Einen Leserbrief mit der Überschrift „Bundesregierung zerschlägt deutsche Photovoltaik-Industrie hat Gerhard Kreutz, Vorsitzender des Vereins Energie-Initiative Kirchberg am Mittwoch, 22. Februar 2012, an die Redaktionen der Lokalzeitungen Hohenloher Tagblatt (Crailsheim), Haller Tagblatt (Schwäbisch Hall) und die Rundschau Gaildorf geschickt. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht den Leserbrief in voller Länge.
Von Gerhard Kreutz, Vorsitzender des Vereins Energie-Initiative Kirchberg
Wenn es um Autos ginge, wäre der zuständige Minister hinweggefegt
Man stelle sich vor: Die Bundesregierung würde beabsichtigen, im Laufe des Jahres 2012 die Produktion von deutschen Autos auf ein Fünftel zu begrenzen, und überdies dürften nur sehr preiswerte Autos gebaut werden. Audi in Neckarsulm dürfte dann statt einer Million Autos nur noch 200000 produzieren. Die Begründung dafür: Dem Steuerzahler seien die hohen Kosten für Bau und Instandhaltung von Straßen, Tunnels und Brücken nicht länger zuzumuten. Der zuständige (Wirtschafts-)Minister wäre in kürzester Zeit sein Amt los und die Bundesregierung insgesamt würde relativ schnell von der Autoindustrie und dem gesellschaftlichen Druck hinweggefegt.
Bei Photovoltaik ist Deutschland weltweit in der Spitzenposition
Weitere Folgen dieses Gedankenspieles: Die deutsche Autoindustrie verlöre ihre weltweite Spitzenposition und die ausländische Konkurrenz würde ihre Marktanteile erhöhen. Dieses unglaubliche Szenario spielt sich derzeit tatsächlich ab, allerdings in einer anderen Branche, wo Deutschland ebenfalls in der weltweiten Spitzengruppe mitspielt, nämlich der Photovoltaik. Der Plan der Bundesregierung unter Federführung von FDP-Wirtschaftsminister Rösler sieht vor, den Ausbau des Solarstroms künftig auf 1000 Megawatt pro Jahr zu begrenzen. Im Jahr 2011 wurden 7500 Megawatt zugebaut, das heißt, umgerechnet über zwei Millionen Kleinanlagen zur Versorgung eines 3-Personen-Haushaltes. Zum Vergleich: Die installierte Leistung nur des einen Monats Dezember 2011 von 3000 Megawatt entspricht ungefähr der gesamten Solarstrom-Leistungs-Kapazität der USA. Das ist Weltrekord, aber niemand feiert ihn.
Kosten pro installierter Leistung sinken sehr schnell
Wenn in den nächsten drei Jahren genauso viele Module montiert werden, haben wir in Deutschland eine Photovoltaik-Leistung von 50.000 Megawatt am Netz, die an vielen Tagen im Jahr über viele Stunden pro Tag ganz Deutschland mit Strom versorgt – eine grandiose Erfolgsgeschichte nicht nur hierzulande: Damit einhergehend sinken die Kosten pro installierter Leistung sehr schnell auf ungefähr 1000 Euro pro Kilowatt, machen Solarstrom überall auf der Welt erschwinglich und konkurrenzfähig.
Große Energiekonzerne bangen um ihre Hauptrenditen
Gleichzeitig nimmt der Solarstrom jedoch den großen Energieversorgern die Hauptrenditen weg, die vornehmlich aus den Tagesstrompreisen stammen. Außerdem werden in kurzer Zeit fossile Kraftwerke unrentabel, da sie nur noch wenige Wochen im Jahr gebraucht werden. Die Photovoltaik erzwingt zusammen mit den anderen erneuerbaren Energien die Umstellung unseres Energiesystem in sehr kurzer Zeit, und genau das wollen Wirtschaftsminister Rösler und die Energiewirtschaft mit aller Macht verhindern.
Weitere Informationen und Kontakt:
Energie-Initiative Kirchberg e. V. – Initiative für den Raum Hohenlohe zur Verbreitung der erneuerbaren Energien, Baron Kurt- Straße 34, 74592 Kirchberg/Jagst
Telefon 07954-1220
Fax: 07954-1321
Internet: http://www.energie-initiative.de/index.html
ich bin zwar absolut kein Experte was Stromerzeugung betrifft (Wie man ihn verbraucht weiß ich mittlerweile;-)
aber beim Stöbern im Netz bin ich über einen Kommentar bei tagesschau.de gestoßen, der deutlich macht, dass diese Änderung wiedermal nicht den Bürgerinnen und Bürgern dient sondern den großen 4 am Strommarkt.
Diesen möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:
http://www.tagesschau.de/kommentar/solarfoerderung128.html
Gleichwohl geben nicht wenige Kommentatoren bei dieser Diskussion zu bedenken, dass durch die bisherige Förderung vor allem Chinesische Produzenten gefördert werden würden. Und nur wenig bei der heimischen Wirtschaft ankäme. Da ich wie gesagt kein Experte auf diesem Gebiet bin würde ich mich über weiter Hintergrundinformationen und eventuell eine rege auch gerne kontroverse Diskussion freuen.
Chinesische Module und deutsche Wechselrichter…
Ja, es werden chinesische Module verbaut. Von den Wechselrichtern (z.B. SMA, Kaco, Refusol, etc.), die aus Deutschland kommen, redet niemand. Von den Montagegestellen (z.B. von Schletter), die aus Deutschland kommen, redet auch niemand. Dann gibt es noch Kabel und Leitungen (z.B. von Lapp), die auch aus Deutschland kommen und von denen niemand redet. Trafos, Einspeisezähler und nicht zu vergessen die Herstellung eines Einspeisepunks – für all das bleibt auch ein guter Teil der Wertschöpfung in Deutschland.
Die überwiegende Mehrzahl der Anlagen, die in Deutschland entstehen, werden von
Unternehmen aus Deutschland geplant, gebaut und später auch betreut. Und darüber hinaus: Diese Anlagen werden in der Regel auch durch Banken aus Deutschland finanziert.
Es war sicher wahr, dass früher die Module den Löwenanteil hinsichtlich der Kosten an einer PV-Anlage ausmachten. Mit Modulpreisen „im freien Fall“ ist dies nicht mehr so. Ganz sicher ist aber auch, dass ein guter Teil der Wertschöpfung beispielsweise beim lokalen Fachhandwerk geblieben ist.
Welche Solarförderung die Richtige ist, darüber kann und muss man diskutieren. Wichtig ist aber, dass es einen Vertrauensschutz für die Investoren, ob es sich nun um Einzelpersonen oder um institutionelle Investoren handelt, geben muss.
An den anfallenden Aufwendungen für die bestehenden PV-Anlagen (EEG-Umlage) ändert die jetzige Änderung der Einspeisevergütung nichts. Sie wirkt sich allenfalls auf zukünftige Anlagen aus.
Ich gestehe, mir sind Solaranlagen sympatisch. Es ist eine Technologie die jeder auf dem eigenen Hausdach installieren kann um damit seinen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Ich bin mir aber auch darüber im Klaren, dass es nur mit Photovoltaik alleine nicht geht.
Es bleibt also spannend – jetzt kommt es darauf an, wie sich die Politiker entscheiden.
Über den Sinn und Unsinn von Photovoltaikanlagen kann man sicher lange diskutieren. Mein Vorschlag wäre, alle erneuerbaren Energien gleich zu behandeln. Dann könnte sich die effektivste durchsetzen und nicht diejenige, die am meisten Einspeisevergütung bekommt. Warum erhalten denn Betreiber von Wasserkraftwerken so wenig, dass sich eine Umrüstung auf effizientere Turbinen und Generatoren kaum lohnt? Diese Energieform wäre rund um die Uhr verfügbar und es gibt Anlagen, die keinem Flusskrebs und keinem Fisch etwas antun.
zunächst einmal vielen Dank für die beiden Beiträge.
Ganz bewusst bin ich jetzt einmal ein Wenig provokant.
Dann macht es also Sinn bei Campact.de gegen die Kürzungen der Solarförderung zu unterschreiben und dann, wenn diese (ich bin Optimist) unverändert bleibt ebenfalls eine Förderung für alle erneuerbaren Energien zu fordern.
Da auch die Atomenergie manigfaltige Förderungen erhielt erscheint mir dies legitim.
Hier habe ich einen sehr interessanten Artikel gefunden, der zugeben, nur teilweise zur Kürzung der Solarförderung passt.
Hier werden die (tatsächlichen) Strompreise und die Gewinne der großen Stromerzeuger miteinander in Verbindung gebracht.
Erhellend vor allem die Zahlen die zur Förderung der Atomkraft genannt werden (ohne Versicherungs- und Entsorgungskosten wohlgemerkt)
Ich finde es mal wieder ein treffliches Beispiel dafür, dass der „allmächtige freie Markt“ doch nicht alles zum guten wendet, sondern (oh Wunder) doch nur die Taschen der ohnehin Betuchteren zu füllen vermag.
http://www.nachdenkseiten.de/?p=14101