Bei einer Rundreise auf den Spuren slowenischer Partisanenkämpfer im Zweiten Weltkrieg hat Hohenlohe-ungefiltert ein Interview mit Reiseleiter Ernest Kaltenegger (61) geführt. Kaltenegger war in Graz bis 2010 Landtagsabgeordneter der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ). Seit Beginn der 1990er Jahre beschäftigt sich Kaltenegger intensiv mit der Geschichte der Partisanen.
Interview von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Internationale Aufmerksamkeit hilft den Gedenkstätten
Ernest Kaltenegger führte bereits mehrfach historisch interessierte Reisegruppen zu Orten des Partisanen-Widerstandskampfes in Slowenien. Durch die internationale Aufmerksamkeit will der Pensionär einen Beitrag zum Erhalt der Partisanen-Gedenkstätten leisten.
Hohenlohe-ungefiltert: Was wollen Sie mit den Reisen zu authentischen Orten des Partisanenkampfes in Slowenien erreichen ?
Ernest Kaltenegger: Ich möchte, dass die Gedenkstätten erhalten bleiben. Je mehr Gäste aus dem Ausland kommen, umso mehr Grund sehen die Verantwortlichen, die Gedenkstätten zu fördern und zu erhalten.
Was fällt Ihnen bei den Partisanen-Gedenkstätten in Slowenien auf ?
Die Gedenkstätten in Slowenien sind fast alle sehr gut erhalten. Die Bürger nehmen großen Anteil am Schicksal der Opfer. Es gibt viele Menschen, die privat Kerzen aufstellen oder Blumen niederlegen. Dies geschieht nicht nur an offiziellen Gedenkfeiern. Die Opfer sind die eigenen Leute, waren die Urgroßeltern, Großeltern, Eltern, Geschwister. Betreut werden die Gedenkstätten von den Kommunen und vom Staat. Vor 1991 haben die Schulen systematisch die Gedenkstätten besucht. Ich denke nicht, dass das Interesse geringer geworden ist. Jedes Jahr gibt es noch immer eine riesige Gedenkveranstaltung in Drasgosze, wohin viele Teilnehmer in Bussen anreisen.
Was finden Sie an der Geschichte der Partisanen besonders interessant ?
Die Partisanen in Slowenien/Ex-Jugoslawien haben sich selbst von der Nazi-Herrschaft befreit. Das geht nur, wenn eine breite Gruppe der Bevölkerung mitgeholfen hat. Die Zivilbevölkerung hat mit Essen, Trinken, Medikamenten, Verstecken und vielem anderem mehr geholfen. Die Partisanen waren keine anonymen Helden, sondern waren oft in der Bevölkerung gut verwurzelt.
Welchen Vorteil hatten die Partisanen gegenüber den italienischen und deutschen Besatzern ?
Sie waren ortskundig und wussten, wo sie Unterstützung bekommen können. Sie mussten ständig in Bewegung sein. Später hatten die Partisanen eine richtige Armee, gegliedert in militärische Einheiten.
Unter wessen Führung kämpften die Partisanen ?
Es gab viele verschiedene Gruppierungen, die gegen die Nazis kämpften. Die Kommunisten waren am besten organisiert und hatten deshalb bei den Partisanen das Sagen.
Was lernen Sie persönlich aus dem erfolgreichen Kampf der Partisanen ?
Im Widerstand ist es schwierig, eine funktionierende Struktur aufzubauen. Aber selbst in aussichtsloser Situation darf man nicht aufgeben. Auch gegen eine vermeintliche Übermacht kann man gewinnen. Ohne eine große Opferbereitschaft der Menschen wäre es aber nicht gegangen. Es hat auch in grausamen Zeiten Menschen gegeben, die Menschen geblieben sind.
Was beeindruckt Sie bei den Partisanen am meisten ?
Der Widerstandswille, der Ideenreichtum, die Kreativität, die logistische Meisterleistung. Beispielsweise haben sie jahrelang aus dem Untergrund eine Tageszeitung herausgebracht oder ein komplettes Krankenhaus für verwundete Partisanen in unwegsamem Gelände betrieben. Die Druckerei und das Krankenhaus wurden von den Besatzern nie entdeckt.
Warum war der Widerstandswille der Slowenen so stark ?
Von Beginn an wurden die Slowenen von den Besatzern extrem unterdrückt. Es gab starke Eindeutschungsbemühungen. Die slowenische Sprache sollte verboten werden. Es wurde versucht, ein Land deutsch zu machen, das nicht deutsch war. Es gab systematische Vertreibungen, um Platz für deutsche Ansiedler zu schaffen. Die Menschen sympathisierten mit den Partisanen und viele arbeiteten konspirativ mit.
Nach der Befreiung Slowenienens wurden viele Sympathisanten der Deutschen von Partisanen oder von der Bevölkerung getötet – was können Sie dazu sagen ?
Ich bin überzeugt, dass nicht alle 12.000 Getöteten Kollaborateure waren. Durch die Erfahrung des Krieges und die harte Besatzungszeit hatte sich aber viel Hass aufgestaut. Es war eine Art von Siegerjustiz, die kurz nach der Befreiung zu den Morden führte. Militärisch waren die Hinrichtungen nicht notwendig.
Weitere Informationen in Hohenlohe-ungefiltert zur Reise einer Schwäbisch Haller Gruppe auf den Spuren der slowenischen Partisanen:
“Partisanen befreiten Slowenien von den Nazi-Besatzern” – Gruppe aus Schwäbisch Hall auf den Spuren der Befreiungskämpfer unterwegs https://www.hohenlohe-ungefiltert.de/?p=11544
Weitere Informationen über Ernest Kaltenegger und die KPÖ in Österreich und in der Steiermark:
http://www.kpoe-steiermark.at/
http://www.youtube.com/watch?v=gmBMWVlZIEg