Auf viele drängende Fragen gibt das von Frau Nahles vorgelegte Rentenpaket aus meiner Sicht keine hinreichenden Antworten. Ich frage mich: Warum muss zum Beispiel eine Kassiererin im KAUFLAND mit ihren Rentenversicherungsbeiträgen eine Mütterrente finanzieren, hingegen MinisterInnen und Landtags-/Bundestagsabgeordnete zahlen keinen Cent hierzu ein?
Leserbrief von Jochen Dürr, Schwäbisch Hall
„Es wird doch niemand freiwillig krank“
Was unterscheidet den einen Maurer, der in seiner Lebensbiographie viermal ein Jahr arbeitslos war, von einem Maurer, der genau nur einmal im Leben vier Jahre arbeitslos war? Frau Nahles anerkennt, dass die Situation der Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner am kritischsten ist. Da gebe es logischerweise doch nur eine Entscheidung: Schaffen sie die unverschämten und systemwidrigen Abschläge ab! Es wird doch niemand freiwillig krank.
Absenkung des Rentenniveaus ist skandalös
Der eigentliche Skandal aber ist: Frau Nahles verteidigt die Kürzungsfaktoren in der Rentenformel, legitimiert damit die Absenkung des Rentenniveaus und sie will in dieser Legislaturperiode daran nichts ändern. Es ist doch offensichtlich: Die versprochenen Verbesserungen, die man/frau den Müttern/Vätern, Menschen mit einer Erwerbsminderungsrente oder besonders vielen langjährig versicherten Menschen heute zugutekommen lässt, werden ihnen peu a peu wieder weggenommen.
Alle mit Erwerbseinkommen müssten in die Rentenkasse einzahlen
Da drängt sich die Frage auf: Was wäre gesellschaftlich notwendig? Die Antwort aus meiner Sicht: Es bedarf einer armutsfesten, den Lebensstandard sichernden gesetzliche Rente. Die Rente ab 67 muss sofort gestoppt werden, der Riester- und Nachhaltigkeitsfaktor muss wieder gestrichen gestrichen, das derzeitige Rentenniveau angehoben und die Riesterförderung beendet werden. Die gesetzliche Rentenversicherung muss so reformiert werden, dass alle mit Erwerbseinkommen in die Rentenkasse einzahlen, auch BeamtInnen, Abgeordnete in Land-/Bundestagen und Selbständige. Erst dann wäre eine solide Rente auch für die jüngere Generation gewährleistet.
Gesellschaftlichen Druck für eine andere Rentenpolitik erhöhen
Das waren doch klare Forderungen der SPD im Bundestagswahlkampf … ist da was verloren gegangen?! Keine einzige Zeile davon im Koalitionsvertrag. Frau Sawade als Wahlkreisabgeordnete hat dies bei jedem Podium im Wahlkreis vertreten … geradezu gebetsmühlenartig! Was nun Frau Sawade?! Ihr Abgeordnetenkollege der CDU, Christian von Stetten will eine weitere Privatisierung der Rentenversicherung und hat auch nicht die abhängig Beschäftigten im Blickwinkel. Der gesellschaftliche Druck für eine andere Rentenpolitik muss außerparlamentarisch durch die Gewerkschaften erhöht werden.