„Leiharbeit spaltet Belegschaften und wird zum Drohpotential gegen die Stammbelegschaft“ – Offener Brief an Ministerpräsident Kretschmann zum Thema „3. Kongress der Weltmarktführer“ in Schwäbisch Hall

Einen Offenen Brief an den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) hat der Schwäbisch Haller DGB-Kreisvorsitzende Siegfried Hubele geschrieben. Darin geht es um Kretschmanns Teilnahme am „3. Kongress der Weltmarktführer“ am Mittwoch, 23. Januar 2013, in Schwäbisch Hall

Von Siegfried Hubele, DGB-Kreisvorsitzender Schwäbisch Hall

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann

Ich schreibe Ihnen aus Schwäbisch Hall, in meiner Funktion als ehrenamtlicher Kreisvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Der DGB und viele Mitglieder der Einzelgewerkschaften, blicken kritisch auf den „Kongress der Weltmarktführer“, der vom 22. Januar 2013 bis zum 24. Januar 2013 in Schwäbisch Hall stattfindet.

Echte und „unechte“ Weltmarktführer 

Hier zelebrieren echte und „unechte“ Weltmarktführer ihre „internationale Wettbewerbsfähigkeit“, die leider nicht nur auf innovativen Produkten ihrer Ingenieure,Techniker und Facharbeiter beruht – sondern in vielen Fällen auf den katastrophalen Folgen der Deregulierung des deutschen Arbeitsmarktes.

Etwa 94.000 Leiharbeiter/innen 

In Baden Württemberg gibt es nach einer Studie, die dem DGB vorliegt, etwa 94.000 Leiharbeiter/innen und rund 120.000 so genannte Minijobs. Dazu kommen noch Tausende von befristet Beschäftigten, die in prekären Arbeitsverhältnissen Geld verdienen müssen.

Auf zusätzliche staatliche Transferzahlungen angewiesen 

Leiharbeitskräfte in Baden Württemberg sind in Folge der schlechteren Bezahlung (bis zu 50 Prozent weniger Lohn wie Tariflohn-Beschäftigte) etwa siebenmal so häufig wie andere sozialversicherungspflichtige Beschäftigte auf zusätzliche staatliche Transferzahlungen angewiesen!

Subventionen für Unternehmen, die Leiharbeiter/innen beschäftigen 

In Deutschland belief sich die Subventionshöhe zwischen 2008 und 2009 auf rund 531 Millionen Euro. Umgerechnet auf Baden Württemberg sind das etwa 65 Millionen Euro. Diese 65 Millionen Euro sind genau genommen Subventionen für die Unternehmen, die Leiharbeiter/innen beschäftigen. Die Weltmarktführerschaft und die guten Erträge dieser Unternehmen haben daher auch eine ganz andere Seite. Nämlich die von sozialem Abstieg, Perspektivlosigkeit und Armut, für die neue Klasse der prekär Beschäftigten in Leiharbeit, Minijobs, Befristungen, in un- oder schlecht bezahlten Praktika und Werkverträgen.

Fast die Hälfte aller Arbeitssuchenden in Leiharbeitsfirmen vermittelt 

Die Arbeitsagentur Schwäbisch Hall zählt zu den Agenturen im Lande, die nahezu die Hälfte aller Arbeitssuchenden in Leiharbeitsfirmen vermittelt. Aber auch die Agentur für Arbeit selbst kritisiert einige der „Weltmarktführer“, dass sie ihre freien Stellen nicht bei der Agentur melden und anbieten, sondern oft gleich eine Leiharbeitsfirma einschalten. So ist es nicht verwunderlich, dass viele „Weltmarktführer“ in ihrer Kostenstruktur fest und dauerhaft auf Leiharbeit und Billiglöhne bauen.

Dauerhafter Widerstand von Gewerkschaftern

Wir Gewerkschafter werden dieser Entwicklung dauerhaften Widerstand entgegensetzen. Ihre Landesregierung hat beschlossen, dass bei öffentlicher Vergabe von Aufträgen nur noch Unternehmen berücksichtigt werden sollen, die Tariflöhne bezahlen. Das begrüßen wir.

Grußwort beim „Gala Dinner“ der Weltmarktführer 

Es wäre also auch bei Ihrem Grußwort, auf dem „Gala Dinner“ der Weltmarktführer am Mittwochabend in Schwäbisch Hall, nur konsequent, dass Sie den Weltmarktführern sagen:

– Mit der Nutzung der Leiharbeit unterlaufen diese Unternehmen gültige Tarifverträge

– Leiharbeit spaltet Belegschaften und wird zunehmend zum Drohpotential gegenüber der Stammbelegschaft

– Leiharbeit, Befristungen und Werkverträge gehen einseitig auf Kosten der Beschäftigten. Sie führen zur Umverteilung der Einkommen von Unten nach Oben und tragen zu neuer Armut bei.

Sehr geehrter Herr Kretschmann – in diesem Sinne – wir rechnen mit Ihnen

Mit freundlichen Grüßen

Siegfried Hubele, DGB-Kreisvorsitzender, Schwäbisch Hall

E-Mail: s.Hubele@t-online.de

Internet:

http://nordwuerttemberg.dgb.de/ueber-uns/kreisverbaende/kv-schwaebisch-hall

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