„Der Protest gegen Bundeswehrgelöbnis in Stuttgart war und ist legitim“ – Bündnis für Versammlungsfreiheit fordert Einstellung aller Verfahren

„Der Protest gegen Bundeswehrgelöbnis war und ist legitim – wir fordern die Einstellung aller Strafverfahren gegen die Beteiligten“, erklärt das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit.

Von Thomas Trüten, Sprecher des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit

Sitzblockade gewaltsam geräumt

Am 30. Juli 2010 fand auf dem Stuttgarter Schlossplatz ein öffentliches Gelöbnis der Bundeswehr statt. Vorab gab es breite Gegenaktivitäten. So wurde unter anderem die St. Eberhards-Kirche in der Königstraße besetzt und nach wenigen Stunden durch die Polizei geräumt. Am Tag des Gelöbnisses selber wurden eine Sitzblockade gewaltsam geräumt und insgesamt über 70 Personen in Gewahrsam genommen. Inzwischen erhielten die Betroffenen Strafbefehle und Bußgeldbescheide.

Eine Kirchenbesetzung und ihre Folgen

Im Anschluss an den Gottesdienst am Sonntag den 25. Juli stellten sich in der Domkirche St. Eberhard zwei Dutzend KriegsgegnerInnen der Kirchengemeinde vor und kündigten an die Kirche bis zum Gottesdienst im Rahmen des öffentlichen Bundeswehr-Gelöbnisses am darauf folgenden Freitag nicht mehr verlassen zu wollen. Desweiteren sicherten sie zu, sich angemessen und respektvoll zu verhalten und boten an, sich an dem Programm in der Kirche nach Kräften zu beteiligen.

Sieben Friedensaktivisten über mehrere Stunden in Polizeigewahrsam genommen

Dennoch beschloss der Dompfarrer und Stadtdekan, Prälat Michael H.F. Brock, der wenige Monate später durch das Aktionsbündnis K21 zum Vermittler im Konflikt um Stuttgart 21 benannt wurde, bereits zwei Stunden später die Kirche durch die Polizei räumen zu lassen. Sieben Friedensaktivisten wurden daraufhin über mehrere Stunden in Polizeigewahrsam genommen. Inzwischen bekamen die Aktivisten Strafbefehle, wogegen teilweise Widerspruch eingelegt wurde. Die ersten Prozesse stehen bald an.

Die Unterzeichner dieser Erklärung fordern Straffreiheit für die Kirchenbesetzer und sofortige Einstellung aller Verfahren!

Blockierer erhielten Bußgeldbescheide

Am Tag des Gelöbnisses selber versuchten rund 70 KriegsgegnerInnen mit einer Sitzblockade vor der St. Eberhardskirche den reibungslosen Ablauf des öffentlichen Gelöbnisses zu blockieren. Daraufhin sperrte die Polizei einen Teil der Königstraße und räumte die friedliche Blockade teilweise gewaltsam. Über fünf Stunden mussten die betroffenen Friedensaktivisten in Gewahrsam verbringen. Inzwischen hat ein Teil der Betroffenen Bußgeldbescheide des Ordnungsamtes u.a. wegen angeblicher „Verstöße gegen das Versammlungsgesetz“ erhalten. Gegen eine Vielzahl dieser Bescheide wurde Widerspruch eingelegt, einige führten auch zu einer Einstellung aufgrund von Geringfügigkeit. In den kommenden Wochen stehen mehrere Gerichtstermine an.

Forderung von Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit:

In einem Grundsatzurteil aus dem Jahr 1995 stellt das Bundesverfassungsgericht eindeutig klar, dass auch Blockaden – sofern keine „Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel“ angewandt wird – durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit geschützt werden. Wir fordern die Aufhebung aller Bußgeldbescheide.

Solidarität mit den Betroffenen!

Diese Kriminalisierung legitimen Protestes stellt keinen Einzelfall dar. Ob bei den Protesten gegen S21, antifaschistischen Aktivitäten oder Aktionen gegen Krieg – Bußgeldbescheide und Strafbefehle werden immer mehr zur alltäglichen Behördenpraxis. Gerade deshalb ist es notwendig sich mit den Betroffenen zu solidarisieren und diese zu unterstützen. Besucht die Gerichtstermine, schafft Öffentlichkeit, engagiert euch für die Versammlungsfreiheit. Betroffen sind einzelne, gemeint sind wir alle!

Diese Erklärung wird herausgegeben durch:

Einzelpersonen:

Tom Adler Betriebsrat bei Daimler und Stadtrat SÖS&LINKE Stuttgart, Hagen Battran, Florian Beißwenger – Mitglied der Blockadegruppe gegen Stuttgart21, Daniel Behrens Vorstand DIE LINKE Bietigheim-Bissingen, Roland Blach Landesgeschäftsführer DFG-VK Baden-Württemberg, Achim Buhl, Reinhart Czisch, Alfred Denzinger Unternehmensberater, Rudersberg, Jochen Dürr Landessprecher der VVN – BdA Baden Württemberg, Denise Gers ver.di Ortsvorstand Ludwigsburg, Heike Hänsel Bundestagsabgeordnete die Linke, Thomas Haschke Sprecher LAG Frieden die Linke Baden-Württemberg, Wolfgang Hänisch, Bernhard Hoell, Evelyn Hofer Wirtschaftskorrespondentin Rudersberg, Reiner Hoffmann Mitglied der IG Metall und des Betriebsrats der Porsche AG in Zuffenhausen, Christa Hourani Betriebsrätin Daimler IG Metall, Manfred Jansen, Dieter Keller, Dieter Lachenmayer Sprecher des Friedensnetz BW, Tina Mürle, Konrad Nestle, Mike Pflugrath Aktivmitglied in der Attac Regional-Gruppe Schorndorf, Brigitte Renkl Kreisvereinigung der VVN-BdA Leonberg-Sindelfingen-Böblingen, Markus Spreitzer ver.di Ortsvorstand Stuttgart, Lydia Trüten IGM Vertrauensfrau Esslingen und VVN-BdA Kreis Esslingen, Thomas Trüten IG Metall Vertrauensleuteleiter Mitglied IG Metall Delegiertenversammlung Esslingen Kreisvorstand VVN-BdA Esslingen, Stefan Urbat piratige Kandidateneinzelmeinung.

Organisationen:

• AGIF (Föderation der ArbeitsimmigrantInnen in Deutschland)

• Arbeitskreis Internationalismus Stuttgart

• ATIF (Föderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in Deutschland)

• ATIK – YDG (Neue Demokratische Jugend)

• DFG-VK Baden – Württemberg

• DIE LINKE. Stuttgart

• DKP Baden-Württemberg

• DKP Rems-Murr

• FAU Stuttgart

• Initiative „Kein Nazizenentrum in Weiler, noch anderswo!“

Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit

• LAG Frieden die Linke Baden – Württemberg

• Libertäres Bündnis Ludwigsburg (LB²)

• Linke Hochschulgruppe Stuttgart

• MLPD Stuttgart

• Offenes Treffen gegen Militarisierung Stuttgart (OTKM)

• Revolutionäre Aktion Stuttgart

• Solidarität International Stuttgart

• VVN-BdA Stuttgart

Aktuelle Prozesstermine im Internet auf der Seite www.versammlungsrecht.info

 

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