„Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst: Angebot der Arbeitgeber ist eine Provokation“ – Streikrecht ist Menschenrecht, auch in der Diakonie

130.000 Beschäftigte aus Bund, Kommunen sowie kommunalen Krankenhäusernund Pflegeheimen in allen Bundesländer haben in der Woche vom 3. bis 9. März 2012 an den Warnstreiks teilgenommen, zu denen die Gewerkschaft ver.di aufgerufen hatte. Zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche haben sich drei Einrichtungen der Diakonie Württemberg an einer Warnstreikaktion der Gewerkschaft ver.di beteiligt – Streikrecht ist Menschenrecht, auch und gerade in der Diakonie!

Zugesandt von Jochen Dürr, Schwäbisch Hall, Mitglied des BundessprecherInnenrates Betrieb und Gewerkschaft der Partei Die Linke

Erklärung des BundessprecherInnenrates vom 14. März 2012:

Dreiste Provokation der Arbeitgeber

Es war eine klare und eindeutige Antwort auf den Verhandlungsstart am 1. März 2012 für die zwei Millionen Beschäftigen bei Bund und Kommunen. Dieser gestaltete sich schlimmer als von ver.di bereits im Vorfeld angenommen. Nicht nur, dass die Arbeitgeberseite kein Verhandlungsangebot vorlegte, sie forderten die Gewerkschaften dazu auf, erst einmal ihr Angebot „auf ein realistisches Maß“ herunterzufahren, bevor sie ihrerseits dann ein Angebot machen würden. Dies kann nur als dreiste Provokation der Arbeitgeber gegenüber den organisierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes aufgefasst werden.

6,5 Prozent lineare Lohnsteigerung

Seit Mitte Februar liegen die Forderungen von ver.di auf dem Tisch: 6,5 Prozent lineare Lohnsteigerung, mindestens 200 Euro mehr im Monat, unbefristete Übernahme von Auszubildenden und eine Erhöhung ihres Entgeltes um 100 Euro, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Dass die Arbeitgeber diese Forderungen für unrealistisch und, angesichts der klammen Finanzsituation insbesondere der Kommunen, für fantastisch halten und als „völlig überzogenes Wunschdenken“ bezeichnen, war klar. Das gehört zum Ritual vor jeder Verhandlung. Das Verhalten, das die Arbeitgeber aber jetzt an den Tag gelegt hatten, konnte nur eine Antwort nach sich ziehen: Kraftvolle Warnstreiks in möglichst allen betroffenen Betrieben.

Arbeitgeber legten kein verhandlungsfähiges Angebot vor

Auch in der zweiten Verhandlungsrunde vom 12. bis 13. März 2012 waren die Arbeitgeber nicht in der Lage, ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen. 2,1 Prozent für das erste und 1,2 Prozent für ein weiteres Jahr sowie eine Einmalzahlung von 200 Euro ist eine weitere Provokation. Darauf kann es auch für die GewerkschafterInnen der Partei DIE LINKE nur eine Antwort geben: Eine bundesweite eindrucksvolle zweite Warnstreikwelle.

Öffentlicher Dienst hinkt der Reallohnentwicklung hinterher

Ver.di hatte bereits in einer ersten Stellungnahme nach dem Verhandlungsauftakt deutlich gemacht, dass ihre Forderungen mehr als berechtigt sind: Die Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst hinkt der Reallohnentwicklung hinterher. Daher besteht ein deutlicher Nachholbedarf gegenüber anderen Branchen. Ebenso gibt es mittlerweile ein massives Nachwuchs- und Fachkräfteproblem im öffentlichen Dienst. Zu erwähnen ist ebenfalls, dass gerade in den unteren Lohngruppen, in denen viele Frauen beschäftigt sind, Kolleginnen und Kollegen gezwungen sind, eine Nebentätigkeit auszuüben oder gar ergänzende Sozialleistungen zu beantragen. Von daher sind die jetzigen Forderungen von ver.di mehr als berechtigt, denn ohne Beschäftigte hat der öffentliche Dienst keine Zukunft, zumindest nicht als „öffentlicher“.

Steuerpolitik des Bundes ist schuld an den klammen Kassen der Kommunen

Wenn die Arbeitgeberseite weiterhin, wie gewohnt, über ihre miserablen Finanzen jammert, kann ihr nur entgegengehalten werden: Nicht die Lohnentwicklung ist schuld an ihrer Finanzmisere. Es ist die Steuerpolitik des Bundes, die seit Jahren gerade die Kommunen in die roten Zahlen treibt, es ist ein Einnahmeproblem, das es zu lösen gilt. DIE LINKE hat schon vor einiger Zeit ein Steuerkonzept vorgelegt, das sich auf die Vermögenssteuer, Finanztransaktionssteuer und den Steuervollzug bezieht, und dies könnte zu Milliarden Mehreinnahmen führen.

Finanzmisere ist politisch gewollt

Dass die Finanzmisere politisch gewollt ist, wird insbesondere für die Beschäftigten in den kommunalen Krankenhäusern deutlich. Der Bundesgesundheitsminister weigert sich, trotz milliardenschwerer Überschüsse im Gesundheitsfonds und bei den Krankenkassen, die Kostendämpfungsbeschlüsse für den Krankenhausbereich zu korrigieren. Hier wird offensichtlich, dass die Politik für die katastrophalen Zustände im Pflege- und Servicebereich der Krankenhäuser unmittelbar verantwortlich ist, denn die finanziellen Mittel wären vorhanden. Die Forderungen der Gewerkschaften sind also alles andere als überzogen. Sie formulieren lediglich einen Nachholbedarf, denn der öffentliche Dienst darf sich nicht zu einem weiteren Niedriglohnsektor entwickeln. Denn „öffentlich“ ist wesentlich und die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind es wert. Die Einkommen dieses großen Beschäftigungssektors sind gerade angesichts des zu erwartenden Wachstumsrückgang 2012 ein erhebliches Konsumpotential, das die Binnennachfrage stärkt und damit unsere Wirtschaft stabilisiert.

Weitere Informationen und Kontakt:

Bundesarbeitsgemeinschaft Betrieb & Gewerkschaft der Partei DIE LINKE (AG B&G)

E-Mail: ag.bg@die-linke.de

Telefon: 030 24009673

Fax: 030 24009624

Internet: www.betriebundgewerkschaft.de

BundessprecherInnenrat:

Jochen Dürr, Gerald Kemski-Lilleike (V.i.S.d.P.), Heidi Kloor, Gertrud Moll, Bernd Tenbensel, Harald Weinberg, Ursula Weisser-Roelle, Sabine Wils

 

 

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