Mein Ziel heißt: Schwäbisch Hall 2030: CO2-frei mobil. Und ich möchte mit Ihnen einen Blick in diese Zukunft werfen: Ein Sommertag in Hall. In der autofreien Haller Innenstadt tobt das Leben. Statt Stau und Parkplatzsuchverkehr: Kommunikation und Spiele.
Von Peter Aichelin, Schwäbisch Hall
Platz für viele Aktivitäten
Weder Parkplätze am Straßenrand noch Gehsteigkanten stören Bewegung und Aktivitäten. Dafür gibt es für die Kleinen auf vielen Plätzen Planschbecken, Rutschbahnen und Sandkästen, Erwachsene gehen spazieren oder essen in einem der vielen Straßencafes ein Eis. Manche spielen auf den großen aufgemalten Brettspielen. Die Kästen für die Figuren kann man mit dem Handy öffnen. So ist gesichert, dass die Figuren nicht abhanden kommen. Andere machen an den aufgestellten Gymnastik-geräten Sport oder Dehnübungen oder liegen in einem der vielen Liegestühle und lesen.
Die Buslinien ins Umland fahren regelmäßig
Kleine Elektro-Neunsitzer verbinden alle wichtigen Punkte der Innenstadt, auch die hintere Gelbinger Gasse oder die Unterlimpurger Straße mit der Leihstation für Pedelecs und CarSharing-Autos auf dem Holzmarkt, dem ZOB und dem Stadtbahnhof. Von dort kann man mit der S-Bahn Richtung Heilbronn / Künzelsau und Richtung Gaildorf / Crailsheim fahren. Die alten Bahnhöfe sind wieder intakt. Vom ZOB kommt man per Gondel auch zum Teurershof und nach Gottwollshausen. Die Buslinien ins Umland fahren regelmäßig – auch abends und an Wochenenden. Die Elektrobusse dafür sind leise und bequem. Die früher übliche Zugluft gibt es so wenig wie die unbequemen Hartschalensitze. Alle Bahnhöfe und Bushaltestellen sind mit Bewegungsmeldern LED-beleuchtet und überdacht, genau so wie die abschließbaren Fahrradboxen dort, so dass man schnell und sicher an alle Orte im Landkreis kommt.
Entlastung durch Lasten-E-Bikes
Wer viel zu transportieren hat, nimmt eines der „Kochermulis“, ein Lasten-E-Bike (von denen es bisher nur eines in Hall gibt). Größere Einkäufe werden einem ohnehin ins Haus geliefert. Die Umlandgemeinden sind gut angeschlossen und können sich daher auch wieder selbstständig entwickeln. Wer schnell an eine abgelegene Stelle fahren muss, nimmt ein TeilAuto, die über die Stadt verteilt und auch in vielen Umlandgemeinden meist an den Bushaltestellen stehen (nicht nur wie heute sieben Autos in Hall und zwei in Gaildorf). Da die Aufwendungen für Straßenbau und -erhalt, Parkraumbewirtschaftung Verkehrskontrolle und anderes wegfallen, ist das alles auch finanzierbar, zumal (Neu-)Bau und Mietpreise deutlich gefallen sind, seit man nicht mehr für jede Wohnung einen Stellplatz nachweisen muss, der meist in der teuersten Bauweise gebaut wird: als Tiefgarage.
Alle genannten Beispiele gibt es schon irgendwo
Auch kann an vielen Stellen die Bebauung nachverdichtet werden, wo es vorher Parkplätze gegeben hat. Warum aber gerade Hall? Was bringt das denn mit seinem x-tel Promille am weltweiten CO2-Ausstoß? Natürlich gerade Hall: Denn wenn das in Hall klappt, dann klappt, das auch in anderen Städten. Alle Beispiele, die ich genannt habe, gibt es schon – irgendwo. Nichts ist Utopie. Nur eben vereinzelt und nicht so kompakt wie in Schwäbisch Hall – im Jahr 2030. Und wenn das in Deutschland klappt, dann kann das Vorbild für die Welt sein, dann haben auch Smogstädte wie Kairo, Delhi oder Lima ein Vorbild für die Verkehrswende. Vieles tut sich ja auch dort: In Seoul wurde eine Stadtautobahn über einem Fluss abgerissen, das Flussufer ist nun Naherholungsbereich. In Wien und Hamburg werden Verkehrsstraßen zu Aufenthaltsbereichen. Und die Geschäftsbesitzer merken, dass eine belebte Straße mehr Umsatz bringt als eine tote Straße mit Verkehr und zugeparkten Straßenrändern.
Es braucht ein Umdenken
In anderen Bereichen sind wir ja auch nicht so zurückhaltend wie bei der Verkehrswende, sondern wollen immer bei der Entwicklung vorne mit dabei sein. Damit diese Utopie Realität werden kann, ist noch viel zu tun. Dass alle Haller Gemeinderatsfraktionen einen gemeinsamen Antrag zu Klimaschutzmaßnahmen formuliert haben, ist ein guter Anfang. Aber es kann nur ein Anfang sein. Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es zu guten Anstößen auch einen langen Atem, um sie umzusetzen. Vor allem braucht es ein Umdenken: Die Stadt nicht mehr nur durch die Windschutzscheibe zu betrachten und entsprechend auch Gelder für nachhaltige Mobilität einzusetzen. Der Lohn wird eine Stadt sein, in der jeder gerne wohnt und sich gerne bewegt.