In einer Pressemitteilung fordert der Landtagsabgeordnete und Kreisrat Bullinger lückenlosen Handy-Empfang in allen Zügen. Auf der gesamten Strecke Nürnberg–Stuttgart sei keine „zeitgemäße Telefonie“ möglich (Südwestpresse, 21. Juli 2011).
Leserbrief von Beate Braun, Michelbach/Bilz
In Zügen strahlen Handys mit besonders starker Leistung
Ist Herrn Bullinger entgangen, dass unser Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt, nicht in geschlossenen Fahrzeugen zu telefonieren, weil die Karosserie und zum Beispiel Wärmeschutzverglasung ein großes Hindernis für die ausgehende Strahlung darstellen und Handys dadurch mit besonders hoher Leistung strahlen? Hat er vergessen, dass unser Landkreis (Schwäbisch Hall) auf Beschluss des Kreistages, dem er angehört, in einem Faltblatt genau für diese Empfehlungen wirbt? Ist ihm die aktuelle Warnung der WHO entgangen, wonach Handytelefonieren Krebs auslösen kann? In Italien wurde schon 2009 ein letztinstanzliches Urteil gefällt, in dem der Hirntumor eines Mannes, der beruflich viel mit Handy telefonieren musste, als Berufskrankheit anerkannt wurde.
Zwischen Rauhenbretzingen und Fichtenberg stehen fünf nagelneue Sendeanlagen
Würde die Strahlung, die Herr Bullinger verursacht, nur ihn schädigen, wäre seine Forderung keine Zeile wert. Aber Handytelefonieren ist leider keine Privatsache – und schon gar nicht in Zügen. Die Mitreisenden haben keine Chance der Strahlung zu entkommen, sie werden mit hohen Dosen fast pausenlos zwangsbestrahlt. Wer das nicht möchte, muss aufs Auto umsteigen, auch wenn ihm die Umwelt am Herzen liegt. Dazuhin halten immer mehr Menschen die Strahlung schlicht nicht mehr aus. Fast 10 Prozent unserer Bevölkerung sind mittlerweile elektrosensibel, Tendenz steigend. Sie müssen Bus und Bahn soweit irgend möglich meiden. Auch die Anwohner können sich der Strahlenbelastung durch die Mobilfunksendeanlagen entlang der Bahnlinien nicht entziehen. Sie sind Tag und Nacht der Dauerstrahlung ausgesetzt. Alleine zwischen Rauhenbretzingen und Fichtenberg stehen fünf nagelneue Sendeanlagen.
Freiheit des Einzelnen hört da auf, wo die Freiheit des Anderen anfängt
Noch besteht meines Erachtens gesellschaftlicher Konsens darüber, dass die Freiheit des Einzelnen da aufhört, wo die Freiheit des Anderen anfängt. Ob man während einer Zugfahrt telefonieren und ins Internet muss, ist eine Frage der Organisation und des intelligenten Zeitmanagements. Beides müssten wir von den so genannten Leistungsträgern unserer Gesellschaft verlangen können.
Beate Braun, Obere Wiesen 9, 74544 Michelbach/Bilz