Vertraulichen Informationen zufolge, die Hohenlohe-ungefiltert vorliegen, hat das Hohenloher Druck- und Verlagshaus (HDV), in dem auch das Hohenloher Tagblatt erscheint, seine Mitarbeiter im Druckzentrum Gerabronn etwa zwei Jahre lang mit bis zu 20 Videokameras überwacht. Nach einer Intervention des HDV-Betriebsrats sollen die Überwachungskameras vor rund drei Wochen abgeschaltet worden sein. Die Kameras wurden aber noch nicht entfernt. Von der Überwachung betroffen waren etwa 35 Menschen, die im Druckzentrum beschäftigt sind.
Von Ralf Garmatter, Freier Journalist, Hohenlohe-ungefiltert
Der Leiter der Zeitungsrotation in Gerabronn, Karsten Arto, informierte die Mitarbeiter des Gerabronner Druckzentrums am 2. März 2009 mit einem Aushang am Schwarzen Brett des Betriebs, dass „auf Grund einer Forderung des Betriebsrats“ die „Produktionsüberwachungskameras abgeschaltet werden mussten“.
Einige Kameras überwachten nur die Mitarbeiter, nicht die Produktionsanlagen
Mitarbeiter des Druckzentrums Gerabronn haben starke Zweifel, dass die sichtbar angebrachten Überwachungskameras nur zur Produktionskontrolle eingesetzt wurden. Einige der Kameras (mindestens drei) seien so angebracht gewesen, dass sie vor allem die dort beschäftigten Mitarbeiter, insbesondere die Frauen im Versandbereich, im Visier hatten. Durch einige der Kameras soll auch der Zugang zum Pausenraum, zur Raucherecke und die Stempeluhr überwacht worden sein, die mit der Zeitungsproduktion nichts zu tun haben. Unklar ist für die Mitarbeiter, ob es nicht noch versteckte Überwachungskameras gibt, die weiterhin die Beschäftigten aufnehmen.
Geschäftsführer Bauder und Betriebsratsvorsitzender Harthan geben keine Auskunft
Keine Antworten hat Hohenlohe-ungefiltert auf zwei schriftliche Anfragen zur Videoüberwachung im Druckzentrum Gerabronn an den HDV-Geschäftsführer Jürgen Bauder und den Betriebsratsvorsitzenden Andreas Harthan erhalten. Hohenlohe-ungefiltert liegt aber der Inhalt eines Aushangs des Betriebsrats im Druckzentrum Gerabronn vom 4. März 2009 vor. In dem von Andreas Harthan verfassten Schreiben an die Belegschaft heißt es unter der Überschrift „Der Betriebsrat informiert“ im Wortlaut: „Liebe Kolleginnen und Kollegen des Druckzentrums Gerabronn, auf Drängen des Betriebsrats sind die Überwachungskameras im Betrieb abgeschaltet worden. Dieser Schritt war notwendig, weil die so genannte Produktionsüberwachungsanlage immer wieder für Irritationen in der Belegschaft gesorgt hatte. Nicht zuletzt, weil die Betriebsleitung Positionen von Kameras verändert hat, oder neue Kameras installiert wurden. Davon erfuhr der Betriebsrat erst hinterher, obwohl eine solche Anlage der Mitbestimmung unterliegt. Weil bis heute keine rechtliche Grundlage für den Betrieb einer Produktionsüberwachungsanlage vorhanden ist, sah sich jetzt der Betriebsrat veranlasst, die Abschaltung zu fordern.“
Warum der Betriebsrat erst jetzt – nach rund zwei Jahren – die Abschaltung der Kameras verlangt hatte, war von Harthan nicht zu erfahren.
Hohenlohe-ungefiltert hat bei den Gewerkschaften verdi und dem Deutschen Journalistenverband (DJV) wegen der Zulässigkeit von Überwachungskameras in Betrieben nachgefragt. Die Antworten:
Gerhard Manthey, Fachbereichsleiter der Gewerkschaft verdi in Stuttgart: Eine Überwachungseinrichtung bedarf in jedem Fall einer Betriebsvereinbarung und diese muss auf der Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes und des Datenschutzes geschehen. Der zuständige Betriebsrat ist das kontrollierende und ausübende Organ. Ebenso der im Betrieb auf der Grundlage des Gesetzes arbeitende Datenschutzbeauftragte ist einzuschalten. Eventuelle Verstöße hat dieser ebenfalls unverzüglich anzuzeigen und abzustellen – wie auch der Betriebsrat. Auf der Grundlage der Gesetze ist eine allgemeine Überwachung möglich – zum Beispiel an Werkstoren. Bei Verstoß gegen in den Vereinbarungen genannte Regeln, können auch arbeitsrechtliche Maßnahmen erfolgen. Dies ist aber zu vage formuliert. Denn zuvor ist ja zu klären, a) ist die Überwachung rechtens, b) gibt es eine Rechtsgrundlage und eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat c) gibt es Verstöße und welche Reaktionen und welcher Art sind diese etc.?
Von der Überwachung Betroffene gehen unverzüglich zu dem Betriebsrat, dem Datenschutzbeauftragten und den Gewerkschaften, sofern sie Mitglied sind oder zum Rechtsanwalt.
Sofern Rechtsverstöße vorliegen, kann jeder belangt werden.
Marc Ecker, Geschäftsführer Deutscher Journalisten Verband Baden-Württemberg, in Stuttgart, zu den „behaupteten Videoüberwachungsmaßnahmen“: Der DJV Baden-Württemberg hatte bis zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnisse über den von Ihnen (Anmerkung der Redaktion: Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert) geschilderten Vorgang. Der Einsatz von Videokameras in Betreiben ist nicht grundsätzlich untersagt. Eine Installation von Kameras ist aber durch den Betriebsrat mitbestimmungspflichtig. Ob eine Überwachung im Einzelfall zulässig ist, hängt von den Umständen im Einzelfall ab und richtet sich unter anderem nach Intensität und Anlass der Überwachung. Eine offene Überwachung wird im Grundsatz eher möglich sein, als eine verdeckte Überwachung. Ein generelles Beweisverwertungsverbot zum Beispiel in Kündigungsschutzprozessen existiert nicht. Die Arbeitnehmer des Betriebes sollten mit dem Betriebsrat und mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften (falls Mitglied) Kontakt aufnehmen und sich dort beraten lassen.
Der Überwachungsstaat macht auch vor Hohenlohe keinen Halt !
Warum auch, Schweine gibt’s überall.