Frankfurt am Main ist seit Mittwoch, 16.Mai 2012, Schauplatz des Protests gegen die europäische Krisenpolitik. Die Stadt Frankfurt hat sich in dieser Situation dafür entschieden, das Zentrum der Stadt in den kommenden Tagen zur demokratiefreien Zone zu machen: Sämtliche Protestveranstaltungen des Blockupy-Bündnisses wurden verboten.
Von Paul Michel, Schwäbisch Hall
Nur die Demo am Samstag kann stattfinden
Leider haben das Frankfurter Verwaltungsgericht, der Hessische Verwaltungsgerichtshof und schlussendlich auch das Bundesverfassungsgericht das skandalöse Verbot des Frankfurter Ordnungsamts in weiten Teilen bestätigt. Bis Freitag bleiben alle Blockupy-Veranstaltungen verboten. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch bestätigt. Lediglich die Demonstration am Samstag kann stattfinden. Mit einem Aufgebot von rund 5.000 Beamten aus ganz Deutschland will die Polizei das Totaldemonstrationsverbot durchsetzen.
Abstruse Gefahrenprognosen
Das Verbot durch Ordungsamt und Gerichten stützt sich auf eine Gefahrenprognose der Polizei, wonach während der Aktionstage angeblich Massen von Gewalttätern Frankfurt überfluten würden. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Polizei mit solchen in den Hirnen ihrer Strategen entstandenen und durch keinerlei konkrete Fakten belegten Horrorgemälden aufwartet. Der eigentliche Skandal ist, mit welcher Bereitwilligkeit Gerichte – in diesem Fall bis zum Bundesverfassungsgericht – diese Phantasiegemälde zu Tatsachen erklären und die von der Ordnungsmacht verlangten Verbote durchwinken.
Konzert mit Konstantin Wecker verboten
Bereits am Mittwoch wurden große Teile des Innenstadtbereichs abgesperrt und eine sogenannte Sicherheitszone um die Europäische Zentralbank (EZB) eingerichtet. Es wurde ein Konzert mit Konstantin Wecker verboten und selbst eine Veranstaltung der Jusos, in der an den Holocaust erinnert werden soll, wurde mit schikanösen Auflagen belegt. Ein Sprecher sagte, die Polizei werde bis Sonntag keine Spontandemonstrationen in der Frankfurter Innenstadt zulassen und wolle die Menschen aktiv auf die Verbote hinweisen. Kontrollen gibt es vermehrt auch in Zügen und rund um den Bahnhof. Etliche Aktivisten berichteten, dass sie an der Weiterfahrt nach Frankfurt behindert worden seien oder die Polizei sie stundenlang festgehalten habe. Teil dieser Protestchoreographie ist auch die Goethe-Universtität Frankfurt. Sie schließt ihre Gebäude bereits am Mittwochabend und zwingt die Studenten damit zu einem freien Tag. Diese Maßnahme stößt bei Studentenvertretern und etlichen Lehrenden auf Kritik.
Zustände wie in der Ukraine oder Weißrussland
Das „Totalverbot aller Kundgebungen und Versammlungen am 17. und 18. Mai stellt eine Aushebelung fundamentaler Grundrechte dar“, stellte Linken-Landeschef Ulrich Wilken, einer der Anmelder der Blockupy-Proteste, fest. Friedliche Blockaden gehörten zur Demonstrationsfreiheit und seien durch das Grundgesetz geschützt, so Wilken. Wenn in Südeuropa Menschen wegen der Euro-Krise vom Hungertod bedroht seien, müsse man in Deutschland dagegen demonstrieren dürfen. Dem Hessischen Rundfunk gegenüber sagte Wilken fest, das von der schwarz-grünen Frankfurter Stadtregierung verhängte Verbot sei „eine Sauerei ohne Ende“. Der Sprecher des Friedensratschlags, Peter Strutynski, fühlt sich durch »die blindwütige Verbotspolitik der Stadt Frankfurt« »in fataler Weise an Zustände in der Ukraine oder Belarus« erinnert, die hierzulande ansonsten immer so gern lauthals kritisiert werden«. Das zeige, »wer in unserem Land wirklich das Sagen hat: Gegen die Regierung zu demonstrieren, ist noch erlaubt, wenn es aber gegen die Banken geht, hört jeder Spaß auf.«
Weitere Informationen im Internet über die Proteste in Frankfurt:
BLOCKUPY PROGRAMM http://blockupy-frankfurt.org/actiondays/programm