„Das war höchstens ein Stresstestle“ – In Schwäbisch Hall erklärte Brigitte Dahlbender (BUND) die Absage an der Stresstest-Präsentation

Aktueller hätte der Besuch nicht sein können: Am Tag nach der Veröffentlichung des Stresstest-Ergebnisses war die Sprecherin des „Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21“, die BUND-Vorsitzende Brigitte Dahlbender, zu Gast in Schwäbisch Hall. Vor über 100 Zuhörern erklärte sie die Absage des Aktionsbündnisses, an der Präsentation der Ergebnisse teilzunehmen.

Von Peter Aichelin, Schwäbisch Hall

Um eine fundierte Präsentation vorzubereiten, ist die Zeit zu kurz

„3000 Arbeitsstunden hat die Beraterfirma zur Überprüfung des Stresstestes gebraucht, wie sie in ihrem Bericht schreibt“, sagt Dahlbender. „Und wir sollen das in weniger als einer Woche nachvollziehen, unsere Schlüsse ziehen und auch noch für eine öffentliche Präsentation aufbereiten. Das ist unmöglich, deshalb haben wir uns der Teilnahme an dieser Schauveranstaltung verweigert. Wir werden unsere Ergebnisse präsentieren, wenn wir sie haben und sind da auch bereits im Gespräch mit dem TV-Sender Phoenix, der auch die Schlichtung übertragen hat.“ Doch bereits zum jetzigen Zeitpunkt gibt es für Dahlbender eine ganze Reihe von Gründen, weshalb das Aktionsbündnis die Ergebnisse in Zweifel zieht. Das Schweizer Büro sma hat den Stresstest nicht selbst gemacht, sondern die Ergebnisse stichpunktartig überprüft, die die Bahn ihr vorgelegt hat. Die Grundlagen des Stresstestes waren dabei nicht Gegenstand der Prüfung.

Beim Stresstest hätte mit 70 Zügen getestet werden müssen, nicht nur mit 49

Hier beginnt auch Dahlbenders Kritik: „Der Tunnelbahnhof soll 30 Prozent mehr leisten als der Kopfbahnhof. Es besteht Einigkeit, dass der Kopfbahnhof 54 Züge in der Stunde bewältigt, das lässt sich durch vergangene Fahrpläne nachweisen.“ Beim Stresstest hätte demnach mit 70 Züge getestet werden müssen. Nun habe die Bahn aber nur die derzeit gefahrenen 37 Züge als Basis genommen. Damit reichen für den Stresstest 49 Züge.

Es war nur ein „Stresstestle“

Schon zum Erreichen dieser 49 Züge habe die Bahn einige Ausnahmeregelungen vorausgesetzt, so Dahlbender. Diese seien von sma ausdrücklich nicht bewertet worden. Auch seien keine größeren Störfälle, wie beispielsweise die Entgleisung eines Zuges am letzten Donnerstag im Stuttgarter Hauptbahnhof simuliert worden. Daher war das auch höchstens ein „Stresstestle“, das zwar „wirtschaftlich optimal“ bewertet worden sei, nicht aber als „gut“ für den Benutzer.

Filderbahnhof müsste neu geplant werden

„Das Verfahren war dabei alles andere als offen, transparent und nachvollziehbar.“ Der zu Grunde liegende Fahrplan könne nur mühsam rekonstruiert werden. Damit könne man auch nicht überprüfen, ob nur die Züge fahren, für die Gleise frei sind, oder die, die tatsächlich auch gebraucht werden. Ohnehin habe die Bahn während des Stresstestes ihre Planungen grundlegend verändert. So müsse der Filderbahnhof ganz neu geplant und ein neues Planfeststellungsverfahren eröffnet werden. „So wie geplant, geht das dort nicht. Und so ein Planfeststellungsverfahren dauert so seine 5 Jahre, bis es rechtskräftig abgeschlossen ist. Das haben wir aber nur so ganz am Rande bei einem Gespräch zur Vorbereitung der Präsentation erfahren“, beklagt Dahlbender die Gesprächsstrategie der Bahn. Auch für den unbedingt nötigen neuen Abstellbahnhof in Untertürkheim gebe es noch kein Verfahren: „Die schaffen den geforderten Geräuschpegel nicht.“ Und für den Fildertunnel, der so dringend vergeben werden müsste, sei eine neue Bauweise beantragt. Dazu brauche es 9 Verbindungsbauwerke, die auch noch nicht genehmigt seien. Von den Änderungen könnten die Schwäbisch Haller eventuell profitieren, denn für die 49 Züge müssen einzelne Bahnhöfe auf der Murrbahn für zweigleisigen Betrieb ausgebaut werden.

In die Kosten sind keine Risiken eingerechnet worden

Doch neben dem Stresstest gebe es ja auch noch ganz andere Bedingungen aus Geißlers Schlichterspruch: Weder gebe es bisher ein Störfallkonzept, vor allem auch keines für den Brandschutz, der Anschluss der Gäubahn sei ungeklärt und auch die Barrierefreiheit wäre noch nicht angegangen. Damit sei für sie noch keineswegs geklärt, ob es „Stuttgart 21“ je geben würde. Auch die Kosten seien noch völlig unklar. Die drei Wirtschaftsgutachter bei der Schlichtung hätten gemeinsam festgestellt, dass die damaligen Kosten von 4,1 Milliarden Euro zu Stande gekommen wären, weil alle Einsparungschacen eingerechnet worden seien, die Risiken aber nicht.

Erst drei von 14 Teilabschnitten sind genehmigt

Harald Ebner, Bundestagsabgeordneter der Grünen im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe, berichtete von der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf seine Fragen. Danach sind von 14 Teilabschnitten für S21 und die Neubautrasse nach Ulm gerade einmal drei genehmigt, bei den anderen wären noch Änderungen in Arbeit oder sie seien noch nicht einmal beantragt.

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