die Trümmerverwertung in Anspruch. Nach einer vorläufigen Bilanz wurden über 110.000 Kubikmeter Schutt abgeräumt und daraus knapp 3,5 Millionen neue Steine gefertigt.

Vollständige Neuplanung

Die eigentliche Wiederaufbauplanung begann im Januar 1946 mit der Einrichtung eines „Planungsbüros für den Wiederaufbau“, dem sogenannten Wiederaufbauamt, das zunächst im Fliegerhorst untergebracht war. Unter der Leitung von Regierungsbaurat Gustav Schleicher arbeiteten dort Privatarchitekten auf Honorarbasis, die vom Innenministerium bezahlt wurden. Neben Regierungsbaumeister Stoll ist hier vor allem Diplom-Ingenieur Ludwig Schweizer zu nennen. Ihnen wie auch den Verantwortlichen der Stadtverwaltung war die Bedeutung der Aufgabe bewusst: Das Ergebnis ihrer Arbeit würde das Gesicht Crailsheims „in den nächsten paar hundert Jahren“ bestimmen.
Von Anfang an war klar, dass die „neue“ Stadt kein exaktes Abbild des zerstörten Alt-Crailsheim sein konnte, einer im Kern mittelalterlichen Stadt mit schmalen Gassen und dicht zusammengerückten Häusergruppen. Dem Aufbau sollte eine vollständige Neuplanung vorausgehen. Diese zielte auf ein neues und moderneres Erscheinungsbild der Stadt. Nicht die Reminiszenz an das historische Crailsheim war leitender Gedanke bei der Wiederaufbauplanung, sondern die zeitgemäßen Anforderungen an Zweckmäßigkeit und baulicher Klarheit. Das „neue“ Crailsheim sollte moderner, aufgelockerter und heller, nach den Maßstäben der modernen Stadtplanung „schöner“ werden.

Der Wiederaufbau orientierte sich dabei an folgenden zentralen Grundsätzen:

► Wichtige Durchgangsstraßen wurden verbreitert, neue geradlinige Straßenzüge in zuvor eng bebauten Quartieren geschaffen. Ein gutes Beispiel dafür ist die heutige Adam-Weiß-Straße.
► Die Plätze der Innenstadt, insbesondere der Markt- und der Schweinemarktplatz, erfuhren eine deutliche Vergrößerung.
► Von der Nutzung her sollte Handels- und Gewerbebetrieben in der Innenstadt der Vorrang eingeräumt werden, während reine Wohngebäude und die noch vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebe an den Stadtrand verlagert wurden.
► Geplant wurde ein Grüngürtel, der die gesamte Innenstadt umschloss.
► Architektonisch strebte man eine „optische Ganzheitlichkeit“ durch Reihung gleicher Formen an. Hierher gehört besonders das Motiv der Arkaden im Bereich des Marktplatzes und der Langen Straße, ein in Crailsheim völlig neues bauliches Element.

„Wilder“, planloser Wiederaufbau sollte verhindert werden

Im Mai 1949 genehmigte das Innenministerium den endgültigen Stadtbauplan. Bis dahin hatten alle Bauvorhaben in der Innenstadt nur provisorisch vorgenommen werden können. Baugesuche von Innenstadtbewohnern, die ihre Häuser wiedererrichten wollten, mussten zurückgestellt werden, ein „wilder“, planloser Wiederaufbau sollte unter allen Umständen verhindert werden. Es gab lange Wartezeiten, die angesichts der Wohnungsnot bei den Betroffenen zu großem Unmut führten.

Baulandumlegung wurde bis 1956 notwendig

Die Umsetzung des neuen Stadtbauplans brachte es auch mit sich, dass nicht alle Ruinengrundstücke am alten Platz wiederaufgebaut werden konnten. Ungefähr 50 Ruinenbesitzer mussten zur Auflockerung der Innenstadt ausgesiedelt werden, in erster Linie die Besitzer landwirtschaftlicher Betriebe und nicht Gewerbe treibende Privatleute. Die Neuverteilung der Baugrundstücke machte eine Baulandumlegung notwendig. Von 1947 an bewertete ein gemeinderätlicher „Umlegungsausschuss“ alle Grundstücke der Innenstadt, entschied über jedes einzelne, ob es bleiben konnte, ob es verlegt oder mit einem Nachbargrundstück zusammengelegt werden musste, und nahm die Neueinteilung vor. Erst 1956 konnte der Ausschuss seine Arbeit abschließen. Über die komplizierten Verhandlungen mit allen betroffenen Grundstückseigentümern wurden mehr als 2.000 Seiten Protokoll angefertigt.

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„Einzelne wagten es doch“ – Ein neues Buch über den Widerstand in Ansbach während der NS-Zeit

„Einzelne wagten es doch“ lautet der Titel eines Buchs, das jetzt in Ansbach publiziert wurde und das aufzeigt, wie in der Zeit der Nazi-Diktatur trotz aller Repressalien und drohender Gefahren in der fränkischen Provinz Menschen sich wagten, Widerstand zu leisten oder sich widerständig zu verhalten.

Informationen zugesandt von Andreas Mundt, Buchhändler aus Crailsheim

Jahrzehntelang verdrängt und verhindert

Widerstand im „Dritten Reich“ – das verbindet man zumeist wohl vor allem mit den Hitler-Attentätern wie Georg Elser und Graf Stauffenberg oder mit der „Weißen Rose“, mit Berlin und München, mit den Zentren der damaligen Macht. Dass sich aber auch draußen im Land, sogar in den kleinen Städten Frauen und Männer auf unterschiedlichste Weise dem Nazi-Regime und seinen Untaten widersetzten, blieb oft weitgehend verborgen: nicht nur während der NS-Zeit, sondern bisweilen ganz gezielt und bewusst bis weit hinein in die Nachkriegsjahre. Wie in Ansbach, wo es der Kommunalpolitik gelang, die Erinnerung an die Geschehnisse, an die Verbrechen der Nationalsozialisten und an den Kampf dagegen jahrzehntelang erfolgreich zu verdrängen und zu verhindern.

Mindestens 2250 Euthanasie-Morde

Die mittelfränkische Bezirkshauptstadt war mit ihren in den dreißiger und vierziger Jahren etwa 32 000 Einwohnern eine Hochburg der Nazis. Und: Hier geschah in der Hitler-Ära Schreckliches, beispielsweise im Rahmen der „Euthanasie“. Mindestens 2250 Menschen, wahrscheinlich deutlich mehr, mussten ihr Leben lassen, nein, sie wurden ermordet in dieser Stadt oder von hier aus der Tötungsmaschinerie der Nazis zugeführt.

Widerwillig und selten thematisiert

Erst in den 1970er Jahren keimten die ersten ernsthaften Bemühungen auf, das Geschehen aufzuarbeiten. Jedoch blieb es noch bis hinein in die 1990er Jahre dabei, dass die Nazi-Verbrechen auf der kommunalpolitischen Ebene der Stadt nur äußert widerwillig und selten thematisiert wurden, wie auch die Frage nach einer Gedenkstätte für die Menschen, die sich hier dem NS-Staat widersetzt hatten, allen voran die Widerstandsgruppe Robert Limpert. Ein solches Denkmal wurde von der Mehrheit im Stadtrat gar als „Kainsmal“ abgelehnt, das sich diese Stadt nicht setzen wolle.

Stele „Wider das Vergessen“

Inzwischen aber hat sich die Situation verändert. Und die Gedenkstätte, eine „Widerstands-Stele“ direkt vor dem Ansbacher Rathaus, ist jenen mutigen Menschen gewidmet, die sich hier in unterschiedlicher Weise und an unterschiedlichen Orten widersetzten. „Wider das Vergessen“, heißt es in der Inschrift.
Die Stele wurde von der Regionalgruppe Ansbach der Bürgerbewegung für Menschenwürde in Mittelfranken initiiert und finanziert. Vier Autoren aus derselben Gruppe (die Historiker Alexander Biernoth, Dr. Frank Fätkenheuer und Rainer Goede sowie der Journalist und Schriftseller Ulrich Rach) haben jetzt ein Buch herausgegeben, in dem sie aufzeigen, wo, wie und in welchem Umfang in dieser Stadt Frauen und Männer Widerstand leisteten oder sich widerständig zeigten.

Geschichten vom Sterben, Leiden und Kämpfen

Sie berichten von Menschen, die sterben, leiden und kämpfen mussten, wie eben von Robert Limpert, den Widerstandskämpfer; vom damals in Ansbach residierenden Kirchenamtsdirektor Friedrich von Praun, der auf mysteriöse Weise im Gefängnis starb; vom polnischen Zwangsarbeiter Bornislaus Juzwik, der wie Limpert in den letzten Kriegsstunden hingerichtet wurde; von den SPD-Stadträten, die im KZ inhaftiert wurden; vom mitleidsvollen Verhalten einzelner Mitarbeiter in der Ansbacher Heil- und Pflegeanstalt gegenüber den Euthanasie-Opfern, unter ihnen viele Kinder, von der heimlichen Hilfe; von der komplizierten Situation in den Kirchen.

Reich illustrierte historische Dokumentation

Natürlich sind die Schilderungen des Widerstands und des widerständigen Verhaltens stets in den Kontext gebracht mit dem Geschehen, gegen das sich einst das Tun der sich widersetzenden Bürger richtete. So ist diese reich illustrierte historische Dokumentation auch eine Sammlung der verbrecherischen und politisch irrsinnigen Taten der Nationalsozialisten mitten in einer deutschen Kleinstadt, in der unmittelbaren Nachbarschaft der Bürger. Es ist eine erschütternde Darstellung von Geschehnissen, die heimatgeschichtlich bedeutend sind, in ihrer Tiefe und Intensität aber auch über die Grenzen der betroffenen Stadt hinaus als Beispiel dienen könnte und als Mahnung: „So etwas darf nie mehr geschehen!“

Buchinformation mit ISBN-Nummer

„Einzelne wagten es doch“, Alexander Biernoth, Frank Fätkenheuer, Rainer Goede, Ulrich Rach. Herausgeber: Ulrich Rach für die Regionalgruppe Ansbach der Bürgerbewegung für Menschenwürde in Mittelfranken e. V. ISBN 978-3-00-065092-5. 96 Seiten, vierfarbig, 12,80 Euro.

Weitere Informationen und Kontakt:

Andreas Mundt, Sauerbrunnen-Buchhandlung, Kolpingstraße 6, 74564 Crailsheim

E-Mail: sauerbrunnen-buch@web.de

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„Überwältigende Spendenbereitschaft“ – Nähmaschinen und vieles mehr für Flüchtlinge auf Lesbos

Der Artikel im Haller Tagblatt (16. April 2020) „Nähmaterial für Lesbos gesucht“ und in Hohenlohe-ungefiltert hat eine kleine Spendenlawine losgetreten.

Von Wilhelm Maier, Schwäbisch Hall

29 große Kartons Stoff und 13 Nähmaschinen

Dann begann für uns eine sehr erfüllende, aber auch anstrengende Woche. Mehrere Anrufe pro Tag, Stoffe, Nähmaterial und Nähmaschinen wurden vorbei gebracht und in unserer Garage abgestellt. Am Ende standen da 29 große Kartons mit Stoff und 13 Nähmaschinen sowie ein großer Karton mit diversem Material. Viele Leute wussten über die Situation der Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln Bescheid. Die Kartons mussten noch fest verklebt und mit einem Aufkleber über den Inhalt versehen werden. Am Ende mussten wir sogar noch einigen Leuten eine Absage erteilen.

Mit Spedition nach Griechenland

Die Sachen gehen mit einer Spedition nach Griechenland.
Auf das zentrale Spendenkonto sind seit 1. April 2020 rund 48592 Euro eingegangen (Stand vom 24.4.20).

Weitere Spenden sind möglich

Weitere Spenden sind möglich. Das Spendenkonto lautet:

Solidarität International e.V., IBAN: DE86 5019 0000 6100 8005 84, Stichwort: Moria/Lesbos)

Massenlager auflösen

Neben dieser Soforthilfe fordert der Frauenverband Courage und Solidarität International die sofortige Evakuierung aller Massenlager und -unterkünfte und die Unterbringung in kleineren Einheiten, damit es in dieser Corona-Pandemie nicht zu einem Massensterben kommt.

Wir möchten uns bei allen Spendern ganz herzlich bedanken.

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„Corona-Abstrich-Drive-In auf der Internetseite des Landratsamts Hohenlohekreis nicht zu finden“ – Kritik eines Lesers

Ein Hohenlohe-ungefiltert-Leser hat am 28. April 2020 versucht, die Adresse des Corona-Abstrich-Drive-Ins Kupferzell im Internet zu finden. Er hat sie gefunden, allerdings nicht auf der Seite des Landratsamts, sondern auf der Internetseite des Rundfunksenders SWR.

Informationen zugesandt von einem Hohenlohe-ungefiltert-Leser

Betreibt das Landratsamt Geheimhaltung?

Der Leser kritisiert: „Das Landratsamt betreibt diesbezüglich Geheimhaltung. Auch in der Suchfunktion Fehlanzeige…So kann man die Fallzahlen auch drücken…. Das fände ich skandalös.“

Anmerkung der Redaktion von Hohenlohe-ungefiltert:

Auch die Redaktion dieser Internet-Zeitung wurde bei einer Internet-Recherche heute, 30. April 2020, um 17.20 Uhr, auf der Internetseite des Landratsamts Hohenlohekreis nicht fündig.

Gefunden hat die Redaktion aber einen Hinweis auf der Internetseite des Hohenloher Krankenhauses in Öhringen:

https://www.hohenloher-krankenhaus.net/hlkh/Projektuebergreifende-Inhalte/Corona-Virus/index.php

Träger des Hohenloher Krankenhauses in Öhringen sind der Landkreis Hohenlohe und  Landkreis Hohenlohe und mehrheitlich von der Barmherzigen Brüder Trier-Gruppe.

Auf der Internetseite des Hohenloher Krankenhauses Öhringen steht zur „Drive-in-Abstrichstelle“ in Kupferzell-Belzhag:

Angesteckt – und nun?

Ab Montag, 16. März 2020, ist in Belzhag bei Kupferzell eine Zentrale Abstrichstelle für den Hohenlohekreis eingerichtet. Diese „Drive-in-Abstrichstelle“ wird von Ärzten der Kassenärztlichen Vereinigung gemeinsam mit dem Technischen Hilfswerk und dem Deutschen Roten Kreuz betrieben. In der Zentralen Abstrichstelle werden gebündelt Abstriche genommen. Die abgenommenen Proben werden per Kurier zum Labor gebracht. Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden die Betroffenen durch ihren Hausarzt informiert. Abstriche werden nur bei begründeten Verdachtsfällen vorgenommen, die sich telefonisch über den Hausarzt angemeldet und einen Termin erhalten haben.

Wann kann ich mich an die Zentrale Abstrichstelle im Hohenlohekreis wenden?

Die Zentrale Abstrichstelle dient als Anlaufstelle für Patienten, bei denen nach den Definitionen des Robert-Koch-Instituts (RKI) der begründete Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus besteht. Personen, die befürchten, sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben, sollten zunächst telefonisch Rücksprache mit ihrem Hausarzt halten.
Am Telefon erfragen Praxispersonal und Ärzte, welche Symptome bei dem Patienten vorliegen, und ob er sich vor kurzem in einem vom Robert-Koch-Institut ausgewiesenen Risikogebiet aufgehalten hat oder mit einer Coronavirus-erkrankten Person Kontakt hatte.

Wie läuft eine Beprobung in der Zentralen Abstrichstelle ab?

Liegt nach Einschätzung der Ärzte ein begründeter Verdachtsfall vor, wird nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt ein Termin für die Beprobung vereinbart. Dem Patienten wird vom Hausarzt mitgeteilt, zu welcher Uhrzeit er sich bei der Zentralen Abstrichstelle einfinden soll. Der Patient fährt mit seinem Auto an der Abstrichstelle vor und öffnet das Fenster auf der Fahrerseite, ein Mitarbeiter im Schutzanzug nimmt den Abstrich aus der Mundhöhle. Die Person muss das Auto dazu nicht verlassen. Zum Termin muss unbedingt die Krankenkassenkarte und der Personalausweis oder Reisepass zur eindeutigen Feststellung der Person mitgenommen werden. Privat versicherte Personen, die keine Krankenkassenkarte haben, müssen einen Personalausweis und soweit vorhanden einen Versicherungsnachweis ihrer Krankenkasse dabeihaben. Die abgenommenen Proben werden per Kurier zum Labor gebracht. Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden die Betroffenen durch ihren Hausarzt informiert.
Abstriche werden nur bei begründeten Verdachtsfällen vorgenommen, die sich telefonisch über den Hausarzt angemeldet und einen Termin erhalten haben. (…)

Artikel auf der Internetseite des Südwestrundfunks (SWR):

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/heilbronn/corona-reaktion-hohenlohekreis-100.html

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Der DGB zum Tag der Arbeit –  „Solidarität heißt dieses Jahr: Abstand halten“ – 1. Mai 2020 in Schwäbisch Hall und Hohenlohe

Die Corona-Pandemie bedeutet ein Leben im Ausnahmezustand: Viele Menschen können nicht zum Arbeitsplatz, wir sehen unsere Verwandten nicht mehr, unsere Freundinnen und Freunde, unsere Kolleginnen und Kollegen. Viele sorgen sich um ihre Existenz.

Von Anne Neuberger, DGB-Bezirk Baden-Württemberg, Regionsgeschäftsstelle Heilbronn

Für mehr Gerechtigkeit

Auch wir Gewerkschaften sehen uns aktuell mit einer neuen Situation konfrontiert, die uns alle extrem fordert. Wir wissen aber auch, wieviel Solidarität bewirken kann, denn „Solidarisch ist man nicht allein!“ Die Gewerkschaften haben ihre Kraft und Durchsetzungsfähigkeit schon immer aus dem Füreinander-Einstehen der Vielen bezogen. So haben sie für mehr Gerechtigkeit gesorgt und bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen erkämpft. Darum geht es auch heute wieder: Auch jetzt können und müssen wir solidarisch Leben retten. Wir übernehmen Verantwortung, für uns, und für alle anderen.

Keine Mai-Kundgebungen

Die Solidarität, welche die weltweite Ausbreitung des Corona-Virus uns allen abverlangt, hat uns veranlasst, unsere Demonstrationen und Mai-Kundgebungen dieses Jahres leider abzusagen. Solidarität heißt in diesem Jahr: Abstand halten!

Für anständige Arbeitsbedingungen und bessere Entlohnung

DGB-Regionsgeschäftsführer Bernhard Löffler sagt „In diesen Tagen gilt: Ob Pflegerinnen und Pfleger, Ärztinnen und Ärzte, die Kassiererinnen und Kassierer im Supermarkt, die Einsatzkräfte bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten, die Beschäftigten bei Ver- und Entsorgungsdiensten, LKW- und Bus-Fahrerinnen und -Fahrer oder das Zugpersonal – sie alle verdienen unseren Respekt und unsere Solidarität. Wir alle müssen uns jetzt dafür einsetzen, dass ihre Arbeit angemessen gewürdigt wird und sie anständige Arbeitsbedingungen und bessere Entlohnung bekommen.

Alle notwendigen Mittel zur Überwindung der Krise mobilisieren

“Die Solidarität der Gesellschaft brauchen aber auch diejenigen, die von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie besonders betroffen sind, die um ihre Existenzgrundlage fürchten oder um die ihrer Familien, die von Betriebsschließungen, Kurzarbeit oder Geschäftsaufgabe bedroht sind. Viele Menschen müssen zuhause arbeiten und sich gleichzeitig um ihre Kinder kümmern. Wir müssen dafür sorgen, dass ihr Arbeitsplatz und ihr Einkommen gesichert bleiben.
Löffler weiter: „Wir warnen Arbeitgeber vor jedem Versuch, die Situation zu missbrauchen und Arbeitnehmerrechte einzuschränken. Beim Hochfahren der Wirtschaft sind Besonnenheit und Umsicht gefragt. Generell muss gelten: Gesundheit geht vor Umsatz. Wir fordern von der Politik, dass sie alle notwendigen Mittel zur Überwindung der Krise mobilisiert.“

Angst, Wut und Nationalismus sind keine guten Ratgeber

„Solidarisch ist man nicht alleine“, das gilt auch mit Blick auf Europa. Der Virus kennt keine Grenzen. Deshalb müssen die Regierungen der Europäischen Union eng zusammenarbeiten und ihre Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie miteinander abstimmen. Regionssekretärin Silvia Wagner: „Wir werden es nicht zulassen, dass der Kampf gegen das Corona-Virus den Nationalisten in die Hände spielt und sich zum Spaltpilz für das geeinte Europa entwickelt. Angst, Wut und Nationalismus sind keine guten Ratgeber. Nur mit Solidarität, mutigem und entschiedenem Handeln und Besonnenheit stehen wir die Krise gemeinsam durch.“

Kurzarbeitergeld erhöhen

Wagner weiter: „Um die Krise zu bewältigen brauchen wir die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes. Viele Familien stehen davor durch das KuG in Hartz IV abzurutschen.“ „Was wir zudem brauchen, ist eine höhere Tarifbindung. Die Corona-Krise darf nicht dazu führen, dass Mitbestimmung ausgehebelt wird.

Allerorts leben Menschen vor: Solidarisch ist man nicht alleine! Solidarität ist ansteckend!

Weitere Informationen und Kontakt:

Anne Neuberger, Sachbearbeitung

DGB Bezirk Baden-Württemberg
Regionsgeschäftsstelle Heilbronn
Gartenstraße 64
74072 Heilbronn

Telefon: 07131 / 88880 – 10

Fax: 07131 / 88880 – 19

Weitere Informationen im Internet:

www.nordwuerttemberg.dgb.de

www.facebook.com/bw.dgb

www.twitter.com/dgb_bw

Mitglied in einer DGB-Gewerkschaft werden:

https://www.dgb.de/service/mitglied-werden/index.html

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„Arbeitsrechte wieder zurückholen“ – Kommentar von Heidi Scharf (LINKE) zum 1. Mai 2020

Nachdem der 1. Mai 2020 mit seinen Demonstrationen und Kundgebungen weitgehend nur virtuell stattfindet, gestalteten die Linken aus Baden-Württemberg eine Mai-Zeitung.

Von Heidi Scharf, Schwäbisch Hall, Partei DIE LINKE

Grundrechte zurückholen

Wir wünschen allen trotzdem einen 1. Mai. Und statt der Demo oder kleineren Aktionen die Zeit darüber nachzudenken, wie wir unsere Grundrechte und auch geänderten Arbeitsrechte wieder zurückholen, wie wir weiter wachsam bleiben, um uns alle vor Einschränkungen sowohl im gesellschaftlichen Leben, als auch im Arbeitsleben schützen können.

„Mehr Kurzarbeitergeld“

Bei den Geldern für Unternehmen und Selbständige war der Staat sofort zur Stelle, wenn es um die abhängig Beschäftigten geht, fehlt es an Mut, den Menschen, die in Kurzarbeit sind sofort mehr Kurzarbeitergeld zu geben und den Erwerbslosen mehr Arbeitslosengeld. Schließlich müssen alle die Miete, die Nebenkosten etc. auch jeden Monat sofort bezahlen.

Also nehmt euch die Zeit und macht euch Gedanken. Diese können wir dann hoffentlich wieder bei offenen Treffen austauschen und weiterentwickeln.

Link zur 1.-Mai-Zeitung-2020 – Landesinfo EXTRA Baden-Württemberg:

https://www.die-linke-bw.de/fileadmin/lv/landesinfo/landesinfoextra_2020.pdf

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„Lang beschattete Täler“ – eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden fünfter Teil

„Lang beschattete Täler“ – eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden fünfter Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig und sind weder gewollt noch beabsichtigt.

Von Birgit Häbich

V Gewalt

… Carl hatte Paul gefragt, wie das damals mit den Müttern seiner Kinder war und hörte dem Freund nun geduldig zu. Carl Eugen Friedner hatte sich als Rechtsanwalt und Steuerberater viele absurde und abwegige Vorgänge angehört und sich dabei angewöhnt, sein Gegenüber zu Ende erzählen zu lassen. Je mehr er über die Zusammenhänge erfuhr, umso besser konnte er seine Mandanten dann ja auch vertreten. Also verdrängte er seine Sorgen um Paula und wandte sich leise seufzend den Erzählungen des Freundes zu.

Stammesriten

Paul Malibo war es als ältestem Sohn vergönnt gewesen, von seinen Eltern aus einer ehemaligen französischen Kolonie nach Europa geschickt zu werden, um mit einer gewerkschaftlichen Förderung in der romantischsten Neckarstadt Württembergs Pädagogik zu studieren. Dort lernte Paul auch die Mütter seiner vier Kinder kennen. Von der Mutter seiner erstgeborenen Tochter Margret wollte er vor mehr als dreißig Jahren nicht viel mehr als guten Sex und zog es vor, die Schwangere einfach sitzen zu lassen. Nachdem er dann – scheinbar ungeschoren – in seine afrikanische Heimat zurückgekehrt war, setzte man ihn dort unter Druck, den üblichen Stammesriten gemäß, eine für ihn ausgewählte Frau zu nehmen.

Spontanheirat

Paul senkte seine Stimme und erzählte von den in weiten Teilen Afrikas verbreiteten sexuellen Verstümmelungen von Mädchen, welche unter anderem dazu führen, dass diese als Frauen später am Sex keinen Spaß haben, sondern Schmerzen leiden. Dies war ihm, der sich in Liebesdingen jahrelang in Europa ungehindert bewegt hatte, absolut zuwider. Abgesehen davon, dass sie dann als Ehefrauen mit schwärenden Wunden dauernd durch Infektionskrankheiten gefährdet und somit teuer zu versorgen seien, würden sie oft kurz nach der Geburt an Entkräftung sterben und er hätte sich laufend eine neue Frau suchen lassen müssen. Paul wollte sein Leben mit keiner solchen Frau verbringen und dachte sich daher stets neue Gründe aus, um die von seinen Eltern Angepriesenen als untauglich abzutun. Die Mutter seiner weiteren Kinder, Lisa, heiratete er spontan, als sie ihn eines Tages in seiner afrikanischen Heimat besuchte, um letztlich nicht doch noch eines der einheimischen *beschnittenen Mädchen in sein Bett gelegt zu bekommen.

Rituale

Lisas Mutter, die hiesige Großmutter von Pauls drei Kindern, bestand nach dem Tod von Lisa auf der Einhaltung von vielerlei Ritualen, welche ihm als Witwer den Alltag strukturierten. In Hoheitshausen hatte Paul am Sonntag, in der Kirche, seinen festen Platz neben ihr einzunehmen. Zum sonntäglichen Nachmittagskaffee traf man sich bei ihr, um ein Stück selber gebackenen trockenen Kuchen ohne Sahne zu verzehren. Unter der Woche hatte Paul für sie einzukaufen und spätestens zum Freitagabend war er zu einer obligatorischen Runde Catan* verabredet. Da Paul sehr gern dem roten Wein zusprach, den die Großmutter ihm aus guten Gründen auch reichlich auftischte, lösten sich seine aufkommenden Zweifel an seinem Lebensstil in Luft undWohlgefallen auf. Den Umstand, dass er seine Tochter, auch nach dem Tod seiner Frau, weiterhin jede Nacht neben sich mit ins Ehebett nahm, wurde von seiner Schwiegermutter niemals in Frage gestellt, sondern wohlweislich befürwortet.

Freundschaftliches Dreieck

Daher kam Paul niemals zu Carl nach Hohenlohe oder gar beim Heiner zu einem Besuch vorbei; diese beiden jedoch genossen den Tapetenwechsel, welchen das freundschaftliche Dreieck mit sich brachte. Sie nützten die Fahrten oft und gern, um sich einerseits in den höheren Lagen des Schwarzwalds zu erholen und andererseits ihren Geschäften im badischen Land nachzugehen. Carl Eugen hatte ein paar versprengte Mandanten im Rheintal und am Bodensee und Heiner Grün nahm, als ehemaliger Geschäftsführer seiner Energieförderungsfirma, sporadisch an Gesellschaftertreffen im hochgelegenen Linachtal teil.

Glaubensgemeinschaft

Paul jedoch litt, er schämte sich vor sich selber und bereute sein Verhalten. Jedoch der Mut, sich zu Gunsten einer neuen Liebe konsequent aus den uralten Zwängen seiner Herkunft und dem engen Korsett der Glaubensgemeinschaft seiner gestorbenen Ehefrau zu befreien, fehlte ihm damals genauso wie heute.

Merkwürdige Vorstellungen

„Und du hast dich damals nicht für eine neue gemeinsame Zukunft mit ihr eingesetzt und lediglich auf überkommenen, ja merkwürdigen Vorstellungen beharrt?“, fragte Carl am Ende von Pauls Beichte gezielt nach. Der Hauch eines dünnen „Ja …“, war aus der Richtung von Pauls gesenktem Kopf zu vernehmen. „Paul! Mir graut‘ s vor dir“, beendete Heiner Pauls Bekenntnis und ergänzte laut und deutlich: „Mensch, da braucht man sich nicht zu wundern, wenn eine gescheite Frau sich mit Grausen abwendet. Da, wo Frauen nichts zu melden haben und so wie in deinem Herkunftsland auch noch mit mörderischer Gewalt rechnen müssen, kann es ja kein Mensch aushalten!“ Und er setzte nach: „Wie hast du das eigentlich mit deinen Vorstellungen von Freiheit und Gerechtigkeit vereinbaren können, wo du doch sonst ein recht demokratisches und freiheitsliebendes Gedankengut pflegst? Und wo man dich damals und zu allem Überfluss auch noch im schönen Tübingen hat studieren lassen? Ausgerechnet dort, wo man >Attempto – ich wag’s!< dem Wahlspruch der dortigen Universität folgt ?“ Paul wusste auf keine von Heiners Fragen etwas zu erwidern.

Um Haaresbreite dem Tod entronnen

Auch Carl Eugen schwieg, ihm fehlten ebenfalls die Worte, wenn auch aus einem ganz anderen Grund: Seine geliebte Paula war nur um Haaresbreite dem Tod entronnen. Er stand auf, um weiteres Flaschenbier aus der Küche zu holen. Seine vordergründige Bereitschaft, die Männerrunde mit Nachschub zu versorgen, verschaffte ihm eine Gelegenheit, die unglaubliche Nachricht auf dem kleinen Bildschirm zu lesen. Chaotische Gedankenfetzen blitzten durch seinen Kopf, sein Herz raste vor Schreck – seine Paula war vor mehr als drei Jahren überfallen worden. Er hatte einen früheren Kollegen, welcher sich seit Jahren mit Informationsdienstleistungen über Wasser hielt, beauftragt diskret Nachforschungen anzustellen. Während Pauls Erzählungen erspähte Carl die besorgniserregende Überschrift der Nachricht auf seinem mobilen Gerät.

„Erpressung“

Sie hatten es tatsächlich gewagt, ihr Gewalt anzutun? Ihm stockte der Atem! Warum erfuhr er das erst jetzt? Und wieso hatten sie ihr das angetan? Er war einst auf die diskreten Hinweise, welche man auch Erpressung hätte nennen können, eingegangen, hatte damals zugesichert einen Mantel des Schweigens über alles zu legen, gerade um Schaden von seiner geliebten Paula abzuwenden … Fortsetzung folgt.

Erläuterungen:

*Genitalverstümmelung: Beschneidungen von weiblichen Kindern in Afrika, bestialische Verstümmelungen der weiblichen Genitalien, die zu lebenslangen körperlichen und seelisch-geistigen Traumata führen.

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a- z/g/genitalverstuemmelung.html

https://www.frauenrechte.de/ https://mama-afrika.org/info/genitalverstuemmelung/

*Catan: Kindgerechtes monopolyähnlich aufgebautes Würfelspiel.

Kontaktaufnahme zur Autorin ist möglich unter der E-Mail-Adresse:

b.haebich@web.de

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