Hohenlohe-ungefiltert hat die Direktkandidatin und die Direktkandidaten des Wahlkreises Schwäbisch Hall-Hohenlohe zur Bundestagswahl befragt. Die Kandidatin und die Kandidaten hatten für die Antworten eine Woche Zeit. Als Fünfter hat Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen) geantwortet.
Interviewfragen von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Die Antworten von Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen):
1. Warum sollen die Wählerinnen und Wähler bei der Bundestagswahl 2013 Sie und Ihre Partei wählen? Was unterscheidet Sie positiv von denanderen Kandidatinnen und Kandidaten und was unterscheidet Ihre Partei positiv von den anderen Parteien?
Erst einmal sollen die Wählerinnen und Wähler überhaupt wählen gehen, das steht ganz vorne! Für Bündnis90/Die Grünen werbe ich deshalb, weil wir die Einzigen sind, die die Energiewende wirklich wollen und schnell umsetzen. Union und FDP bereiten mit Quotenmodell, Senkung der Einspeisevergütung, Zerstörung von Investitionssicherheit, neuen Subventionen für fossile Großkraftwerke (Braunkohle!), Laufzeitverlängerung für Gundremmingen und der Weigerung, trotz Endlagersuchgesetz den Rahmenbetriebsplan für Gorleben aufzuheben, unverhohlen das Ende der Wende vor. Selbst die SPD sitzt der Falschbehauptung vom teuren Strom durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) auf und fordert mehr Kohleverstromung – und damit mehr Klimawandel statt weniger.
Weitere Gründe, Grün zu wählen: Weil wir die einzigen sind, die es mit der Nachhaltigkeit ernst meinen und sie für alle Politik- und Gesellschaftsfelder durchdeklinieren. Weil wir für stabile Ökosysteme, Artenvielfalt, gesunde Lebensmittel und eine Agrarpolitik kämpfen, die Menschen – auch die Bäuerinnen und Bauern – und Tiere schützt. Weil wir für ein Ende der Zweiklassen-Medizin und eine Stärkung der Pflege kämpfen. Weil wir uns für den Ausbau qualitativ guter Kinderbetreuung einsetzen, damit Eltern echte Wahlfreiheit haben. Um die und eine gute Bildung zu finanzieren, öffentliche Infrastruktur zu erhalten und Schulden abzubauen brauchen wir eine gerechte Steuerpolitik.
2. Welche Projekte der jetzigen Regierung würden Sie persönlich stoppen, wenn Sie das könnten, und welche stattdessen an die vordersten Stellen der Dringlichkeitsliste setzen?
Das Betreuungsgeld würde ich sofort abschaffen. Es setzt familienpolitisch falsche Signale und ist teuer. Das Geld würde ich lieber in den qualitativen und quantitativen Ausbau von Kitas stecken. So haben Eltern und hier ganz besonders die Frauen bessere Chancen, im Beruf nicht abgehängt zu werden und ihn auch mit der Familie zu vereinbaren.
Ganz wichtig ist natürlich die Energiewende, die von Schwarz-Gelb dreist ausgebremst und schlechtgeredet wird. Das können wir uns schlicht und ergreifend nicht leisten! Wir müssen den Wechsel zu den Erneuerbaren entschlossen angehen. Natürlich sozial- und umweltverträglich. Ich denke, das können wir Grünen am besten. Das ist schließlich eines unserer Kernthemen. Alle anderen kopieren es nur schlecht und halbherzig.
Und wir müssen sofort eine Landwirtschafts- und Verbraucherschutzpolitik einleiten, die Bauernhöfe erhält, indem sie kleinere Betriebe in reichstrukturierten Kulturlandschaften stärker fördert. Eine Politik, die dem fatalen und folgenschweren Siegeszug der industriellen Tierhaltung mit den damit verbundenen Folgen endlich Einhalt gebietet.
3. Im Gesundheitswesen klagen viele Menschen über eine sich immer stärker ausbildende Zweiklassen-Medizin. Auf der einen Seite die gewinnbringenden Privatpatienten, auf der anderen Seite die weniger lukrativen gesetzlich Versicherten. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass jeder Mensch in Deutschland die für ihn beste Behandlung bekommt? Wie wollen Sie zudem dafür sorgen, dass sich junge Ärzte im ländlichen Raum niederlassen?
Wir Grüne stehen für das Ende der Zwei-Klassen-Medizin. Wir wollen die Bürgerversicherung einführen, in der wirklich jeder und jede versichert ist. Privilegierte privat versicherte PatientInnen wird es dann nicht mehr geben. Dass die privat Versicherten das System querfinanzieren würden, ist übrigens ein Märchen, das durch Wiederholen auch nicht wahrer wird. Denn deren fehlende Beiträge im Solidarsystem schwächen die finanzielle Basis des Gesundheitswesens insgesamt und führen zu den nachgewiesenen Ungerechtigkeiten im System.
Für junge Ärzte müssen wir den ländlichen Raum insgesamt attraktiver machen, genau wie für alle anderen auch. Dazu gehört unter anderem eine bessere öffentliche Infrastruktur. Es kann aber auch nicht länger angehen, dass die Kassenärztliche Vereinigung in eigener Regie über Standorte und Zulassungen von Arztpraxen entscheidet und damit den ländlichen Raum benachteiligt. Hier muss sich die Gesellschaft ihre Handlungsfähigkeit wieder zurück holen.
4. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass jeder Mensch in Deutschland auch im Alter menschenwürdig leben kann? Die Beiträge für private Rentenversicherungen sind für viele ältere Menschen nicht bezahlbar, weil diese für ältere Versicherte extrem hoch sind. Die Rentenvorausberechnungen für viele Menschen in Deutschland sehen düster aus. Viele sind von Altersarmut bedroht. Wie kann der Gefahr der Altersarmut wirkungsvoll entgegen getreten werden?
Auch für dieses Problem ist die Grüne Bürgerversicherung die richtige Antwort. Wir wollen eine Mindestrente von 850 Euro für alle, die mindestens 30 Jahre in der öffentlichen Rentenversicherung waren. Das ist eine vergleichsweise niedrige Schwelle, die auch Menschen einschließt, die längere Familien- und Kinderbetreuungsauszeiten in ihrer Biografie haben. Zuallererst muss aber ein Mindestlohn für alle Branchen her, der volle Arbeit auch voll entlohnt.
Minijobs schaffen Altersarmut, vor allem für Frauen, deshalb wollen wir sie zu voll sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen umbauen und das bisherige Minijob-Modell weitgehend abschaffen. Kitas für alle schaffen Vereinbarkeit von Familie und Beruf, statt wie das teure Betreuungsgeld Frauen von Erwerbsarbeit und eigener Erwerbsbiografie fernzuhalten und damit in die Armutsfalle laufen zu lassen. Da hilft auch die jetzt schnell noch von der Union versprochene Mütterrente nicht viel, zumal die Union die dafür nötigen 6,5 Milliarden Euro gar nicht finanziert hat, sondern das Geld aus der Rücklagenkasse der Rentenversicherung nehmen und damit in guten Zeiten das Tafelsilber verscherbeln will.
5. Immer mehr Menschen sind in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt, arbeiten in Minijobs, arbeiten im Niedriglohnsektor. Löhne von fünf Euro pro Stunde und weniger sind keine Seltenheit. Wie kann erreicht werden, dass jeder Mensch und jede Familie in Deutschland vom jeweiligen Arbeits- und Familieneinkommen menschenwürdig leben kann?
Dazu ist ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro zwingend erforderlich. Fast ganz Europa hat Mindestlöhne, nur im wohlhabenden Deutschland gibt es sehr viele Menschen, die trotz Vollzeitarbeit nicht von ihrem Einkommen leben können. Das müssen wir ändern! Minijobs werden wir außer im haushaltsnahen Bereich und für SchülerInnen und StudentInnen abschaffen, um den nachgewiesenen Missbrauch einzudämmen. Minijobs haben die Menschen nicht in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse gebracht. Und es wird Zeit, dass mit gleicher Arbeit endlich gleiches Geld verdient wird, egal ob Mann oder Frau, ob Stammbelegschaft oder ZeitarbeiterIn!
6. Bundeskanzlerin Merkel spricht sich gegen einen Mindestlohn aus. Sie verweist auf die Tarifparteien (Arbeitgeber und Gewerkschaften). Es ist aber auch in der Region Hohenlohe vielfach so, dass Arbeitgeber nicht oder nicht mehr Mitglied im Arbeitgeberverband sind. Demnach sind die abgeschlossenen Tarifverträge für diese Unternehmen auch nicht bindend. Wie kann dieser Misstand beseitigt werden?
Siehe vorige Frage – nur durch einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Genau deshalb brauchen wir ihn. Damit ist es unerheblich, ob Unternehmen tarifgebunden sind. Deshalb setze ich mich für den Mindestlohn ein.
7. Was muss getan werden, um den Pflegenotstand in Deutschland zu beenden? Es gibt einen Mangel an qualifizierten Pflegekräften, vermutlich weil die Arbeit schlecht bezahlt wird, die Arbeitsbelastung immer mehr zunimmt und es zudem wenig Anerkennung für die schwierige und nervenaufreibende Tätigkeit gibt.
Auch für die Pflege wollen wir die Bürgerversicherung einführen, in die alle BürgerInnen auf Basis aller Einkommensarten einzahlen, um die Finanzbasis zu verbreitern. Damit können wir sowohl die Beitragssätze senken als auch die Leistungen um 15 Prozent ausweiten. Dazu gehört ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff, der endlich auch Demenzerkrankungen angemessen berücksichtigt.
Und dazu gehört auch die faire und angemessene Bezahlung des Pflegepersonals. Es gilt, die Ausbildung der drei Pflegeberufe zu harmonisieren, aber nicht zu egalisieren, denn zwischen Kinder-, Alten- und Krankenpflege gibt es Unterschiede. Die Pflegeberufe müssen attraktiver werden, durch mehr Ausbildungskapazitäten, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und bessere Entwicklungschancen. Die Zuwanderung von Fachkräften ist kein Allheilmittel, weil sie in ihren Herkunftsländern ebenso gebraucht werden. Wir werden auf eine verbesserte Entlohnung von Pflegekräften hinwirken. Der Mindestlohn in der Pflege darf nur die untere Auffanggrenze für Ungelernte sein, aber keinesfalls als Normallohn für ausgebildete Fachkräfte gelten. Außerdem brauchen wir einen Anspruch auf Familienpflegezeit, der nicht ins Ermessen der Arbeitgeber gestellt werden kann.
8. Warum muss Abgeordnetenbestechung und Korruption bei Abgeordneten strenger geahndet und bestraft werden? Zitat des Nachrichtenmagazins Der Spiegel: (…) Achtmal lag dem Rechtsausschuss des Bundestages in dieser Legislaturperiode ein Gesetzentwurf mit strengeren Regeln zur Abgeordnetenbestechung vor. Achtmal wurde dieser von der Regierungskoalition abgeschmettert – zuletzt Mitte Juni (2013). Seitdem steht fest, dass es vor der Bundestagswahl kein neues Gesetz geben wird. Deutschland bleibt beim Thema Abgeordnetenbestechung Entwicklungsland. (…) Im Kampf gegen Abgeordnetenbestechung und illegale Parteienfinanzierung macht die Bundesregierung keine Fortschritte – und kassiert einen Rüffel aus Straßburg. Die Korruptionswächter des Europarats rügen den mangelnden Reformwillen. Doch Berlin sieht keinen Handlungsbedarf. (…) Was muss getan werden?
Das ist in der Tat empörend – dem kann ich nur zustimmen. Auch beim Thema Nebeneinkünfte von Abgeordneten brauchen wir mehr Transparenz. 2011 hat meine Fraktion einen Gesetzentwurf zur Einführung eines neuen Straftatbestandes der „Bestechlichkeit und Bestechung der Mitglieder von Volksvertretungen“ vorgelegt. Um hier etwas zu ändern, braucht es aber andere parlamentarische Mehrheiten. Mit Schwarz-Gelb ändert sich da jedenfalls nichts, das hat die Ablehnung unserer Vorschläge mehrfach deutlich gezeigt. Da hilft also nur den Wechsel wählen!
9. Stichwort Lobbyismus: Autokonzerne, Banken und Pharmafirmen beauftragen Lobbyisten, aber auch manche Umwelt- und Verbraucherorganisation: Lobbyisten, die den Regierenden ihre Sicht der Dinge nahelegen. In Berlin und Brüssel wetteifern sie zu Tausenden um die Aufmerksamkeit der Entscheider – und um Einfluss auf die Gesetzgebung. Manche haben sogar schon in Bundesministerien an Gesetzentwürfen mitgeschrieben. Das darf nicht sein. Wie wollen Sie den Einfluss von Lobbyisten aller Sparten auf ein absolut notwendiges Maß zurückschrauben? Wie stehen Sie zu einem Lobbyregister?
Auch beim Thema Lobbyeinfluss hilft vor allem Transparenz. Deshalb halte ich ein Lobbyregister, wie es anderswo bereits existiert, auch im Deutschen Bundestag für längst überfällig und notwendig, gerade im Sinne einer funktionierenden Demokratie. Alles andere fördert doch nur die Politikverdrossenheit der Menschen in diesem Land. Grundsätzlich ist ja nichts dagegen zu sagen, dass VertreterInnen von Interessengruppen diese Interessen der Politik vermitteln – dafür sind sie schließlich da. Nur darf dieser Einfluss nicht einseitig und intransparent sein, die Unabhängigkeit der ParlamentarierInnen gefährden oder gar zur schon angesprochenen Korruption führen.
10. Stichwort Nebentätigkeiten und wirtschaftliche Abhängigkeiten von Abgeordneten: Wie kann in Deutschland erreicht werden, dass Abgeordnete – wie beispielsweise in den USA – ihre Nebentätigkeiten und ihre Auftraggeber komplett offenlegen – auf Euro und Cent? Auch in Deutschland wollen die Menschen wissen, von welchen Firmen, Institutionen oder Verbänden die Tätigkeiten eines Abgeordneten beeinflusst werden.
Das kann auch in Deutschland ganz einfach durch entsprechende gesetzliche Regelung erreicht werden. Genau das hat meine Fraktion erst letzten November im Bundestag beantragt – leider ohne Erfolg. Wir brauchen also ganz offensichtlich auch hierfür endlich eine andere parlamentarische Mehrheit, um weiter zu kommen.
11. Woher soll das Geld für künftige Rettungspakete, Rettungsschirme etc. genommen werden – von den Banken, ihren Zockern, ihren Anteilseignern oder wieder von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern?
Dazu muss unter anderem die von uns schon lange geforderte Finanztransaktionssteuer endlich umgesetzt werden. Zudem fordern wir Mechanismen, die garantieren, dass im Krisenfall nicht die SteuerzahlerInnen die Rechnung übernehmen müssen. Hierfür brauchen wir einen gemeinsamen Abwicklungsmechanismus auf Europäischer Ebene, der ein einheitliches Vorgehen bei Abwicklungen garantiert und die InvestorInnen anstatt der SteuerzahlerInnen beteiligt.
Sollte eine Beteiligung der InvestorInnen nicht ausreichen, muss ein durch Banken finanzierter Abwicklungsfonds die Verluste übernehmen, damit SteuerzahlerInnen nie wieder Banken retten müssen. Das ist angemessen, denn eine unkontrollierte Bankenabwicklung würde auch andere Banken in Mitleidenschaft ziehen. „Systemrelevante“ Großbanken wie die Deutsche Bank sollten ihre Eigenkapitalbedarfseinschätzung nicht mehr selbst vornehmen dürfen.
12. Die Einkommen von Frauen liegen oft noch weit unter denen von Männern. Frauen bekommen für die gleiche Tätigkeit durchschnittlich etwa 22 Prozent weniger Geld als ein Mann. Wie kann erreicht werden, dass Frauen für die gleiche Tätigkeit genauso bezahlt werden wie Männer?
Freundliche Appelle an die Wirtschaft, die einzige Antwort von Schwarz-Gelb auf dieses Problem, helfen hier definitiv nicht weiter. Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen ist seit Jahren unverändert. Wir brauchen deshalb ein Entgeltgleichheitsgesetz mit konkreten Verfahren und Sanktionen, um gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit durchzusetzen. Meine Fraktion hat dazu einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, ihrer Verantwortung nach Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz nachzukommen und für die Gleichstellung aktiv zu werden.
Ein Gesetz zur Verhinderung von Entgeltdiskriminierung soll sicherstellen, dass die Tarifpartner ihre Tarifverträge und die nicht tarifgebundene Betriebe ihre Entgeltstrukturen auf Diskriminierungen überprüfen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes soll die betrieblichen und tariflichen Akteurinnen und Akteure beraten und die Umsetzung stichprobenartig kontrollieren. Wir wollen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) reformieren, um wirksamer gegen Entgeltdiskriminierung vorgehen zu können.
Dazu gehört aber auch, Frauen im Erwerbsleben zu stärken, statt sie davon fernzuhalten. Deshalb: Minijobs eindämmen, Kitas qualitativ und quantitativ ausbauen, Betreuungsgeld abschaffen, Ehegattensplitting abschmelzen und verbindliche Quoten für Frauen in Aufsichtsräten einführen. Nur so bekommen wir auch für Frauen weniger stark unterbrochene Erwerbsbiografien, nur so schaffen wir eine gleiche Entlohnung auf Dauer.
13. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima hat Bundeskanzlerin Merkel eine schnelle Energiewende angekündigt. Diese scheint ins Stocken geraten zu sein. Wie kann die Energiewende (Ziel: 100 Prozent Energie aus erneuerbaren Rohstoffen) erreicht werden?
Schwarz-Gelb abwählen, denn Schwarz-Gelb will das Ende der Wende. Wir brauchen starke Grüne, weil auch die SPD mehr Kohle will. Stattdessen müssen wir aus der Abhängigkeit von den fossilen Brennstoffen wegkommen. Die Energiewende wurde durch das rot-grüne Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ursprünglich auf eine gute Basis gestellt. Dadurch sind die Erneuerbaren Energien schneller vorangekommen, als selbst wir es erwartet hatten. Wind, Sonnenenergie und Biomasse, Wasserkraft und Geothermie sichern heute schon rund 25 Prozent der Stromversorgung, viermal soviel wie noch vor gut zehn Jahren. Dank des Wachstums der Erneuerbaren Energien konnte nach Fukushima die Hälfte der deutschen Atomkraftwerke ohne Probleme für die Versorgungssicherheit stillgelegt werden.
Doch die mehrfachen Kahlschlag-Kürzungen der Einspeisevergütung, die unsoziale Verteilung der Kosten durch Befreiungen für Strom-Großverbraucher oder die falsche Panikmache vor steigenden Preisen, wie sie Schwarz-Gelb betreibt, droht die Energiewende scheitern zu lassen. Schwarz-Gelb hat keinen Plan, wie der Ausbau der Stromtrassen vorankommen soll und verhindert notwendige Erdverkabelungen. Die Gewinne der drei Energieriesen Eon, Vattenfall und RWE sind in den letzten Jahren um 87 Prozent gestiegen. Das liegt an den gesunkenen Börsenpreisen für Strom, die aber von den Konzernen nicht an die Privathaushalte weitergegeben werden. Wir fordern deshalb endlich eine kartellrechtliche Prüfung dieser unlauteren Praxis, die den Strom künstlich verteuert! Wir Grüne haben ein umfassendes Konzept vorgelegt, wie die Energiewende erfolgreich und bezahlbar weitergeführt werden kann. Schon bis 2030 kommt die Energiewende 54 Milliarden Euro günstiger als der konventionelle Kraftwerkspark.
14. Hohenlohe hat noch eine starke Landwirtschaft. Landwirte kämpfen darum, nicht mehr so stark von Großkonzernen – wie beispielsweise Monsanto – abhängig zu sein. Sie wollen zum Beispiel – wie seit Jahrhunderten – weiterhin eigenes Saatgut nachzüchten und dies nicht ausschließlich teuer von den Konzernen kaufen. Wie wollen Sie diese Landwirte im Kampf gegen die Großkonzerne unterstützen?
Das ist ein Thema, das mir ganz persönlich sehr am Herzen liegt. In der auslaufenden Legislaturperiode haben wir es mit viel Mühe geschafft, im Bundestag einen fraktionsübergreifenden Antrag gegen Biopatente zu verabschieden. Allerdings sind Union und FDP hinter diesen gemeinsamen Beschluss wieder zurückgefallen und haben ein Patentgesetz verabschiedet, das weiterhin Patente auf Obst und Gemüse etc. zulässt. Statt Monsanto & Co. wollen wir die kleinen und mittelständischen Züchter unterstützen, die ihre Sorten ohne Einsatz von Gentechnik entwickeln. Speziell in der Öko-Züchtung schlummert noch viel Potenzial.
Wir müssen Gentechnik und Biopatente verhindern, weil sie die Monopolisierung am Saatgutmarkt beschleunigen und erzwingen. Wir müssen die bäuerliche Landwirtschaft aber auch in der Gemeinsamen Agrarpolitik stärken und die kleinen Betriebe stärker fördern als die großen. Schwarz-Gelb versucht das aber leider zu verhindern. Wir brauchen eine Ökologisierung der Agrarpolitik und eine gezielte Förderung der Öko-Züchtung.
Wir müssen eine vielfältige Züchtungslandschaft mit mittelständischen Züchtungsbetrieben fördern, die wirklich unabhängig ist – und nicht bereits von Monsanto und Co. aufgekauft. Dazu braucht es eine Reform der Nachbauregelung, die einen guten Interessensausgleich schafft. Es gilt aber auch: wer Züchtungsfortschritt will, muss ihn auch bezahlen. Denn Züchtung ist wertvolle Arbeit und erfordert hohe Investitionen. Wer unsere noch unabhängigen Züchtungsbetriebe für ihre Arbeit entlohnt, sichert die Unabhängigkeit unserer Landwirtschaft von großen Agrochemiekonzernen auf Dauer! Aber auch dafür brauchen wir natürlich die entsprechende politische Mehrheit.
15. Welche Dinge müssen im Umweltschutz und Klimaschutz vordringlich geregelt werden?
Für den Umwelt- und Klimaschutz spielt die Energiewende eine wichtige Rolle. Außerdem muss der EU-Emissionshandel endlich wieder vernünftig funktionieren. Konservative und Liberale haben im Europäischen Parlament die dringend erforderliche Reparatur des europäischen Emissionshandels gestoppt. Die Folgen dieses Politikversagens sind dramatisch: Die Braunkohle boomt, während hocheffiziente Gaskraftwerke stillstehen. Wir wollen das EU-Klimaziel auf mindestens 30 Prozent Emissionsminderung bis 2020 anheben und eine deutliche Verknappung der Verschmutzungsrechte, um das Überangebot an Zertifikaten dauerhaft aus dem Markt zu nehmen.
Außerdem brauchen wir eine Ökologisierung der Landbewirtschaftung. Wir müssen die Bauern vom immer härteren Rationalisierungsdruck entlasten, die Risikoprüfung und Zulassungsverfahren für Pestizide und Gentechnik-Pflanzen verschärfen, Lobbyverflechtungen der beteiligten Expertenkommissionen und Behörden auflösen, den Einsatz von Mineraldüngung und Pestiziden verringern und CO2-neutral wirtschaften.
16. Wie wollen Sie im ländlichen Raum flächendeckend schnelles Internet verwirklichen? Es geht dabei auch darum, dass die hiesigen Unternehmen gegenüber Mitbewerbern in Ballungszentren nicht benachteiligt werden.
Der Breitbandausbau auf dem Land stockt. Unternehmen und auch FreiberuflerInnen haben dadurch bei uns in der Region einen massiven Standortnachteil. Wir wollen den Zugang zu einem Breitbandanschluss für alle Menschen über einen Universaldienst sicherstellen, genau wie etwa die Postzustellung bis in die abgelegenen Regionen unseres Landes geregelt ist. Mit diesem Universaldienst müssen überall Breitbandanschlüsse mit mindestens 6 Mbit/s verfügbar sein. Wir wollen diesen Dienst dynamisch gestalten. Unser Ziel ist es, bis zum Ende der Legislaturperiode flächendeckend Breitbandanschlüsse im zweistelligen Mbit/s-Bereich bereitzustellen.
Das Land fördert schon jetzt verschiedene Maßnahmen über ELR, EFRE und andere Programme, um eine Anbindung auch kleinerer Weiler auf dem Land an das schnelle Internet zu erreichen. Erst kürzlich gab der Minister für den ländlichen Raum, Alexander Bonde, in Niederstetten den Startschuss für ein satellitengestütztes Projekt.
17. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass der Flickenteppich im Bildungsbereich verschwindet? Für viele Menschen ist nicht nachvollziehbar, warum es beispielsweise keine einheitlichen Standards für das Abitur gibt. Außerdem klagen viele Menschen mit Kindern, bei Umzügen in ein anderes Bundesland, über völlig unterschiedliche Lehrpläne, die ihren Kindern einen guten Start am neuen Wohnort wesentlich erschweren.
Dafür bräuchte es eine Grundgesetzänderung, denn Bildung ist Ländersache. Es bedarf aber unabhängig davon einer besseren Koordination auf der Ebene der Kultusministerkonferenz, um gemeinsame Standards bundesweit zu verbessern
18. Was ziehen Sie vor: Ausreichend bezahlbare öffentliche Kinderbetreuung für alle oder Förderung der Kindererziehung zu Hause? Bitte nennen Sie Gründe dafür.
Ganz klar: Kitas qualitativ und quantitativ ausbauen! Gleiche Chancen für alle! Der Bildungserfolg ist nach wie vor von der sozialen Herkunft abhängig, das belegen alle Statistiken. Das können wir uns auf Dauer nicht mehr leisten. Deshalb weg mit dem teuren und kontraproduktiven Betreuungsgeld und die Mittel in bessere Kitas und den Ausbau von Ganztages- und Gemeinschaftsschulen stecken.
19. Warum soll sich Deutschland an einem drohenden Krieg in Syrien beteiligen/nicht beteiligen? Vor dem Irak-Krieg haben die USA ihre Verbündeten wegen angeblicher Massenvernichtungswaffen des Irak vorsätzlich und nachweislich belogen. Kritiker vermuten auch bei den Giftgasangriffen in Syrien Tarnen, Täuschen und Lügen… Was wäre zum Beispiel, wenn die Aufständischen selbst Giftgas eingesetzt haben, um die USA und die Nato zum Eingreifen in Syrien zu bewegen? Russland und China sind gegen ein militärisches Eingreifen in Syrien. Im schlimmsten Fall könnte es einen Weltkrieg geben.
Krieg ist nie ein Lösung und die Wahrheit ist vor allem in seinem Vorfeld nur schwer erkennbar. Eine militärische Lösung halte ich nicht für den richtigen Weg, schon gar keine Strafaktion. Die Staatengemeinschaft darf aber auch nicht zusehen, wie Tausende Menschen abgeschlachtet oder vergiftet werden. Sie muss alle Maßnahmen ergreifen, die sie im nichtmilitärischen Bereich zur Verfügung hat!
Es gab vor den jüngsten Entwicklungen gute Argumente gegen eine militärische Intervention – und es gibt sie immer noch. Es bestehen hohe Risiken für einen noch größeren Flächenbrand in der Region. Der Plan einer regionalen Friedenskonferenz muss energisch weiterverfolgt werden. Zugleich muss die EU sich innerhalb der Vereinten Nationen für Sanktionen gegen Syrien einsetzen.
20. Welches Thema ist Ihnen – außer den bereits angesprochenen – noch besonders wichtig? Beschreiben Sie kurz das Problem und machen Sie Lösungsvorschläge.
Mir persönlich ist eine nachhaltige Verkehrspolitik sehr wichtig. Dazu gehört etwa das Prinzip Erhalt vor Neubau. Wir müssen mit knappen Mitteln die richtigen Schwerpunkte setzen, statt auf Pump immer neue milliardenschwere Prestigeprojekte in die Landschaften zu betonieren. In vielen Fällen sind intelligente statt Maximallösungen möglich, wie zum Beispiel beim unbestritten notwendigen Ausbau der A6 bei uns im Kreis. Von einem ÖPP-Projekt halte ich hier gar nichts, denn das ist nur ein Trick zur Umgehung der Schuldenbremse und kommt uns alle am Ende teuer zu stehen.
Ich setze mich außerdem für ein Ende der Kirchturmpolitik ein, wie sie aktuell mal wieder in Unlingen betrieben wird. Wir müssen Mobilität neu denken, gerade auch bei uns im ländlichen Raum. Nicht zuletzt stehen schließlich auch Verkehr und Klimawandel in engem Zusammenhang.