Ein breites Bündnis von Organisationen fand sich am 1. Mai 2009, um 10 Uhr vor der Agentur für Arbeit in Schwäbisch Hall ein, um gemeinsam die 1.Mai-Demonstration zu bestreiten. Etwa 180 Menschen aus politischen und gewerkschaftlichen Vereinigungen von der SPD, die Linke, die Gewerkschaften IG-Metall, verdi, „Nahrung, Genuss, Gaststätten“ (NGG) über die Parteien Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) und andere zogen laut skandierend durch die Haller Innenstadt. Knapp 300 Zuhörer waren es bei der Kundgebung im Hospitalhof.
Von David Jäger, Hohenlohe-ungefiltert
Sozialabbau, Tarifbruch und Kriegseinsätze sind das Konjunkturprogramm
Lautstark unterstützt wurden die Demonstranten durch die feurigen Karnevalklänge der Band „Samba Salina“. Diese zogen zusammen mit der Schalmeienkapelle der IG Heavy Metal vorneweg und verschafften dem Demonstrationszug Gehör. „Wir zahlen nicht für eure Krise“ war das Motto der von der IG-Metall angeführten Menschenmenge. Auch ganz vorne mit dabei, waren in einer parodistischen Einlage „die deutschen Unternehmer“ in Anzügen und mit ihren Lösungsvorschlägen zur Krise, dargestellt. Sozialabbau, Tarifbruch, Bundeswehr im Inneren und Kriegseinsätze sind deren Konjunkturprogramm – so trugen es die verkleideten Demonstranten vorweg.
Arbeit für alle bei fairem Lohn – Seit Jahren vor Casinokapitalismus gewarnt
Im Innenhof bei der Hospitalkirche fand die Kundgebung vor knapp 300 Zuhörern statt. Bernhard Löffler, Regionsvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) forderte „Arbeit für alle bei fairem Lohn!“. Der in den Medien aufgetretenen Kritik an den Gewerkschaften tritt Löffler entgegen, indem er sagte: „Seit Jahren haben wir vor den Auswüchsen des Casinokapitalismus gewarnt“. Die Gewerkschafter fanden aber mit ihren Warnungen nicht genügend Gehör. Doch jetzt solle die Krise politisch und moralisch schonungslos aufgearbeitet werden und dann als Chance für eine „Renaissance“ des Sozialstaats genutzt werden, so Löffler. Am 1.Mai demonstrieren die Gewerkschaften für Vollbeschäftigung, Sicherung der bestehenden Arbeitsplätze und einen existenzsichernden Lohn.
Jugendarbeitslosigkeit besonders dramatisch angestiegen
Die deutschen Gewerkschaften feiern 2009 ihr 60-jähriges Bestehen. Der DGB-Regionschef betonte die Wirkung und Wichtigkeit der Gewerkschaften für die Gesellschaft. „Wir Gewerkschaften haben Geschichte geschrieben und wir werden sie auch weiterhin schreiben“, gab sich Löffler optimistisch. Regional, so führte der DGB-Funktionär aus, habe die Wirtschaftskrise zu einem starken Anstieg der Arbeitslosenzahlen geführt. In allen Kreisen nahm die Kurzarbeit massiv zu, während Stellenangebote stark zurück gingen. Insgesamt sind Ende April 24.633 Menschen in der Region arbeitslos. Im Arbeitsagenturbereich Schwäbisch Hall ist die Arbeitslosigkeit um 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Besonders dramatisch ist die Situation bei Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren. In dieser Altersklasse ist die Arbeitslosigkeit im Arbeitsagenturbereich Heilbronn um nahezu 75 Prozent angestiegen.
Ein Irrwitz: Deutsche Bank-Rendite steigt auf 25 Prozent
Leo Meyer vom Institut für sozial-ökonomische Entwicklung sagte in Richtung der zahllosen Missmanager in Wirtschaft und Politik „Wir zahlen eure Krise nicht“. Leo Meyer fragte in die Runde, wie es sein könne, dass „die reale Wirtschaft abstürzt, mit einem Minus von 6 Prozent, aber die Profite bleiben bei 10 oder 15 Prozent, und im Fall der Deutschen Bank sogar bei 25 Prozent?“ Genauso auffällig erscheint ihm die Situation, dass trotz des Wirtschaftswachstums der letzten Jahre, der Anteil der Löhne am Volkseinkommen seit 2000 um sieben Prozentpunkte gefallen ist. Der Verteilungsverlust, so Meyer, entsteht aus der Differenz, was die Arbeiter hätten bekommen sollen – und diese würde allein im Jahr 2008 rund 182 Milliarden Euro betragen. Somit wäre dieser Verlust für die Arbeiterschaft alleine fünfmal so hoch wie das Konjunkturprogramm der Bundesregierung.
Masseneinkommen müssen spürbar steigen, um die Krise zu überwinden
Die Forderungen lagen für den Referenten aus München deshalb auf der Hand. Seiner Meinung nach könne die Krise nur überwunden werden durch eine spürbare Erhöhung der Masseneinkommen, einem massiven öffentlichen Investitionsprogramm, verbunden mit einer drastischen Arbeitszeitverkürzung. Und wenn man dies erreichen wolle, müsse man endlich die alte Forderung realisieren: „Demokratie darf nicht am Werkstor enden!“ Für diese Grundsatzforderung erntete der Mann aus Bayern von den knapp 300 Besuchern im Hospitalhof lauten Beifall. Zum anschließenden Maifest spielte die Band ewo2 (Elektronisches Weltorchester) „Internationale Solidaritätslieder aus drei Jahrhunderten“. Zu ihrer neuesten CD „avanti popolo“ schreibt die Band auf ihrer Internetseite www.ewo2.de „Wes Brot ich ess, des Lied sing ich noch lange nicht!”
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