Nach wie vor ist der Wortlaut des Anrufes von Bundespräsident Christian Wulff auf der Mailbox von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann noch nicht in voller Länge veröffentlicht worden. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hat in seiner Ausgabe vom 9. Januar 2012 einen großen Teil des Anrufes veröffentlicht. Hohenlohe-ungefiltert zitiert die wichtigsten Passagen aus dem Spiegel-Artikel.
Zusammengestellt von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Drohanruf aus dem Auto
Laut Spiegel war Bundespräsident Wulff am 12. Dezember 2011 zwischen zwei Terminen in der Golf-Region mit dem Auto unterwegs, als er mit dem Handy Bild-Chefredakteur Kai Diekmann anrief. Um 18.19 Uhr soll Diekmanns Mailbox angesprungen sein. Die Abschrift von Wulffs Anruf sei etwa zwei Seiten lang und kursiere seit Wochen unter Journalisten. An zwei „knappen Stellen“ des Textes seien Fragezeichen angebracht. Möglich, dass die Präsidentenworte an diesen Stellen nicht nicht einwandfrei zu verstehen gewesen seien, mutmaßt der Spiegel.
Wulff drohte mit Strafantrag
Der Spiegel weiter: „Direkt zu Beginn erklärt Wulff, er sei gerade „auf dem Weg zum Emir“ und deswegen „hier sehr eingespannt“. Dann geht es laut Spiegel um die Bild-Recherchen: „Ich habe alles offengelegt, Informationen gegeben, mit der Zusicherung, dass die nicht verwandt werden. Die werden jetzt indirekt verwandt, das heißt, ich werde auch Strafantrag stellen gegen Journalisten morgen, und die Anwälte sind beauftragt.“ Wulff habe kritisiert, warum das Blatt nicht akzeptieren könne, „wenn das Staatsoberhaupt im Ausland ist, zu warten, bis ich Dienstagabend wiederkomme, also morgen, und Mittwoch eine Besprechung zu machen, wo ich mit Herrn … den Redakteuren rede, wenn Sie möchten, die Dinge erörtere und dann können wir entscheiden, wie wir die Dinge sehen, und dann können wir entscheiden, wie wir den Krieg führen“.
Das tut nur, wer Berichterstattung verhindern will
Der Spiegel folgert aus diesem Gesprächsabschnitt: „Diese Passage entlastet und belastet Wulff zugleich.“ Im Fernsehinterview habe er behauptet, er habe die Veröffentlichung nicht verhindern, sondern nur um einen Tag verschieben wollen. Die Abschrift belege dies, so der Spiegel weiter, zeige aber auch, dass der Präsident drohte – mit strafrechtlichen Konsequenzen. Das tue aber nur, wer Berichterstattung verhindern will. (…)
Wulff fand „Methoden des investigativen Journalismus für nicht mehr akzeptabel“
Wulff kritisierte Bild, dass man nicht bis Mittwoch warten könne. (…) Wulff sagte laut Spiegel-Artikel weiter: „Okay, wir wir wollen den Krieg führen und führen ihn. Das finde ich sehr unverantwortlich von Ihrer Mannschaft, und da muss ich den Chefredakteur schon jetzt fragen, ob er das so will, was ich mir eigentlich nicht vorstellen kann“. (…) So „wie das gelaufen ist in den letzten Monaten, ist das inakzeptabel, und meine Frau und ich werden Mittwochmorgen eine Pressekonferenz machen zwischen dem japanischen Ministerpräsidenten und und den weiteren Terminen und werden dann entsprechend auch öffentlich werden, weil diese Methoden Ihrer Journalisten, des investigativen Journalismus nicht mehr akzeptabel sind …“ Wulff hoffe laut Spiegel, „dass Sie die Nachricht abhören können … Und ich bitte um Vergebung, aber hier ist jetzt für mich ein Punkt erreicht, der mich“ (…) „zu einer Einhaltung/Handlung (???) zwingt, die ich bisher niemals in meinem Leben präsentiert habe. Die hatte ich auch nie nötig.“
Wulff sprach von Kampagne und ungerechtfertigter Skandalisierung
Einen ähnlich lautenden Anruf soll Wulff auch auf der Mailbox von Springer-Chef Mathias Döpfner hinterlassen haben. Von Empörung über Bild solle die Rede gewesen sein, von einer Kampagne und ungerechtfertigter Skandalisierung. Döpfner habe, so der Spiegel, Wulff zurückgerufen und einen aufgebrachten Präsidenten am Telefon gehabt. Wulff sei sehr deutlich geworden. Wenn der Artikel erscheine, so werde Wulff im Springer-Verlag zitiert, dann bedeute das Krieg zwischen dem dem Bundespräsidialamt und Springer bis zum Ende von Wulffs Amtszeit.
Bundespräsident Wulffs Rechtsanwälte veröffentlichen Fragen von Journalisten und Antworten des Bundespräsidenten:
Die Bonner Rechtsanwaltskanzlei Redeker, Sellner, Dahs stellte am Mittwoch, 18. Januar 2012, 239 Seiten mit Journalistenfragen und Antworten der Kanzlei zur Kredit- und Medienaffäre des Bundespräsidenten Christian Wulff ins Internet.
Erläuternde Hinweise der Rechtsanwaltskanzlei zur Veröffentlichung der Journalistenanfragen an Christian Wulff und der gegebenen Antworten
Christian Wulff hat uns am 05.01.2012 beauftragt, eine Zusammenfassung der bis dahin erteilten Auskünfte zu veröffentlichen. In Ergänzung dieses Auftrages hat er uns am 13.01.2012 gebeten, die Fragen der Journalistinnen und Journalisten, die diese zur Veröffentlichung freigegeben haben, sowie unsere Antworten hierauf zu veröffentlichen, soweit diese Veröffentlichung zu keinen Rechtsverletzungen führt. Diesem Auftrag kommen wir gern nach (…)
Die Fragen und Antworten nachzulesen auf der Internetseite http://pdf.redeker.de/
Artikel im Nachrichtenmagazin Stern:
Die große Lehr-Stunde – Der Medienrechtler Gernot Lehr hat 237 Seiten mit Fragen und Antworten zum Fall Wulff ins Netz gestellt. Bemerkenswert ist, was weggelassen wurde.
Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ):
In der Kreditaffäre um Bundespräsident Christian Wulff hat sein Anwalt nun doch Dutzende Anfragen von Journalisten und die Antworten darauf veröffentlicht. Die Kanzlei Redeker Sellner Dahs stellte am Mittwoch drei Dokumentenpakete von insgesamt 239 Seiten ins Netz (…)
Weitere Informationen über die Kredit- und Medienaffäre von Bundespräsident Christian Wulff:
Zapp Plus vom 18. Januar 2012: http://www.ndr.de/flash/zapp/interactivePlayer.html?xml=zappsendung353-interactiveBroadcasts.xml&sr=zapp
Zapp Plus vom 11. Januar 2012: http://www.ndr.de/flash/zapp/interactivePlayer.html?xml=zappsendung351-interactiveBroadcasts.xml&sr=zapp
Zapp Plus vom 14. Dezember 2011 http://www.ndr.de/flash/zapp/interactivePlayer.html?xml=zappsendung349-interactiveBroadcasts.xml&sr=zapp
Neue Widersprüche bei Wulff-Reise
Seine Flitterwochen verbrachte Christian Wulff 2008 in der Toskana – und zwar kostenlos in der Villa eines Versicherungsmanagers. Dort umsorgte ihn auch das Hauspersonal.
Für Eventmanager: Wulff sprach Sponsoren an
Christian Wulffs Beziehung zu dem Eventmanager Manfred Schmidt war intensiver als bislang bekannt: Nach stern-Informationen sprach er für Schmidts Nord-Süd-Dialog Sponsoren an.
SPD in Niedesachsen will Wulff verklagen
Die Vorwürfe gegen Bundespräsident Wulff nehmen kein Ende. Nun wollen die niedersächsischen Sozialdemokraten gegen ihn klagen. Er habe als Ministerpräsident das Parlament falsch über die Finanzierung des „Nord-Süd-Dialogs“ informieren lassen, so der Vorwurf. Wulff räumte ein, in der vergangenen Woche Vertrauen verloren zu haben.
http://www.dradio.de/aktuell/1658308/
Stefan Wenzel: „Wulff ist ein Lügner“
Niedersächsischer Grünen-Politiker fordert Rücktritt des Bundespräsidenten http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1657872/
„Beim Vorwurf der Korruption müssten alle roten Lampen angehen“
Hannovers Oberbürgermeister über das Tandem Glaeseker/Wulff – Es habe „merkwürdige Gefälligkeiten“ zu Gunsten von Christian Wulff gegeben, meint Stephan Weil (SPD). Der Oberbürgermeister von Hannover beschreibt dessen Ex-Sprecher Glaeseker als „wichtigsten Ratgeber“ – deswegen sei der Bestechlichkeitsverdacht „sehr, sehr ernsthaft“.
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1657216/