Offener Brief von Hohenlohe-ungefiltert an den SPD-Landtagsabgeordneten Nik Sakellariou aus Schwäbisch Hall:
Die Stadt Schwäbisch Hall „verdankt“ ihre Gewerbesteuerarmut bekanntlich der unerträglichen Steuerpolitik des SPD-Finanzministers Hans Eichel während der letzten rot-grünen Regierungsperiode. Diese „Unternehmenssteuerreform“ bescherte Banken mit beherrschbaren Anteilen an Bausparkassen die Möglichkeit zu Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer sparenden Organschaftskonstruktionen.
Immerhin war die bayerische Staatsregierung – schon aus Eigeninteresse – clever genug, während des Gesetzgebungsverfahrens dafür zu sorgen, dass dies für die Versicherungswirtschaft nicht möglich sein soll… Die Verluste aus zahllosen fragwürdigen Beteiligungs- und Kreditengagements und abenteuerlichen Spekulationsgeschäften der DZ-Bank werden bereits seit Jahren durch die Gewinne der hochprofitablen Bausparkassentochter Schwäbisch Hall finanziert, die sich bei ihren stets rekordträchtigen Geschäften absatzpolitisch ohne die geringsten Skrupel von zahlreichen staatlichen Förderinstrumenten unterstützen lässt: Wohnungsbauprämie, Arbeitnehmersparzulage, „Wohn-Riester“…
Seit dem Herbst letzten Jahres klagt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in mehreren Musterprozessen gegen marktführende Bausparkassen wegen der ihrer Meinung nach unzulässigen Erhebung von Abschluss- und Darlehensgebühren.
Sie beruft sich dabei auf Ausführungen des Vorsitzenden des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, der im Sinne vorausgegangener letztinstanzlicher Gerichtsentscheidungen der Auffassung ist, dass separate Entgelte von Geldinstituten nur für Leistungen erhoben werden dürfen, wenn es sich um Dienstleistungen im Interesse der betroffenen Kunden handelt. Davon kann aber zum Beispiel bei den verlangten Abschlussgebühren der Bausparkassen keine Rede sein, da damit nur die Vertriebskosten hereingeholt werden sollen.
Der erste zu verhandelnde Musterprozess richtete sich gegen die Bausparkasse Schwäbisch Hall AG und fand vor dem Landgericht Heilbronn am 19. Februar 2009 statt.
Doch bereits eine Woche vor dem anberaumten Verhandlungstermin preschten auf Grund einer vom SPD-Landtagsfraktionsvorsitzenden Claus Schmiedel angestoßenen Initiative die Fraktionen von CDU, FDP und SPD mit einem von der baden-württembergischen Landesregierung im Bundesrat einzubringenden Gesetzentwurf zur Änderung des Bausparkassengesetzes vor.
Damit soll erreicht werden, dass die Erhebung von Abschlussgebühren nunmehr gesetzlich verankert und damit endgültig abgesichert wird. Dies ist offensichtlich auf die bekanntlich sehr rührige politische Lobbyarbeit des Bausparkassen-Marktführers Schwäbisch Hall zurückzuführen. Man hätte jedoch mindestens erwarten dürfen, dass sich die politisch verantwortlichen Adressaten, zu denen vor allen Dingen auch Sie als Abgeordneter dieses Wahlkreises und Bürger und Mitglied des Schwäbisch Haller Gemeinderats dieser immer mehr notleidenden Stadt Schwäbisch Hall als erstes darauf besonnen hätten, dass es zunächst darum gehen muss, vor allen Dingen „alte Rechnungen zu begleichen“, indem durch eine entsprechende Steuergesetzänderung dem steuersparenden Verschieben von Gewinnen durch organschaftliche Gewinnabführungsverträge jetzt ein Ende gemacht wird. Es ist ebenso unverantwortlich wie unverzeihlich, dass auch Sie mit der zusammen mit den Regierungsfraktionen beschlossenen Gesetzesinitiative die lobbygesteuerten Interessen vermögender Wirtschaftsunternehmen vor die berechtigten Bedürfnisse der Bürger Ihres Wahlkreises und Wohnortes stellen, die offensichtlich keine Lobby mehr haben.
Antwort von Nikolaos „Nik“ Sakellariou auf den offenen Brief von Hohenlohe-ungefiltert:
Zunächst bedanke ich mich für die Gelegenheit, zum Thema „Abschlussgebühren“ Stellung nehmen zu können.
Uneingeschränkt richtig ist die Kritik, dass Verluste aus Spekulationsgeschäften der DZ-Bank in Frankfurt nunmehr mit den staatlich geförderten Angeboten der Bausparkasse Schwäbisch Hall kompensiert werden – indem die in Schwäbisch Hall abzuführende Gewerbesteuer mit diesen Verlusten verrechnet werden kann. Im Übrigen allerdings bedauere ich die Wortwahl des offenen Briefes, der sich unsachlicher Wortwahl bedient („unerträglich“, „unverzeihlich“, „unverantwortlich“) – als ob nur eine Position richtig sein kann und alle anderen Positionen somit falsch sind. Außerdem wird von mir in dem offenen Brief tatsächlich erwartet, dass es zunächst darum gehen müsse „vor allen Dingen alte Rechnungen (mit der Bausparkasse?) zu begleichen“. Das hat nun mit meinem Verständnis von meinen Aufgaben als Abgeordneter gar nichts zu tun.
Im Einzelnen:
1. Auch wenn es in dem Brief schon wieder stand. Es ist und bleibt falsch: Die Möglichkeit, die Gewerbesteuer nunmehr in Frankfurt zu verrechnen, hat nichts mit einer rot-grünen Steuerpolitik zu tun, sondern mit einer Veränderung der Eigentumsanteile der DZ-Bank. Das war schon vorher möglich. Und weiter: Eine Lösung in der Frage der gewerbesteuerlichen Organschaft ist nicht an parteipolitischen Fragen gescheitert, sondern an Landesinteressen. Jede Organschaft hat Verlierer (wie die Stadt Schwäbisch Hall) und Gewinner (Frankfurt) – die Entscheidung im Bundesrat ist von den Gewinnern getroffen worden. Das konnte die bayerische Landesregierung auch nicht verhindern. Ärgerlich ist, dass dem Verfasser des offenen Briefes dies alles bestens bekannt ist – er es aber trotzdem anders verbreitet.
2. Die Initiative meines Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Claus Schmiedel MdL, die Abschlussgebühren nunmehr gesetzlich abzusichern, unterstütze ich vollständig! Auch als Mitglied des Verwaltungsrates der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg empfinde ich die Abschlussgebühren für erheblich transparenter als die von der Verbraucherzentrale NRW geforderte Einbeziehung dieser Kosten des Vertrages in die Kreditzinsen. Das wäre das Gegenteil von Transparenz. Davon bin ich auch als Kunde und Verbraucher überzeugt.
3. Die Auswirkungen eines anderslautenden Urteils für die Beschäftigten der Bausparkassen wären verheerend. Nachdem sich die meisten Bausparkassen in Deutschland in Baden-Württemberg befinden – und somit auch die Beschäftigten und deren Familien – ist es mir nicht egal, was auf diese Menschen zukommt. Insofern begrüße ich das Urteil des LG Heilbronn wegen seiner positiven Auswirkungen auf die Beschäftigten aller Bausparkassen in Baden-Württemberg. Das ist der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen zwar egal, aber mir als Abgeordneten aus Schwäbisch Hall im Landtag von Baden-Württemberg eben nicht.
4. Ich unterstütze die Initiative der SPD im Landtag aber auch deswegen, weil ich die Philosophie des Bausparens für zukunftsweisend halte und deswegen ihren Erhalt als bedeutendem Wirtschaftszweig wünsche. Das Bausparen ist das „Finanzprodukt“, das als einziges den Ansparer nicht übervorteilt, sondern zur nachhaltigen Bildung von Eigenkapital (und Sparverhaltens) führt. Auch die Philosophie, die dahinter steht, nämlich erst nach der Bildung von Eigenkapital das Risiko einer Bauinvestition zu übernehmen, schützt dieses System vor Zusammenbrüchen wie in Amerika. Finanzprodukt ist eben nicht gleich Finanzprodukt.
5. Die Rechtswidrigkeit der Abschlussgebühr hätte für die Bausparkassen den Ruin bedeutet, ohne dass dafür den Verbrauchern ein dieses rechtfertigender Vorteil gegenüber gestanden hätte. Es hätte zudem eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in Baden-Württemberg und Schwäbisch Hall selbst bedroht. Das Gegenteil zu erreichen ist aber mein Amtsverständnis.
Nikolaos „Nik“ Sakellariou MdL
Sehr geehrter Herr Sakellariou,
als zuständigen Landtagsabgeordneten und Mitglied des Verwaltungsrates der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg möchte ich Ihnen versichern, dass es der Verbraucherzentrale NRW nicht egal ist, wie es den Beschäftigten der Bausparkassen und ihrer Familien geht.
Leider argumentieren viele Unternehmen immer wieder mit Katastrophenszenarien, wenn ihre Interessen bedroht sind – das erlebt man beim Datenschutz, beim Klimaschutz und auch z.B. beim Mindestlohn. Die Verbraucherzentrale NRW und unsere Schwesterorganisationen haben in der Vergangenheit schon mehrfach höchstrichterliche Urteile erstritten, die vielen Verbrauchern geholfen haben. Dazu gehörten z.B. die korrekten Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung oder die Beseitigung von Kunden benachteiligender Zinsanpassungsklauseln in Sparverträgen. Im Bereich der unzulässigen Bankgebühren und –entgelte konnten unter anderem die Gebühren für einen Depotwechsel, für die Auflösung eines Kontos, für die Bearbeitung von Freistellungsaufträgen und für die durch ein Kreditinstitut im Zusammenhang mit einer Immobilienfinanzierung durchgeführte Objektwertermittlung auf dem Gerichtswege beseitigt werden. Mit diesen Verfahren haben wir auch zu mehr Transparenz auf dem Finanzmarkt beigetragen, damit sich Verbraucher leichter für das für sie beste Finanzierungsangebot entscheiden können. Oftmals wurde der Untergang einer betroffenen Bank beschworen, erfolgt das das bisher nicht.
In der Frage, ob Bausparen tatsächlich die „zukunftsweisende“ Art des Sparens ist, sind wir in der Tat unterschiedlicher Meinung. Die Immobilienfinanzierung durch eine Bausparfinanzierung ist unseres Erachtens eine vergleichsweise intransparente Form, da es im Gegensatz zum Effektivzinssatz bei normalen Hypothekendarlehen keine verlässliche Vergleichsgröße für die Kosten einer Bausparfinanzierung gibt. Eigenkapital können sie auch mit Hilfe anderer sicherer Finanzprodukte bilden, oftmals sogar mit einer höheren Rendite.
Für höchst problematisch halten wir die politische Initiative, die Gebührenordnung der Bausparkassen politisch und gesetzlich festzuschreiben. Wenn das Schule macht, könnten alle Unternehmen, die regional konzentriert sind, solche politischen Initiativen einfordern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Interesse des Verbraucherschutzes oder auch eines fairen Wettbewerbs wäre.
Mit vielen Grüßen
Klaus Müller
Vorstand der Verbraucherzentrale NRW